The Bone Idles, Protest Grotesk, 07.04.2012 in Duisburg, Djäzz - Bericht von Schoko
The Bone Idles, 07.04.2012 in Duisburg
Im Djäzz angekommen, hab ich dann recht bald mein zweites (reingeschmuggeltes) Hansa leer. Bei dem schönen Ambiente lüppt das besser. Das Gemale find ich übrigens doof. Passt nicht zum Seventies-Flair der Wandgestaltung und Innenarchitektur. Anscheinend gehen Graffitikünstler über Leichen, wenn es um das Erlangen von Fame geht. Das künstlerische Auge versagt, allein die Gier nach Anerkennung in Graffiti-Kreisen scheint das Handeln der mitteilungsbedürftigen Eddingjugend maßgeblich zu kontrollieren. Ich erinnere mich noch an eine unbemalte Tapete, was waren das noch für Zeiten! Ich schweife ab... Ich würde mir ja gerne für 1.50 Eine Flasche Hansa an der Theke holen, aber die einzige Thekenkraft ist noch damit beschäftigt, anderen Leuten Bier zu bringen. Vor meinem geistigen Auge sehe ich genau diese Leute Wände bemalen und auf meinem frischen Rollrasen rumtrampeln. Mein strenger, bestimmender Blick verscheucht diese respektlosen Jugendlichen jedoch und ich bekomme mein Hansa! Besänftigt verwerfe ich meine Hassgedanken und gehe gedanklich weiter meinen Plan zur Vernichtung der Menschheit durch.
Gerade rechtzeitig ertönen dreckige Gitarren, die dank fachlich kompetenter Bedienung zu einem Strauß triefender Hassmusik gebunden wurde. Protest Grotesk heißt die junge, unverbrauchte Truppe aus Bochum. Crust-Punk der schnellen Sorte, rotzig, dreckig, echt! Nikos Outfit lässt einem die Galle hochkommen, die man bei diesem fetten, aggressiven Sound dem nächstbesten Bullen, Bonzen, Fascho oder [beliebiges Feindbild einfügen] in die Fresse rotzen möchte!
Klara steht Niko in Sachen Outfit in nichts nach! Leider bewegt sich Klara nicht. Das ganze Konzert. Da hätte ich gerne ein bisschen mehr Leben in der Performance gehabt.
DIY-Punk Mike trommelt auf einem höchst ansehnlichen Schlagzeug, was sich optisch einwandfrei seiner Umgebung anpasst! Schnell isser ja, der Mike! Wie eine Dampfwalze treibt er den Sound nach vorne!
Hier sehen wir ein Prachtexemplar der seltenen Art "Gitarrenschwein"! Diese Gattung zeichnet sich durch Fingerfertigkeit, Poserkompetenz und humoristischer Interaktion mit dem Publikum aus. Pip (hier im Bild) ist ein ausgewachsenes Exemplar im besten Showbiz-Alter. Übrigens: Man achte auch auf die farbliche Kombination (unbeschmierte) Tapete und Gitarrenbox. Es harmoniert einfach. Dazu das Schlagzeug... Das nenn ich Stil!
Anitas Stimme ist Punk! Rau und dreckig! Als hätte sie zerstoßene Glasscherben gegurgelt! Leider ist sie bei manchen Passagen ein wenig schwach auf der Brust. Da müsste die Band sie mehr entlasten, damit der Druck auch konstant bleibt!
Das Schlagzeug ist echt schön übrigens. Auch wenn man solche grenzdebilen Gesichter dahinter klemmt! Ne, Quatsch! Mike spielt solide und taktsicher, nix zu meckern!
Ein seltenes Bild: Anita auf der Bühne! Übrigens hat der Mensch, der das Licht eingestellt hat, Ahnung, welcher Musiker am Wichtigsten ist. Oder ist das einfach Mikes göttliches Karma?
Songs wie "The Kids are fucked up" oder "I love Beer" animieren das Publikum, die ersten zaghaften Pogoversuche zu unternehmen. Anita scheint das auch noch mit ihrem Rumgehüpfe und Gepose zu unterstützen. In meinem Alter ist man ja mehr für bestuhlte Konzerte.
Echte Punks sitzen auf der Bühne und strafen die mehr als engagierte Kapelle mit Ignoranz. Ob die Bühne Freibier bietet? Es werden nämlich immer mehr Bühnenhocker.
Das Publikum ist endgültig aufgetaut und es herrscht ordentlich Bewegung im Laden. Auch die Bühnenparasiten sind endlich weg!
Anitas Stimme ist bei der Zugabe deutlich mitgenommen. Es ist alles nicht mehr so dreckig wie zu Beginn, aber et is ja auch anstrengend mitte Brüllerei und dem Rumgehüppe da!
Pause! Hansa alle, 0.33 Köpi für Zweifuffzich! Ich mache mir über die Finanzierung des restlichen Abends gedanken. Hab zwar schon nen paar Bier drinne, aber auch noch Durst! Son Skinhead geht mir auf den Sack, weil der mir im Gespräch mit irgendwem die ganze Zeit den Arsch ins Gesicht streckt! Mark ist ein Mann der Tat und posiert mit seinen Kreidegetrockneten Lehrerfingern in Kimmenähe meines Hassobjektes. Meine alkoholbedingte Misanthropie hat für Heute Abend den Zenit erreicht!
Es folgen "The Bone Idles". Kenn ich nich, egal, guck ich ma. Als erstes fällt mir das S.O.D.-Shirt des Gitarristen auf. Ich wusste gar nicht, dass wir mit den Sunflowers of Death schon Shirts gedruckt haben, da frag ich meine Bandkollegen doch lieber noch mal!
Geboten wird schneller Punkrock mit Crust-Anleihen und HC-Beigeschmack. Solide vorgetagen, geht nach vorne, überzeugt!
Ich selbst fange auch an, mich zu bewegen! Trotz meiner Altersmüdigkeit und meiner ausgeprägten Grundfaulheit lasse ich mich zum Kopfnicken anstacheln. Ich mag harte Gitarren halt!
Irgendwie habe ich das Gefühl, ich sollte mal wieder zum Zahnarzt. Gedanke wieder verworfen, ich sollte bei dem echt guten Auftritt der Band weiter mit dem Kopf nicken. Ein zum Takt wippender Fuß kommt hinzu!
Der Bassist bewegt sich auch nicht so viel wie der Rest der Band. Aber immerhin etwas. Die meiste Zeit gucke ich eh auf den Schlagzeuger...
...schnelle, sichere Wirbel, Doublebass, Crash- und Chinabecken sorgen für einen fetten Rhythmus! Die kompetente Bedienung dieses schönen Instrumentes lässt mich vor Freude erquicken!
Hier nochmal ein creepy Blick des Sängers! Gute Show, guter Abend! Direkt nach dem Konzert bin ich allein zum Duisburger Bahnhof gesprintet, um die nächste Bahn zu bekommen. Besoffener als gedacht und nüchterner als gewollt.