No Shame, Lost Again, 27.05.11 in Karlsruhe, Alte Hackerei - Bericht von caras
No Shame & Lost Again, 27.05.11 in Karlsruhe
Wir waren schon relativ früh am Ort des Geschehens. Deshalb war es nicht verwunderlich, dass noch wenig los war und auch die Bands noch abwarten wollten. Also die Bekannten an der Bar begrüßt, sich nen Bier geholt und raus in den kleinen "Biergarten" gesetzt um dummes Zeug zu labern (schließlich war die Woche ziemlich lang).
Von draußen hat man zwischen den alten Schlachthäusern auch nen guten Blick auf das neu gebaute umgezogene Substage - einem "gehobeneren" Musikclub zwischen Mainstream-Pop/80er Parties und alternativer Musik fast aller Subkulturen. An dessen Eingang tummelten sich eine kleine Menge feierwilliger MusikanhängerInnen. Ein wiederkehrendes Ritual besteht darin, anhand der Betrachtung der SubstagegängerInnen auf die Bands zu schließen, die abends im Substage spielen. Heute schwankten die Einschätzungen zwischen Indierock, Studentendisco und Postpunk... keine Alternative für uns.
Inzwischen wurde es sowohl vor der Hackerei, als auch im Barraum merklich voller. Man merkte, dass das Interesse an den Bands einige Leute anlockte. Ich selbst hatte No shame schon bei ihrem ersten Auftritt in der Hackerei gesehen. Damals noch als Vorband der befreundeten Bitume hatte ich keinerlei Ahnung geschweige denn Erwartungen an die finnischen Musiker. Mit ihren energie-geladenen Songs und einer unglaublichen Bühnenpräsenz überraschten sie mich damals positiv und ließen die Erwartungen an den kommenden Auftritt rasant anwachsen. Ob sie die heute auch erfüllen können?
Mittlerweile war es ca. halb elf und Lost again enterten die Bühne. Das süddeutsche Trio bot eine Mischung aus straightem Punkrock und 80er-Jahre Hardcore. Obwohl die Band einen eingespielten und homogenen Eindruck auf mich machte, wirkten die Songs eher belanglos auf mich. Lag vielleicht am kaum verständlichen und eher wenig variierenden Gesang. Dennoch muss festgestellt werden, dass der Barraum (trotz seiner eher überschaubaren Größe) schon mehr als gut gefüllt war. Offensichtlich interessierten sich viele BesucherInnen für die Band. Vereinzelt sah man wippende Beine oder nickende Köpfe im Einklang mit der Musik von Lost again. Scheint einigen doch gefallen zu haben. Nach einigen Stücken (keine Ahnung wie lang sie gespielt haben) und insgesamt 3 Zugaben (n bisschen viel wie ich fand, aber einigen hats gefallen und immerhin kam da auch ihr Klassiker "Nation on fire" - auch für mich ein Smasher, reinhören lohnt sich), übergaben sie dann die Bühne an No shame.
Die ließen sich erst noch Zeit und steigerten damit die Spannung noch etwas mehr. Dann endlich gings los - mit "Armaggedon now" eröffneten sie ihr Set und sofort war die immense Energie der Band zu spüren: Der druckvolle Sound zwischen Härte und Melancholie, aber vor allem die unglaubliche Bühnenpräsenz und Liveshow des Sängers waren beeindruckend und sorgten dafür, dass der Funke von der Band direkt auf das Publikum übersprang. Der volle und enge Raum hinderte den Sänger nicht, samt Gitarre wild durch die Menge zu springen und seine ausdrucksvolle Gestik und Mimik unterstützten die emotionalen Songs der Band perfekt und sprach alle ZuschauerInnen persönlich und direkt an, so dass man sich dieser Mischung aus Sound und Show kaum entziehen konnte. Eine nicht alltägliche Erfahrung, die meiner Meinung nach den besonderen Reiz der No-Shame-Liveshows ausmacht.
Die Songauswahl zeigte alle Phasen und Facetten der Band: Es wurden vor allem Stücke der beiden neueren Platten gespielt. Von der "Ironing day" (2010) waren dies "Better be drunk than part of the machine" (was für ein genialer Titel!), "Empty promises", "Tenderized", "One by one" und "Fuck the system". Aus der "White of hope turning black" (2007) wurden u.a. "Distorted", "Down and out of order", "about control", "Take the money and run", "No future for the kids" und "Keep it alive" dargeboten. Aber auch ältere Songs wie "Guilty" wurden nicht vergessen. So kam eine erfrischende Bandbreite vom Knüppelstück über straighte Punkrocksongs bis hin zu melancholischen Punkballaden zustande. Kaum eine Band schafft solche ausdrucksstarken Songs wie "Empty promises" oder "One by one" zu schreiben und dann auch live so rüberzubringen, dass die Spannung und Energie nicht nachlässt, sondern eher noch gesteigert wird.
Dem Publikum hats gefallen: Tanzende Menschen, strahlende Gesichter und laute Begeisterungsschreie. Hier zeigte sich auch die Vorteile der alten Hackerei: Gerade in kleinen Räumen (max. 80 Leute?) wie dort kann eine ganz persönliche und mitreißende Stimmung entstehen, bei der sich Band und Publikum gegenseitig hochpushen. Ein rundum gelungener Konzertabend, der mit dem ein oder anderen Bier an der Bar danach noch gefeiert wurde.