Bochum Total 1. Tag mit Kilians, Karpatenhund, Jupiter Jones, Strike Anywhere, Virginia Jetzt,... am 21.06.2007 im Bochumer Bermudadreieck
Bochum Total 1. Tag am 21.06.07
Hille hat heut Abend noch was vor und fährt deswegen mal mit seinem Bulli über die regnerische Autobahn gen Parkplatzsuchen in Bochum. Hat ja auch was. Dafür is der Bus so super geflickt, mit ner Plastikplane anner Seite damits nich reinregnet. Der Wahnsinn!
Wir ham noch ein wenig Zeit und dafür umso mehr Hunger, also kehren wir kurz in die beliebte Pommesbude Rösti ein, um einen Alphateller zu kredenzen, uns ein Bierchen zu verköstigen und zu beobachten, wie die Leute auf den Straßen den Regentropfen ausweichen. Ausfallschritt hier, Ausfallschritt da. Geht doch!
Dadurch kommen wir dann auch einige Minuten nach Beginn des Auftrittes der Band der Stunde an. Die Stunde, das ist 17 Uhr, und die Band, das sind die Kilians. Oder auch The Kilians, ich glaub das wissen sie selbst nicht so genau.
Ihren derzeitigen Erfolg haben die Jungs wohl vor Allem Thees Uhlmann von Tomte zu verdanken, der seine Hand für sie ins Feuer und unter die Verträge legt. Oder aber auch "diesem Radiosender" aus Bochum, der damals ihren Song als erster spielte und dessen Namen der Sänger nicht nennen mag, da sie ja auf der Eins-Live-Bühne stehen. Tippe ich also mal auf Radio CT. Studentensender ham eh den besseren Musikgeschmack.
Die Kilians sind total jung und machen total alten Garagenrock. Als Vergleich für diese Band müssen wohl immer wieder die Strokes herhalten. Ne Kopie wollen sie wohl nicht darstellen, aber das Gitarrengeschrammel und vor allem der schnoddrige Gesang erinnert nun wirklich sehr an die Band aus New York.
Jetzt wissen wir auch, wo die ganzen Leute hinsind, die wir auf Bochums zugeregneten Straßen so vermisst haben: Die stehen vor der Eins-Live-Bühne und schmachten die Jungs von The Kilians an
Kleine Band spielt wie die Großen. Als kleinen Seitenhieb gibts die mit englischem Akzent vorgetragene Ansage: "The next Song ist ein Lovesong für meine Frau, wir haben heute zweiten Hochzeitstag" - Applaus vom Publikum - "Moment, ich bin doch erst 17". Okay, beim Alter wird er wohl geflunkert haben, etwas Selbstironie kann aber nicht schaden...
Nun denn, Gitarrengeschrammel wird auch irgendwann eintönig. Musik härterer Gangart gibt es heute auf der Ring-Bühne, wo gerade die Metalband C-Fiction aus Düsseldorf ihre Klänge darbietet.
Bei dem Geschrei vom Sänger würd ich das auch eher als Metalcore bezeichnen. Ganz nette Mischung aus Hardcore, Metal und Industrial, lange kann ich mir das aber nicht antun. Das überlass ich dann lieber den Leuten vor der Bühne, die sehen nämlich auch alle so aus als würden sie das hören.
Ein Kritikpunkt noch: Die Ansage "Wir haben einen neuen Song auf unserem Myspace-Profil geposted". Gottchen, geht denn heutzutage garnix mehr ohne Myspace und Anglizismen? Immerhin trägt der Gitarrist ein Slayer-Shirt. Sehr schön.
Etwas blöd bei Bochum Total: Es gibt zwar vier Bühnen, aber die Spielzeiten sind auf allen Bühnen parallel. Karpatenhund, als Nächstes auf der Einslive-Bühne, haben das Glück, dass mich die anderen Bands nicht interessieren. Nun denn, werd ich die mal begutachten!
Weibliche Sängerin, drum muss die Band sich wohl Vergleiche Marke Silbermond, Juli und Wir sind Helden gefallen lassen. Mir kommt die Musik aber deutlich vertrackter und auch ehrlicher vor, versierter Indiepop mit smoothem Gesang. Und mit der hübschesten Sängerin können Karpatenhund wohl auch aufwarten, zumindest verliebt sich erstmal ca. die Hälfte des Publikums.
