Nonstop Stereo, Incoming Leergut, 27.10.2012 in Düsseldorf, AK47 - Bericht von Gerdistan
Nonstop Stereo, 27.10.2012 in Düsseldorf
Als Kenner der Münsteraner Krachmusikszene bringen mich diese Dingerchen immer wieder zum Lachen. "Was nennt jeder Mann sein eigen / denn es kann immer oben zeigen"?
Vorm Konzert nochmal zu Netto, 5 kg Zwiebeln kaufen. An der Kasse stehen vor mir zwei Südostasiatinnen und kaufen zwölf Pakete Ferdi-Fuchs-Miniwürstchen und sonst gar nichts. Äh, okay.
Mal was neues probiert und für Scheiße befunden: Newcaste Brown Ale, Flasche 1,99€, ist das Geld nicht wert, hätte ich mir lieber fünf Flaschen Hansa für gekauft. Nach der Bundesligakonferenz in den Zug und ab in die Landeshauptstadt.
Am Hauptbahnhof treffe ich auf Fr. Aal und Jenz, seine Freundin Jenzine ist auch dabei, die ist mit einem von Nonstop Stereo zur Grundschule in Krefeld gegangen, so klein ist die Welt. Im AK47 gibts tolles Schwarzlicht und Jenz hat super Textilien mitgebracht.
Auch ich bin unglücklicherweise in weiß angereist und leuchte wie ein Glühwürmchen. Naja, muss man durch. Aufgrund der bekannten Verzögerungen bei AK-Konzerten können wir uns vor der Tür und im Laden noch das ein oder andere Pils reinmehn, wobei Jenz inzwischen soweit akklimatisiert ist, dass er Alt trinkt. Wäh.
Ebenfalls im Schwarzlicht zu erkennen ist diese Substanz an meinem Finger, dabei hatte ich doch extra vorm Konzert geduscht! Später stellt sich heraus, dass ich mein Bier irgendwo in Leuchtfarbe abgestellt habe und dass es keine fluoreszierende Körperflüssigkeit ist. Glück gehabt.
Um 21:45 betreten dann die ersten vier Krefelder die Bühne: Incoming Leergut! Bezeichnen ihren Musikstil als Pfandrock, was im Klartext schnörkellosen Punk mit Texten über Pfandflaschen bzw. insbesondere das Leeren derselbigen bedeutet.
Den Leadgesang übernimmt Bibi Blocksberg mit ihrem treuen Besen Kartoffelbrei. Naja, nicht ganz. Der Typ heißt David und spielt einen echt merkwürdig anmutenden Steinberger-Bass. Der Gesang klingt aufgrund der Akustik im AK irgendwie nach Frank von Supernichts, aber das ist ja nichts, wofür man sich schämen sollte.
Er hier spielt Gitarre, sowohl bei Incoming Leergut als auch bei Nonstop Stereo. Praktisch, einen Platz im Tourbus gespart!
Die Jungs scheinen große Fans von Chris Flippin, Chris Rest, Dave Raun und allen weiteren personellen Überschneidungen von RKL und Lagwagon zu sein. Warum auch nicht, sind ja auch echt geile Bands.
Als dem Gitarristen eine Saite reißt, wird zwischenzeitlich ein dicker, schlecht rasierter, aber trotzdem irgendwie gutaussehender Typ im Waterdown-Shirt aus dem Publikum rekrutiert, um auf der Bühne Witze zu erzählen. Davon hab ich leider kein Foto, weil ich mit was anderem beschäftigt war.
Hochwertiges Drummerfoto! Mir fällt auf, dass ich Incoming Leergut schonmal als Vorband von Supernichts gesehen habe, aber irgendwie fand ich sie damals nicht so bemerkenswert. Nur dass der Sänger dieses komischen Headless-Bass gespielt hat, konnte ich mir merken.
Vollkommen zu unrecht, wie ich am Nachmittag des Konzertes feststellen musste, als ich mir mal das bisher einzige Album legal bei Rilrec runtergeladen habe. Eigentlich ziemlich gut! Sogar gegen Tocotronic wird in einem Atemzug mit Geschrei übers Bierholen gehatet. Klasse!
