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Jupiter Jones, 29.10.2013 in Dortmund, Campus - Bericht von Fö

Jupiter Jones, 29.10.2013 in Dortmund

Puh, wat hab ich mir da wieder eingebrockt. Ich finds ja ganz geil, ab und zu auch mal auf Konzerte zu gehen, die ein etwas anderes Setting nutzen. Heute mal eins in der Uni-Mensa. Veranstaltet von einem großen Telekommunikationsunternehmen, was ich schonmal sehr kritisch beäuge, und es spielt die Band Jupiter Jones, die sich auch schon ne ganze Weile nicht mehr in meiner Favoritenliste befindet. Aber gerade deswegen hatte ich dann doch mal Bock, mir das mal wieder anzuschauen. Zumal das heute keinen Eintritt kostet - Tickets gibt es nur zu gewinnen, und, wenn ich das so richtig mitbekommen hab, hat eh jeder gewonnen der auch teilgenommen hat. Was relativ wenig waren. Sagt das was über die Reputation des Telekommunikationsunternehmens aus? Nunja, wie auch immer. Ich bin also mehr als skeptisch über den Verlauf des Abends und sehe das Ganze eher als eine Sozialstudie. Einfach mal gucken, was für Leute sich auf so ner Veranstaltung rumtreiben. Entsprechend nehme ich als Begleitung auch keinen die-hard-Jupiter-Jones-Fan mit, sondern den mindestens ebenso skeptischen Philip. Einfach mal derbe abhaten heute!
Erstmal ankommen. In der Mail stand 19:30 Einlass, 20:00 Beginn. Klingt mutig. Vor der Mensa steht schon eine mittelgroße Schlange, die sich auch eher zaghaft bewegt. Grund dafür wohl die Körperkontrollen mit so Piep-Handgeräten wie am Flughafen. Penibel muss ich anschließend alle Hosentaschen, in denen irgendwas Metallenes sein könnte, ausleeren und präsentieren. Der Security-Typ scherzt auch noch gut gelaunt mit mir, was zwar eigentlich nett ist und für guuude Laune sorgt, die Schlange hinter uns aber auch nicht gerade verkleinert. Naja, wat solls.
Rein da. Wie war das? 20:00 Beginn? Nix da. Das Konzert findet oben in der eigentlichen Mensa statt, aber vorerst dürfen wir uns nur unten aufhalten und, naja, warten. Überraschenderweise hält sich die Werbung des großen Telekommunikationsanbieters im Rahmen (gibt nen Pluspunkt). Ein Getränkestand ist aufgebaut. Wir haben nur die normalen Bändchen für den Pöbel, entsprechend müssen wir für Getränke zahlen, was wir aber nicht machen, als wir merken, dass Bier zwar auf der Preisliste aufgeführt ist, aber nicht ausgeschenkt wird. Aber da hier eh niemand nach üblichem Konzertpublikum aussieht, stört es nicht groß, wenn auch keiner mit Bier in der Hand rumläuft.
Gegen 20:40 dürfen wir dann die Treppen nach oben nehmen. Dort gibt's auch endlich das ersehnte Bier. Die Schlangen hier halten sich in Grenzen, Gedränge gibt's natürlich, Ehrensache, auch - zumindest am Getränkestand. Der Großteil der Mensa ist abgesperrt, was übrigbleibt ist ein angenehm großer Raum, der sich nach und nach zu nicht mal einem Drittel füllt.
Weiter hinten gibt es Stehtische, dazu überall Lounge-artige passive Lichtquellen, bevorzugt natürlich in den Farben des großen Telekommunikationsunternehmens, dessen Karriere-Abteilung uns den heutigen Abend spendiert. Aber bis auf ein paar Buttons, die überall rumliegen, hält sich die Werbe-Attacke echt in Grenzen. Hier und da stehen auch Leute rum mit Pässen, die sie als Mitarbeiter des großen Telekommunikationsunternehmens ausweisen, aber die sind ruhig und warten offensichtlich, dass man sie anspricht. Anscheinend wird hier heute nicht nach Prämie gearbeitet. Löblich.
Ein bisschen ekelhaft ist das natürlich trotzdem - wenn man sich bewusst macht, was so ein Abend kostet, alleine schon die ganzen Aufbauten und die Unmengen an Personal, die hier rumwuseln. Und die Band spielt bestimmt auch nicht einfach nur aus Sympathie. Nunja. Weiter geht's mit dem schlimmsten Alptraum: Ein "Moderator", der "Aufheizen" soll. Fremdscham deluxe. Inklusive nem Spielchen zwischen ihm und irgendnem Personalscheff des großen Telekommunikationsunternehmens, bei dem die anwesenden Frauen mit sexy Stimme "uuuhh" rufen müssen und die Männer mit tiefer Stimme "yeah". Sowas würd einem im AZ nicht passieren. Funktioniert aber: Anfangs zögerlich, wird schließlich überall ge-uuhh-t und ge-yeah-t.
