Kannibal Krach, Inkasso Moskau, Kruste, Neoprolls, 15.05.2010 in Wermelskirchen, AJZ Bahndamm - Bericht von Chris Crusoe
Kannibal Krach, 15.05.2010 in Wermelskirchen
Kannibal Krach, mittlerweile in Leverkusen und Wuppertal von Konzerten ausgeladen wegen recht mäßiger Vorwürfe, die nach der subjektive Autorenmeinung nicht durch die satirische Oberfläche der Lyrik dringen. Sei's drum... muss jeder selber wissen, was er hört und Werbung und Diskurs bedeutet es dadurch sowieso. Chris Crusoe ist FÜR den Krach, so!
Fünf Eier Eintritt zahlt man da gerne, gerade bei vier Bands. Erstmal spielen Kruste aus Witten. Es gibt gröligen Hardcore-Punk mit ganz leichtem Crust-Zwinkern. Gesanglich eher geröhrt als geschrien, musikalisch eher eine LKW-Geradeausfahrt durch die Innenstadt als ein Lehrer-Tandem auf der Landstraße.
Und wieder der unglaubliche Härp, der einfach in JEDER Band spielt, die es gibt. Hier an Gitarre und der Hälfte des Gesangs. Guter Mann!
Texte auf Deutsch und recht ungeschmückter Gesang lassen zwischendurch ein leichtes Oi-Flair aufkommen, das musikalisch aber nicht bestätigt wird. Auf jeden Fall recht eingängig das ganze, ohne Pop-Melodien natürlich.
Dann an zweiter Stelle heute Abend die divinen Inkasso Moskau aus Osnabrooklyn. Leider nicht objektiv bewertbar, weil man als Fan deutlich zu begeistert den Wahnsinn auf der Bühne aufnimmt.
Objektiv kann man aber feststellen, dass hier ab dem ersten Ton alles gegeben wird und auch alles sitzt. Die (einzige) Gitarre ist zu Anfang noch etwas leise, was aber vom Mischprofi Pätz schnell behoben wird. Es walzt, ballert und flirrt.
Drummer Markus zählt seit gestern einen Lenz mehr, spielt aber auch mit Party-Hangover immernoch doppelt so eng wie die meisten anderen Zunftgenossen. Hut ab! Auch für die täuschend echten "Ich bin so k.o."-Ansagen übrigens, hrhr.
Hier wird gemosht, nicht gekleckert! Inkasso Moskau mit dem gewohnt großartigen Deutsch-Grind voller Abwechslung, Irrsinn und kühner Abstrafung von Bands mit belanglosen Texten.
Außer Koryphäen auf dem musikalischen Parkett sind die Teutoburger auch noch absolut feine Kerle und unterhalten die geneigten Zuschauer aufs Vortrefflichste. Gekommen sind sie übrigens über die Autobahn, was natürlich schneller geht und Cola von der Tanke schmeckt natürlich auch besser, weil sie teurer ist. Ist Klar, oder?
Wieder ein großartiger Auftritt der Drei Ausrufezeichen mit dem großen Sound! Sollte jeder mal gesehen haben. Death to false Osnabridge!
Dann geht es weiter mit den Neoprolls aus Hückeswagen. Zuerst bin ich aus Gewohnheit etwas abgeschreckt ("Oh, mal wieder 'ne Oi-Band.. Gähn!") und die Tritt-Ihm-In-Den-Arsch-Lyric ist auch nach drei Titeln irgendwann langweilig.
Zugegebener Weise wird es dann doch interessanter, weil die Jungs echt lustige Momente haben und musikalisch tatsächlich recht abwechslungsreich sind, vom Gesang vielleicht mal abgesehen, und alle fitte Musiker sind. Ehre wem Ehre gebührt!
Der Rest ist Geschmackssache. Aber wer Humor mitbringt, ist hier an der richtigen Adresse und als am Ende noch "Spirit of 96" gecovert wird, ist alles gut und Stimmung prächtig. Dann noch schnell die Kannibal Krach CD gekauft, auf der den Neoprolls ihr Eric auch als Gast zu hören ist, noch zwei Bier gekauft und dann werden die Debutanten abgefeiert.
Die legen los mit Live-Verstärkung am Bass. Gemäß dem bereits bekannten Naturgesetz spielt auch in dieser Band ein Härp mit. Dieser allerdings im bunten Karo-Gefieder.
Die unmaskierte Barb muss heute nicht nur Merch verticken sondern auch noch Fotos machen. Beides kann sie allerdings sehr gut!
Solche Fotomodelle machen es aber natürlich nicht nur den Fotografen, sondern auch dem Publikum leicht, diese Band zu lieben.
Auch die Metchen sind trotz den angeprangerten, vermeintlich sexistischen Texten nicht abgeneigt. Verrückt, oder?
Live-Irrsinn, Wahnsinn und die handwerkliche Exzellenz der drei Musiker mischen sich hier zu einem beeindruckenden Ganzen. Und Pimmel. Die frusturistischen Texte und Stimmvielfalt sind spektakulär und die Darbietung gelungen! Glückwunsch zum Album-Debut und zum geilen Konzert!
Einige Abgekämpfte kramen nach Geschenken und um Mitternacht spielen die Kannibalen ein extra geschriebenes Geburtstagslied für das blonde Metchen. In kannibalischer Manier ohne Hoffnung auf Glück natürlich.
Das blonde Metchen ist Little Sister und bekommt lustige Präsente, welche sie nach dem Konzert auspacken darf. Eine sehr schöne altschulige Scout-Tasche zum Beispiel.
Und es gibt eine nachgetanzte Szene aus dem Kannibal Krach-Epos "Akademikerliebe". Eine Arie in drei Teilen.
Dann wird es auf dem Heimweg noch gruselig. Das Geburtstagsmetchen bekommt einen Ausflug. Erste Station: das Schaf auf Gras in Atbg. Eine echte Sehenswürdigkeit.
Hier: Löwenmann mit Leukitz, nackten Menschen, Vögeln und einem Hasen. SO hat sich Gott (Kurt) die Schöpfung in WIRKLICHKEIT vorgestellt. Na geht doch, Mann!
Der Blitz hilft uns. Dem Müller hilft nur der Knüppel. Das ist ja wie in einem Oi-Text hier, hrhrhr!