Punk im Pott Tag 2: Sondaschule, Lokalmatadore, Kumpelbasis, The Stattmatratzen, Schmeisig, SS-Kaliert, Pestpocken, Fahnenflucht, Gleichlaufschwankung, Das Pack, Normahl, Radio Havanna, Keule, Geld et Nelt, 30.12.2011 in Oberhausen, Turbinenhalle - Bericht von Fö
Punk im Pott Tag 2, 30.12.2011 in Oberhausen
Erste relevante Band ist gleichzeitg auch die erste Band des Tages: SCHMEISIG! Um 12 Uhr beginnt der Auftritt - au Backe. Engagiert wie ich nun mal bin, stelle ich mir sogar den Wecker, um es pünktlich in die Turbinenhalle zu schaffen - naja, zumindest die letzte Hälfte des Sets bekomme ich noch mit. Ich und ein paar hundert verschlafene, aber immer noch volltrunkene weitere Gäste.
Wer Schmeisig noch nicht kennt, möge sich schämen. Trotz meiner Aversion gegenüber Coverbands finde ich die nämlich durchweg unterhaltsam. Mit Hippie-Instrumenten (Akustikgitarren! Cajón! Und heute sogar Geige!) spielt sich die Band ganz countryesk quer durchs Gemüsebeet. Alles dabei zwischen Punkklassikern und Radiohits, die man ab sofort nie wieder in anderem Gewand hören will.
Eignet sich perfekt zum Frühschoppen. Butler Caddy ist heute für die Verköstigung zuständig, füllt beständig die Gläser nach und verteilt sogar Knabbereien im Publikum. Immer an die Elektrolyte denken! Perfekte Band, so zum wach werden.
Alles was gespielt wurde kann ich nicht mehr benennen, extrem gut an kam aber beispielsweise "Chop Suey" von System Of A Down und natürlich "Quadrat im Kreis" von Wizo. Fast noch geiler: Cypress Hill's "Insane in the Brain" inklusive einer Sido'schen Mein-Block-Einlage.
Natürlich alles mit ordentlich Augenzwinkern dargeboten. Ein schöner Auftritt. Als Zugabe gibts nochmal "Quadrat im Kreis", aber diesmal in einer noch großartigeren Version: Mit dieser Ententanz-Melodie. Herrlich. Ich kann trotzdem keine Polonaise im Publikum ausmachen, sind die denn alle noch nicht wach?
Erst mal gucken wer schon so da ist, wodurch ich der nächsten Band eher wenig Beachtung schenke - aber, mal ganz unter uns: Mehr von denen hätte ich auch echt nicht ausgehalten. GELD ET NELT kennen wir ja alle als Verfasser der Pogoradio-Jingles, und mehr als Jingle-Länge muss ich von der Band echt nicht haben.
Geboten wird extrem trashiger Sprechgesang, und das auf pfälzer Mundart. Respekt dafür, sowas durchzuziehen (die Band hat ja nun auch schon einige Jahre auf dem Buckel), aber für mich als Nicht-Pfälzer ist das ungefähr so interessant wie Kartoffelsalat. Ich glaube, selbst stockbesoffen fänd ich das maximal eine Minute lang lustig.
Überhaupt habe ich den Eindruck, dass Veranstalter Alex den heutigen Tag einfach mal mit Spaßkapellen vollgestopft hat, vermutlich zur Einstimmung auf den heutigen Headliner Sondaschule...es folgt die nächste Witznummer: RADIO HAVANNA! Die vertreten das nächste Extrem im Punkrock: Bands, die groß rauskommen wollen - so ekelhaft auf Professionalität getrimmt, dass es schon weh tut.
Die Band kam mir ja in den letzten Monaten öfter mal unter, weswegen ich mir allzuviel Geplänkel dazu wohl sparen kann. Show wie üblich, nur etwas verkürzt - das TG-Cover wurde glaube ich nicht gespielt. Die eigenen Lieder der Havannas kann ich schon fast mitsummen, bekomme dabei aber Brechreiz. Naja. Bestimmt nicht das letzte Mal dass ich die Band sehe, also spare ich mir weitere Hasstiraden für nächstes Jahr auf. Ähähähä.
