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Rotterdam Unlimited: Manu Chao, Bazzookas, 15.06.2013 - 16.06.2013 in Rotterdam (NL), Centrum - Bericht von Fö

Rotterdam Unlimited, 15.06.2013 - 16.06.2013 in Rotterdam (NL)

Mal wieder in der Weltgeschichte herumgockeln. Durch Zufall erfahre ich, dass Manu Chao eines seiner doch eher seltenen Konzert gibt - und das auch noch gegen freien Eintritt! "Rotterdam Unlimited" nennt sich das Ganze, scheint eine Art Stadtfest zu sein und geht über mehrere Tage. Aber wegen anderer Termine reicht es uns, nur an einem Tag zugegen zu sein - nämlich den, an dem Manu Chao spielt. Logisch. Anreise diesmal ganz angenehm mit Spartickets der Bahn, was mit 19 Euro echt noch vertretbar ist. Samstag früh geht's los, Kiki und Katja kommen mit.
Rotterdam. Große Stadt mit eher schlechtem Ruf. Zumindest schwanken meine vorurteilsbehafteten Assoziationen irgendwo zwischen Hooligan-Proleten, Gabber-Pillenfressern und, naja, hässlicher Hafenstadt. Macht aber doch nen ganz netten ersten Eindruck, soweit wir das auf unserem halbstündigen Weg vom Bahnhof zum örtlichen Campingplatz beurteilen können. Der Campingplatz ist nichts besonderes, aber immerhin relativ citynah. Nunja, leider auch Autobahn-nah. Dafür preiswerter als ins Hostel zu gehen.
Zelt aufbauen, um anschließend in den Tag zu starten. Ersteres geht fix vonstatten, auch wenn ich wegen der vorherrschenden Windverhältnisse erstmalig die Abspannseile einweihe, die ich zuvor nie wirklich zu verwenden brauchte - und die auf Festivals, mit Massen betrunkener torkelnder Halbblinder, lebensgefährlich sein können. Apropos halbblind und apropos Wind: Meine Augen sind heute stark angegriffen, weswegen ich nícht wirklich weiß, was ich fotografiere. Die Gründe sind mannigfaltig: Allergie, Sonne, wenig Schlaf, Wind und Staub...
Zwischendurch taucht in meinem verwischten Blickfeld auch mal was Buntes auf. Häschen in verschiedenen Variationen finden sich des Öfterem im Stadtbild von Rotterdam. Ebenso sieht man aber auch erstaunlich oft grün - sofern die vielen stylischen Neubauten in der Stadt dafür noch Platz lassen.
Die Stadt. Wow! Mittlerweile wird es schwieriger, etwas anderes als "bunt" zu sehen. Das "Rotterdam Unlimited" findet in diesem Jahr erstmalig statt, vereint aber traditionsreiche Feste wie den Sommerkarneval oder das Dunya Festival. Quasi ein Meeega-Event! Die Straßen im Zentrum sind voll, überall Menschen und Stände und Schausteller und wat weiß ich.
Für unseren Geschmack eindeutig zu viele Menschen, aber ein wenig kann man sich ja doch treiben lassen. Irgendwann treffen wir auf den "Zomercarnaval". Auch interessant! Hat mit der Proletenscheiße unserer Rhein-Städte wenig zu tun und erinnert eher an die Bilder aus Rio de Janeiro: viel Tanz, viel Haut und viel Musik.
Mir war auch gar nicht bewusst, dass Rotterdam dermaßen multikulti ist. Teilweise hat man hier echt das Gefühl, irgendwo mitten in der Karibik oder auch in Afrika zu sein. So viel Lebendigkeit auf den Straßen kennt man ja in Europa sonst nicht - und auch der Anteil der hellhäutigen hält sich eher in Grenzen. Faszinierend. Etwa 46% der Einwohner Rotterdams kommen aus anderen Staaten!
Trotzdem: Zuviel unter Menschen zu sein, kann ja nur schaden. Wir verlagern unseren Standort und verlassen die Festivität, um abseits des Trubels noch etwas vielfältigere Eindrücke zu sammeln. Verschiedene zentrumsnahe Stadtteile vermitteln ein diversifiziertes Bild der Hafenstadt. Hier, im Schifffahrtsviertel (Scheepvaartkwartier) geht es logischerweise eher maritim zu. Wir beobachten eine Hochzeitsgesellschaft im örtlichen Yachtclub und trinken dabei illegalerweise Bier.
