K.I.Z., RAF Camora, 20.10.2011 in Bern (CH), Bierhübeli - Bericht von Fö/Bönx
K.I.Z., 20.10.2011 in Bern (CH)
Lea und Daniel sind ja vor Kurzem ausgewandert. In ein Land, dass ein klein wenig berüchtigt ist für seine Ausländerpolitik und vor allem was den Bau Gotteshäuser anderer Religion angeht. Um mal zu schauen, wie die beiden sich so eingelebt haben in der Schweiz, entschließen sich Fö und ich auf eine kleine Konzertreise zu gehen. K.I.Z, All Aboard! und Knochenfabrik stehen in den nächsten Tagen auf dem Programm. Puh. Da ich den Flieger und Fö die Bahn genommen hat, bin ich lockere neun Stunden vorher in Basel und spule erstmal mein Touriprogramm ab...
...insofern man es denn Touriprogramm nennen kann. Ich hab nämlich keine Ahnung, was in Basel so los ist oder was man unbedingt gesehen haben muss im Herbst. Also einfach mal den Mietwagen geparkt und auf zu Fuß durch die City. Immerhin haben sie hier einen guten Musikgeschmack...
Mittlerweile bin ich auch seit drei Uhr morgens auf den Beinen und würde liebend gerne mal was frühstücken gehen. Was sich aber schon wieder als ziemlich schwer herausstellt. Überall nur Kaffee und Croissant. Wie soll man denn da von satt werden? Ok, Lemmy, würde noch 'ne Flasche Whisky dazu nehmen und dann würde das wohl auch passen.
Weiter führt mich mein Weg zum Marktplatz, dieses imposante Gebäude hier ist das Rathaus. Davor ist auch, wie es sich gehört für einen Marktplatz, Markt. Leider ohne Frühstücksmöglichkeiten. Um die Ecke finde ich dann aber das Migros Restaurant. Süßes kleines Frühstück 5,70 CHF. Gerade so annehmbar und in Gesellschaft von Ü70 fühl ich mich dann auch mal wieder richtig jung.
Bei Kaffee und Brötchen plane ich weiter und komme zum Entschluss, mir "Körperwelten" endlich einmal anzuschauen. Die gastieren hier gerade. Ja, sehr spannend! Und ich habe eine neue Theorie, was Fö und seine Leber angeht, aufgestellt: eine normale Leber schrumpft im zunehmenden Alter, also wird Fö jünger, weil seine Leber ist ja größer geworden. Höhö.
Einer der wenigen Touripunkte, die man in Basel machen soll, ist das Übersetzen über den Rhein mit einem Fährmann. Haken hinter und für 3 Minuten fahren ist 1,60 CHF dann schon irgendwie ok. Umgerechnet in Euro 1,60. Die nehmen hier tatsächlich überall 1:1. Beschiss, naja die Deutschen ham's nicht anders verdient. Ankommen tu ich dann am Münster, der ist ein wenig eingepackt. Haken hinter.
So, bevor Fö in wenigen Stunden am Bahnhof SBB eintrudelt, gönne ich mir noch mal eine kleine Stärkung. Erst als ich am Buffet schon die ersten Gemüse auf dem Teller hatte, hab ich gesehen, dass ich in 'nem Juppie-Vegie-Laden bin. Verdammt. Für knapp 500 g Gemüse zahle ich dann fast 22 Franken. Das Wasser schlägt mit 4,90 CHF zur Buche. Geht's noch? Zweit teuerstes Essen in meinem Leben...Damit übergebe ich den Staffelstab dann an den Fönig!
Jau, danke. Schöner Stab, lieber Bönx! Also denn, Bönx und seine Mietkarosse holen mich am Baseler Bahnhof ab, gemeinsam gehts dann schließlich nach Bern. Lea bekommen wir heute noch nicht zu Gesicht, dafür erwartet uns Daniel in ihrem trauten Heim...1-2 Bier später machen wir uns schließlich auf den Weg ins Bierhübeli, wo K.I.Z. heute auftreten.
Leider kein Bild vom Einlass gemacht: Davor standen zig KIZ-Fans (oder auch "Jünger"), soffen sich die Birne kaputt und brüllten fleißig Rap-Texte. Irre Party. Highlight dann aber, als ein Linienbus vorfuhr, in dem weitere Fan-Grüppchen randalierend gegen die Scheiben hämmerten und überfall-artig auf den Gehsteig stürzten, kaum dass sich die Türen öffneten. Könnte ein ekstatisches Konzert werden heute...
Zunächst aber Vorgeplänkel. Gästeliste klappt super (Abendkasse 39 Franken wäre für uns arme Doitschländer auch echt etwas zu viel...), 0.3er Bier ist mit 5 Franken wohl auf "normalem" hiesigen Niveau (entspricht gut 4 Euro). Das Bierhübeli ist ein schicker Laden mit Theater-Atmosphäre und empfängt uns mit DJ Craft im Vorprogramm, der bald Unterstützung erhält von RAF Camora.
Der nennt sich neuerdings auch RAF 3.0, ist ein österreichisch-französischer Rapper und war mir bis dato höchstens vom Namen bekannt. Klingt "okay" was er fabriziert, obwohl seine Texte ohne Gangsta-Attitüden oder platten Humor auskommen zu scheinen. Haut uns so ziemlich gar nicht von den Beinen, aber immerhin dauert der Auftritt nicht lange.