Weiter geht die wilde Spaßpartie! KEULE rocken sich als Nächstes durch das Programm. Berliner Duo. Der Sänger war mal Rapper, der Gitarrist in ner Boyband - unter uns gesagt, ich mag zwar Abwechslung, aber mittlerweile würd ich gerne mal ne Punkband sehen. Naja. Keule sind "janz" witzig, Berliner Schnauze auf Minimalpop getrimmt.
Die Musik kommt hier größtenteils vom Band. Genauer gesagt frage ich mich, ob hier überhaupt irgendwas live ist. Die Ukulele zumindest ist nicht angeschlossen und die Backingvocals funktionieren erstaunlicherweise auch ohne Mikrofon. Hm. Der Auftritt beginnt mit dem wohl bekanntesten Stück der beiden, "Ich hab dich gestern Nacht auf Youporn gesehen" und sonderlich mehr Niveau haben die folgenden Stücke auch nicht.
Keule sind gerade mit der Sondaschule auf Tour, was vermutlich erklärt, warum sie hier ins Programm gerutscht sind. Chris und Tim geben noch kurz die special guests bei "Die Fluppe danach", gemeinsam feiert man sich ein wenig ab, das Publikum macht auch bereitwillig mit, und ich trinke aus lauter Verzweiflung ein Bier. Hilft aber nicht.
Weiter gehts mit dem Niveau-Durchhänger. Auf GLEICHLAUFSCHWANKUNG war ich dann doch ein wenig gespannt, treibt die Band schließlich schon längere Zeit ihr Unwesen und hat mit "Punks understand no Fun" sogar ein kleines One-Hit-Wonder hingelegt. Die Bühnenshow ist wie erwartet bunt und quirlig, zu jedem Song gibts bunte Nonsense-Outfits, und eigentlich ist das schon ganz witzig.
Ja, eigentlich. Mein Humor liegt nach 4 Stunden Dauerbeschallung halt einfach im Keller, da kann die Gleichlaufschwankung noch so sehr ihren Sächselcore durch die Halle trällern. Naja, die Punks haben trotzdem ihren Spaß, und mit Liedern über Vokuhilas, Badehosen und Skindergärtnerinnen treffen Gleichlaufschwankung definitiv den Zahn der Zeit.
Zur Abwechslung mal ein Publikumsfoto. Die Turbinenhalle ist wie gewohnt siffig, der Alkoholpegel der meisten Besucher würde herkömmliche Messgeräten wohl überfordern und die Stimmung kocht zwar nicht unbedingt, hat sich aber schon ganz gut warm gelaufen.
Achja: Morgen ist Silvester! Allzu viel Feuerwerk hat es aber (zum Glück oder leider?) nicht in die Halle geschafft.
So, jetzt aber mal Spaß beiseite. Die PESTPOCKEN durchbrechen den Reigen der heiteren Spaßkapellen, und das rechne ich ihnen hoch an. Echt jetzt. Tut verdammt gut, endlich mal volle Kanne verstärkte Gitarren mit angepisstem Geschrei zu hören. Alleine deswegen schonmal ein Bonus für die Pestpocken, auch wenn ich von denen kein Lied kenne - außer vielleicht "We are Punks" vom Chaostage-Film.
Schön Auffe-Fresse-Knüppelpunk, oder auch Streetpunk mit Krusteneinschlag. Sehr engagiert. Einige Besucher machen sich einen Spaß daraus, die Band mit Wasserbomben zu bewerfen - wohl um zu testen, wie es denn diese Band wohl mit dem Humor nimmt. Ich sag mal, so ungefähr gar nicht, Sängerin Andrea wird eher noch angepisster als sie ohnehin schon ist.
Ansonsten mächtig Futter für die Iro-und-Nieten-Fraktion, oder einfach für Leute die gerne mal Pogen. Ich hab echt den Eindruck dass es hier einigen Leuten ähnlich geht wie mir und man sich über ne Punkband im Line-Up freut. Hähä.
Für die zweite Hälfte des Auftritts tauscht Gitarrist Danny die Position mit Andrea und brüllt ein paar Stücke. Kommt auch gut. Löblich auch die Ansage zu "Zero Tolerance" - die richtet sich nämlich "gegen den ganzen Grauzonenscheiß, der hier tonnenweise plakatiert ist". Schön, dass sowas auch mal thematisiert wird. Aber dass die Turbinenhalle auch gerne mal Onkelz-Klone beherbergt, dürfte ja mittlerweile bekannt sein.
