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Fünf Jahre Rotten Sprotten: Die Bullen, Bullenschweiß, Mülheim Asozial, 07.12.2013 in Kiel, Alte Meierei - Bericht von Gerd & Thrun

Fünf Jahre Rotten Sprotten, 07.12.2013 in Kiel

Gerd: Joa, der Mensch von heute ist ja gerade in Kiel und heute Abend ist mal wieder große Sause bei Meiers. Die Rotten Sprotten werden fünf Jahre alt. Was die außer Konzerten so machen, kann ja jemand anders erklären. Bidde.
Thrun: Mh, hauptsächlich machen die Konzerte. Punk, ma sagen. Und auch mal son Geknüppel wie Eiltank. Und ach haste nicht gesehen, aber wenn da Rotten Sprotten draufsteht, dann ist das eigentlich immer 'n Garant für 'nen gemütlichen Abend inner Meierei mit viel Laut, viel Schnell und vor allem viel Gut. Wie gut das alles ist, sieht man auch schön aufm "Äxte, Buschmesser, Alles"-Sampler, der nicht nur den guten Geschmack dieser hevorragenden DIY-Konzertgruppe widerspiegelt, sondern auch mal so nebenbei zeigt, dass in Kiel doch die eine oder andere annehmbare Band unterwegs ist. Ein Geben und ein Nehmen, am Ende gewinnt der Endverbraucher. Wie bei den Banken. Und weil die Banken immer fleißig ihre Boni ausschütten, wenn es was zu feiern gibt, schütten die Rotten Sprotten zum fünfjährigen Bestehen einen buten Reigen an illustren Bands über uns aus. Mülheim Asozial, die Die Bullen und Bullenschweiß. Ein Lineup, bei dem auch fast meine Eltern angereist wären!
Gerd: Als wir nachmittags vor dieser Tür stehen (ist leider kein Getränkeautomat!) wurde auch klar, was wir uns Abends in die Figur schütten. Naja, eigentlich auch vorher schon.
Thrun: "Hihi, Brodersen. Hihi, lass ma ein Foto von dem Schild machen, wie witzig! Hihi, schnell, bevor die Leute hinter uns das mitbekommen!" "Dürfen wir jetzt vielleicht mal ins Haus?" "Hihi, die Leute haben es mitbekommen und es war Familie Brodersen!". Joa, im Nachinein so unangenehm, wie damit zu prahlen, wieviel man gesoffen hat.
Gerd: Brodersen, das Getränk der Stunde, jetzt auch zum Mitnehmen! Einfach eine beliebige Menge Alster aus der Dose raustrinken und mit Gin auffüllen. Die ganze Feinschmecker-Etage war begeistert.
Thrun: Nennt sich dann so zubereitet Dosersen. Oder Wegdosersen, wenn man das auf dem Weg trinkt. Funktioniert wie beim Wegbier. Nervig ist nur das Schütteln, damit sich der Gin fein im Alster verteilen kann. Eine Kunst, die nur die Kenner ihres Fachs beherrschen. Kann man auch nicht lernen. Entweder, man wird damit geboren, oder eben nicht.
Gerd: Unwesentlich später, also um ca. viertel nach zehn, fangen dann auch Mülheim Asozial an, die im Moment in der Szene ja auch einen gewissen Status genießen, andere Leute würde vielleicht das Wort Hype in den Mund nehmen, man spricht von ausverkauften Shows.
Gerd: Mein Verhältnis zu der Band ist eher gespalten, wie dem aufmerksamen Leser von Bierschinken nicht entgangen ist. Am Aussehen der vier Recken lässt sich ja schon erahnen, dass die das, was die machen, wohl eher nicht so ernst meinen, aber ob ernst gemeint oder nicht, streckenweise finde ich das einfach nur blöd und kein Stück lustig.
Gerd: Was auf die flotteren Stumpfpunk-Nummern eher nicht so zutrifft. "Breaking The Law" von Judas Priest mit dem Text "Pommes Rot Weiß" zu covern, finde ich lustig. Irgendwelche Begriffe aufzuzählen und wahlweise mit den Prädikaten "geil" oder "scheiße" auszustatten ist mir dann aber doch etwas zu wenig. Auch in der heute dargebotenen Punkrock-Version.
