Napoleon Dynamite, Nervous Breakdown, A Bit Of Braindead, Buttplug, 27.04.2012 in Mannheim, JUZ - Bericht von Fö
Napoleon Dynamite, 27.04.2012 in Mannheim
Nunja. Heute Abend spielen im dortigen JUZ Napoleon Dynamite. Helna und Maddin sind regelrecht geschockt, als ich ihnen eröffne, dass Napoleon Dynamite ziemlich scheiße sind und die anderen Bands bestimmt auch nicht besser. Maddin zieht dann auch ne ziemliche Flappe, als wir den Eintrittspreis herausfinden: 7 Euro plus 1 Euro Soli-Zuschlag für die Napo-Jungs. Kann ich nicht einfach nur den Zuschlag zahlen? Der Kassenmensch ist eh so betrunken, dass er, während er unsere Striche auf seiner Liste macht, einpennt.
Weitere Kuriosität am Rande: Ein Typ, der uns beim Fragen nach ner Kippe seine Lebensgeschichte (zumindest die der vergangenen anderthalb Jahre) erzählt: 18 Monate im Knast gesessen, gestern entlassen worden und als ersten Akt der Freiheit neue Springerstiefel gekauft. Dass die 2 Nummern zu klein waren, war ihm egal, schließlich wollte er die haben - und humpelt sich jetzt durchs Leben. Wir äußern Mitleid. Er, nach bestimmt 10 Minuten Smalltalk, irgendwann: "ich telefonier dann mal weiter", hält sein Handy ans Ohr und fragt: "Bist du noch dran?". Wir sind ein wenig baff.
Erste Band: BUTTPLUG. Ein Name, ein Wort, eine Band. Hardcore-Punk, leicht metallisches Riffing, dazu ätzig-brülliger Gesang. Anscheinend eine Band aus dem JUZ-Umfeld, zumindest scheint die hier jeder außer uns zu kennen. Angekündigt übrigens als Fartcore. Da sie nicht auf dem Flyer standen, schlussfolgere ich mal, dass sie eher kurzfristig ins Programm rutschten.
Kurzfristig noch ne Band dazupacken, das dürfen spontane Veranstalter natürlich gerne. Dafür aber pünktlich anfangen, nee, davon hat keiner geredet. Also ist es bereits etwa halb 11, als die erste Band des Abends die Bühne betritt. Bestimmt, um den Bierverkauf anzukurbeln.
Zu Buttplug: Ganz okay. Vom Technischen her liegt mir das sogar, die Songs werden gut runter gebrettert, klingen aber nicht zu eintönig - aber der Gesang ist selbst mir auf Dauer zu nervig. Ist halt nur Geschrei, bei dem ich mir nicht einmal sicher bin, ob er Texte enthält. Egal, erhöht den Trash-Faktor. Und alle feiern.
Band zuende, alle brüllen nach Zugabe. Beziehungsweise wollen sie alle ein ganz bestimmtes Lied hören, offensichtlich der große Hit der Jungspunde: "Eins-zwei-drei-vier Oi! Oi! Oi!". KANN nur ein Hit sein. IST es auch! Dargeboten lediglich von der Rhythmussektion, Basser am Gesang. Der Text ist ziemlich einfach und bleibt für die kommenden Tage unser Ohrwurm.
Nach dieser Darbietung bringe ich Maddin schonend bei, dass Buttplug bestimmt das musikalische Highlight des Abends waren, eben weil Napoleon Dynamite so scheiße seien. Schade, die nächste Band straft mich mal wieder Lügen: A BIT OF BRAINDEAD!
Wieder Hardcore-Punk, aber diesmal definitiv mehr Thrash als Trash. Echt gut! Die Töne verzücken, die Lieder überzeugen, der Auftritt lässt einen erstaunt da stehen. Es bleibt metallisch, die Gitarre schrammelt und quäkt, der Bass wummert schön derbe, Schlagzeug brettert wie Hölle.
Der Sänger fegt wie ein Derwisch durch die Reihen und entfesselt die Pogo-Geister. Die Stimme überschlägt sich quasi durchgehend, die Refrain-Shouts stehen wie ne Wand. Respekt! Vom Stil her am ehesten zu vergleichen mit diversen 80er US-Hardcore-Helden. Will ich hier nicht konkretisieren, weil ist nicht mein Metier. Ätsch.
Mannheim hat übrigens auch einen Turnverein. So gehört sich das aber auch! Kein Punk-Konzert ohne Turnverein! Ich erwarte dann bald das große Battle: Turnverein Duisburg versus Turnverein Monnem!
Von A Bit Of Braindead gibt es übrigens (löblich löblich) ne EP gratis zum Download. Also bitte saugen und Band weiter verfolgen! Ich hab ja mit konserviertem Hardcore-Tonmaterial immer so meine Probleme: live gibt mir das volle Brett halt einfach viel mehr.
Zum Beispiel auch von denen hier. Ja, hat Laune gemacht. Maddins Mundwinkel sind inzwischen wieder leicht angehoben. Ich versuche, ihn noch etwas aus dem Tritt zu bringen, indem ich erzähle, dass Nervous Breakdown ganz dicke mit Napoleon Dynamite sind und deswegen bestimmt scheiße werden.
