All Aboard!, Henri Parker, 27.04.2011 in Kiel, Schaubude - Bericht von Fö
All Aboard!, 27.04.2011 in Kiel
Abends dann halt zur Schaubude. Ein Laden, der mir schon immer sympathisch war, obwohl ich nie drin war. Einfach so vom Hörensagen. Irgendwo im schwarzen Herzen Kiels, nettes Personal und ansprechendes Interieur. Erinnert mich etwas an den Sonic Ballroom, bloß dass es kein Kettenfett gibt.
Dafür gibt es, tada: Nüsschen mit Balsamico! Anscheinend in letzter Zeit zu einer Institution im Kieler Nachtleben geworden sind der Thrun und seine Nüsschen-Gang, die ihre Freizeit (oder ist das schon Arbeit?) gerne damit verbringen, vor der Schaubude Nüsschen zu verteilen. Regt den Durst an.
Vorband heute: Henri Parker! Singer/Songwriter/Akustik-Gedödel. Mir bisher kein Begriff, aber ein paar Aufnahmen gabs irgendwo im Netz, also konnte ich mich zumindest vorher reinhören. Der Sänger gehört anscheinend zur berüchtigten Kieler Inzestbandszene und ist sonst tätig bei den Raubeinern von Diane Parker's Little Accidents.
Akustikgedöns halt. Nicht wirklich meine Welt, irgendwie nervt es ja auch mittlerweile nur noch, dass alle Punkrocker dieser Welt ihre zarte Seite entdecken und unverstärkt die Welt erobern wollen. Henri Parker gefällt mir aber doch ganz gut. Nettes Stimmchen, sympathische Ansagen, unaufgeregtes Gitarrengeschrammel und ab und zu auch etwas Mundharmonika.
Achja: Und Cello! Früher war der Cellist wohl nur bei 2-3 Liedern zu hören, mittlerweile sitzt er fast das komplette Set über auf der Bühne und gibt den streichenden (und zupfenden) Sidekick. Kommt ganz gut, gibt der Musik ein wenig zusätzlichen Musiknerd-Bonus. Ein paar Coversongs gibts zu hören (keine Ahnung welche, ätsch), ansonsten eigenes Material oder Stücke von Diane Parker, wenn ich das richtig mitbekommen habe. Kenne von denen ja eh nix.
Von Henri Parker ist mir zumindest das Stück "This Mornin'" in Erinnerung geblieben. Guter Song. Achja, und es gibt nen Song der noch keinen Namen hat, aber "immer nach einem Wort im ersten Refrain" benannt wird. Mehrere Refrains? Verrückt. Verwendete ich schon das Wort "Musiknerd"?
Netter Auftritt, wird auch gut beklatscht. Nagut, halt lokale Inzestbandszene. Aber wird schon mehr als gemeiner Höflichkeitsapplaus gewesen sein.
So, erstmal ein Bierchen. Alkfrei, versteht sich. Bierpreise für die Statistik habe ich mir frecherweise nicht gemerkt, Pech gehabt. Ziemlich kurze Umbaupause, in der Fotograf Bönx kaum dazu kommt, sich ne Kippe anzuzünden, als es schon wieder los geht
Mit dieser Band hier. All Aboard! Zuletzt gesehen auf dem fabulösen Bierschinken-Festival. Die Herren Musikanten haben schon den sonnigen Nachmittag in den Parks von Kiel verbracht und dort einige Liegestühle brutal zerstört. Anscheinend lagen die da rum, zur freien Verfügung. Also die Liegestühle, nicht die Musikanten. Obwohl?
Geil treibender Punkrock, gut gelaunte Band (und das Mittwochs!), starkes Set. Live treten All Aboard! nochmal um einiges mehr Arsch als auf Platte, was ich ja eigentlich gut finde, andererseits entfallen dadurch einige der verspielten Folk-Tüdeleien. Viel zu wenig Kuhglocke, ey.
Egal, Hits bleiben es trotzdem. Stücke wie "Abandoned Ship" oder das mit fleißigen Punkrockfingern bedachte "Bönx Beer Party". Hähä. Gibt sogar (außer Bönx himself) noch 2-3 weiter Leute im Publikum, die zumindest Teile der Refrains zögernd mitsingen können.
Normalerweise pack ich ja nicht so gerne verwackelte Fotos in die Berichte. Aber verdammt nochmal, diese Fresse verdient Preise! Jawoll, Mehrzahl! Marius hat eben doch mehr Qualitäten als nur sein Shirt vollschwitzen.
Apropos Shirt: Marius freut sich über einige der anwesenden Descendents-Shirts und meint, er fühle sich hier Zuhause. Die Descendents-Shirt-Träger haben auch alle leicht glänzende Augen, so kommt es mir vor. Anscheinend hat die kürzliche Mini-Tour so einige Fans tief berührt.
Achja, der Blick ins Publikum. Die Schaubude ist gut gefüllt, für einen Werktag und eine eher unbekannte Mönchengladbacher Band ziemlich beachtlich, würd ich mal sagen. Vielleicht funktioniert die Kieler Punkrockszene einfach besser als in anderen Städten. Oder die Studenten haben einfach Langweile.
Angekündigt wird das im September kommende Album auf dem Label, dessen Namen sich keiner traut auszusprechen. Angepriesen (und nach dem Konzert gut abgenommen) werden die beiden 7-Inch-Finüls. Und gespielt zum Beispiel mein Radio-Favorit "Values", da freu ich mich drüber. Wenn auch das langsamste Stück des Sets.
Jau, ganz geil alles soweit. Bönx meint, es sei der beste Auftritt, den er je von der Band gesehen hat. Ich hab ja (noch) nicht ganz so die Erfahrung mit All-Aboard-Live-Auftritten, aber ich unterschreib das einfach mal. Wird man bestimmt noch öfter zu Gesicht bekommen, die Jungs sind ja ganz gut unterwegs. Bald auch in DEINER Stadt, um mal professionellen PR-Slang auszupacken.
Ja, ich glaub ich fasel schon wieder zu viel. Bleibt lediglich festzuhalten: Starker Auftritt, aber an nem Wochenende mit betrunkenerem Publikum hätt ichs geiler gefunden, glaube ich. Nächste Chance: Wenige Stunden, nachdem ich diesen Bericht schreibe, spielen sie im Berliner Trickster. Damit ich nicht als billiges Groupie abgestempelt werde, suche ich bereits fleißig nach Alternativen. Ätsch.
Nach dem Konzert: Suff! Also, ich schaue zu wie die anderen sich massig Bier, Korn und Sauren die Kehlen herab gleiten lassen. Wir wechseln die Lokalität, marschieren mit den Nüsschen-Bois in die Hängenden Gärten und lassen dort den Abend ausklingen. Kiel ist doch irgendwie Punkrock. Auch wenn ich immer noch nicht weiß, was Kieler Sprotten sind. Oi.