Sowas passiert also, wenn man Leute, die sonst so Firmen-Events ausrichten, auf ne Rockveranstaltung loslässt. Ich würd mir trotzdem sowas wie Freibier und Kellner, die mit Häppchen-Tabletts rumlaufen, wünschen. Nicht dass ich Hunger oder Durst hätte, aber son paar vollgekotzte Besoffene würden den Abend doch erheblich aufwerten.
Egal. Nachdem die Zuschauer entsprechend aufgeheizt sind, kommen Jupiter Jones auf die Bühne. Um 21:35, also immerhin ne AZ-kompatible Verspätung im Vergleich zum angekündigten Beginn...Sänger Nicholas glättet erstmal die Sexismus-Wogen, indem er auch die Frauen auffordert, doch mal mit tiefer Stimme "yeah" zu sagen. Puh ey, endlich kommt mal sowas wie Humor in diese piekfein-sterile Firmenveranstaltung für karrieregeile Anfangzwanziger-Spießer. Wobei, der Altersdurchschnitt geht eigentlich klar.
Was nicht klargeht: Ich dachte ja, wie anfangs erwähnt, es sei bestimmt gar nicht mal eine soo schlechte Idee, sich Jupiter Jones mal wieder live zu geben. Das letzte Mal ist für mich auch schon über 4 Jahre her, und auch wenn ich die letzten Veröffentlichungen der Jungs eher mau fand, gehören sie ja doch noch irgendwie zu den Guten im Musikbiz, wage ich mal zu behaupten. Überhaupt kann man ja keinem vorwerfen, mit Musik Geld zu verdienen oder sogar davon leben zu können. Immer noch besser als bei der Bank oder einem großen Telekommunikationsunternehmen zu arbeiten.
Jetzt hab ich mich wieder in Randbemerkungen geflüchtet, eigentlich wollte ich ja darauf hinaus, was gar nicht klar geht. Also: Akustikgitarren. Wir kriegen heute tatsächlich einen lahmen unplugged-Gig serviert! Also, ihr wisst schon, dieses unplugged mit Steckern in der Akustikgitarre, aber halt immer noch LEISE. So hieß ja auch damals ihr unplugged-Album und damit begann die Band, für mich uninteressant zu werden. Ein ähnliches Schicksal hat übrigens auch die Ärzte oder die Foo Fighters ereilt: Kaum unplugged, schon kann ich mir auch die verstärkten Sachen nicht mehr anhören. Ekelhafter Akustik-Trend, ey. Und wenn ich Philip zitieren darf: Das ist einfach zu sehr Pur.
Nach ein paar Liedern macht sich dann auch bemerkbar: Das ist alles grottenlangweilig. Und das Publikum, naja. Ich würde mal schätzen 150 Leute sind wohl hier, es hätten locker doppelt so viele reingepasst. Bewegung ist gleich Null, es sei denn es wird gerade geklatscht. Kollege Djrj brüllt irgendwann was von "Pogo" in den Raum und entlockt Nicholas damit immerhin ein leichtes Schmunzeln. Hm, nee. Auch sonst wird aus meiner Sozialstudie nix, die Zuschauer sind einfach zu harmlos und nichts sagend, nicht einmal die hysterischen JJ-Fans, mit denen ich tief im Inneren gerechnet hatte, einfach nur stinknormale Bürger, die ihre Konzert-Choreographie tagtäglich in den Bus-Wartehäusern dieser Republik üben.
Was die Songauswahl betrifft: Och, naja, "okay". "nett". "harmlos". Über "Kopf hoch & Arsch in den Sattel" hab ich mich gefreut, merke aber irgendwann, dass mir der Song von Platte mehr Freude bereitet - zumindest, wenn ihm, wie hier, mit diesen EKELHAFTEN Akustikgitarren sämtliche Energie geraubt wird. Gleiches gilt auch für "Unter uns Darwinfinken" im späteren Verlauf des Sets, das nach Aussage der Band wohl recht lange nicht mehr live gespielt wurde.
Was ich gut fand: Sie haben "Denn sie wissen, was sie tun" gespielt. Bestes Lied vom aktuellen Album "Das Gegenteil von Allem" (hab dazu ja ne Rezension geschrieben, siehe hier). Was ich schlecht fand: WIE sie es gespielt haben. Aus dem Punkrock-Kracher ist ne lahme Western-Schnulze geworden, ungefähr 5mal lahmer als auf Platte. Ich dachte das wär ein WÜTENDES Lied, dann lasst die WUT doch mal raus, ey!
