EA80, Eisenpimmel, 29.01.2011 in Duisburg, Djäzz - Bericht von Fö
EA80, Eisenpimmel, 29.01.2011 in Duisburg
Heute mal ne kleine Deutschpunksensation. Die Proletenpunker von EA80 treffen auf die Punk-Melancholiker von Eisenpimmel. Da treffen zwei Extreme des "Punk" aufeinander, und schon der bloße Gedanke, sie würden sich eine Bühne teilen, sorgt für entsetztes Kopfschütteln. Haben sich die Veranstalter wohl auch gedacht - und bauen zwei Bühnen auf. Im Rahmen der "Konterbox" spielen zwei Bands gegeneinander, schmeißen abwechselnd ihre Lieder in den Raum und hinterlassen (hoffentlich) heidenloses Chaos. Das heutige Gipfeltreffen der beiden Legenden sollte eigentlich schon vor geraumer Zeit stattfinden, damals mussten EA80 absagen, heute solls dann wohl mal klappen!
War ja sowieso nicht der erste Auftritt von EA80, der spontan abgesagt wurde - und somit ist heute immerhin der erste, den ich überhaupt sehe. Muss ja sagen, dass mir die Band auf Platte nicht allzu viel gibt - ist halt nicht so wirklich meine Musik. Aber als EA80 (nach dem Eisenpimmel-Zarathustra-Intro) loslegen, ist kein Halten mehr.
Wirklich, über die Livequalitäten dieser Band wurde nicht zuviel versprochen. Nichts zu spüren von den auf Platte her ruhig-düster gehaltenen Songs, uns dröhnt ein dichtes Soundgewitter entgegen, die Band prescht ordentlich nach vorne und Sänger Junge sogar ab und zu ins Publikum, ohne Rücksicht auf Verluste.
Achja, Blick zur anderen Bühne. Eisenpimmel hauen ihre gewohnten Klassiker raus, entfachen sogar eine 2-Mann-Polonaise im Publikum und bedienen ansonsten schön das Proletenklischee, sehr zur Freude der Fans, die sich vor der Bühne fleißig die Beine in den Hals stehen.
Erstes Highlight des Abends: Nachdem Eisenpimmel mit "Staat hau ab" die Messlatte (sorry, ich wollte das Wort "Latte" irgendwo im Bericht unterbringen) angelegt haben, kontern EA80 mit "System hau ab", eine textlich modifizierte Version, die allerorts für dick grinsende Gesichter sorgt. Das wär ja eh mein Traum gewesen: EA80 covern Eisenpimmel, und Eisenpimmel, naja, ihr wisst schon
Aber als echte Prolls kennen Eisenpimmel eh kein Lied von EA80. Dafür fängt endlich mal das Gepöbel an! Insbesondere Bärbel haut ein paar Sprüche gegen die andere Bühne raus - naja, eigentlich nur einen: Dass sie nichts vom dem versteht, was da drüben gesagt und gesungen wird. Irre.
Der Sound heute Abend könnte eh etwas besser sein - stört mich nu aber auch nicht weiter. Noch weniger Keith, der heute Herrn Schwers am Schlagzeug ersetzt und bereits Wochen vorm Auftritt mit nervösem Zucken im Augenlid rumlief, weil die Lieder ja viel zu schwer seien. Ich würd mal sagen er hats gemeistert.
Das gegenseitige Anpöbeln kriegen EA80 auch noch hin. So wird immerhin ab und zu Bezug genommen auf das zuvor von Eisenpimmel dargebotene Lied. Auf "Man muss dat Saufen nämlich nehmen" folgt logischerweise EA80's "Film-riss", auf "Duisburg ist spitze" wird mit Nein geantwortet (und als Konter ein Doch von Eisenpimmel)
Schon recht unterhaltsam, aber da ich ja eh kein Lied von EA80 kenne, fällt es mir schwer, dies noch tiefergehend zu analysieren. Das ist dann eher die Aufgabe der Fans vor der Bühne, die manche Lieder beinahe ekstatisch abfeiern und dabei die Stimmung vor der Eisenpimmel-Bühne tatsächlich um Längen schlagen.
Auch mal kurz auf Stippvisite bei Eisenpimmel: Junge, der daraufhin direkt von Bärbel bezirzt wird und direkt in ihren Händen dahin schmilzt. Naja, fast. Was wohl Siggi dazu sagt?