Thrun: Joa, ich bin da eher pragmatisch. Wer Priest "covert", kann danach eh machen, was er will. Macht es auch für mich einfacher, dann muss ich nicht so krampfhaft versuchen, meinen Blick nicht über den Tellerrand schweifen zu lassen.
Gerd: Aber Songs wie "Ey, die Hunde" oder "Bier gegen Bullen und Deutschland" zaubern mir dann doch wieder ein Lächeln auf die Lippen oder ein Zucken in den Fuß. Wer gerne Zähne hat, sollte vom Biertrinken absehen, denn inzwischen wird auch ganz gut gepogt (Zusammenhang Bier/Zähne geklaut von P. Wolter, siehe Dremufuestias.de, aber ich konnte es einfach nicht schöner sagen).
Thrun: Bei diesen Satirebands hat man ja im Publikum immer die drei unterschiedlichen Bereiche. Vorne die Leute, die das gnadenlos abfeiern, die feine Ironie nicht verstehen und bald Abi machen. Dahinter, Bereich 2, die Intellektuellenriege (zu denen sich natürlich auch die Schreiberlinge zählen), zwischen 25 und 35, Akademiker, mit kritischer Haltung der Band gegenüber und immer ein Lästern über Bereich 1 auf den Lippen. Bereich 3: Alte Leute, Meckeroppas, "Die alten Sachen fand ich besser!", "Wann spielen endlich *hier­neu­zusammen­gesetzte­80er­deutschpunk­band­einsetzen*?", usw. Finden das alles eher kacke und haben keinen Bezug zur Band. Diese heilige Dreifaltigkeit war auch heute wieder schön zu sehen.
Thrun: Quintessenz? Spaß pur, witzige, fast schon freche Texte, und immer dieses kleine ironische Lächeln im Gesicht! Ne, ma im Ernst, das war wirklich unglaublich unterhaltsam, Refrain kann man im Prinzip beim ersten Mal direkt mitsingen, schönes Deutschpunkgebolze, obwohl viel zu wenig popperkloppersches Uffta-Uffta-Schlagzeuggeknüppel eingesetzt wurde.
Gerd: Immerhin wurden die Spandex-Hosen nicht nur zum Spaß angezogen. Gymnastik mit Mülheim Asozial, übrigens aus Köln-Mülheim ohne H und nicht aus Mülheim an der Ruhr ohne H!
Gerd: Als gegen Ende dann auch der Drummer nochmal vom Hocker aufstehen darf (soll man ja auch bei längerer Büroarbeit alle paar Stunden mal machen), wird auf einen Beat vom Band gerappt. Ich höre eigentlich ganz gerne Hiphop, aber das hier ist weder lustig noch gekonnt vorgetragen, sondern einfach Müll. Jaja, mir entgeht die feinsinnige Ironie, ach komm hör uff.
Thrun: Ich fand das klasse. Ganz ohne feinsinnige Ironie.
Gerd: Irgendwann ist Ende. Fazit: Kann man machen, muss man aber nicht! Die Band muss noch weiter nach Laboe (Zwischenruf natürlich: "IS FÄLLICH") und haut deshalb zeitig ab. Haben deswegen wahrscheinlich auch als erstes gespielt (das Wort "früh" wollte ich hier mal nicht benutzen).
Gerd: Eine der tollen Attraktionen war das Punkrock-Fotoshooting von JanML und dem EXTRA AUS BONN MIT DEM ZUG ANGEREISTEN, oft kopierten, nie erreichten MARC GÄRTNER (wer?) der wohl auch schon mal beim FEST war und da sowas ähnliches gemacht oder gesehen hat. Ergebnis siehe Bild.
Thrun: Gab auch so feine Utensilien wie Masken und Patronengürtel. Juxraketen und Spaßknaller, wohin das Auge blickt. Und wat 'ne süße Truppe da!
Gerd: Auch geballte Kompetenz in Chemie.
Gerd: Dann das heimliche Highlight des Abends. Die Bullen sind da! Glaubt ja kein Mensch, dass sich da eine Horde Punker und ähnliches Gesocks mal drüber freut, aber die neue Supergroup aus Kiel (das Namedropping kann Thrun gleich machen) steht auf der Bühne. Gerüchten zufolge konnten sich aber auch nicht alle mit den sehr authentischen Outfits anfreunden.
