Milenrama, Lost Lyrics, Jimmy Keith and his Shocky Horrors, 09.04.2011 in Duisburg, Djäzz - Bericht von Fö
Milenrama, Lost Lyrics, Jimmy Keith..., 09.04.2011 in Duisburg
Weil wir so irre spontan und flexibel sind, gehts schon etwas eher los - erstmal in Duisburg schön in den Park pflanzen, Einweggrill raus und Fleisch drauf. Geil! Finden auch zwei Obdachlose, die "zufälligerweise" im Gespräch versunken an uns vorbei schlendern, sich dabei über nicht vorhandene Finanzen fürs Abendessen unterhalten und sich mit der verlockenden Androhung "er hier kann auch Gitarre spielen" zu uns gesellen. Okay, haben ja eh zu viele Würstchen dabei. Ulf steht aber bald auf, mit Blick auf die Uhr und den angekündigten "pünktlichen" Beginn im Djäzz - ah gut, hat er recht. Also hin.
Der Eintritt beträgt punkerfreundliche 5 Euro plus mustermenschfreundliche 1 Euro Soli-Zuschlag. Als Special heute gibts sogar Hansa-Bier für alkoholikerfreundliche 1.30 - da kann nun wirklich keiner meckern. Zu unserer Überraschung beginnen schließlich nicht Milenrama den Abend, sondern die Duisburger Rock'n'Roll-Legende "Jimmy Keith and his Shocky Horrors".
Vielleicht ist Legende auch übertrieben, aber immerhin seit 1988 gibt es die Band. Wobei sie die letzten Jahre nicht wirklich aktiv war und der heutige Auftritt wohl als Reunion durchgehen würde, hätte die Band vor Jahren den Anstand gehabt, sich wenigstens vernünftig aufzulösen. Mit Tom Tonk und Zepp Oberpichler sind immerhin zwei Protagonisten dabei, die auch heute noch regelmäßig auf sich aufmerksam machen.
Die Musik ist, gelinde gesagt, Rock'n'Roll-Punk. Rock'n'Roll als Grundteppich, und darüber ein wenig Geschwindigkeit und Groove. Nicht dieses neumodische Punk'n'Roll-Gedöns, die Vorbilder werden eher bei MC5, Johnny Thunders und ähnlichen zu suchen sein.
Die Band gibt, trotz des fortgeschrittenen Alters der Bandmitglieder, ordentlich Gas. Auf Kosten ihres Alters werden auch noch die einen oder anderen Scherze gemacht, und sogar ein Song namens "We are the teens" findet seinen Weg ins Programm. Dazu, neben jeder Menge eigenen Materials, auch Stücke von Dr. Feelgood oder Eddie & The Hot Rods.
Macht Spaß und mein Daumen wandert eindeutig nach oben. Sogar eine kleine Hansaflaschen-Slide-Partie wird eingelegt - und die Flasche von Tom Tonk anschließend ausgetrunken. So gehört sich das!
Maks merkt an, dass Zepp wohl die nächsten Tage gehörig unter Rückenschmerzen und Muskelkater leiden wird, so sehr wie er sich hier auf der Bühne verausgabt - bei seinen Solo-Sachen schlägt er ja eher ruhige Töne an...
Unterhaltsamer Auftritt und eigentlich zu Unrecht heute die erste Band - aber bei dieser Bandauswahl wäre mir auch keine passende Reihenfolge aufgefallen. Können ja alle was! Jimmy Keith werden jedenfalls ganz gut abgefeiert, ein paar der Zuschauer kennen sie ja schließlich noch aus jüngeren Jahren.
Also wird auch noch ne Zugabe gespielt, sehr zur Freude der Anwesenden. Aber "Stand by me" zu covern finde ich nun nicht sonderlich originell...nunja, hat Spaß gemacht. Jetzt bin ich aber mal gespannt wie die nächste Band ankommt.
