Chiemsee Rocks Festival: Blink 182, Billy Talent, Madsen, State Radio, 25.08.2010 am Chiemsee, Übersee - Bericht von Kabl
Chiemsee Rocks Festival am 25.08.2010 in Übersee
Und wir kommen an. Scheiße, was ist da mit der Kamera passiert? Truppe heute (von vorne nach hinten): Schreiber, Resi, Xynthia und Laura. Vom Parkplatz laufen und Karten scannen lassen dauert arschlang.
Doch irgendwann stehen wir doch auf dem Gelände und verpassen leider Stefan Dettl, der eigentlich der Frontmann und Sänger bei "LaBrassBanda" ist, was eine sehr schöne Band ist. Ich habe mir aber berichten lassen, dass es nicht so schlimm war, den Herren zu verpassen. Er hat nur knappe 20 Minuten gezockt, und zwar eher langweiliges Rockzeugs. Aber wie gesagt - weiß ich nur aus Erzählungen.
Weiter geht es mit Sublime ähh pardon, State Radio. Pluspunkt: Ohne aufwändiges Bühnenbild, Effektzeug etc. knüppeln die drei Menschen ihr Set runter. Bass/Gitarre/Schlagzeug/Gesang, muss reichen.
Das reicht auch, die Leute treten sich hier auch schon fast die Füße platt. Generell wird es auf Chiemsee-Rocks heute übelst voll. Später dazu noch n paar Takte mehr.
Zurück zur Musik. Wie kann man den Musikstil beschreiben? In der Bandbeschreibung steht etwas von "Bandbreite", "Punkrockklängen" und "Reggae-Harmonien". Normale steht ja immer in Bandbeschreibungen, dass die Band so geil und vielseitig ist. Das mit der Vielseitigkeit stimmt hier aber mal wirklich.
Reggae, Punk, Crossover der Marke Rage against the machine, Ska, Rock, Pop - es wird tatsächlich alles verwurstet. Das klingt verdammt interessant, wenn auch nicht neu erfunden. Trotzdem: Gelungener Opener. Und der Kameramann hat eine Lederhose an. Wir ziehen den Bayern die Lederhosen aus.
Ein wunderschönes Panorama bietet sich während der Umbaupause dar. Heißes Wetter, schöne Aussicht, gute Musik, Ticketpreis 35 Euro. Was will man mehr?
Watt mit Titten? Ich dachte das Wacken-Festival sei das einzig sexistische Festival. Bandshirts sind aber eigentlich eh prinzipiell überbewertet. D.I.Y.
Und dann gibt es hier die Madsen. Die Band mag nicht jedermanns Sache sein. Ich fand das erste Album von denen einfach super, weil da echt Songs mit sehr guten Melodien drauf waren. Auch auf den anderen drei Alben waren immer wieder einige Hits aufzufinden.
Deshalb feiert der Berichteschreiber diese Band auch gnadenlos ab. Nun gut, gnadenlos ist übertrieben. Das mittlerweile fünfte Mal sehe ich heute Madsen, ist ja nicht schwer, die spielen ja sowieso überall.
Und irgendwie fand ich sie sonst immer ne Spur besser. Woran lags? Am Sänger. Muss man nach und vor jedem Lied unoriginelle Ansagen rausklumpen? Gut, das ist eben die Art vom netten Sänger, dem Traum aller Schwiegermütter, Herrn Madsen. Aber: Es heißt nicht: "Chiemsee, geht's euch gut!" Nein, Chiemsee ist ein Singular, es heißt: "Chiemsee, geht's dir gut!"
Also, Ansagen und Habitus des Sängers nerven heute irgendwie. Manchmal ist weniger gute Stimmung verbreiten, Floskeln in die Meute brüllen, und krampfhaft zum Mitmachen animieren mehr. Hier versuche ich einen Pogo zu fotografieren. Klappt nur bedingt.
Zur Musik: Hits sämtlicher CDs werden souverän dargeboten: Darunter "Vielleicht", "Die Perfektion", "Lass die Liebe regieren", "Du schreibst Geschichte", "Mit dem Moped nach Madrid" und so weiter.
Geil ist, dass wenn der Sänger wirklich andauernd zum Mitklatschen wie bei Karl Moiks Musikantenstadl animiert, die Leute teilweise so aus dem Takt klatschen, dass es eine wahre Freude ist. Weder im Takt, noch auf den "Offbeat", nein, einfach daneben.
Yeah, und wir merken doch wieder, wir sind nicht auf'm Wacken: Hier ein mächtiger Circlepit, wahrscheinlich zu "Panik" oder einem ähnlichen Welthit. Ist glaub ich auch nix passiert. Lang spielen Madsen heute nicht, es geht zu den Zugaben.