Ansonsten die übliche Mischung aus größtenteils bekannten Songs und einigen, die ich kaum kenne. Ihr größter Erfolg "Still" irgendwann in der Mitte des Sets - die Begeisterung des Publikums ist daran zu sehen, dass sie diesmal, zusätzlich zur Nicht-Bewegung, auch noch die Augen schließen. Dann noch Songs wie "Das Jahr in dem ich schlief", "Nordpol/Südpol" oder vom aktuellen Album "Rennen & Stolpern". Also eigentlich vermutlich das, was die Fans hören wollen. Begeisterung wird dadurch zum Ausdruck gebracht, dass alle ihre Mobiltelefone in die Höhe halten. Aber wir sind hier ja bei einem großen Telekommunikationsanbieter, da darf man das wohl.
Zum Thema mit dem heutigen Sponsor sagt Nicholas noch was Passendes, sinngemäß ungefähr: Es wäre ja eigentlich blöd, so einem riesigen Konzern zu danken - aber wenn die uns alle für umme reinlassen ohne ständig mit nem Vertrag vor der Nase rumzufuchteln, dann kann man das ja doch mal gutfinden. Hat er irgendwie recht, die Werbe-Maßnahmen halten sich heute in Grenzen - grenzwertig ist die Veranstaltung natürlich trotzdem. Philip trifft auf dem Klo übrigens jemand von nem anderen Mega-Konzern - der wollte einfach mal gucken, was die Konkurrenz sich so an Promotion einfallen lässt. Geil ey. High Business-Society hier.
So, was hab ich noch zu erwähnen: Die Band selbst gibt sich gut gelaunt, so viel positive Ausstrahlung hatte die Band "damals", als sie sich vor noch überschaubareren Zuschauerzahlen den Arsch abtourten, irgendwie nicht - meine ich mich erinnern zu können. Vielleicht weil sie tatsächlich da angekommen sind, wo sie hinwollten (Platz 5 in den Charts). Oder, weil sie gute Miene zum bösen Spiel machen. Und weil der böse Spielleiter ihnen garantiert nen dicken Batzen Kohle für den heutigen Abend hinblättert.
Man freut sich über einen kleinen Jungen in der ersten Reihe, der wohl dermaßen enthusiastisch das komplette Set abfeiert, dass Nicholas ihm ein T-Shirt verspricht, weil er das auf über 600 gespielten Konzerten erst selten erlebt hätte. Diese Fan-Nähe spürt man ja doch irgendwie, das wirkt nicht abgehoben, die Band scherzt miteinander oder mit dem Publikum oder auch mit der Crew - alles sehr harmonisch. Deswegen kann ich der Band auch wirklich nichts vorwerfen, außer dass sie heute meinen musikalischen Geschmack einfach nicht treffen.
Zur Versöhnung: Sascha trägt ein Maiden-Backpatch. Yeah! Und: Er trinkt Bier! Yeah! Ihr merkt, ich picke mir gerade die verbliebenen Rosinen heraus, um dem Abend doch noch etwas Positives abzugewinnen. Tralala. Außerdem hat Sascha sich übrigens gerade ein Banjo umgehangen. Geht aber anschließend in die Geschichte ein als der langsamste Banjo-Spieler, den ich je gesehen habe. Ich penn gleich ein.
Ich glaube, das Lied hieß "Berlin", was am Ende gespielt wurde. Kannte ich nicht, ist auf dem selbstbetitelten Album drauf, entsprechend also nichts was ich unbedingt kennen muss. Jedenfalls wird hier ein ganz amtlicher Publikumschor inszeniert. So ein Whoo-hoo-hoo, und Nicholas wagt den Gang in die Menge, singt von dort weiter. Alle machen respektvoll Platz, singen aber brav weiter mit. Bisschen Tuchfühlung ist ja immer gut, aber heute sind die Zuschauer einfach zu zurückhaltend, habe ich den Eindruck.
Zugabepause. Und Zugabe. Mit "Auf das Leben" auch noch den Song, mit dem ich die Band vor mittlerweile 10 Jahren kennen gelernt habe, bloß, ihr kennt das, eben in arschlangsam. Neenee. Wir hauen dann mal ab.
Und, son Fazit? Tja. Die Veranstaltung als Gesamtes war definitiv nix, was ich öfter haben muss - wenn auch insgesamt harmloser als erwartet. Das Publikum eher dürftig, zahlen- wie stimmungsmäßig. Sagte ich schon "harmlos"? Die Band gut gelaunt, aber eben wieder "harmlos" und zur Darbietung, naja ey, über meine Abneigung gegenüber "Unplugged"-Konzepten sprach ich ja schon. Harmloser Abend. Eigentlich zu harmlos, um da mal ordentlich gegen abzuhaten, schade eigentlich.

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Band:
Jupiter Jones
Musikstil: Punkrock, Indie, Emopunk
Homepage: www.jupiter-jones.de
Konzertberichte: 9
Rezensionen: 1

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