Rockstage Dortmund: Gegenteil, Fabian ohne Stromorchester, Captain Horst, Guitarshop Asshole, Prior Lane, Mode Execute Ready, 06.12.2009 in Dortmund, FZW - Bericht von Fö
Rockstage Dortmund am 06.12.09
Nu aber rein, die erste Band spielt bereits! Gegenteil sind mir zumindest nicht gänzlich unbekannt, schließlich durfte Schlossi ihre Debüt-CD mal für Bierschinken rezensieren, also weiß ich auch ungefähr was mich erwartet: Düsterer Deutschpunk.
Naja, ganz so düster isset nich. Vom Sound her orientiert man sich wohl an 80er-Punkbands à la Razzia, an neueren würd mir da Tischlerei Lischitzki in den Sinn kommen. Gegenteil heben sich vor allem durch den schrill-anklagenden Gesang ab, der teilweise schon dadaistische Züge aufweist.
Die Texte sind, wie sich das gehört, kritisch und vor allem "dagegen". Hui. Auf Dauer ist mir die Musik aber etwas zu eintönig, auch die Live-Performance lässt zu wünschen übrig. Wenig Ansagen, wenig Interaktion - aber, unter uns, das macht mit 5-6 Zuschauern wahrscheinlich auch nicht viel Spaß...
Naja, netter Auftritt. Ein paar Stücke kannte ich noch vom Album, neuere Sachen wie "Arbeit ist Krieg" waren auch dabei, ziemlich okay aber auch nicht sonderlich spektakulär.
Ob der nächste Act spektakulärer wird? Fabian ohne Stromorchester nennt sich dieser junge Herr. Normalerweise wohl auch mit Stromorchester unterwegs, heute mal solo - aber immerhin mit zwei Gitarren. Höhö. Der selbsternannte "Don Juan aus Herne 2" macht aber weniger Liedermacher-typische Musik sondern hat eher Deutschrock-Background.
Oder, ums genauer zu konkretisieren: Ruhrgebietspoetik. Mit viel Humor und Selbstironie präsentiert Fabian seine Songs, eigentlich ganz unterhaltsam. Spontan dichtet er auch noch um: "Die Welt ist beschissen wie ne kaputte DI-Box", weil jenes Utensil seiner Akustikgitarre heute mal die Töne verfälscht.
Hm, nette Musik sag ich mal, aber nach 2-3 Liedern reicht mir das auch. Is ja ganz lustig alles und wär wohl ganz gute Biergartenmusik, hier im Club wirkt das aber irgendwie deplatziert. Naja, ich bleibe bei der Beschreibung "nett" und verzieh mich erstmal mit Schlossi gen Kiosk.
Ein Bier später die nächste Band: Captain Horst! Erstmal Gratulation für diesen fantastischen Bandnamen! Musikalisch bleibts beim Deutschrock. Westernhagen trifft auf Madsen. Puh, is jetz auch nich unbedingt meine Baustelle, und auch hier gilt, ähnlich wie beim guten Fabian: Witzig, sympathisch - aber nach ein paar Liedern ist die Luft raus.
Ganz die Jüngsten sind da in der Band auch nicht unbedingt. Haben wir vorher noch spaßeshalber gewitzelt, da erwarte uns bestimmt eine Midlife-Crisis-Band, bekommen wir jetzt die Bestätigung: Es wird gesungen über die Bundesjugendspiele 1979. Oder auch, tolles Zitat aus einem weiteren Song: "Es gab nur zwei Programme im TV"
Aber alles mit Augenzwinkern und Humor dargeboten, in etwa die harmlosere Variante von Kapelle Petra. Schön auch die Ansage: "Macht auch viel mehr Spaß, wenn man jeden im Publikum persönlich kennt" - ja, viel voller ist es hier drinnen wirklich nicht geworden. Uns kennt der Sänger nicht, gehen wir halt wieder. Die Kioskfrau kennt uns inzwischen.
Die nächste Band müssen wir uns dann aber doch mal komplett geben: Guitarshop Asshole spielen heute ihre 100ste Show! Uff. Geboten wird straighter und dreckiger Rock'n'Roll. Nicht ganz so gut nach vorne wie ichs in Erinnerung hatte, eher ein etwas bluesiger Sound, rockt aber trotzdem ungemein.