Die englischen Songs hauen mich nicht so um, dafür gibts bei den deutschen Nummern ein paar geile Kracher. "Und der Doktor sagt schade schade, Sie haben leider eine Saufblockade!" Der Song wird im Gegensatz zu dem eben erwähnten Tocotronic-Lied sogar live dargeboten.
Ebenso wie das Lied "Discotorten", bei dem der mehrstimmige Part mich etwas an Montreal erinnert, aber das kann ja mal passieren. Den Song über faule Studenten vermisse ich leider auch, aber "Hawaii II" wird gespielt, auch wenn im Gegensatz zur Platte Frank Ludes diesmal nicht mitsingt. Dabei ist er doch hier!
Bei neuen Songs darf man auch mal konzentriert aufs Griffbrett starren. "Wreck this place" spielen sie irgendwann auch noch, obwohl sich das Lied anhört, als hätte es ein 16jähriger im Englischunterricht komponiert. Egal. Nach ner knappen Stunde ist Schluss, schöner Auftritt, gerne wieder. CD runterladen, alle, los jetzt, sofort!
So, Bandpause, erstmal n bisschen Werbung fürs nächste Nonstop Stereo-Konzert machen. Naja, nicht das nächste, erstmal ist noch Aachen angesagt und ein akustisches Heimspiel in Krefeld.
Und nun zu der Band, die sich wohl für die meisten Besucher heute Abend verantwortlich zeichnet: Nonstop "Spielt ma wat von Bash" Stereo. Wäre natürlich auch mal elegant, einen Konzertbericht ohne Bash-Referenzen zu schreiben, aber für derartige Feinheiten bin ich nicht zuständig.
Gut, zur Band selbst muss man ja nicht viel schreiben, weiß ja eh jeder. Frank Ludes und seine drei neuen Freunde spielen durchdachten Punkrock für den geneigten Biertrinker über 30.
Ey, sing ma wat von Bash! Für die Bash-Coversongs, die auch ohne entsprechende Zurufe aus dem Publikum geboten werden, ist er hier zuständig. Klingt zwar anders, als wenn Claus das singt, aber nicht unbedingt schlechter.
Klaus am Schlagzeug. Guckt entweder vollständig gelangweilt oder macht die übelste Gesichtskirmes. Schön. Einziger Kritikpunkt: Das EMP-Schweißband, spätestens seit sie gewisse Bands auf dem Cover des Katalogs haben, sollte man diesen Verein boykottieren.
Das Publikum traut sich hier deutlich mehr. Während bei der ersten Band nur vereinzelte Drei-Mann-Moshpits entstanden sind, gibt es hier schon größere Tumulte.
Ohne Geschrei aus dem Publikum wird in die nicht minder hochqualitativen eigenen Songs dann auch "Nenn es ganz einfach Rock'n'Roll" eingebettet, neuerdings mit Double Bass-Schlagzeug. Haut rein, geht ab.
Die Sologitarre spricht, und zwar darüber dass sich Leute im Publikum beschwert haben, dass Georg beim ersten Auftritt nicht genug geschwitzt hat. Jetzt fließt der Schweiß aber in Strömen und alle sind zufrieden.
Wunderschönes Foto, spricht eigentlich für sich selbst. Auf die Bierflaschenhalter, die jeder an seinem Mikrofonständer hat, könnte man noch aufmerksam machen.
Gitarrenposing fehlt natürlich auch nicht, die wissen ja, was ihr Publikum will. Neben Songs von Bash natürlich, aber die Rufe nach denselbigen sind eigentlich kaum wahrzunehmen. Irgendwer ruft zwischendurch "Neil Armstrong!", die Band hat aber keine Lust. Mein Vorschlag "Lance Armstrong" kann sie auch nicht überzeugen, schade.
In der ersten Reihe: Fr. Aal. Auch wenn die Band mehrfach die falsche Strophe singt oder Einsätze verkackt, auf ihn ist Verlass, da sitzt jeder Text. Sogar die Band bedankt sich artig dafür.
Außer natürlich bei den neuen, unveröffentlichten Sachen, wie zum Beispiel dem Lied "Toll Nicole", das von einer gewissen Nicole Schott handelt oder ihr gewidmet ist. Ich kenn die aber gar nicht.
