Arliss Nancy, All Aboard!, 13.02.2013 in Münster, Baracke - Bericht von Fö
Arliss Nancy, 13.02.2013 in Münster
Apropos füllen. Geht los mit den dicken Kindern von Gladbach, alias ALL ABOARD! Mittlerweile echt lange nicht mehr gesehen, nämlich zirka ein Jahr. Krass. Jetzt also hier in Münster, und das auch noch ziemlich kurzfristig. Die Band hat ihre visuelle Präsenz komplett umgekrempelt: Nils steht jetzt in der Mitte. Boah!
Vor der Bühne der übliche Barackenhalbkreis, lediglich 3 gutgelaunte Typen nutzen die Freifläche fleißig für unrhythmische Sportgymnastik. Der Rest applaudiert immerhin zwischendurch mal artig. Der Auftritt selbst: naja, war schonmal unterhaltsamer. Warum hat Marius kein Mikrofon? Und warum hat Nico nicht geräppt?
Irgendwie alles etwas verkrampft. Zu wenig geprobt, zu wenig getrunken, zu wenig geschlafen, so in etwa vielleicht ungefähr in der Reihenfolge. Mehr Whiskey trinken, würde ich mal vorschlagen. Wenn's nicht hilft, kann es zumindest nicht schaden.
Vielleicht bin ich auch voreingenommen, weil ich die Band schonmal deutlich geiler gesehen habe. Zumindest ist keiner aus der Baracke geflüchtet, weder von der Band noch vom Publikum. Songauswahl ging in Ordnung. "Medicine" ist auch live ein ziemlicher Hit, "Don't linger, don't listen" ist mir auch noch im Gedächtnis geblieben, und mit "Pictures of Reality" und "Boston Beer Party" kann man eh nichts falsch machen.
Nun aber zum anderen wichtigen Grund (also neben dem gekühlten alkoholfreien Bier), warum ich mal wieder den Weg nach Münster auf mich genommen habe: ARLISS NANCY! Das aktuelle Album "Simple Machines" hat mich im letzten Jahr so ziemlich aus dem Nichts heraus absolut begeistert
Mit Keyboard in der Band hat man eh alles richtig gemacht! Also, mal kurz zum Schubladenprozedere: Punkrock mit viel Folk und Country, ein wenig souliger Rock'n'Roll und diese gewisse Leichtigkeit in der Musik, hat was von Prärie-Romantik. Und ich hab heute nicht einmal meine Cowboy-Stiefel eingepackt!
Running Gag des Abends: Dem Sänger reißt ne Saite, er kriegt die von AA-David gereicht - und stellt fest, dass er nicht stimmen kann. Muss das also der andere Gitarrist übernehmen. Das führt schon direkt am Anfang zu einer unfreiwilligen kleinen Pause, die mit einem galanten "yeah, we're professionals!" überbrückt wird. Und mit einer Keyboard-Melodie aus irgendeiner TV-Show.
Gesang gibt's bei Arliss Nancy übrigens direkt aus mehreren Kehlen. Die melodische Cowboy-Stimme und der bärtige Whiskey-Trucker wechseln sich vorne munter ab, dazu flotte Backings vom Rande. Wobei, nach Whiskey klingen die eigentlich alle. Trinken aber lieber Bier und machen sich darüber lustig, dass in jedem Ort der Tour behauptet wurde, das lokale Bier sei das beste. Ja, isso! Prost! Heute gibt's übrigens Hansa Bier.
Konzert: Super! Die Baracke ist angenehm gefüllt, das Publikum angetan, hier und da ein paar Textsichere und ab und zu wird sogar getanzt - ohne dass man sich zu sehr auf die Pelle rückt. Schön. Außerdem sind noch zwei Geburtstagskinder anwesend. Und die Karohemd-Dichte auf diesem Foto ist auch nicht allzu hoch.
Musik: Alles geil. Der Vergleich mit The Gaslight Anthem steht mal wieder im Raum - stimme ich nur bedingt zu, aber okay. Vielleicht so zur '59-Sound-Zeit, nur folkiger. Und mit Keyboard, was mich hier und da an die Blacklist Royals erinnert. Kurz, die Musik erfinden sie nicht unbedingt neu, aber das müssen sie ja auch nicht.
Die Lieder handeln fast alle von "drinking and fucking up", wie wir erfahren. Sympathisch. Songauswahl: Nunja, besagtes Album wird fast komplett gespielt, dazu noch was von der 2010er EP (download hier) und alles ist fein. Heute übrigens erstmalig am Merchstand erhältlich: ne streng limitierte handgefertigte Vinyl-Ausgabe der Platte. Hui.
Am Ende wird ein wenig gefeilscht, als die Band ihre letzten Songs ankündigt, und schließlich kriegen wir als Zugabe noch wat ganz altes und was brandneues und erstmalig live serviertes - und schließlich, weil Band wie Publikum noch Bock zu haben scheinen, noch was neues obendrauf. Dann ist aber auch Schluss und die Band zeigt demonstrativ auf ihre Bierflaschen.
Zum Schluss, weil's so schön ist, nochmal ein Keyboarder-Foto. Keyboarder kommen ja in unseren Berichten immer etwas zu kurz, vollkommen zu Unrecht natürlich. Bierchen austrinken, ein letztes Zwinkern vom Kellner, nen gratis Uncle-M-Sampler abstauben, an der Bushaltestelle gibt's noch nen Keks, und wohlbehalten kommen wir irgendwann wieder in Doofmund an. Gute Nacht.