Ein paar Töne später stehen K.I.Z. auf der Bühne! Nico, Maxim und Tarek präsentieren sich uns mal wieder in Kampfmontur und mit Gasnebel-Kanonen. So weit, so gut. Habe die Band ja zuletzt nur auf Festivals sehen dürfen, bin also gespannt was auf einer Einzelshow so an zusätzlichen Aktionen geboten wird...
Mit "Küss mir den Schwanz" und "Selbstjustiz" beginnt der Auftritt, und von Beginn an rasten die Fans aus, wie eigentlich zu erwarten. Lustige Notiz am Rande: Die Schweizer sprechen ihr deutsch zwar mit überdeutlichem Akzent, beim Mitsingen bemerkt man jedoch keinen Unterschied zu Publikum in Berlin, Dortmund oder Budapest (um mal ein paar Beispiele zu nennen).
K.I.Z. nehmen natürlich immer mal wieder Bezug auf die Schweiz, oder einfach nur darauf, dass sie sich hier nicht in Doitschland befinden. So heißt es vor "Heiraten": "Dürft ihr hier in der Wildniss auch nur eine einzige Frau heiraten?"...
Sehr sympathisch: Die Zuschauer brüllen auch mal aus eigenem Willen Sachen. Und zeigen sich dabei durchaus radikal: Es hagelt "ACAB"-Rufe. Geil, besser als auf nem Punkkonzert! Und nachdem K.I.Z. das fantastische "Biergarten Eden" gespielt haben, skandiert das Publikum tatsächlich "Nie wieder Deutschland" - da geht einem doch das Herz auf!
Das Set geht in Ordnung, für unseren Geschmack aber ein paar zu viele Stücke vom aktuellen Album "Urlaub fürs Gehirn" - aber naja. Dafür gibts aber auch Lieder wie das "Rapdeutschlandkettensägenmassaker", "Pogen", "Einritt", "Klopapier"..."Geld essen" wurde übrigens nicht gespielt, die Geldscheine fliegen stattdessen bei "In seiner Mutter", wenn ich das richtig in Erinnerung hab.
Dazwischen immer mal wieder Sprüche, die beweisen, dass KIZ nicht umsonst das Shirt "9% politisch korrekt" im Angebot haben. Von Hitler-Imitationen bis in zu Papst-Anekdoten ("Hitlerjunge Ratzinger knallt sie alle ab, holt sie runter mit der Flak") ist alles dabei. Bei manchen Sachen, teilweise auch bei den sehr Berlin-affinen Texten, fragen wir uns dann aber doch, ob das Schweizer Publikum damit überhaupt was anfangen kann.
Achja: Die Theater-Atmosphäre erwähnte ich ja bereits. Dazu gehört auch die Loge, die wohl ausschließlich VIPs vorbehalten ist. Ein paar Mutige schaffen es dennoch, sie zu erklimmen - und werden von der heute mehr als strengen Security runter geschickt. Manno. Apropos: Selbst auf dem Flughafen ist die Einlass-Leibesvisitation flüchtiger als im Bierhübeli...
Um dem mal vorweg zu greifen: Insgesamt dauerte das Konzert ganze 2 Stunden! Also tatsächlich mehr, als auf nem Festival geboten wird. Die alten "Hits" bewahren sich KIZ aber wohl für die Zugabe auf. Naja. Die neue Scheibe hat ja trotzdem ein paar Knaller zu bieten: "Der durch die Scheibe Boxxxer", "Lauf Weg", "Fleisch", "Abteilungsleiter der Liebe" und wie sie alle heißen...
Achja, Zugabe: Die gibts ganz angemessen oben ohne. Ziemlich homo-erotisch. Und mit "Ringelpiez mit Anscheißen" gibts auch direkt den passenden Track. Aber dass heute auch Frauen anwesend sind, wurde ja bereits vorher fest gestellt...
Irgendwann drehe ich mich zufällig um und kriege gerade noch mit, wie ein jugendlicher KIZ-Fan zum Crowdsurfen ansetzt - vom Balkon aus. 2-3 Hände fangen ihn, aber den Großteil übernimmt der harte Boden der Realität. Nico bekommt daraufhin aber selbst mal Bock, den Flug auf sich zu nehmen - klar, dass bei ihm ein paar mehr Hände zugreifen...
Anschließend geht für Bönx und mich ein kleiner Traum in Erfüllung: Archi alias MC Motherfucker nochmal live auf ner Bühne zu sehen! Geil! Der "Pink Punker", wie KIZ ihn nennen, holt aus zum "Punküberfall", wie er es nennt, und singt beim Überhit-Saufsong "Raus aus dem Amt" den Refrain mit. Herrlich! Jetzt müssen KIZ nur noch Terrorgruppe covern...
Tunse nicht, war ja klar. Dafür endlich ein paar absolute Kracher der Marke "Spast", "Hölle", "Hurensohn", die dafür entschädigen, dass das bisherige Set doch ein paar Hänger hatte. Aber wie gesagt, 2 Stunden Spielzeit, ich will mal nicht meckern.
Und trotzdem: Schon bessere KIZ-Auftritte gesehen. Hat aber Bock gemacht, und die restlichen Zuschauer sind auch "fett" begeistert. Fressen der Band aber auch sonst ganz gut aus der Hand, Standardaktionen wie die "Wall Of Love" oder das allgemeine Hinsetzen werden gehorsamst ausgeführt...hm. Tja. Konzert zuende. Schnell Garderobe und raus an die Luft. Und weiter zur "Reiterschule" zum Absacker-Bier. Was dort noch passierte, seht ihr hier