Und fand ich das Hauptset nicht so prall, die Zugaben haben alles rausgerissen: Es wird tatsächlich "Where Is My Mind?" von den Pixies gecovert - und zwar überaus authentisch. Und am Schluss natürlich der Klassiker: "Nachtbaden" mit dem üblichen Vollgas-Pogo-Teil. Somit haben Madsen dann doch wieder gewonnen. Guter Auftritt!
Nun kommt eine Band, mit der ich persönlich noch nie richtig etwas anfangen konnte. Ich finde auf CD den Gesang bei Billy Talent zu aufgesetzt und die Musik für Punk zu langsam. N paar Hits kenn ich, und man sollte einer Band live ne Chance geben.
Ich sag mal: Objektiv gesehen nicht so schlecht. Sänger kommt (im Gegensatz zu im Internet verstreuten Gerüchten) nicht ganz so arrogant rüber. Pluspunkt für die Ansage: "If someone falls down, pick him up. We are not on a Limp Bizkit Gig."
Wie gesagt, man kennt die Hits. Wir diskutieren ob dieses "Cats In The Crax Mäx, Cräx n Mäau" (das geht so im Refrain, keine Ahnung wies' wirklich heißt) und "Fallen Leaves" das gleiche oder unterschiedliche Lieder sind. Natürlich sind es unterschiedliche.
Das Gelände ist überfüllt! Ist mir persönlich egal, aber man wartet 30 Minuten bis man ein 0,4 Liter Bier für 3,30 Euro bekommt. Ich kanns heute keinem verdenken, der seinen Becherpfand nicht abholt. Man verpasst ja den halben Gig der Band. Größter Minuspunkt am Chiemsee-Rocks: Für diese Besucheranzahl braucht man mehr Getränkegastronomie!
Nochmal das Panorama - diesmal in der Nacht. Romantisch. Und zu dieser mauscheligen Stimmung verrichten Billy Talent weiter ihre Hymnen. Ich drehe die Birne also wieder um 45 Grad, um die Band weiter zu begaffen.
Die Band wird gefeiert. Ein Lendenkracher nach dem anderen wird rausgewuchtet. Am Schluss muss ich sagen: Besser als gedacht - wenngleich ich mir die Band auch nicht unbedingt nochmals anschauen würde. Mir fehlt da ein bisschen die Originalität, das Besondere.
Publikum ist teilweise auch noch recht jung. Aber freut sich voll, als die Laura sie auf die Schultern nimmt. Werden die Leute eigentlich allgemein immer größer? Da kann man ja den Wald vor lauter Bäumen nicht sehen.
Und jetzt gibt's Vollgas. Ab dem ersten Ton von Blink 182 bricht die Hölle los. Los geht's mit "Dumpweed" - absolute Oiphorie im Publikum. Weiter geht's mit "Feeling This", "Rock Show" etc. Ich verweise auf setlist.fm - es gab wenig Abweichungen zu den Gigs die bereits eingetragen sind.
Was hier abgezogen wird, ist der Wahnsinn. Ich würde den selben Eintrittspreis auch dafür zahlen, wenn Drummer Travis Barker 90 Minuten solo Schlagzeug spielen würde. Es gibt keinen besseren Schlagzeuger für diese Musikrichtung. Schnell, absolut präzise, jeder Takt wird für Fill Ins und Wirbel genutzt, das ist beinahe unmenschlich.
Absolute Freude im Publikum. Zurecht, denn was ich bei Green Day, einer Band des ähnlichen Kalibers, noch mokiert habe, ist hier nicht existent! Blink 182 setzen lieber auf kurze, geile, schnelle Nummern, als auf "sing heeeiiiiijooo". Die Ansagen werden lieber dafür genutzt, sich gegenseitig zu beschimpfen. Blink 182 sind die absolut besseren Green Day.
Professionalität ist ähnlich hoch wie bei Tré Cool und Konsorten: Das Bühnenbild ist bis in's letzte Detail ausgefeilt. Da es auf'm Chiemsee-Rocks keine Videowände gibt, kann man durch die sechs Bildschirme auf der Blink-Bühne trotzdem alles genau mitverfolgen.
Hit an Hit! Sogar das relativ alte Zeug "Carousel", "Dammit" und der Überhit "Josie" (bester Blink-Song überhaupt) werden mit einer Schnelligkeit runtergeprügelt, dass einem Hören und Sehen vergeht. Bei Josie ist allerdings keine Stimmung im Publikum...kennt diesen Überhammer keiner mehr?
Im Zugabenteil darf Travis noch ein Solo spielen, das Drumpodest schwebt in die Höhe und dreht sich - sowohl vertikal, als auch horizontal. Wie funktioniert sowas? Abartig!
Nach 70 Minuten ist das reguläre Set zu Ende, die Zugaben dauern nochmals so 20 Minuten. Das reicht auch. Geht auf ein Blink 182 Konzert! Im Gegensatz zu allen bösen Befürchtungen wird hier wirklich was geboten - alles passt: Musik, Darbietung, Gesamteindruck.