Schauspielerin is die Gute nebenbei wohl auch noch. Multitalent. Und der Rest verbringt die Zeit ansonsten ebenfalls mit Musik - bei Locas in Love, der charmanten Indiepop-Hoffnung aus Köln. Karpatenhund soll dann wohl eben die radiotaugliche Variante sein
Und weil radiotauglich auch mehr elektronische Klänge bedeutet, trommelt die Sängerin nebenbei noch auf nem kleinen Elektro-Drumkit und schmachtet übers Glücklich sein (oder eben nicht). Erfrischende Musik einer jungen Band, hat mir gefallen!
Wir machen uns langsam auf den Weg zum Freibeuter. Kleine Konzerte in verschwitzten Eckkneipen können eben doch mehr. Zunächst müssen wir dabei aber an der WAZ-Bühne vorbei, eher kleine Bühne, die sich auch eher der ruhigeren Musik verschrieben hat. Hier spielt gerade das Groove & Snoop Quintett, Blues von alten Männern - und ganz gemütlich so für zwischendurch
Der Freibeuter darf die nächsten Tage wieder ein paar Bands beherbergen, heute machen Bedford den Anfang. Ne Band aus Bochum, trotzdem war der Freibeuter schonmal voller. Die Musik würd ich so als Indie-Alternative bezeichnen, etwas Retro und ohne Höhepunkte. Zumindest keine von mir wahrgenommenen
Aber um nebenbei ein Astra zu sich zu nehmen und dem Wetter dort draußen zu entfliehen, kommt sone Musik doch ganz gut. Also bleib ich auch noch (auf ein Astra!), während Hille sich auf den Weg machen muss
Draußen regnet es derweil nicht mehr und die Straßen haben sich wieder einigermaßen gefüllt. Mir auch recht, ist trotzdem noch ganz angenehm. Also weiter zur Ring-Bühne, wo sich dann auch die anderen befinden und auf Jupiter Jones warten
Bei denen komm ich dann plötzlich mit meinem Foto-Pass nicht mehr in den Foto-Graben. Anscheinend gibt es eine Zwei-Klasse-Regelung für Presseleute und ich bin einfach zu underground. Oder die Security is verpeilt. Da vorm Graben aber noch einigermaßen Platz ist, kann ich mich ja auch dort niederlassen, ätsch!
Jupiter Jones liefern einen starken Auftritt mit starker Stimme und starken Texten, wie man sie halt kennt. Ham ja erst letztens im FZW gespielt. Und hams geschafft, dass die Erstauflage ihres neuen Album binnen kurzer Zeit wech war, glückwunsch! Aber wie hoch die Auflage war, da kann man nur spekulieren...
Wenn man Jupiter Jones guckt, kommt man wohl nicht drumrum, auch auf den Baukau zu treffen, der steht hier auch rum. Ebenso wie Beni Köbisch, mit dem erstmal philosophiert wird, warum denn die Superfreunde nicht hier spielen. Isja auch ne Frechheit sowat!
Baukau wünscht sich noch lauthals "Auf das Leben", was anscheinend tatsächlich grad auf der Setlist steht, der Sänger kommentiert das mit "das Publikum hat hier ja hellseherische Fähigkeiten". Geiler Auftritt, als letztes Lied gibts dann noch "Momentaufnahme" - mal was schnelleres für die Strike-Anywhere-Fans
Strike Anywhere spielen nämlich als Nächstes! Bei denen darf ich dann plötzlich wieder vorne Fotos machen. Is fast wie Lotto-spielen. Aber hier auch nötig, vor der Bühne türmt sich das Publikum und auf der Bühne zuviel Bewegung, um das alles irgendwie festhalten zu können. Besonders der Sänger is nur am Rumspringen und seine langen Dreads schütteln.
Strike Anywhere machen harten Hardcore-Punk und dürften wohl den Posten als politischste Band des Festivals innehaben, was sie ja irgendwie sympathisch macht. Und so Hardcore-Zeug is ja normalerweise überhaupt nicht mein Ding.
Strike Anywhere können schon alleine durch ihre schweißtreibende Liveshow überzeugen, unmöglich dem ganzen Trubel zu folgen, der da auf der Bühne so vor sich geht
Is zwar ganz spaßig für wen wie mich, der eh kein Lied der Band kennt, aber auf Dauer gehen die Lieder eh unter, wenn man immer nur schaut, wo der Sänger denn jetzt gerade mal rumspringt. Respekt vor diesen Leuten, die jahrelang unentwegt auf Tour sind und sich Abend für Abend so verausgaben müssen.
