Mülheim Asozial, Kackschlacht, Rattenkönig, Schmutzstaffel, 09.11.2013 in Köln, privat - Bericht von Fö
Mülheim Asozial, 09.11.2013 in Köln
Zur Zeit scheint irgendwie so ne Art Deutschpunk-Revival durch die Musiklandschaft zu ziehen. Kommt mir zumindest etwas so vor. Nachdem jahrelang das, was an "Deutschpunk" so hervor kam, eher so die Teenie-Pop-Scheitel-Punk-Schiene war, kommen in letzter Zeit immer mehr Deutschpunkbands auf, die doch irgendwie auf nem gänzlich anderen Level agieren und trotzdem nicht die x-beliebige Deutschpunkband von umme Ecke sind. So Sachen wie Kotzreiz, Abfukk, Zustände, Todeskommando Atomsturm, Die Bullen, Mann kackt sich in die Hose und sowas.
Oder eben auch Mülheim Asozial und Kackschlacht, die derzeit auf Tour sind mit den mir bis dato nicht bekannten Rattenkönig und Schmutzstaffel. Die Bandnamen sind schonmal mehr als geil! Und da heute sonst eh nichts Interessantes ist, machen wir uns auf den Weg zum Privatkonzert in Köln. Maks, Lars und Coco sind ebenfalls dabei, und so machen wir uns ziemlich zeitig auf den Weg, werden im Aether begrüßt mit den Worten ob wir denn nicht auf Facebook gelesen hätten, Einlass sei doch erst um 20:30. Och, naja, aber nu sind wir halt hier. Und sind nicht einmal die ersten. Draußen is kalt, wir dürfen schonmal rein, weitere Leute trudeln ein, und schwuppsdiwupps, gegen 20:27 wird vermeldet, das Konzert sei ausverkauft. 3 Minuten vor Einlass. Und das ganz ohne Vorverkauf, das muss man erstmal schaffen!
Geht los mit der Band SCHMUTZSTAFFEL aus Hannover. Deutschpunk mit Hardcore-Kante. So die 80er Deutschpunk-Ecke, wie Toxoplasma in schnell. Ordentlich Dampf dahinter, kann was. Ist aber auch, dem Namen entsprechend, schön dreckig. Schnelle kurze Lieder. Schön heiser-krächziger Gesang. Texte keine Ahnung, die sind einfach nur ziemlich schnell.
Ein Lied hatte den eingängigen Refrain "Bushidojugend", ein anderes thematisiert Leute, die beim Pogo gerne mal Unbeteiligte schubsen. Ehrensache, dass ausgerechnet zu dem Song ordentlich geschubst wird. Hähä. Auch sonst so, scheinen einige Fans der Band hier zu sein, es wird fleißig mitgesungen und immer mal hält der Sänger sein Mikro in die Menge. Teilweise recht ausführliche Ansagen über das was heutzutage so alles scheiße läuft.
Die Jungs scheinen nicht zum ersten Mal auf ner Bühne zu stehen, agieren alle ganz souverän. Ich vermute mal, dass da einige Erfahrung in den Vorgängerbands gesammelt wurde, Schmutzstaffel selbst gibts wohl erst seit nem Jahr. Vielleicht haben sich auch deswegen ein paar Coversongs ins Set geschmuggelt. "Nacht im Ghetto" von Razzia und "Glücklich" von Knochenfabrik. Großartig! Natürlich in schnell hardcorigen Versionen. Beim Knofa-Cover krieg ich tatsächlich Glücksgefühle.
Also: geil. War ich im Vorhinein noch eher unmotiviert über den heutigen Abend, bin ich mittlerweile ziemlich angetan von der Programmauswahl. Schmutzstaffel spielen ein knackiges halbe-Stunde-Set (die anderen Bands des Abends übrigens auch), kann man sich ruhig mal geben. Reinhören hier.
Danach: RATTENKÖNIG! Kommen aus Mainz und klingen, naja, ähnlich wie Schmutzstaffel. Vollgas-Deutschpunk. Etwas explizitere Texte, kommt es mir vor. So Sachen wie "Deutschland, du Scheiße" oder so. Gegen Staat, gegen Bullen, Deutschpunkherz wat willste mehr.
