Casanovas Schwule Seite, BILDungslücke, 30.11.2012 in Wiesbaden, Kulturpalast - Bericht von Fö
Casanovas Schwule Seite, 30.11.2012 in Wiesbaden
Man weiß ja schließlich nie, wie pünktlich es manche Läden mit den Zeiten halten, im Kulturpalast war ich ja eh noch nie - ursprünglich sollte das Konzert in der Räucherkammer des Schlachthofes stattfinden, aber wegen Umbau-Gedöns nun also hier. Der Laden macht einen etwas snobbistischeren Eindruck - und die Yuppie-Cafés in der Umgebung sind auch nicht wirklich einladend. Nunja, trotzdem nett hier. Achja: BILDungslücke beginnen ihren Auftritt dann immerhin noch vor 22 Uhr.
Deutschpunk aus Wiesbaden, schon seit 1996 existent und mir vom Namen her auch schon ewig ein Begriff, nur in die Musik reingehört hab ich bisher nicht. Also dann mal live begutachten. Hm. Rumpel-Deutschpunk der klassischen Sorte, bisschen 80er-Flair. Rauer Gesang, teilweise auch mehrstimmig dargeboten, insgesamt aber doch eher steif, was sich auch aufs Publikum abfärbt - der Konzertraum ist zwar gut gefüllt, aber direkt vor die Bühne bewegt man sich nur zaghaft.
Ansonsten macht die Band nen netten Eindruck, leistet auch was am Glas und scheint auch ziemlich aktiv in der örtlichen Szene zu sein. Könnte eventuell mehr Bock machen mit Horden bierspritzender Asselpunker vor der Bühne, aber so bin ich irgendwie nach ein paar Liedern gesättigt. Schade.
Schnitt, Pause genießen, Bier trinken. Für die Statistik: 0,3er Beck's oder Astra 2.50€, alkoholfreies Beck's 2 € - ist in Ordnung. Plus 1 Euro Pfand. Aber wir haben nicht heraus gefunden, was ein Longdrink "Stö" ist. Achja, äh, man sieht: Es wird voller. Mit 160 Gästen ist der Abend ausverkauft, weitere 40-50 stehen noch vor der Tür...und der Konzertraum ist kleiner als der Thekenraum. Beste Voraussetzungen!
CASANOVAS SCHWULE SEITE! Verzeiht eventuell verwackelte Bilder - ich setze einfach mal darauf, dass die Fotos von dem Typen mit der dezent voluminöseren Kamera auch irgendwann den Weg in die Weiten des Internets finden und beschränke mich darauf, einfach nur mal zwischendurch kurz abzudrücken und ansonsten meine Energie dem Abfeiern zu widmen.
DAS ROCK'N'ROLL IMPERIUM SCHLÄGT ZURÜCK! Nach wie vor gibt es kein Album, das ich in meinem Leben häufiger gehört habe als dieses Kleinod! Seit 10 Jahren (also seit 1980 oder so) die unangefochtene Nummer Eins unter den Musik-Veröffentlichung der Gegenwart, Zukunft und Vergangenheit! Punkt, aus, ohne Widerworte. Entsprechend kann mich das Programm des heutigen Auftrittes auch absolut nicht enttäuschen. Nichts ausgelassen, alle Lieder gespielt, eine Wonne!
Und sogar überaus amtlich dargeboten, keine merklichen Verspieler, durchweg grinsende Band. Zeitlose Rock'n'Roll-Hymnen. Juhu! GESTERN NAACHT - IRGENDWEEEN - STRASSENBAAHN - AUCH GESEEEHN! Hoppla, ich habe heute anscheinend einen ungewöhnlichen Hang zu Großbuchstaben. Sorry.
Publikum: Euphorisch. Auf tanzende Menschen, die ab und zu in seinen Mikroständer fallen, kann Claus ganz locker reagieren: Dank Zusatz-Zahnausschlag-Versicherung sind Gewalteinwirkungen auf seine Zähne nicht mehr länger sein eigenes (finanzielles) Problem. Na, dann mal herzlichen Glückwunsch. Die Zuschauer feiern auch diese Information erwartungsgemäß ab.
Auch mit im Set: Zwei neue Songs! Neben dem schon von vorherigen Konzerten bekannten "Krieg" noch eine Weltpremiere in Form von "Das Spiel ist aus". Ein Siebenzöller wird in Bälde das Lichte der Welt erblicken, sobald Claus alle Barbie&Ken-Puppen für das Artwork zusammen hat und sobald die Songs, wie sich das für Stadionhymnen gehört, in den USA gemastert wurden. Von Ken persönlich. Oder von Elvis. Egal.
Der neue Song: Och jau. Sorgt für tanzende Leiber, wirklich viel konnte ich da an Inhalt und Musikalität noch nicht heraus filtern, also bin ich mal inbrünstig gespannt auf das endgültige Produkt und enthalte mich vorgreifender Meinungen à la "kann nur gut werden" versus "das Album können sie eh nicht mehr toppen" oder "wie gehen die Jungs bloß mit diesem Erfolgsdruck um".
Ein wenig kommt Claus auch noch ins Plaudern. Von einer gefährlichen Infektionswelle, deren Symptome Kopfschmerzen und Erbrechen sind und die ihn ereilte, kurz nachdem er seinen neuen Job angetreten hat. Interessant. Caddy (die Grinsebacke da im Hintergrund) vergisst kurz darauf das Einzählen, mit dem (an Claus gewandten) Argument "Ich hör dir einfach so gerne zu!"
So. Bombenkonzert. Einziges Manko vielleicht der Laden selbst, die rechteckig-schmale Form ist nicht unbedingt die angenehmste (ich bevorzuge breitere Bühnen), aber da wir uns hier ja eh "nur" in der Ausweich-Location befinden, will ich mal nicht groß meckern.
Publikum ziemlich anständig, es wird von Anfang bis Ende gefeiert. Beläufig krieg ich auch mit, als einige Konzertbesucher sich doch notgedrungen verfrüht verabschieden müssen, da ihre letzte Bahn fährt - und wiederum andere ganz lässig entscheiden, auf die letzte Bahn verzichten zu müssen. Das nenn ich mal Einsatz!
Als letztes Lied "Höllenfeuerlicht", ein paar Betrunkene versuchen die Bühne zu erobern und werden mit dezent bösen Blicken bestraft, bis irgendwann CSS wieder die Bühne betreten, ein mehrminütiges Stadionrock-Intermezzo darbieten (wie! sich! das! gehört!) und schließlich nach einer galanten Verbeugung wieder den Raum verlassen. Man hat halt einfach keine anderen Lieder und will den Schülerbands nicht ihre Daseinsberechtigung rauben. Verdammt nett! Und geiles Konzert!
Und dann? Wir bleiben noch auf ein Getränkchen, irgendwann dann aber Rückzug. Der Snitch verlässt an dieser Stelle die muntere Reisegruppe - er hat spontan beschlossen, mit dem Gräbel durchzumachen, damit er morgen arbeiten kann. Vor dieser konsequenten Haltung ziehe ich meinen Hut. Achja: Wiesbaden hat zuviel Geld. Der Rauch dort hinten kommt offensichtlich von einem beheizten(!) Brunnen! Sachen gibt's!