Turbostaat, Frau Potz, 07.05.2010 in Bochum, Bahnhof Langendreer - Bericht von Fö
Turbostaat, 07.05.2010 in Bochum
Vorband heute Abend: Frau Potz. Ungewöhnlicher Bandname und mir bisher kein Begriff, konnte aber schon bei der Vor-Recherche auf Myspace durchaus überzeugen. Eine Band, die ins Vorprogramm von Turbostaat passt wie die Faust auf den Eimer, oder so.
Deutschsprachiger Punkrock also, der in erster Linie an Turbostaat erinnert, in zweiter schimmert ein wenig Trend durch (speziell durch den, äh, schrillen Gesang) und in dritter wird da noch ein wenig im Hardcore-Dampfkessel gewühlt, macht insgesamt wirklich nen guten Eindruck.
Offensichtlich gibts auch ein paar Leute, die die Band schon kennen und sie fleißig bejubeln. Zum Beispiel diese 3 Minderjährigen vor mir, die die ganze Zeit ganz oldschool-mäßig auf und ab hüpfen, um ihre Begeisterung zum Ausdruck zu bringen. Irgendwie lustig.
Besonders umjubelt wird der Song "Rendsburg" (anscheinend der "Hit" der Band, hm), ansonsten hören die Songs auf Titel wie "Ach, Heiner" oder "Ich will dich, doch ich bin langweilig" oder so ähnlich - ja, manchmal können Songtitel wirklich viel Aussagekraft haben. Ne kleine CD hat die Band auch dabei, kostet auch nur 2 Euro, ich versäums trotzdem sie mir zu holen. Egal.
Publikum. Nach und nach füllt sich der Laden, Frau Potz bekommen mehr als nur Höflichkeitsapplaus, da wurde wohl ganz gut in die Geschmackszielscheibe des gemeinen Turbostaat-Fans getroffen
Damit können wir auch direkt weitermachen mit der Hauptband: Turbostaat! Der Bahnhof mittlerweile rappelvoll, starten Turbostaat direkt los - zu unserer vollsten Überraschung - mit "Drei Ecken - ein Elvers" vom 2001er Album "Flamingo" - geil! Übrigens das erste Lied, was ich überhaupt jemals von dieser Band zu hören bekam
Hätte ich auch nicht unbedingt mit gerechnet, sind doch Turbostaat nicht unbedingt dafür bekannt, viel Material der ersten beiden Platten zu spielen. Wie auch immer, die Ernüchterung folgt auf dem Fuße, den weiteren Verlauf des Abends bestimmen ganz klar die letzten beiden.
Aber das stört irgendwann auch nicht weiter, auch die neuen Stücke werden fleißig mitgesungen (obwohl "Das Island Manöver" gerade erst erschien, wie Sänger Jan spitzbübisch feststellt), unbeschreiblich was da teilweise vor der Bühne abgeht. Ein einziger Tumult aus Körperteilen.
Die Textsicherheit der Konzertbesucher macht sich immer wieder bemerkbar, so dass Jan teilweise ganz darauf verzichtet, überhaupt das Mikrofon zu bedienen. Großartiger Publikums-Chor zum Beispiel bei "Pennen bei Glufke", das wohl neben "Surt und Tyrann" zu den Highlights des neuen Materials zählt, zumindest bei der Livedarbietung.
Ansonsten natürlich auch einige Stücke vom letzten Album "Vormann Leiss", wie das atmosphärische "Insel" oder "Bei Fugbaums" - aber ich hätte mir trotzdem 2-3 mehr noch ältere Stücke gewünscht. Wenn auf nem Festival nur neues Material gespielt wird, ist das ja noch verzeihbar, aber auf nem Einzelkonzert?
Turbostaat habe ich ja sowieso nie als die große Festivalband gesehen - aber das heute hat teilweise echt schon Stadionqualität. Ist Mitklatschen überhaupt noch Punk?
Insgesamt ein mehr als mitreißendes Konzert, schön treibender Punkrock trifft auf ein begeisterungsfähiges Publikum. Und das ist, trotz anfänglich gegenteiliger Eindrücke, durchaus gemischt, alters- wie betrunkenheitsmäßig.
Ein Highlight natürlich das von allen frenetisch abgefeierte "Harm Rochel", da steht nun wirklich keiner mehr still. Und damit bewegt sich das Konzert so langsam dem Ende entgegen. Man spart sich wohl die Highlights für die Zugaben auf - auch "Schwan" vom gleichnamigen, 2003er Album darf nicht fehlen. Juhu!
Was man irgendwie auch kennt: Kaum geht es dem Ende entgegen, kann man sich kaum noch vor Crowdsurfern retten. Puh. Einer dieser Subjekte kriegt dann direkt ne Gitarre umgeschnallt und darf ein wenig mitrocken - uneingestöpselt, versteht sich. Nicht verstehen tue ich trotzdem die ganze Aktion, keine Ahnung was das bringt. Aber der Fan hat Spaß, so weit so gut...
Und wieder geht die Band von der Bühne, und wieder rasten die Zuschauer aus, brüllen den Bahnhof zusammen und fordern ihren Turbostaat zurück. Die Jungs lassen sich tatsächlich Zeit, gönnen uns dann aber doch noch ne zweite Zugabe - inklusive Intro vom Band zu "Fünfwürstchengriff". Hallo, vom Band? Soviel zur spontanen, ungeplanten Zugabe...egal.
Alles in Allem trotzdem ein großartiges Konzert und eine einzige Party von Anfang bis Ende. Kann man nicht anders sagen, Turbostaat ist einfach eine verdammt großartige Liveband. Auch wenns ein paar Sachen gab, die ich persönlich mir anders gewünscht hätte - scheiß drauf. Letzter Song: "Hau ab die Schildkröte". Ein Song, der noch ewig im Ohr bleibt. Im besten Fall gibt es Verletzte, aber meistens gibt es Tote!!