Punkrockfinger werden natürlich auch rausgeholt, bei Liedern wie IQ 77 und Rock'n'Rollradio auch angebracht. Die Broschüre mit den Notfallnummern und der Titeltrack des aktuellen Albums sind auch dabei.
Vom Publikum wird das auch alles gebührend abgefeiert, ein paar ganz Verwegene verschütten ihr Bier im Luftraum über dem Publikum. Was soll denn sowas, das kost doch alles Geld!
Von Bash gabs sonst noch "Wo ist mein Bier?" und das weniger bekannte "Weil du so bist" zu hören. Mal was neues altes!
Die etwas langsamere Schunkelnummer "In meinem Zimmer" gibts auch noch. Trinkt da links jemand Club Mate? Wir trinken Beck's, was in so nem Ranzschuppen wie dem AK irgendwie auch falsch erscheint. Aber ich hab mich zu Beginn auch gewundert, wie viele Leute Fotos und Videos mit ihreren Smartphones der preislichen Oberklasse machen. In so nem Ranzschuppen wie dem AK47.
"Eine rauch ich mir noch und dann hau ich ab" kommt irgendwann am Ende und wird von vielen Anwesenden als Aufforderung verstanden, sich erstmal eine anzustecken.
Sieht zwar lustig aus, die ohnehin schon miese Raumluft leidet aber zunehmends darunter. Naja, was solls, lüttschen Schmeuker, muss wohl so sein. Während der Zugabenpause bedient sich das Publikum an Franks Bier. Als dieser ernsthaft die Frage "Wo ist mein Bier" stellen muss, ist er ziemlich angepisst. "So geht das aber nicht!"
Aufgrund der Drohung, keinen Ton mehr zu spielen, bis das Bier wieder da ist, kommt es auch zu ihm zurück. Am Ende der Zugabe wird dann natürlich noch "Selig" gespielt und der Bassist stellt sein Mikro dem Publikum zur Verfügung.
Es ist mittlerweile 00:15 und der letzte Zug nach Münster ist gerade weg. Macht ja auch nichts, ich kann ja in Düsseldorf nächtigen. Jau, nach gut 75 Minuten wars das mit Nonstop Stereo, solider Auftritt, immer wieder gerne, z.B. am 8.11. in Dortmund.
Setlistenfoto hab ich auch mal gemacht. Bei mir macht sich langsam die vorhin noch besungene Saufblockade bemerkbar und ich freue mich aufs Bett. Aber das wird so schnell nichts, nicht mitm Commander!
Jenz hat nicht nur seinen Musikgeschmack in Richtung Northern Soul geändert, sondern auch seine Beschäftigung von Businesskasper hin zu Reifenhändler. Astrein!
Auf nen Absacker gehts dann noch in die Kneipe Ku!pe, wie auch immer man das ausspricht. Guter Trick in Düsseldorf: Wenn man keinen Bock mehr auf Saufen hat, einfach Malz im Glas bestellen, sieht aus wie Alt und keiner merkts.
Nach weiteren anregenden Gesprächen über den Status Quo des Punkrockgenres falle ich um halb vier neuer Zeit auf Jenz' Sofa in meinen wohlverdienten Schönheitsschlaf. Zum Glück ist wenigstens das Dönertier da, um mit mir zu kuscheln.
Um acht Uhr morgens ist aber auch damit Schluss, da es keine Vorhänge gibt und die Sonne beschließt, zu scheinen. Draußen sind -4 °C, meine Fresse, ist das kalt.
Da die Züge nur im Zweistundentakt fahren und ich den um 8:06 gerade verpasst habe, kann ich noch mit Jenz Brötchen holen gehen, leider keinen Käsekuchen, aber man kann ja nicht alles haben. Ein opulentes Frühstück später und nach diversen Fachgesprächen mit Jenzine über das Krefeld-Hülser Lauchspektakel nehme ich dann schließlich den Zug um 10:06.
Übrigens: Das, was unter Schwarzlicht fluoresziert, ist nicht der weiße Stoff selber, sondern aufhellende Stoffe aus eurem Waschmittel! Wieder was gelernt. Damit verabschiede ich mich bis zum nächsten Mal,
euer Gerd
euer Gerd