Er holt die Gurke raus. Tatsächlich. Sachen gibts. Als sich selbst das Publikum lauthals fragt, was man denn mit der Gurke machen solle, steht wohl fest, dass der nächste Punkt in diesem Match der Punktitanen tatsächlich an Eisenpimmel geht.
Naja - und so weiter. Ziemlich witziges Konzert. Und mit "ziemlich" meine ich, dass es, wenn ich strunzenvoll gewesen wäre, wahrscheinlich mein Highlight des Jahres geworden wäre. Aber so komplett nüchtern fehlt mir da ein wenig der Zugang zu diesem exorbitant kunstvollen Schauspiel. Ach, Alkohol is schon wat feines.
Selbstredend ist der Laden schon seit Wochen ausverkauft, und das obwohl das Konzert nirgends angekündigt war. Erstaunlicherweise ist es aber nicht so überfüllt wie erwartet, oder es verteilt sich einfach nur asymmetrisch. So halten sich geschätzte 50% des Publikums an den Durchgängen am Rande der Tanzfläche auf. Es macht jedes Mal "Flopp", wenn man sich da durch windet.
Wieder zurück zur anderen Seite, EA80 brettern das nächste Stück runter. Teilweise recht kranke Kunst, die hier dargeboten wird, technisch anspruchsvolles Geschrammel sieht man ja auch nicht alle Tage. Herrlich anzusehen natürlich Frontmann Junge, der zwar nicht sein Mikro frisst, aber immer aussieht, als sei er kurz davor.
Auf der anderen Bühne wird eher Übliches geboten. Also, üblich in Eisenpimmel-Maßstäben. Ist so die Kategorie Band, die man mal gesehen haben muss - aber beim nächsten Mal nicht viel Neues bietet. Heute lediglich ein wenig Gestänker gegen die langweilige andere Bühne.
Dabei aber Hits am Fließband, wie nicht anders zu erwarten. "Ein Bett im Bahnhof", "Ich Arsch hab mir Fleisch gekauft" und natürlich "Malle Mallorca" - großartig. Gerade weil diese Rockstarscheiße mit "Arme hoch" so fürn Arsch ist, wie Siggi betont, ist sie bei Eisenpimmel nochmal doppelt lustig.
Zu diesem Event der Extraklasse sind selbstverständlich Leute aus der halben Republik angereist, die man sonst eher selten zu Gesicht bekommt. Hier Verräterschwein Hülsing und Mama Alice. Nagut, Foto. Hier.
Inzwischen hat EA80-Junge tatsächlich Eisenpimmel von der Bühne gejagt für das "große Finale". Auch geil, Seitenwechsel! Ordentlich Gewusel im konfusen Publikum, bis schließlich jeder wieder einen Platz gefunden hat, von dem aus er seine bevorzugte Band begutachten kann.
Ja, das wars auch schon fast. Soviel zum "großen Finale". Irgendwie herrscht nach dem Konzert fast noch verwirrtere Stimmung wie dabei, das Ende kam nun wirklich etwas abrupt, und auch die bockig dargebotene Zugabe von Eisenpimmel reißt da nix mehr raus. Hat aber tatsächlich 2 Stunden gedauert, die ganze Show - kam mir gar nicht so vor!
Fazit: Ich wäre gerne betrunken gewesen. Ehrlich jetzt. Es war wirklich unterhaltsam, witzig und auch kurzweilig, aber ein unvergessliches Erlebnis war es auch wieder nicht. Vielleicht war der ständige Wechsel zwischen den Bands doch etwas zu verstörend. Aber ich glaube ich bin eh der Einzige der so denkt, alle anderen Anwesenden strahlen nur so vor Begeisterung.
Nun denn. Abschließend könnt ich noch ein paar wichtige Wörtchen loswerden: Das Djäzz ist, obwohl ich erst zum zweiten Mal da war, eine wirklich geile Location, und wenn das Teil wirklich wegen Anwohnerbeschwerden schließen muss, verliert Duisburg wohl wirklich den einzigen Laden, der noch ein wenig Außenwirkung hat. Und dann tun die Obrigkeiten immer fleißig so, als würden sie Kultur unterstützten. Am Arsch, ey. Link hier und hier