Nächste Band: Schon wieder aus der Spaßfraktion. DAS PACK, mir bisher nur vom Namen bekannt, sind, ebenso wie Keule, gerade mit der Sondaschule unterwegs. Mir schwant Übles. Wobei die Mitgliedschaft des Sängers bei den "Monsters of Liedermaching" doch zumindest für ein wenig Qualität sprechen sollte.
Und ja doch, kann was! Entdeckung des Tages, sage ich mal! Man gibt sich zwar bemüht witzig, aber das funktioniert sogar ausnahmsweise ganz gut. Textlich herrlich originell, selbst wenn es um solch profane Themen wie "Pferdeäpfel essen" geht. Wenn schon witzige Texte, dann doch bitte so!
Die beiden sorgen ganz gut für Stimmung in der Halle, können wunderbar mit dem Punkerpublikum umgehen und schaffen es, nen rundum kurzweiligen Auftritt hin zu legen. Sollte man sich merken. Und sogar die Heavy-Metal-Hommage gen Ende klappt wunderbar - inklusive Wall of Death!
Vielleicht wird ja doch noch was aus dem Tag! Als nächstes stehen SS-KALIERT auf dem Programm, oder sollte ich sagen §-Kaliert? Die Jungs hatten ja kürzlich etwas Stress wegen ihrem Namen (beziehungsweise Logo), und kurz vorm Punk im Pott geistert die Meldung rum, dass die Obrigkeiten auch mit dem Logo auf nem PiP-Flyer Probleme haben. Ich wünsche Alex viel Glück bei der Sache!
Also beginnt der Auftritt erst mal mit dicken Grüßen an den Staatsschutz - als er dann beginnt. Die Umbaupause wird nämlich etwas in die Länge gezogen und die Band beginnt mal eben über 17 Minuten später als geplant, obwohl der Umbau an sich im Zeitrahmen vonstatten ging, soweit ich das beurteilen kann. Wollte man da die Fans etwa bewusst warten lassen? Naja, bleibt umso weniger Zeit für den Auftritt...
Und der ist dann doch ganz geil. Hardcore-Punk, schön aggressiv und wütend und durchaus auf professionellem Niveau, da merkt man dass SS-Kaliert schon einige Jahre unterwegs sind. Wert gelegt wird auch auf die Feststellung, dass man immer links war und immer links bleiben wird - wohl wieder bezogen auf die Logo-Geschichte. Wär das auch geklärt.
So, jetzt wirds aber endlich mal Zeit für amtlichen Deutschpunk! FAHNENFLUCHT stehen anschließend auf dem Programm. An dieser Stelle möchte ich nochmal kurz anmerken, dass mir sehr wohl bewusst ist, dass die Fotos irgendwie alle so dunkel geraten sind. Schiebe ich mal auf die etwas dürftigen Lichtverhältnisse in der Turbinenhalle, in den letzten Jahren war das irgendwie besser...
Egal. Fahnenflucht. Eine der besseren Deutschpunkbands derzeit und auch schon ordentlich Jahre auf dem Buckel. Der Auftritt heute ist souverän, die Meute vor der Bühne ordentlich am Feiern, aber so richtig zünden will das bei mir nicht. Deutschpunk auf großen Bühnen funktioniert einfach nicht so gut.
Fahnenflucht's Variante von Deutschpunk ist ja recht metallisch, kommt hier auch einigermaßen fett rüber und Parolen hagelt es nicht zu knapp. Ich freu mich irgendwie am Meisten über die Lieder vom aktuellen Album "Schwarzmaler", wie den Titeltrack oder auch "Was tun wenn's brennt" - und ich glaube das geht nicht nur mir so. Ich hab echt den Eindruck, als ob die Band in den letzten Jahren gut an Popularität gewonnen hat.
Publikum. Mittlerweile hat sich die Halle amtlich gefüllt, gut 1500 Leute sollen wohl heute den Weg in die Turbinenhalle finden. Ja, der Auftritt wie gesagt souverän, aber langsam wird es echt mal Zeit, dass ich die Band auch mal in nem kleinen Club sehe...