Der Schlagzeuger ist anscheinend gesundheitlich etwas angeschlagen, wie sie erzählen stand wohl sogar im Raum ihn kurzfristig zu ersetzen, aber diverse Medikamente scheinen ihre Wirkung getan zu haben und der junge Mann macht nen recht glücklichen Eindruck. Auch wenn mit Schal Schlagzeug spielen doch etwas elitär aussieht. Ich darf nicht meckern, ich trage heute auch Schal, und das in einem ausverkauften Konzertsaal. Auch wegen Gesundheit und so. Prost.
Ich hab mal wieder den Eindruck, dass die Bandmitglieder auch außerhalb vom Deutschpunk schon ihre musikalischen Erfahrungen gesammelt haben. Echt mal, das klingt schon wieder ziemlich auf den Punkt, was dort dargeboten wird. Der Vortrag allerdings auch etwas "steifer" als zuvor bei Schmutzstaffel. Aber 30 Minuten Spielzeit ist mal wieder kurz genug, dass es ja nicht langweilig wird. Achja: Reinhören beim Rattenkönig hier!
Bisschen Journalisten-Gossip. Hier sieht man Rilbfhpa-Maks, wie er sich Notizen macht. Pogoradio-Rüdi nutzt die Gelegenheit und greift flink in die Kameratasche, um Maks sein teures Gerät zu entwenden. Ganz hinterhältig nimmt er anschließend Maks die Arbeit ab und fotografiert fleißig.
Nächste Band: KACKSCHLACHT! Ker, hier wird das Programm echt ganz ordentlich durchgeprügelt. Den Beginn kriegen wir nicht wirklich mit, bis irgendwann die euphorische Coco an uns vorbeirauscht. Oh. Also rein. Kackschlacht sind bereits seit 2-3 Minuten zugange - also seit 3-4 Songs. Mist. Von Kackschlacht hat Coco ja letztens bereits in höchsten Tönen geschwärmt, also bin ich mal gespannt.
Ich sach ma: Voll geil! Zwei Typen mit Bart pöbeln gegen dies und das. Und sie haben T-Shirts mit Helmut Kohl drauf. Wollt ich mal erwähnt haben. Aus Braunschweig kommend, einer von denen spielt laut Info auch bei den nicht zu unterschätzenden Indiepunkern von "Kippen", womit ich schon wieder meine Theorie untermauern kann, dass heute lauter Bands spielen für die Deutschpunk eigentlich nur ein Steckenpferd von vielen ist - und die Deutschpunk trotzdem geiler hinkriegen als die üblichen Suffköppe.
Publikum rastet jedenfalls ganz gut aus. Zumindest sieht dat hier nicht so aus, als wären die alle am Gähnen. Musik: Schön kompromisslos, uffta-uffta, gröl, schraddel. Zur Einstimmung gebt ihr euch bitte mal das ganze Songmaterial hier. Super Songs!
Riesenhit: "Dosenbier". Oder "Ausschlag". Oder "Heiland". "Blinde Wut". Und so weiter. Keine Ahnung was noch so alles gespielt wurde, ging jedenfalls schön in die Vollen. Alles ziemlich kurzweilig, die Protagonisten schabernacken auch noch ein wenig mit sich und dem Publikum, sind alle ziemlich angetan hier. Zu Recht.
Paar Worte zur Örtlichkeit: Toller Laden. Ich war ja mittlerweile echt lange nicht mehr hier, Köln ist halt nicht grad um die Ecke, aber lohnt immer. Mittlerweile noch mehr als früher: Es gibt nämlich alkoholfreies Bier! Und es gibt Lichtschalter, die so angebracht sind, dass die Zuschauer dann und wann mal ausversehen dagegen kommen. Gibt mir immerhin die Chance, auch mal ohne Blitzlicht ein einigermaßen okayes Foto hinzukriegen. Naja, mit Blitz wärs auch gegangen. Kannst das Licht wieder ausmachen.
