Tocotronic, 23.10.2010 in Augsburg, Musikkantine - Bericht von Kabl
Tocotronic, 23.10.2010 in Augsburg
Setlist. Zwar vom Vortag aus München, aber viel Änderungen gab es heute in Augsburg nicht. Hat irgendein Volltocotronicfan mitgebracht und hat sie jedem unter die Nase gehalten. Bin ich sehr zufrieden mit.
Und ja, die Kantine ist heute AUSVERKAUFT! Ich finde man sollte Menschen auf ein Tocotronic Konzert nur hineinlassen, wenn sie einen Seitenscheitel haben.
Natürlich kleide ich mich angemessen für so ein Event. Hat jemand schon die neue Supernichtsplatte gehört? Ist die gut? Die neue Tocotronic fand ich ja auch nicht schlecht. Ma gucken welche besser wird.
Natürlich haben auch Tocotronic einen Menschen, der die Gitarren vor dem Gig stimmt. Ich habe immer gemeint bei dieser Band müssten die Klampfen um ein paar Nuancen verstimmt sein. Man höre mal die Frühwerke der Combo an.
Aber jetzt geht's mal los. Direkt steigen sie mit dem Opener der neuen CD "Eure Liebe tötet mich" ein. Ein über 8-minütiges Stück, das den Kurs wie Tocotronic heute klingen werden vorgibt: Eher lange Noise-Rock-Songs, mit vielen Soli, und eben viel Verzerrung. Wie ich den Sound beschreiben würde? Vielleicht lyrischen Noise-Ambient-Alternativerock.
Nicht sicher ob coole Sau oder total arrogant: Rick McPhail. Absolut konzentriert, aber keine Miene zum Publikum, nicht mal bei der Bandvorstellung ein Lächeln, sondern stimmt seine Gitarre, und haut direkt im Applaus nach dem letzten Lied ab, ohne mit der Wimper zu zucken. Trotzdem: Cooler Typ.
Und Sänger Dirk hat gar keine so schlimme Mimik und Theatralik beim Singen, wie immer gesagt wird. Eigentlich geht er recht gut ab, zieht einige Vokale Thees-Uhlmann-like in die Länge, bedankt sich artig zwischen den Songs. Passt alles.
Ein Brett von einem Effektgerät. Habe mir bei ein paar Songs mal genau angeguckt was der da immer so knippst und umschaltet. McPhailsche Präzisionsarbeit.
Bei den schnellen Hits wird selbstverständlich auch gepogt. Was mich sehr gefreut hat ist, dass doch relativ viel von der Anfangsphase der Band gespielt wurde. Jungs hier kommt der Masterplan, das göttliche die Idee ist gut, doch die Welt noch nicht bereit, die obligatorischen drüben auf dem Hügel und natürlich Freiburg.
Ich glaub bei Ausgang Ost war das mal, als die Band komplett mit dem Rücken zum Publikum gespielt hat. Wird hier auch dargeboten, wenn auch nur bei einem Song. Vollgas.
Schlangentattoo, wo die Schlange "Apfel" und "Fragezeichen" sagt. Die Gitarristen prügeln auf ihre Tremolos ein, dass ein wahrer Lärmteppich entsteht. 5-minütige Soli, wo jeder Musiker ein Solo spielt. Konzeptband.
Auch der Drummer (der vom Supernichts-T-Shirt) darf zwei Lieder singen, nämlich "ich werde nie mehr alleine sein" und "bitte gebt mir meinen Verstand zurück". Kommt auch geil an. McPhail übernimmt in dieser Zeit die Drums. Mehr davon!
Und weiter im Text. Hier beim letzten Song "die Idee ist gut...", welcher in einer schier unglaublichen Rückkopplung endet. Mir dröhnen noch die Ohren, obwohl ich mir nen Mediamarktkassenzettel reingeschoben habe, da ich kein Tempo hatte.
Wie man bemerkt ist es auch recht gut heiß hier drin. Die Band lässt sich nicht lumpen und schreitet zur Zugabe - ist ja erst viertel nach neun. Mit "Mein Ruin", "Ich bin viel zu lange mit euch mitgegangen" und "Freiburg" wird der erste Zugabeblock absolviert.
Wirklich, mir hat der Auftritt sehr gut gefallen. Was man trotzdem objektiv sagen muss: Spieltechnisch ist die Band (ausgenommen McPhail) einfach auf dem Niveau einer durchschnittlichen Punkband. Hier mal ein Schlagzeugtimingfehler, da mal zu spät den Gitarrenkanal gewechselt, hier mal nen Gesangseinsatz verpasst. Macht die Jungs aber gerade sympathisch.