Ein Fan schafft es sogar irgendwann auf die Bühne, bekommt dort ein Bier vom Sänger, tanzt ein wenig, darf sogar ans Mikrofon und fühlt sich pudelwohl - bis ihn die Security abtransportiert. Vermutlich zu Recht, aber ich fand den Knaben witzig. Ähnliche Szene später am Ende des Auftritts - hab nicht genau mitbekommen was da los war, aber ziemliche Tumulte im Sicherheitsgraben, bei denen auch der breitschultrige Fahnenflucht-Bassist ein Wörtchen mitzureden hatte. Respekt!
So ganz allgemein machen die Sicherheitsleute aber nen guten Job, soweit ich das beurteilen kann. Zumindest scheint ihnen bewusst zu sein, dass man auf ner Deutschpunk-Veranstaltung so einiges mit Humor nehmen sollte. Bin mir trotzdem sicher, dass sie für viele heute mal wieder die Feindbilder darstellten, hähä.
So! Jetzt aber endlich die zweite von drei Bands wegen denen ich heute hier bin: KUMPELBASIS! Eine Band, die viel zu Unrecht noch keinen allzu großen Bekanntheitsgrad außerhalb Berlins vorweisen kann. Obwohl, vielleicht doch ein klein wenig zu Recht, sie spielen nämlich auch kaum außerhalb der Hauptstadt (am 11. Januar übrigens wieder! Pflichttermin!).
Im Vorfeld noch ein kleines Gespräch mit Lars, der hinter dem Namen "Kumpelbasis" eine Oi!-Band vermutet und Tränen lacht, als ich ihm von den Weltmusik-Einflüssen der Berliner Punkrocker erzähle. Dass das kein Witz war merkt er erst später, aber da haben wir uns schon längst darauf geeinigt, Kumpelbasis als Oi-Star-Band zu bezeichnen.
Nee, geiler Auftritt und definitiv mein musikalisches Highlight am heutigen Tage. Der Auftritt macht mir sogar noch mehr Spaß als kürzlich am ersten Mai in ihrer Heimatstadt, und das will was heißen. Leider beginnen auch Kumpelbasis mit mehreren Minuten Verspätung dank Verstärker-Problemen, so dass sie ihr Set ein wenig kürzen müssen.
Trotzdem genug Stoff, oder sagen wir besser Hits, dabei. Zuletzt war die Band übrigens vor ganzen 9 Jahren beim Punk im Pott zu Gast, damals noch mit ihrem Debütalbum "Mächte des Alltags" im Gepäck, von dem auch heute erfreulich viele Songs gespielt werden. "Generalausstieg", "Heiland", "In meiner Straße", "Hundstage", "Schminkschrank", "Meuchelmörder", "Kottiblues"...
Die zweite und aktuelle Scheibe "Der Luxus unter wilden Tieren" erschien ja erst Mitte diesen Jahres, auch davon gibts einige Songs zu hören ("Berlin", "Keine Zeit", "Liebesbrief", "Dunkle Bilder" usw.), die mal wieder zeigen, wie ungemein vielseitig Kumpelbasis sind. Einfach großartig.
Gibt einfach kaum ne zweite deutsche Punkband, die dermaßen breitgefächerte Musikstile in Deutschpunk verpackt und dabei trotzdem durchweg homogen wirkt. Mitreißende Show, gut aufgelegte und verdammt fähige Musiker, alles geil. Mit dem letzten Stück "Albtraum" (Slime-Cover) gibts dann auch ein Lied, das ein paar mehr Leute mitsingen können...
Nächste Band: NORMAHL. Hm. Ne Band, mit der ich mich nie groß befasst habe. Könnte daran liegen, dass erst in die Platten der Punklegende reingehört habe, als ich die Band schonmal live gesehen hatte - und das hat einfach alles kaputtgemacht. Wie Lars Besa da in bester Schlagermanier über die Bühne marschiert und mit ausufernden Gesten seine Lieder untermalt - nee, muss ich nicht haben. Kategorie "Fremdschämen".
Vielleicht bin ich auch einfach zu nüchtern dafür, vor der Bühne wird nämlich gut gefeiert - das muss man der Band lassen. Von den gespielten Songs kannte ich natürlich gar keines. Wobei, "Exhibitionist" war dabei...