Am Ende noch ne geile Ansage: "Jetzt kommen noch drei Songs. Gegen Bullen, gegen Deutschland und gegen Punk". Huiuiui, großartig. Als die gespielt sind, fordert das Publikum mehr, irgendwer wünscht sich ne Ballade, und so agiert der Gitarrist einfach mal alleine und spielt den Soundtrack zum Becken-Abbau, während der Schlagzeuger ebendies tut, sich zwischendurch aber immer mal das Mikro schnappt um seinen Beitrag raus zu schreien. Geil geil geil!
Umbau vorbei und Zeit für die letzte Band des Abends, die Lokalhelden von MÜLHEIM ASOZIAL. Wobei, naja, lokal natürlich nicht, schließlich sind wir hier in Ehrenfeld und nicht in Mülheim. Aber is ja beides asozial, von daher geht das klar. Bei der Band bricht der Laden dann tatsächlich aus seinen Nähten, kaum ein Durchkommen im Pogomob, amtliches Geschubse, und überall brüllense fleißig die Texte mit, ganz große Pöbel-Punk-Sause! Kann mich nicht entsinnen, wann ich zuletzt, mal abgesehen von Knochenfabrik-Konzerten, so ne aufgedrehte Pogomasse bei nem Deutschpunkkonzert erlebt hab. Fantastisch!
Okay, um anständige Fotos hinzukriegen, is das eher suboptimal, aber ich bin ja schließlich nicht hier um Fotos zu machen oder nen Konzertbericht zu schreiben, das ist eher so ne Begleiterscheinung, primär will ich heute tatsächlich Mülheim Asozial live sehen. Das letzte und bis heute erste Mal ist auch schon wieder drei Jahre her, damals kannte ich die Band nicht und hab nur ein paar Lieder mitbekommen, mittlerweile gibts ja nen kleinen Hype um die Band, wenn man das so nennen darf - aber der ist gerechtfertigt.
Die Lieder handeln ganz gerne davon, dass die Band, die wir hier gerade live sehen, Mülheim Asozial heißt. Ansonsten können die Texte aber auch einiges. "Bier gegen Bullen und Deutschland" bringt ja wohl so ziemlich alles auf den Punkt was gesagt werden muss. Oder "Bullen pisse", da heißt es im Text so schön: "Das ist ein bisschen stumpf und auch ziemlich vulgär, doch das mögt ihr ja an uns und deshalb seid ihr hier", was auch mal wieder so einiges auf den Punkt bringt.
Also, von Lyrik-Faktor her: Großes Tennis. Musik auch. Vordergründig tatsächlich stumpfer Deutschpunk, aber durch mehrstimmigen Gesang und hier und da mal witzigen unerwarteten Sprenklern an sonstigen Einflüssen wird das einfach nicht langweilig. Findet auch der Kremer, der kriegt ja fast glänzende Augen als "Breaking The Law" zu "Pommes rot weiß" verwurstet wird.
Achja: Reinhören und Runterladen könnt ihr hier. Mein Ohrwurm des Tages: der Hiphop-Track "Sound der Straße", auch wenn es etwas dauert bis das Playback vom MP3-Player läuft - aber dann, geil. KIZ sind ja schon die Deutschpunker des Hiphop, aber Mülheim Asozial definitiv die Hiphopper des Deutschpunk. "Ich stapel tote whack MC's in meiner Garage, das ist Mülheim Asozial - der Sound der Straße", riesig ey! Da sind wir alle down mit. Auch als das Playback längst aus ist und die DeutschpunkRäpper einfach mal ohne Beats weiter rappen müssen. "Ich sag 'ihr seid', ihr sagt 'scheiße'"!
Ich bin hellauf begeistert von dieser Band! Das beste, was Deutschpunk seit Langem passiert ist. Jawoll. Alles geil. Auftritt, mal wieder, kurz, gute halbe Stunde, und weil Zugaben Rockstarscheiße sind gibt's auch keine. Richtig so! Was mich, mit Blick auf die Uhr, in die Situation versetzt, dass wir ja grad erst halb 12 haben und ich mich, wenn ich mich beeile, noch ne Bahn kriegen könnte - nicht nach Hause sondern zum nächsten Konzert, Christmas spielen aufm Bauwagenplatz. Na dann, hin! Uli und Frusti wollten eigentlich noch mit, sorry, hab euch nicht mehr gesehen und die Bahn fuhr ja...weiterlesen hier!