Wobei ich ja immer noch darauf warte, dass mich ein Bulle anspricht und ich salopp sagen kann: "Aber Officer, das ist alkoholfreies", während ich gleichzeitig den Daumen nach oben recke und ein gewinnendes Lächeln an den Tag lege. Passiert heute aber nicht. Außerdem hätten da meine Mitreisenden vermutlich trotzdem Strafe zahlen müssen. Ja richtig, Alkohol in der Öffentlichkeit trinken darf man auch in den Niederlanden nicht, worauf man sogar von freundlichen Gangsta-Kids hingewiesen wird.
Achja: Es gibt viele Hochhäuser und Baustellen. Moderne Architektur scheint groß im Kommen zu sein. Um als herkömmliches Haus in dieser neuen Welt überleben zu können, muss man schon ganz besondere Methoden anwenden. Sich als Kran tarnen zum Beispiel. Oder als Bahnwaggon. Oder Garküche. Oder Klohäuschen. Oder alles auf einmal.
Zurück zum Stadtfest. Verschiedene Bühnen sind aufgebaut, das Programm entspricht aber zum großen Teil nicht unserer musikalischen Fa­çon. Dichtkunst, Tanz, Hiphop, Dancehall, Zouk und allgemein World Music - naja. Am Churchillplein spielen heute beispielsweise einige Künstler von den Kapverden. Geben wir uns aber nicht, galant vorbeilatschen lautet das Motto.
Weiter zum Hofplein! Hier soll in Kürze Manu Chao auftreten. Vorgeplänkel ausgerechnet von den unsäglichen OUTLANDISH. Wem das nichts sagt: Die machen so als "Hiphop" getarnten Schmuse-R'n'B, somit also die Form von Musik, die Schuld daran ist, dass ich beim Radiohören ständig Aggressionen bekomme. Ich bin ja echt tolerant was Musik betrifft, aber bei sowas fallen selbst mir keine objektiven Maßstäbe ein, nach denen man sowas auch nur ansatzweise freiwillig hören wollen könnte.
Das Outfit der Band ist außerdem auch noch ziemlich militaresk. Vielleicht eine neue Form von "Yvan Eht Nioj"? Nunja, so oder so beschissen. Ob sie ihren großen Charthit "Aïcha" gespielt haben, kann ich nicht sagen, wir sind schnell getürmt. Übrigens: Es gibt tatsächlich noch Beschisseneres als Outlandish, die "Aïcha" spielen. Mehr Infos dazu hier
Was es in Rotterdam nicht zu geben scheint: Punks. Das trübt unseren Eindruck von der Stadt doch wirklich arg, auch meine Internet-Recherche nach asozial erträglichen Kneipen führte ins Nichts. Das einzige Punkerpärchen, das wir sichten, wird kurz später von Bullen mit Schlagknüppeln gejagt, weil sie frecherweise mit dem Bauch voran in das ausgestreckte Knie eines hässlichen Security-Typen gerannt sind. Da kriegt man doch echt das Kotzen.
So. Zurück zum Gelände, vorbei an den Scharen von Menschen die gen Bühne strömen und irgendwie hintenrum zu nem Plätzchen kommen, wo man noch einigermaßen stehen, aber trotzdem noch unweit der Bühne steht. Klappt so einigermaßen! MANU CHAO Y LA VENTURA nennt sich das aktuelle Projekt. Dezimiert auf nur noch 4 Männekens gibt es aber trotzdem die volle Breitseite tanzbarer Hymnen, wie sie zuvor noch vom Radio Bemba Sound System zelebriert wurde.
Sind ja auch dieselben Musiker, die Manu schon seit Jahren begleiten. Der breitschultrige Gambit bedient den Bass und gelegentlich ein Keyboard, Madjid Fahem verzückt durch sein beinahe legendär virtuoses Gitarrenspiel. Keine Ahnung wer am Schlagzeug sitzt, dürfte aber Philippe Teboul alias Garbancito sein, bei Radio Bemba noch für die Percussions zuständig, früher aber schon bei Mano Negra aktiv.
Mano Negra, das war das Vorgängerprojekt vor mittlerweile 20 Jahren, aus dem sich das Soloprojekt Manu Chao ableitete - wobei es einen immensen Unterschied gibt zwischen Manu Chao, wie man ihn von seinen Studio-Veröffentlichungen kennt, und dem was er mit Radio Bemba oder mittlerweile La Ventura betreibt: Manu Chao live, das ist die Quintessenz aus 1000 Jahren Musikgeschichte, die Vermengung internationaler Stile zum Prototyp der Multikulti-Partymaschine.