Anschließend: SONDASCHULE! Wohl unbestreitbarerweise der Headliner heute, was man auch am Publikum (und deren Shirts) merkt. Ne Band, die bei mir eher unter der Kategorie "boah nee" läuft, von Platte kann ich mir die platten Texte und die platte Musik jedenfalls nicht geben. Muss aber zugeben, dass das live durchaus Spaß machen kann.
Muss auch sagen, dass die Band sich ganz gut gewandelt hat. Anfangs war das wirklich noch ne Schülerband mit infantilem Humor, mittlerweile sind die ja richtig professionell - und, äh, infantil. Die große Bühne hamse gut im Griff, das Publikum frisst ihnen sowieso aus der Hand.
Publikum. Alles schön am Feiern. Gespielt werden auch ältere Lieder à la "Weil wir von der Sondaschule sind" oder über das Hippiemädchen Barbara, ein ganz neues Stück ist auch dabei ("Schöne Neue Welt", das Album wird für 2012 angekündigt), die meisten Lieder hingegen kenne ich nicht wirklich.
Für ein Lied kommen ein paar Cheerleader auf die Bühne. Endlich mal ne Band, der man mit ruhigem Gewissen Sexismus vorwerfen kann, ha! Und ja, "Aus meiner Freundin hängt ein Faden" wurde auch gespielt. Ebenso wie "Pommesbude".
Gen Schluss meldet sich dann mal wieder der Zeitplan und nur mit viel Verhandlungsgeschick kann Costa noch zwei Lieder aus dem unerbittlichen Stagemanager heraushandeln. Blabla. Alles ganz unterhaltsam. Meine Lieblingsband wird es nie werden, aber zumindest live kann man sich das alle Jubeljahre mal geben...
So, kurz was essen. Im hinteren Bereich des Areals gibts leckeren Fraß vom Subway-To-Peter-Catering-Team. Gute Portionen, schmeckt, was will man mehr. Foto davon hab ich nicht. Dafür hier ein Bild von schlafenden Punks. Die liegen übrigens schon seit gestern Nachmittag hier in ihrem Schlafsack beziehungsweise Delirium. Witzig.
Anschließend: Die LOKALMATADORE! Die sind ja quasi Stammband bei Punk im Pott und Ruhrpott Rodeo, was dann heißt, dass ich sie eigentlich schon oft genug gesehen habe. Sogar nüchtern, und da verliert der Auftritt der Mülheimer wirklich etwas an Reiz. Wie hält der Sänger das bloß ohne Alkohol aus?
Also kann ich dazu auch mal wieder nichts weiter als "wie immer" schreiben. Wobei die Hitdichte bei den Lokalen natürlich äußerst hoch ist. "Herz aus Gold", "Anne Wand", "Geh wie ein Proll", "König Alkohol" - einfach wunderbar, gerade wenn wir hier die gesamte Halle mit singt. Das kann man dann schon wirklich fast als Stadionrock bezeichnen.
Neuere Stücke sind natürlich auch dabei, wie das "Steigerlied" oder "Dreierlei Geschmack", auch hier liegen sich die Fans in den Armen und grölen begeistert mit. Grandios. Ein Höhepunkt auch das Kassierer-Cover "Mongo mit der Bongo", das irgendnem Typen aus Torgau gewidmet wird. Torgau, das liegt bei Oschatz, und bei der Gelegenheit müsste mal mal kurz hier drauf verweisen...
Ja doch, geht schon irgendwie klar der Auftritt. Wie immer halt, und eigentlich ist es ja müßig, allzu viele Worte über einen Auftritt zu verschwenden, der "wie immer" ist. Am Schluss brüllt noch die ganze Halle fleißig "Viva Lokalmatador" und dann verabschieden sich unsere Helden von der Bühne, nicht ohne vorher noch viel Spaß mit den Stattmatratzen zu wünschen.
Jawoll. THE STATTMATRATZEN bilden den Abschluss des heutigen Tages und des diesjährigen Festivals. Band 3 von 3, die auf meinem heutigen Pflichtprogramm stand. An dieser Stelle möchte ich kurz anmerken, dass dieses Punk im Pott tatsächlich das erste war, bei dem ich wirklich jede Band gesehen habe - was das doch alles für Folgen hat, wenn man nix trinkt...
