Ken, Genepool, 27.04.2010 in Dortmund, FZW - Bericht von Fö
Ken, Genepool, 27.04.2010 in Dortmund
Dass die Bands wohl durchaus ihren Punk-Background haben, merkt man nicht zuletzt daran, dass im Vorfeld ständig proklamiert wurde, es gehe "pünktlich" 20 Uhr los - und wir dann trotzdem über ne halbe Stunde warten müssen. Is jetzt nicht weiter schlimm, aber wenn ich der Band den Gefallen tue und pünktlich da bin, erwarte ich doch auch, ebenso zuvorkommend behandelt zu werden. Oder?
Den Auftakt machen Genepool. Ne Band, die ich immer mal live sehen wollte - früher. Früher, als Jack Letten himself, Frontmann von Smoke Blow, den Gesangsposten besetzte und mit der Band zwei schöne Alben aufnahm. Zugegeben, Jack Letten war auch kein Gründungsmitglied, aber Bands, die ihre Sänger wechseln, finde ich suspekt.
Das ist wohl der große Unterschied zwischen "Musiker" und "Musikhörer" - der Mucker denkt sich, dass den Sound der Band doch eigentlich die Instrumentalisten ausmachen, während der Hörer sich primär am Gesang orientiert. Soweit meine Theorie. Wobei der "Sound" von Genepool eh auf jedem Album nen Rundumschlag gemacht hat, also zählt das auch nicht wirklich.
Whatever. Der "Neue" am Mikrofon: Ian Spehr, ehemals aktiv bei Mink Stole. Sorry, aber i don't like Sänger, die in den Ansagen zwischen deutsch und englisch switchen, nur weil das ja so Rock'n'Roll is. Und Arroganz als Attitüde wirkt, auch wenn es nur die eigene Unsicherheit übertünchen soll, ebenso fehl am Platze wie der bewusst gelangweilte, nöselnde Gesang.
Der Sound insgesamt reißt aber einiges raus. Besonders beeindruckend für die visuelle und akustische Komponente: Zwei Schlagzeuger! Das macht die Musik zwar nicht unbedingt lauter oder schneller, aber irgendwie dichter. Hat was.
Achja, neues Album wie gesagt. Hört auf den Namen "Lauf! Lauf!" und ist ein ganz nettes Stück New-Wave-Pop geworden. Nicht ganz meine Musik, aber schlecht ist es nicht. Heute freue ich mich auch mal, dass die Band zum Großteil Stücke vom neuen Album spielt, die Letten-Stücke funktionieren halt einfach nur mit Letten.
Gibt aber natürlich auch ältere Stücke. "Suicide Drive" vom Vorgänger "Sendung/Signale" ging noch in Ordnung, aber als dann später "Shape of things to come" gespielt wird, verlassen wir den Raum. Nee, mal echt ey. Benennt euch doch einfach um, wenn ihr den Sänger wechselt, dann hätte ich nicht diese Anti-Haltung. Vielleicht bin ich auch einfach nur sauer, Genepool nie mit Jack Letten gesehen zu haben...
Bei der nächsten Band bin ich ebenfalls froh, dass sie zum Großteil Stücke vom neuen Album spielen: KEN kenn (höhö) ich nämlich noch nicht lange, lediglich das aktuelle Album. Passt also. Sänger Aydo Abay kennt man noch von Blackmail (auch die haben den Sänger gewechselt ohne sich umzubenennen. Buh.)
Und Bassist Guido Lucas kennt man noch von - na - von Genepool, genau. Außerdem durch seine Arbeit als Produzent für so ziemlich alle deutschen Indie- und Noise-Größen. Fast ne lebende Legende, könnte man sagen. Und wie es sich für Legenden gehört, hat er graue Haare.
War ich von Genepool eher enttäuscht, bin ich von Ken wirklich positiv überrascht. Kann auf Platte schon einiges, kommt live aber noch um einiges bombastischer und rockiger. Fetter, wie man so schön sagt. Die Musik ist irgendwie New Wave in Richtung Indie-Rock, Aydo Abay gibt einen charismatischen Frontmann, schwer fällt es wirklich nicht in die Musik einzutauchen.
Auch lustig: Ich frag mich die ganze Zeit, wo ich diesen Herrn schonmal gesehen habe, der im Wechsel Gitarre, Bass, Keyboard und Mikrofon bedient. Später bei der Bandvorstellung komm ich dann drauf: Ole Fries, zuletzt gesehen auf der Abschiedstour von Muff Potter, wo er als Backliner aktiv war. Klein ist die Musik-Welt.
Rundum guter Auftritt, finde ich. Zwischen den Songs wird mir zu viel über Fußball geredet. Guido Lucas outet sich als Bayern-Fan. Was noch zu viel gemacht wird: Geraucht! Das Publikum darf nicht rauchen (was ich super finde), aber bei der Band gehört das zur künstlerischen Performance? Nee, raucht eure Ketten bitte nach dem Auftritt.
Wobei wir natürlich nicht wissen, was da so alles geraucht wurde. Zumindest war die Band zum Ende hin immer besser gelaunt. Hm. Egal, die Musik bleibt auf obersten Niveau und dürfte das Publikum gut zufrieden gestellt haben. Auch wenn insgesamt (geschätzt) nur etwa 80-90 Leute den Weg ins FZW gefunden haben. Inklusive Bands.
Gespielte Songs krieg ich nicht mehr zusammen, aber ich würd mal sagen fast die komplette "Yes We Ken" wurd gespielt, dazu noch 3-4 ältere Stücke, die ich nicht kannte. Klangen aber nicht ganz so poppig wie die alten Dinger.
Sehr variabel zeigt sich die Musik immer, wenn mal ein wenig die Synthie-Effekte rausgekramt werden. Sind ja auch zwei Keyboarder am Start. Noisige Eskapaden, die uns ordentlich vor die Brust knallen. Ich ertappe mich dabei, fast beim kompletten Konzert zumindest mitzuwippen. Ich alter Euphoriker.