Popperklopper, Paragraph 08/15, Smokey Joe, 23.11.2012 in Münster, Sputnikhalle - Bericht von Gerdistan
Popperklopper, 23.11.2012 in Münster
Also zu Hause schnell ein paar Bier und beim Duschen nen Jambuca in die Platine gedremelt, noch ein bisschen Wer wird Millionär geguckt und ab aufs Rad, zur Sputnikhalle.
Am Nachmittag war ich noch in der Postfachausgabestelle am Hansaring, jedes Mal ein kleiner Ausflug ans Ende der 70er Jahre, wenn man dieses Gebäude betritt. Riecht auch ein bisschen so dort.
Aber zurück zum Thema. Vor der Sputnikhalle steht dieser ausgebrannte Bus - vor fünf Jahren wurden da noch matschige Pommes und kalte Getränke gekauft, dann stand das Ding lange Zeit einfach nur rum und nu ist es offensichtlich verbrannt. So kanns gehen.
Mein Zeitplan, nicht um 19:30 (Einlass) und auch nicht um 20:00 (Beginn) aufzukreuzen, erweist sich als ganz hervorragend, als ich um 21:15 die Location betrete und die erste von drei Bands gerade angefangen hat.
Haben auch ein paar mitgereiste Fans dabei (Lingen ist ja nicht weit). Der Herr im lila Hemd filmt aber die Szenerie nur in Momenten, in denen maximal zwei Leute vor der Bühne stehen und sich bewegen.
Da ist zeitweise auf der Bühne mehr Action. Der Auftritt war ganz nett, nichts außergewöhnlich. Die Band beschreibt sich auf ihrer Homepage selbst als "Rock mit Bläserfraktion", das erklärt vielleicht, warum der für meine Begeisterung nötige Druck fehlt.
Manuel Neuer am Bass. Der eine Gitarrist trägt ein Shirt der eigenen Band (das ist verboten)! Das aktuelle Album heißt übrigens "Ganz okay, aber nicht Iggy Pop" oder so ähnlich.
Nächste Band: Paragraph 08/15 aus Hagen. Und damit mal wieder etwas, was man auf Münsters Bühnen recht selten serviert bekommt: Musik für Iros, Stiefel, Jacken und Nieten. Will sagen: Deutschpunk, ohne Post, ohne Ska, ohne englischen Text.
Vier Leute, zwei davon von schon vom Haarausfall gezeichnet, Gitarre, Schlagzeug, Bass, Gesang. Ich lese gerade auf Facebook, dass die eigentlich fünf sind... war wohl die zweite Gitarre krank.
Der Bassist hat seinen Bass so hoch hängen und spielt mit seinen Fingern so, dass es so wirkt als würde er eigentlich in ner anderen Band Freejazz spielen und hier nur den Jungs von Nebenan aushelfen.
An Texte kann ich mich gerade nicht erinnern, irgendein Lied propagiert Alkohol in allen Situationen, glaube ich. Sound ist ganz ordentlich, daran lag es nicht, dass ich mich nicht an Details erinnern kann, eher daran, dass das Konzert schon zwei Tage her ist und ich ziemlich besoffen war.
Das Publikum ist zunächst eher verhalten, die mitgereisten Fans der ersten Band haben sich auch wieder verzogen. Der Herr im Twisted Sister-Shirt, den ich flüchtig kenne, weil er mir in ner schäbigen Wohnheimkneipe mal Bier verkauft hat, tut allerdings alles, um für mehr Bewegung vor der Bühne zu sorgen.
Was bei einigen Iropunks auch funktioniert, in den hinteren Reihen aber auf wenig Gegenliebe stößt. Gelegentlich schlägt der Typ auch ein Rad vor der Bühne - chapeau, das sieht man so nicht oft.
Da wird auch wieder gefilmt. Keine Ahnung warum und wofür, vielleicht gibt es eine schöne Abschluss-DVD dieser Tour, die sich "Deutschland deluxe Mini Tour" nennt. Erneut: Keine Ahnung, was dieser Name soll.