Die Stattis überraschten mich schon heute Mittag bei der Ankunft mit der tragischen Information, dass ihre neue Bassistin Gina es nicht in den Tourbus geschafft hat und akut spontan das Bettchen hüten muss. Auf mein "kein Ding, mach ich gerne" ernte ich von Safi allerdings nur ein Stirnrunzeln. Och schade. Stattdessen wird der Ersatzbasser aus Saarland Asozial einge-flo-gen und prügelt sich in kürzester Zeit die Akkorde rein.
Klappt ganz gut, und so dürfen sich die restlichen Stattmatratzen auf ihre Mission konzentrieren: Uns den Rock bringen - oder so. Trotz der späten Stunde (mittlerweile schreiben wir 1 Uhr!) geben die Ladies gewohnt Vollgas. Und Klartext. Oder so. Rotzige Punkrockgranaten, schön mit Schmackes und trotzdem mit so viel Melodie, dass man den NDW-Vergleichen dann doch irgendwie Glauben schenken mag.
Das obligatorische SchlagzeugerInnen-Foto! Carolita könnte ich ewig beim Trommeln zugucken. Und sowieso bei so ziemlich allem.
Nunja, einige Lieder müssen auch ohne Flo auskommen. Klar fehlt da dann irgendwie die Bass-Untermalung, aber wenn wir ehrlich sind, mittlerweile sind die Zuschauer doch eh alle strunzenvoll, da macht das auch keinen Unterschied mehr. Zahlenmäßig ist auch noch was los vor der Bühne - zwar spürbar weniger als zuvor, aber doch ausreichend um gut zu feiern.
Ja, und so hagelt es Hits. Neben bekannten Stücken wie "Fütter mein Ego", "Shopping", "Kein Risiko" und wie sie alle heißen auch neue Sachen wie das unglaublich gute "Rot", das sogar auf Anhieb von einigen mitgesungen wird - noch besser klappt das bei "Eiszeit" und den wunderbar synchron hochgehaltenen Souffleur-Schildern. Hallt mir immer noch im Ohr. Ey Kellerkind, Katastrophe! Jetzt ist Eiszeit, Ohohoho! Riesenhit!
Ich bin ja mittlerweile fast der Meinung, das die neuen Stücke das Debütalbum noch toppen werden, und das obwohl ich sie bisher lediglich ein paar Mal live gehört habe. Auch neu: "200 Leute". Ungefähr in dem Rahmen würde ich auch die Zahl der Zuschauer vor der Bühne schätzen. Zu diesem Stück darf auch wieder Flo an den Bass.
Dann aber das endgültige Highlight. Nicht des Auftritts, nicht des Tages, nee, des ganzen Festivals. Alter! Der Burn himself (ehemals Basser von The Atomaren Übermenschen, wie wir alle wissen) hat kein Problem damit, zwischen zwei Bieren mal eben ein paar Bassläufe zu studieren und den nächsten Aushilfsbassisten zu mimen.
Und dabei besitzt er tatsächlich die Frechheit, den Mädels knallhart die Show zu stehlen! Damit der Bass ja nicht zu hoch hängt, schnallt er ihn sich kurzerhand um die Hüfte. Der Posing-König schlechthin! Die Zuschauer fallen wahlweise auf die Knie oder geben stehend Ovationen. Ein Fest!
Jau, letztes Stück dürfte dann "Hey, was ist mit den Leuten" gewesen sein und anschließend wird dieser formidable Auftritt erst mal gebührend gefeiert mit Bier und Mexikaner - die letzten Getränkemarken müssen ja schließlich auch irgendwie weg. Nee doch, aus einem anfangs recht langatmigen Tag ist am Ende doch noch ein wirklich unterhaltsamer geworden.
Irgendwann verabschiede ich mich dann aber doch und trete den Heimweg an. Am Bahnhof das übliche Bild: Schlafsäcke. Irre. Kleines Fazit zum Punk im Pott? Naja, eigentlich könnte man sagen "wie immer" - die meisten Bands sowieso schon mal irgendwo gesehen, das Publikum ist wie jedes Jahr asozial und überwitzig, aber es macht wirklich immer wieder Spaß. Einziges Manko waren diesmal wohl die Einlassprobleme am ersten Tag, aber davon wurde ich glücklicherweise verschont. Naja, nächstes Jahr wird alles besser. Oi.