Natürlich verausgabt sich da auch das Publikum, da wird nämlich ordentlich gemosht - und da Strike Anywhere quasi die Hauptband des Tages sind, ist es auch gut voll vor der Bühne
Soviel dann mal zu Strike Anywhere, ich schau mir noch ein paar Lieder an und nehm mir vor, mich auch mal mit der Musik mehr zu beschäftigen. So unmelodisch ist das nämlich gar nicht...
Tja, straffes Programm, drum gehts dann auch direkt weiter zu anderen Bühne - Virginia Jetzt! gucken. Das ist ja eher ne Lappenband, Schmacht-Indie von vier ewig verliebten Jungerwachsenen aus Berlin. Früher dagewesen zu sein hätte sich hier aber wohl trotzdem gelohnt, angeblich gab es noch gemeinsam mit den "Fotos" eine Darbietung von Deichkind's Remmidemmi. Wow!
Trotzdem schaffen es Virginia Jetzt!, mit eingängigen Melodien das Publikum auf ihre Seite zu ziehen - zumindest die weiblichen.
Ich komm auch genau rechtzeitig für "Ein ganzer Sommer", dem großen Hit mit dem Blitz und dem Donner. Und da muss das gesamte Publikum das Geräusch vom Blitz nachmachen. Klappt sogar, sieht man ja hier...
Die Show von Virginia Jetzt! betont elegant und lässig - selbst wenn der Gitarrist aufs Klavier steigt. Wahnsinn. Schöner Auftritt, aber aus dem Alter bin ich raus. Ha!
Und in dem Alter war ich nie: Auf der WAZ-Bühne gibts Hiphop von den Delinquent Habits. Zwei Rapper, eine Sängerin und ein DJ-Plattendreher im Hintergrund mit fetten Beats, könnte man vielleicht mit Cypress Hill vergleichen. Soll wohl ne ziemliche Legende sein, aber ich kenn mich da ja nicht unbedingt aus...
Also schau ich ein wenig in die Kneipen. Das Groove & Snoop Quintett hat zwar schon heute nachmittag gespielt, darf aber jetzt nochmal ins Mandragora. Kennen das anscheinend nicht so, fotografiert zu werden, sonst würdense nicht so gucken.
Und ähnlich geht's dann der nächsten Band: Die Microclocks spielen im Three Sixty. Gucken aber wirklich alle komisch. Deren Musik ist recht chilliger Funk-Rock, schön lässig
Das Three Sixty is auch ne nette Location, mit Sandboden und so. Gestanden wird hier nicht, setzen will ich mich auch nicht, also zieh ich halt weiter
Vielleicht find ich ja doch noch irgendne Band, die mir zusagt. Im Tucholsky spielen Motosushi und da ist es recht voll, so dass man in den hinteren Raum mit der Bühne kaum reinkommt. Die Musik geht Richtung Poprock mit Frickelgitarre und charismatischer Sängerin
Recht eingängig, dem Publikum gefällts. Wobei man nicht wissen kann, ob das Publikum doch nur aus Freunden und Verwandten besteht - aber die Band hat schon n paar Jahre auf dem Buckel, das merkt man ihnen auch auf der Bühne an
Leben tut die Musik wohl durch die Sängerin und ihren gehaucht-rockigen Gesang, der mir dann doch etwas zu hoch ist. Harmoniert aber gut mit dem musikalischen Output der Band - war kein Fehler, ins Tucholsky zu gehen!
Weiter gehts Richtung Bahnhof, is ja eh nix mehr los. Auf dem Weg treff ich mal wieder auf Baukau, der mich zu soner multikulturellen WG mitschleppt, in der sich für dieses Wochenende wohl die Jungs von getaddicted niedergelassen haben (Webtipp: www.getaddicted.org) und von ihrem Videoprojekt "unter Hirschen" berichten - deswegen auch die interessante Tapete im Hintergrund
Mit denen gehts dann noch weiter gen Freibeuter, lecker Astra und Mexikaner trinken! War dann noch ein ganz netter und langer Abend, aber das Angebot, noch in die Zeche zu kommen, lehne ich dann doch lieber ab...morgen is ja auch noch ein Tag
Dass ich ne Stunde auf meine Bahn warten muss - egal. Muss ich wohl drüberwegsehen...
Und mehr vom nächsten Tag Bochum Total gibt es hier, also ab weiterlesen!