Im Publikum werden langsam die Hüllen fallen gelassen, dem Herrn im Vordergrund hängt der Gürtel auch schon ziemlich tief.
Entweder hat der Sänger fast das ganze Konzert in dieser Pose verbracht oder aber ich habe ihn nur noch so fotografiert - wir werden die Wahrheit wohl nie erfahren. Nach neun Songs ist Schluss mit Paragraph 08/15.
Umbaupause, ich telefoniere und beleidige Leute, die lieber mit dem Juso-Vorstand auf eine Weinprobe fahren, statt sich hier die Popperklopper anzugucken. Popperklopper, das sind die drei Herren im besten Alter auf der Bühne.
Apropos Alter: Die Band gibts seit 1989, damals noch als Schülerband, was auch den Namen erklären könnte. Dafür, dass sie ihr 20jähriges Bühnenjubiläum schon hinter sich haben, sehen die alle aber noch gar nicht so alt aus.
Popperklopper, ein Name, der schon immer Uffta-Uffta-Deutschpunk mit Reim-dich-oder-ich-fress-dich-Texten, die konsequent jedes Versmaß ignorieren, verspricht. Also eigentlich genau das, was Deutschpunk ausmacht. Der Herr im Bild verleiht dem noch seine charakteristische Stimme.
Auch Gründungsmitglied ist der Mann an der Schießbude, der für das Uffta Uffta zuständig ist. Ich glaube, er ist der Bruder des ehemaligen Bassisten, hab jedenfalls mal sowas gehört. Schlagzeugerfoto wäre damit auch abgehakt.
Es werden diverse Hymnen gegen Kapitalismus, Krieg und die Gesellschaft dargeboten, zum Teil auf englisch, meistens auf deutsch, aber immer mit erhobener Faust, sei das nun metaphorisch oder im Publikum.
Ein anderer Song prangert an, dass unschuldige Baustoffe durch ihren Einsatz im zweiten Weltkrieg zu Unrecht in Verruf geraten sind. Lehm in ner KZ-Baracke, Ungeziefer, Dreck und Kacke!
Es singen übrigens alle drei, auch der Drummer. Beim eben angesprochenen Song war die Band aber wohl nicht ganz abgesprochen, beim Wechselgesang im Refrain fühlt sich gelegentlich niemand zuständig, so dass einzelne Zeilen untergehen bzw. nur vom Publikum intoniert werden.
Songmäßig geht es durch die meisten Alben der letzten 20 Jahre, vieles kenne ich auch von der 20 Jahre Popperklopper-Scheibe, die ich als einziges Werk dieser Band besitze. Aufrechter Deutscher, deine Augen, No Chance, Leben im KZ, es reiht sich Hit an Hit.
Schön finde ich auch, dass die Band sich trotz ihrer langen Geschichte nicht zu schade ist, für schmale sechs Euro vor fünfzig Punks aufzutreten. Und dabei haben sie auch noch Spaß an dem, was sie tun.
Und auch die fünfzig Punks haben Spaß an dem, was sie tun - mittlerweile ist vor der Bühne einiges los.
Der singende Schlagzeuger. Im Hintergrund: Eine Trittleiter! Damit ist das hier mindestens der vierte Konzertbericht auf Bierschinken, in dem eine Leiter erwähnt wird.
Setliste - wollte ich am Ende klauen, durfte ich nicht. Brauchen sie am nächsten Tag in Schwerte noch. Achso, na dann.
Hat er hier mir verboten. Vielleicht auch weil bei den Slime-Covers, die in der Zugabe dargeboten wurden (ich höre so wenig Slime, dass ich das erst beim Betrachten der Setliste gecheckt habe), die Akkorde daneben stehen.
Ein letztes Bild noch. Schönes Konzert, hat Spaß gemacht. War mal wieder alleine unterwegs, hab aber genug Bekloppte zum Biertrinken während der Pausen getroffen. Nach dem Konzert bin ich noch auf ne Geburtstagsparty gefahren, wo sehr schnell das Bier und die Mischgetränke aus waren, was dazu führte, dass ein Schnäpperken nach dem anderen gefegt wurde.