Anschließend: NERVOUS BREAKDOWN aus Münster! Mal wieder volle Kanne Oldschool-Hardcore, rasend schnell und schön brutal, mächtig Druck auf die Zwölf. Mir bis dato nur ein Begriff von ihrer letztjährigen Split mit Scheisse Minnelli. In Ansätzen sind die Bands sogar vergleichbar - nur dass Nervous Breakdown deutlich schneller und fetter zur Werke gehen.
Achja, neues Hobby: Setlisten fotografieren. Mir sagen die Lieder ja eh alle nix. "Kennzeichen D" ist mir in Erinnerung geblieben, ging raus gegen Deutschland. Wunderbar, mehr davon!
Zwischendurch macht der Sänger auch noch auf die derzeitige finanzielle Misslage bei Napoleon Dynamite aufmerksam: Die müssen nämlich wegen irgend jemanden, der keinen Spaß versteht, pompös viel Kohle an diverse Anwälte abblättern. Also, wenn ihr grad nix zu tun habt: Kauft Zeug von den Napos! Oder spendet direkt. Mehr zur Thematik hier!
Auch hier wieder: Geiler Auftritt. Viel Vollgas, die Attitüde stimmt, Publikum is angetan. Geil. Texte auf deutsch und auf englisch. Melodielinien trotz des harten Drucks erkennbar. Erinnert mich ein wenig an Sniffing Glue.
Publikum: Vor der Bühne mittlerweile ziemlich viel Bier. Auf dem Boden, in der Luft, in Mägen und auf Klamotten. Massig Bewegung gibts auch: Ebenfalls auf dem Boden, in der Luft, in Mägen und auf Klamotten. Ein schöner Auftritt!
Auf der Bühne zeigt er uns aber lieber sein Gesicht. Ja, NAPOLEON DYNAMITE sind dran! Mittlerweile begnüge ich mich damit, Maddin wissend zu zu lächeln und zur Bühne zu deuten. Er wird schon wissen, was ich meine. "Napoleon Dynamite" a.k.a. "Los, Pipimann" a.k.a. "Napillemann Beinebreit"! Trash heil!
3 süße Jungs. Achja, selbstverständlich ist auch dieses wieder der beste Auftritt, den ich je von den Dreien gesehen habe. Andere würden schreiben "durchschnittlich". Aber so wirklich kann ich das nicht fest machen, nach einem Napoleon-Dynamite-Konzert fühlt sich das Gehirn nämlich immer an wie warme Butter, dementsprechend weich sind dann auch die Erinnerungen.
Egal, haha! Von der Bühne kommt reines Feedback-Gewitter, dazwischen hört man immer wieder garagiges Geschrammel. Schlagzeuger Wicke kloppt wie ein Uhrwerk auf Speed-LSD-Mischtrip, Markus' charakteristischer Gesang ist hohl-rotzig wie immer und dazwischen bellt Basser Maz kurze Halbphrasen ins Mikrofon. Soviel zum Konzept. Achja, viel Hass ist auch dabei. Glaub ich.
Zuschauer: Betrunken. Und am Feiern. Ich stelle fest, dass Napillemann Beinebreit hier in Mannheim auf ein textsichereres Publikum treffen als in ihrer Heimat. Zum Ende hin gibt es auch laufend Liederwünsche. Ob die erfüllt wurden - keine Ahnung. Als ob ich die Lieder kennen würde. Ich komm ja nicht aus Mannheim.
Napoleon Dynamite. Demnächst bestimmt auch in deiner Stadt. Haben einen Bassisten, der auch ohne Gitarrengurt vollen Einsatz an den Saiten zeigt. Wenn das mal nicht Werbung genug ist. Und Maddin fand sie auch nicht so scheiße - glaube ich. Noch ein Bier, ach, was sage ich, noch zwei Bier, dann aber weg.
Wir latschen mit Sandra und Sören quer durch Monnem zur Wohnung ersterer, um dort mal so richtig die Sau raus zu lassen (danke dafür!). Zwischendurch stellen wir fest, dass Tankstellen in Baden-Württemberg nachts kein Bier verkaufen. Maddin schafft es trotzdem fast: ein korrupter Tankenwart fragt galant, wieviel er denn zu zahlen bereit sei. Aber als wir dann auch noch angestürmt kommen, kriegt er doch Schiss. Kein Bier vor 4. Oder 6, oder ab wann auch immer man hier Bier kriegt.
Nächstes Ziel: Irgendne Kneipe. Wir rein, Maddin wertet sie als "zu nobel" und wir gehen wieder, suchen Alternativen, finden keine, gehen zurück in die Kneipe, wo uns der Wirt feierlich eröffnet, soeben Kasse und Kühlschrank geschlossen zu haben, wir bräuchten uns gar nicht erst hin zu setzen. Servicewüste Monnem. Gute Nacht. Morgen fahren wir weiter nach Stuttgart und sind sehr gespannt. Aber Vorsicht, auch dort soll es Baden-Württembergische Tanken geben!
EINS ZWEI DREI VIER OI OI OI!