Thrun: Ne, mach ich nicht, sollen die Leute mal selbsttätig nachforschen. Nicht immer nur konsumieren, kritisch mit Medien umgehen! Ansonsten heißt das später doch wieder "Joa, im Internet stand, dass das 'ne Superband von den Pages, Sprottenrock und Erik Cohen ist." und dann stimmt das vielleicht gar nicht. Oder doch?
Gerd: Vielleicht waren es aber auch Hannes' Sprüche dazu, die (nicht nur) zu Zucht und Ordnung aufriefen.
Thrun: Noch so 'ne Satireband. Heieiei, da kann man dann immer so lustig schreiben, was die für lustige Texte haben und wie lustig das alles ist und hahaha und wat heb wi lacht und haste nicht gesehen und Eisenpimmel, die sind ja auch so lustig und Satire und am besten übernimmt man dann auch direkt das Vokabular der Band, und schreibt was von Zucht und Ordnung und so.
Gerd: Jaja Thrun, red du mal.
Thrun: Aber schon irgendwie erschreckend, wieviele unterschiedliche, im Zusammenhang mit der Polizei oder dem alltäglichen Spießbürgertum negativ auffallende Themen die Band zurecht anspricht. Und erschreckend, wie Hannes das optisch auch noch umsetzen kann.
Thrun: Und solange das nicht in "Ja, hier, Bullen, die sind kacke, weil ACAB!" abdriftet... Aber darüber muss man sich bei der Bandzusammenstellung ja keine Sorgen machen. Die wissen, was sie tun! Die Bullen kommen, die Bullen kommen, hier kommen die Bullen. Boah!
Thrun: Die Bullen könnten ihre Texte auch an die Bild oder PI News als Überschriften verkaufen, würde kein Mensch bemerken.
Gerd: An Gitarre und wahlweise auch am Keyboard: Dr. Joyboy Love, bekannt aus Film und Fernsehen. Lässt sich durch nichts aus seiner stoischen Beamtenruhe bringen.
Thrun: Und wenn du denkst "Naja, klingt alles so wie die anderen Bands der beteiligten Musiker", kommt aus dem Nichts son Knaller wie "Robocop", schön mit Keyboard und affigen Robotertänzen. Grandios.
Gerd: Hannes, der lange Mann des Gesetzes. Oder wie das heißt.
Gerd: Wenn ich doch jetzt bloß noch die Songtitel und -inhalte zusammenkriegen würde. Es geht natürlich hauptsächlich um die Polizeiarbeit als solche. Ein Lied handelte aber auch vom Feierabend (als solchem).
Gerd: If the cops are united, they will never be divided. Haha.
Gerd: Anlässlich des Geburtstages der Rotten Sprotten-Crew gibt es auch Freibier. In Dosen. Die leeren fliegen dann gelegentlich gegen die Uniformierten.
Gerd: Tja, wie Alarmstufe Gerd schon sangen: Bullen sind cool, Bullen sind cool. Klasse Auftritt, gebt euch das mal, wenn die Staatsmacht in eurer Stadt einfällt! Oder die mal was Konserviertes auf den Markt werfen, da warte ich ja jetzt echt n bisschen drauf.
Gerd: Dritte und letzte Band des Abends waren dann Bullenschweiß aus Mannheim. Ich werde hier nicht aufzählen, welche weiteren Bands noch "Bullen" im Namen haben und supergut ins Lineup gepasst hätten. Werde ich NICHT.
Thrun: Doch, mach ma!
Gerd: Bullenschweiß machen einfach nur Deutschpunkcover und sind glaube ich die erste Coverband, die ich auf ner Bühne sehe. Oder? Wenn sowas wie Eläkeläiset nicht zählt.
Thrun: Me First And The Gimme Gimmes? Slime? WIZO? Headliner vom Ruhrpottrodeo im Allgemeinen?
Gerd: Drummerfoto, muss ja sein. Es geht geschwindigkeitstechnisch oft etwas fixer zu als bei den Vorbildern. Ein paar Sachen erkenne ich, für ein paar Sachen habe ich auch in den 80ern zu wenig Punk gehört und das auch nie nachgeholt.
Thrun: In den 80ern hab ich vor allem die Tapes meiner Eltern gehört, heutzutage alles wieder total cool und angesagt, damals wurd ich dafür in der Schule gehänselt. Und auch dafür, weil mein Nachname dazu einlädt.