Auch wenn ich dieser Form von Party mittlerweile eher abgeschworen habe. Skapunk kommt bei mir nicht mehr auf den Teller, der ganze Latin-Mestizo-Kram ebenfalls nicht - aber Manu Chao, das geht immer! Da reichen wenige Töne, um mir ein glückseliges Lächeln zu entlocken! Die ersten Töne heute sind allerdings eher zu vernachlässigen, der Sound ist ein geradezu ekelhafter Brei - Open Air halt. Befürchtungen, es könnte so bleiben, bestätigen sich glücklicherweise nicht.
Außerdem brüllen die Zuschauer ja fleißig mit! Die Veranstalter vom Rotterdam Unlimited sprechen später von 55.000 Menschen, die sich den Auftritt von Manu Chao gegeben haben. Wow! Stadionrock quasi! Der Platz ist dafür übrigens gut geeignet, große Bühne, gute Sicht auch von weiter hinten und für die Halbblinden noch Leinwände an den Seiten. Also: Trotz Stadtfest fühlt man sich nicht zu eingeengt. Und noch ein Pro-Argument: Fremdgetränke sind erlaubt, und trotz der Öffentlichkeit auch das Verzehren dieser. Juhu!
Zum Auftritt: Nicht zuletzt die großartigen Songs sind es, die mich irgendwann voll mitreißen. "Mr Bobby" direkt zu Beginn, "Clandestino" darf nicht fehlen, "La Vida Tómbola", "Machine Gun" oder das mir bisher nicht bekannte "Tadibobeira" - alles geil! Und auch die wohl bekanntesten Stücke "King of the Bongo" und "Me Gustas Tú" machen im ManoNegra/LaVentura-Gewand mächtig viel Spaß. Que pasa por la calle?
Ansagen zwischendurch gibt es kaum, Pausen sowieso nicht. Sind andere Bands noch froh, wenn sie es schaffen, mal zwei Songs hintereinander weg zu plänkeln, wird bei Manu Chao einfach mal durchgehend Gas gegeben, die Stücke gehen ineinander über, manche Melodien ziehen sich über das komplette Konzert hinweg - und wir wissen jetzt schon, dass wir die nächste Woche mit multiplen Ohrwürmern verbringen werden.
Ach doch, eine Ansage zu "L'hiver est là" - Manu Chao erzählt uns, jetzt einen französischen Song zu spielen - aber die französische Sprache sei einfacher als man denkt. Und so singen alle fleißig mit: "Lolo lolololo" usw. Harhar... Da hätten wir übrigens auch einen dieser erwähnten Ohrwürmer. Und wenn die dann doch über den Platz schallen, aus 55.000 Kehlen - Wahnsinn! Einen Eindruck davon kann man übrigens durch dieses Video gewinnen...
Hier nochmal Bassist Gambit. Der brüllt auch immer mal sein charakteristisches "piu" ins Mikro, außerdem wechselt er immer mal zum Keyboard, über das verschiedene Einspielungen gesteuert werden. Wie das Sirenengeheul. Was wäre ein Manu-Chao-Konzert ohne Sirenengeheul?
Rundum großartiges Konzert! Klar, an nen Clubauftritt kommt sowas niemals ran. Aber bei so nem Stadtfest-für-alle gehe ich ja mit ganz anderen Maßstäben heran und hatte im Vorfeld eher Sorgen, dass es zu voll, zu groß, zu anonym oder was auch immer wird. Gemessen daran war der Auftritt beim Rotterdam Unlimited einfach nur herrlich. Mit (inklusive Zugabe) etwa 95 Minuten Spielzeit zwar auch kürzer als ein Clubkonzert, aber immer noch deutlich länger als sich viele andere Bands erlauben.
You crazy Rotterdam! Die Zugabe wird bei untergehender Sonne gegeben - herrlich. Voll ramontisch und so. "Bienvenido a Tijuana" und "El Viento" heizen nochmal mächtig ein, bevor alle mit glücklichen Gesichtern von dannen ziehen. Super. Hat sich doch gelohnt, die Reise! Lediglich "Mala Vida" hätten sie ruhig noch spielen können...
Achja: Und so sah der Boden aus. Vorteil: Auch die kleinen unter uns können ne gute Sicht auf die Bühne erhaschen, indem sie sich nen Haufen aus Müll basteln. Höhö.