Der Vergleich mit den nicht mehr existenten Lokalhelden Speedway 69 liegt natürlich in der Luft - nicht zu unrecht! Lecker Highspeed-Rock'n'Roll mit Eiern, wie man so schön sagt. Ein paar Stoner- und Grunge-Einflüsse sind aber auch nicht von der Hand zu weisen.
Rockt also, und auch jüngere Fans kommen auf ihr Kosten! Ein kleiner Junge mit Ohrenschützern feiert seinen Papi beim Spielen ab. Ker, wat süß!
Schöner Auftritt, endlich mal amtliche Gitarren! Humor beweisen Guitarshop Asshole auch noch, indem das Zugabenklischee rausgeholt wird und die Band nach dem "offiziell letzten" Song ungeduldig wartet, bis endlich irgendwer Zugabe ruft. Haha! Zugabe!
Bei der nächsten Band sind wir dann mal gespannt, was uns erwartet. Prior Lane heißen sie, stehen, wie wir vorher erfahren, seit kurzem ohne Sänger da und haben heute deswegen gleich mal vier Gastsänger am Start - beziehungsweise -sängerinnen. Hier die zweite.
Und die, äh, der dritte. Egal, erstmal Musik. Prog-Math-Art-Rock-Metal. Die Instrumentenfraktion ist nur am Frickeln, der Gitarrist fideldüt da ein Tapping-Solo nach dem nächsten durch die komplexen Gitarrenläufe, der Bassist (mit 6-Saiter!!) steht ihm da in nichts nach und zupft sich quer durch jegliche Musiksphären.
Anstrengend! Besonders für unsere 3-Akkorde-Punkrock-verwöhnten Gehöre. Der Gesang verkommt wirklich eher zur Nebensache (also warum nicht vier Sänger...), fast schon hypnotisierend wabern die Riffs durch den Raum. Offen gestanden, fühle ich mich immer noch ein wenig verstört.
Auch ein kleines (höhö) Instrumentalstück wird dargeboten, bis schließlich der letzte Sänger (sind wir hier eigentlich beim Casting) die Bühne betritt. Puh. Wirklich gut gespielte Musik, kann sich nur nicht so ganz in meinem Musikkosmos einnisten. Aber hypnotisierend genug, um sich den ganzen Auftritt zu geben - 6 Songs in ner knappen Stunde, Respekt!
Nach dieser Darbietung far away from our Niveau muss der Kopf erstmal mit Bier durchgespült werden. Die nächste Band serviert auch nicht grade leichte Kost, macht aber nicht ganz so verstörende Musik: Mode Execute Ready! Die Dortmunder Truppe durfte dies Jahr immerhin schon Bochum Total "headlinen"
Musikalisch gibts ziemlich ausgereiften Indie-Alternative-Rock zu hören mit fast schon sphärisch anmutenden Songs. Schuld daran vor allem der falsett-artige Gesang von Frontmann Christoph. Beinahe unumgänglich, dass man sich an Muse erinnert fühlt, mit Abstrichen schwirrt auch der Coldplay-Vergleich vorbei.
Gibt insgesamt überhaupt nichts auszusetzen an der Band, außer dass das mal wieder Musik ist, bei der ich so einige Zugangsprobleme habe. Würde mir auch nie ne CD kaufen, aber so ein Live-Gig hat halt schon ganz andere Qualitäten und fesselt mit Clubatmosphäre auch deutlich mehr als der Open-Air-Auftritt bei Bochum Total.
Nicht nur musikalisch kann die Band überzeugen, scheinen auch sonst ganz lustige Typen zu sein. Der Bassist darf seine erste, zweite und dritte Ansage machen, verteilt munter T-Shirts an die Massen (höhö) vor der Bühne, der Sänger scheint auch zu Scherzen aufgelegt, insgesamt ein runder Abschluss des heutigen Rockstage-Festivals.
Womit wir schon wieder am Ende angelangt wären. Ja, das Rockstage-Team hat mal wieder Gespür für ein abwechslungsreiches Line-Up bewiesen - schon erstaunlich, was die heimische Musikkultur so für ausgrabungswürdige Bands am Start hat. Kleines Manko heute wohl die im Vergleich zu den letzten Malen eher dürftigen Besucherzahlen. Aber wer geht schon gerne in Konkurrenz zu verkaufsoffenen Sonntagen, Weihnachtsmärkten, Regenwetter und Nikoläusen. Egal, war mal wieder unterhaltsam. Nächster Termin: 10.01.!