Gerd: In Erinnerung geblieben sind meiner heiseren Kehle "Opa" von der Terrorgruppe und zu meiner großen Freude "Wir sind die Zukunft" von Kommando Vollsaufen. Knaller! Zum Glück gibt es Pogoradio!
Thrun: Ach, kannste alles gar nicht aufzählen. Razzia und VKJ und Slime und Popperklopper und, was ich ja von den Krauses seit JAHREN fordere, Knofas Filmriss. Das wichtigste Lied auf dem Planeten. Ende der eh nicht vorhandenen Diskussion.
Gerd: Durch Brodersen oder Freibier sind die meisten Gäste inzwischen auch ziemlich (was reimt sich auf Thrun?) duhn und feiern das Treiben auf der Bühne bedingungslos ab. Jeder fühlt sich irgendwie irgendwo an seine Jugend erinnert.
Thrun: Auch die alten Säcke aus Bereich 3. Schön, das es auch noch für sie Freude im Leben gibt.
Thrun: Sogar WTZ mit diesem unfassbar peinlichen Deutschpunkrevolte, da gehen selbst Silvester über der Förde weniger Knaller und Raketen in die Luft, als hier auf der Bühne gezündet werden. Hätt ich meinem Ich vor 15 Jahren erzählt, was ich da heute alles hören würde... Kann sich kein Mensch ausdenken, was dann passiert wäre, aber bietet reichlich Platz für Spekulationen.
Thrun: Bullenschweiß-Songs von 2011 kann man sich sogar noch bei Myspace anhören. MYSPACE! Werden die automatisch von irgendwelchen Bots hochgeladen, oder hat die Band die da aktiv selbst eingefügt?
Gerd: Zum Schluss wird dann noch die Tombola fortgeführt, dieses mal mit Thrun als Losfee und Hannes als Moderator. Ich bin am nächsten Morgen in einem ärmellosen Shirt der Band "Aus-Rotten" aufgewacht und glaube, dass es irgendwie damit zu tun hat.
Thrun: Da wir so cool viel getrunken haben, setzt hier so langsam die Erinnerung aus. Dennoch fühl ich mich so, als könnte ich Barbara Reichenbacher nach der Sportschau sofort ersetzen, wenn Not am Mann ist. Musste es erst ein Abend bei Meiers sein, um zu merken, dass ich zu Höherem berufen bin?
Gerd: Hier einer der glücklichen Gewinner.
Thrun: Der ist aber immer glücklich, auch wenn er nichts gewinnt. Irgendwie auch ekelhaft, so oft glücklich zu sein.
Gerd: Hier einer, der nichts gewonnen hat. Nicht mal Haare.
Thrun: Haare? Krishna her wieder! Jungejunge, der Witz war schon nicht von Pappe! Zudem gab es neben Dosenbier auch noch Esspapier. Und unglaublich leckere Burger. Und so viel gute Stimmung. Fand eigentlich irgendwer den Abend scheiße? Abgesehen von denen, die Die Bullen kacke fanden, "weil's Bullen sind!"? Ne, oder? Alles richtig gemacht, liebe Rotten Sprotten. Und meine Uhr hab ich auch wiedergefunden. Na dann...
Gerd: Am nächsten morgen wache ich panisch auf, bevor mein Wecker klingelt, lese bei Facebook, dass ich nachts wohl noch eine Begegnung mit meinem Mageninhalt hatte, packe hastig meinen Krempel zusammen und latsche zum Bus zum Bus, letzterer bringt mich in einer ätzenden, sechs Stunden andauernden Fahrt dann nach Berlin. Toller Abend, weniger toller nächster Morgen.
Gerd: Während Thrun dann in Kiel seinen Rausch beim Brunchen ausschläft (oder so ähnlich), werde ich in den Abendstunden genötigt, Wein aus Tetrapaks zu trinken. Der alten Zeiten wegen. Herrjemine. Vollkommen übernächtigt und leicht leberzirrhös erreiche ich am Montag um 23 Uhr wieder die derzeitige Heimat. Was für ne Tort(o)ur! Bis zum nächsten Mal,

euer Gerd

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Nils

12.12.2013 21:42
Ein sehr guter Bericht. Danke dafür!

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