Abend in der Stadt. Es sind immer noch viele Menschen unterwegs, es gibt diverse Aftershow-Veranstaltungen, aber nichts dabei was uns verlockt. Ansprechende Kneipen ebenfalls nicht. Also etwas Bier vom Nacht-Supermarkt und den Ausklang auf dem Campingplatz verbringen...
Nächster Tag. Wir haben ne späte Zug-Verbindung gebucht, um noch etwas weiter die Stadt erkunden zu können. Wie war das nochmal mit den Vorurteilen gegenüber Rotterdam?
Aufteilung: Kiki schlendert durch den mit 21 Euro doch eher in der gehobeneren Preiskategorie anzusiedelnden Zoo, Katja und ich schlendern, äh, woanders. Was Kiki so zum Zoo zu sagen hat, lest ihr dann bald in Kikis Zooführer. Auf Seite 467.
Wir mieten uns ein Häschen, um schneller durch die weiten Landschaften des Rotterdamer Stadtbildes zu kommen. Quasi wie ausgestorben ist das Museumsviertel. Dabei hat das vermutlich einige Milliarden Euro gekostet - die Stadt Rotterdam scheint gut Kohle zu haben.
Und weiter. Het Park liegt südlich vom Zentrum, kurz vor der Neuen Maas. Große Grünflächen, Bäche, Teichen, Bäume, Büsche - und hier wird auch für irgendeine Veranstaltung aufgebaut. Konkurrenz fürs Rotterdam Unlimited? Wer weiß! Den Alkis unter euch wird empfohlen, einfach so ein Schild vor eure Parkbank zu stellen. Dann dürft ihr saufen.
Der Kinderwagen ist nicht meiner!
Noch mehr Sightseeing: Die Kubuswohnungen! Was das ist, sagt der Name. Und vielleicht dieses Bild. Kann man auch für 2.50€ besichtigen. Kann man aber auch lassen. Ein Hostel gibt's hier auch, ebenso wie ein Reisebüro speziell für Reisen nach Cabo Verde - stark!
Und wieder zum Rotterdam Unlimited! Am Churchillplein treffen wir wieder auf Kiki und begeben uns vor die Bühne, um vor unserer Rückreise noch ein wenig Livemusik zu erhaschen. Irgendwie schade: Heute Abend spielen Che Sudaka hier, aber da werden wir schon wieder abgereist sein...dafür spielen jetzt die BAZZOOKAS irgendwo hier aus der Gegend.
Wie sich anhand der Optik (Tröter) schon erahnen lässt: Es gibt Skapunk zu hören. Nicht besonders originell, kennste eine kennste alle, aber zur Mittagssonne kann man sich das wohl mal geben. Gute-Laune-Musik mit niederländischen Texten. Nach dem üblichen Schema "Strophe auf Offbeat, Refrain auf Getröte".
Irgendwie halt schon tausendmal gehört. Tja, wie ich schon des Öfteren erwähnt habe: Früher hätte ich das ganz geil gefunden. Klingt aber halt trotzdem wie jede beliebige andere Band des Genres. Also: Nett, aber als es nach ein paar Songs doch sehr eintönig wird, suchen wir das Weite
Blick zurück: Ein paar Zuschauer haben sich natürlich eingefunden, viele singen sogar die Texte mit, hier und da wird getanzt - trotz früher Stunde also ein durchaus erfolgreicher Auftritt, sag ich mal so. Aber nicht bei uns.
Nach einer Stärkung im marokkanischen Restaurant unserer Wahl beginnt die Tortour: Rückreise nach Dortmund! Uff. Fängt an mit dem Zug nach Enschede, der entgegen unserer Reiseverbindung in Apeldoorn endet, wo die Bediensteten auch nicht wirklich wissen, warum wir hier sind. Geht weiter über Bad Bentheim, wo dem Zug plötzlich die Lok fehlt und wir so langsam froh sind, für den Notfall noch Zelt und Schlafsack dabei zu haben.
Naja, irgendwann kommen wir dann doch noch daheim an, zweieinhalb Stunden später als geplant - da hätten wir uns auch ruhigen Gewissens noch Che Sudaka geben können...das Foto hier ist übrigens ein Archivbild. Aber es ist nicht weiter schwer, solche Archivbilder zu finden.
Aber nunja! Bis auf die Rückreise hat sich unsere Fahrt ja trotzdem gelohnt. Oi. Gute Nacht. Tö.


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