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The Jim Tablowski Experience, Brudte Løfter, Diät, 12.03.2013 in Tübingen, Epplehaus - Bericht von Fö

Jim Tablowski Experience, Brudte Løfter, 12.03.2013 in Tübingen

Akutes Fernweh. Die letzten Tage hab ich damit verbracht, wahllos irgendwelche Flüge zu buchen, um der grenzenlosen Einöde daheim entfliehen zu können und die grenzenlose Einöde in anderen Ländern kennen zu lernen. Man gönnt sich ja sonst nix. Das mit dem Fernweh könnte so rein psychologisch gesehen bei mir seine Ursache darin haben, dass meine Eltern während meiner Kindheit auch nie wirklich sesshaft waren und wir munter alle paar Monate/Jahre unseren Wohnsitz verlegt haben. Irgendwann im Alter von 3, 4 oder 5 (allzu genau sind meine Erinnerungen da nicht) wohnten wir im Schwabenland, wodurch auch schon wieder die perfekte Überleitung zum heutigen Konzertbericht gefunden wäre: Irgendwo da in die Gegend fahren wir nämlich.
The Jim Tablowski Experience hatten die extrem witzige Idee, ne Tour buchen zu wollen, das Booking aber irgendwann abrupt zu beenden. Resultat: Ein gebuchtes Konzert, an einem Dienstag, im 450 Kilometer entfernten Tübingen. Ja geil! Klingt verrückt genug, dass ich da auch noch mit ins ohnehin schon bis zur Oberkante vollgestopfte Auto springe. Life on the road and stuff.
Schneefall, glatte Straßen, Stau und Unfälle zuhauf. Und kein Bier im Auto. Geil! Am nächsten Tag steht in der Zeitung was von nem Massenunfall auf der A45 mit 100 beteiligten Autos. Wir haben jetzt nicht gezählt, an wie vielen Wracks wir so vorbei geschlichen sind, aber vielleicht könnt ihr dadurch ansatzweise verstehen, warum unsere auf 4 Stunden ausgelegte Fahrt eher so 8 Stunden dauerte.
Zwischendurch (durch den Veranstalter, mittels moderner Kommunikationstechnik) wird noch das Gerücht gestreut, dass es auch durchaus passieren könnte, dass Jim Tablowski aus Zeitmangel gar nicht mehr auf die Bühne können. Das hebt die Stimmung. Aber alles wird gut. Am Epplehaus ankommen, wo bereits Bier und Reispampe warten, und beim traditionellen Magen füllen und Hirnzellen abtöten kommt irgendwann die Nachricht, dass die Tablowskis dann wohl als letzte Band auf die Bretter dürfen.
Die erste Band hieß "P.U.F.F." und die haben wir leider verpasst. NDW-Wave-Punk machten sie, flüstert man uns. Verdammt. Dafür spielen gerade DIÄT, als wir ankommen. Aus dem schmutzigen Multilingual-Schmelztiegel Berlins, so sagt man. Klingen son bisschen wie ne Hardcore-Platte auf 33 abgespielt. Viel Hall, viel Bass und irgendwie erdrückender Sound. Könnte man so grob in die Noise-Postpunk-Kiste stecken, aber das würde dem nicht gerecht werden.
Maßgeblich für den Sound verantwortlich ist auch das Schlagzeugspiel, kommt ziemlich auf den Punkt daher, wechselt zwischen wilden Stakkato-Experimenten und druckvollem Geknüppel. Eine Gitarre mischt prächtiges Geschrammel darunter, die andere gezielt eingesetztes Picking. Dazu undeutlicher und "hohler" Gesang. Hoffe das beschreibt jetzt so ungefähr die Musik, da bin ich als Musikbanause ja nicht wirklich firm drin.
Wir sorgen heute für reißenden Absatz von alkoholfreiem Bier. Davon kriegt man als Band soviel wie man will. Aber die Leute vom Epplehaus sind äußerst trickreich und schenken Beck's Blue aus. So heißt das "neue" alkfreie von Beck's. Das alte hat ja wenigstens noch nach schalem Wasser geschmeckt, aber das neue eher nach fauligen Leichen. Nicht dass ich wüsste wie die schmecken, aber ich bin mir sicher, dass faulige Leichen geschmacklich an Beck's Blue erinnern.
Nächste Band: BRUDTE LØFTER aus Kopenhagen. Lecker Hardcore mit dänischen Texten und vermutlich in der Tradition vieler dänischer und skandinavischer Hardcore-Kapellen. Legen ein ordentliches Brett vor. Schön auffe Zwölf, rotzig und viel Vollgas. Cool.
Zugegeben, gibt recht viele Kapellen die auf ähnlichen musikalischen Bahnen unterwegs sind. Was die Besonderheit bei Brudte Løfter ausmacht, ist neben der Sprache vor allem die Arbeit an der Gitarre. Da mischt der mal eben so flotte Metal-Riffs, Hochton-Gefrickel, Slides und wat weiß ich mit rein, alles so locker ausm Handgelenk gezaubert, eine Freude.
Gut auch der Sänger in seinem nicht ganz so zur Musik passenden enganliegend-güldenen Hemd. Schmeißt sich artig über die Bühne und wirbelt das Mikrokabel umher, dass ich beim Fotografieren Angst bekomme, es würde lassomäßig meine Kamera wegschnippen. Höhö. Nuja, soviel zu Brudte Løfter. Reinhören könnt ihr hier.
Dann THE JIM TABLOWSKI EXPERIENCE. Wurden ja kürzlich im Pogoradio zur bekanntesten Dortmunder Band erklärt. Auch wenn sie sich den heutigen Headliner-Posten nur dadurch erschlichen haben, dass sie auf dem Hinweg jeden Stau mitgenommen haben, der zufällig in Reichweite war.
Wieder ne etwas andere Musikrichtung als die Bands zuvor: Pop-Punk. Aber eben nicht dieses geleckte Emo-Pop-Gesäusel von hübschen College-Kids mit reichen Eltern, sondern eher die schrammelige Variante mit zuckrigen Melodien aufs Rollbrett geschnallt. Oder anders gesagt, sie gehören zu den Guten.
Kleine Änderung, seit ich die Band zuletzt gesehen habe: Drummer Timm (hier nicht im Bild, weil zu weit weg) hat kein Mikro mehr. Weil sie das im Proberaum auch nicht haben. Dafür brüllt Akustikbasser Kool Keith die zweite Stimme.
Ja. Schöner Auftritt, knackig-kurz. Eventuelle Ansagen beschränken sich darauf, intern zu diskutieren, welchen Song man jetzt zu spielen bereit sei. Nebenbei wird auf die neue EP hingewiesen, die am Merchstand vor sich hin schlummert. Als Mitgereister verzichte ich mal darauf, die Band in höchsten Tönen zu loben, das übernehmen nach dem Auftritt die anderen Bands. Auch gut.
Danach: Probieren, ob das Beck's Blue mittlerweile noch fauliger ist. Testergebnis positiv. Es gibt aber auch Sekt. Mittlerweile läuft von Konserve Musik. Gute Musikauswahl, die irgendwann urplötzlich durch ne Bande gut gelaunter Jugendlicher umschlägt in die absolute Mega-Party mit Scooter und 2Unlimited inklusive Karaoke-Session. Verrückt, diese Tübinger.
Auch verrückt: Der Pennplatz. Wir quetschen uns mit fünf Leuten auf dieses klassisch-schöne Sofa, um die Matratzen nicht dreckig zu machen. Gute Nacht.

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