Als Milenrama ihren Gig beginnen, ist es schon merklich voller im Djäzz - geil! Scheint sich wohl doch schon gut rumgesprochen zu haben, dass die Spanier heute spontan hier vorbeischauen. Starker Auftritt, der meiner Meinung nach den letztens in Castrop-Rauxel sogar noch toppt!
Schönes Hardcore-Getrümmer mit Gespür für Melodie, spanische Texte, Frauengesang. Eine furiose Mischung, bei der es nicht schwer fällt, ordentlich zu feiern. Im Publikum überall begeisterte Gesichter und einige Tanzwillige - nicht nur die mitgereisten Spanier.
Jau. Set so ziemlich genau wie in Castrop-Rauxel. Macht nix. Mir fällt mal wieder auf, dass das Album eh durchweg geil ist, live machen die Lieder nochmal doppelt so viel Spaß.
Für bekannte Töne sorgt zum Beispiel das NoFX-Cover "Lori Meyers" - ziemlich geil. Insbesondere durch den spanischen Akzent! Hier ein Video von Djrj, danke fürs fleißige Filmen! Schaut auch mal in seinen Youtube-Kanal, da gibts noch mehr Videos...
Ansonsten natürlich auch massig eigene Sachen. "Solo Somos", "Plan Prever", "Cultura Del Autoengaño" und wie sie alle heißen. Saugeil.
Sorgt auch wieder für euphorischen Applaus: Das Drumsolo! Macht sowieso Spaß, dem Schlagzeuger zuzuschauen. Spielt wirklich gut, auf den Punkt und mit ordentlich Geschwindigkeit.
Ja, heute ist wie gesagt Tourabschluss. Irgendwie scheints auch so, als würde die Band nicht nur nochmal alles geben, sie wirkt auch deutlich lockerer als noch vor wenigen Tagen. Mehr Ansagen, mehr Blickkontakt - und auch die mitgereisten Fans scheinen nicht müde zu werden, ergreifen sogar selbst mal das Mikrofon.
Heute gibts auch mal nen anständigen Zugabe-Chor, so wirklich will man die Band nicht von der Bühne lassen. Mit dem Distillers-Cover "Sick of it all" kriegen wir mal wieder nen großartigen Hochgeschwindigkeits-Song vor den Latz geknallt.
Aber das eigentlich Highlight folgt dann, wie nicht anders zu erwarten, in Form des Rasta Knast Covers "Katze beißt in Draht". Diesmal richtig geil, weil Sängerin Pimen ihr Textblatt verlegt hat und rein aus dem Kopf den ihr fremden Text vortragen muss. Klappt super, und spätestens beim Refrain kann auch der ganze Laden mitsingen.
Und auch das allerletzte Stück des Auftrittes überzeugt auf ganzer Linie, Pimen wird gar auf Händen getragen, während sie das Coverstück dieser spanischen Hardcore-Band vorträgt. Mittlerweile weiß ich dank Maks' Recherche auch, was es ist: "Mano de hierro guante de seda" von "Habeas Corpus". Geiler Song.
Damit ist eigentlich alles gesagt. Ich bereue keine Sekunde, heute nach Duisburg gefahren zu sein. Wahnsinns Auftritt, und die Band betont, auf jeden Fall nochmal wieder kommen zu wollen - das nehme ich beim Wort!
Oh, kommt ja noch eine Band. Wie wollen die Lost Lyrics da noch einen drauf setzen? Unmöglich. Sehr unterhaltsam zumindest schonmal das von Tom Tonk himself vorgetragene Intro...
Und dann Lost Lyrics. Nee sorry, werd ich nicht mit warm. Hab ich vor 10 Jahren mal ganz gerne gehört, seitdem aber nicht mehr und fand den Auftritt sogar, so hart es klingen mag, einfach nur langweilig.
Der Raum hat sich auch deutlich geleert im Vergleich zu vorher, aber ein paar Tanzwütige ziehen weiterhin wacker ihre Kreise - darunter auch die Milenrama-Fans, die wohl wirklich alles abfeiern können. Hut ab!