Willy Foicht und die vierzig Rabauken, Auszenseiter, Poweryoga, 04.04.2014 in Schwerte, Rattenloch - Bericht von Keule
Willy Foicht und die vierzig Rabauken, 04.04.2014 in Schwerte
Als wir ankommen, wachsen uns quasi automatisch Schlabber-Iros und wir stolpern ständig, weil wir zu faul sind die Schnürsenkel unserer Springerstiefel zu binden. Bauarbeiter-Bernd rutscht direkt aus und verbringt den restlichen Abend in einer Schlammpfütze. Wir anderen werden begrüßt von einem gepiercten Schulabbrecher mit Mundgeruch. Gemeinsam köpfen wir 3-4 Flaschen Rotwein, anschließend hab ich ernste Ausfallerscheinungen, aber von der Treppe runter in den Laden fällt man weich, da überall besoffenes Pack rum liegt.
Die erste Band, "Empty on the inside", haben wir glücklicherweise verpasst. So geht das meinem Bier auch immer. Alles Flasche leer. Ich zaubere das extra angesetzte (eigentlich für morgen, aber macht ja nichts) "Rattengift" hervor. Das habe ich so genannt, weil Ratte damals davon kotzen musste. Ne Mischung aus sämtlichen Schnapsresten aus unserem WG-Regal plus nem Schuss Sahne. Schnell Brüderschaft trinken mit den anwesenden Punkern.
Es spielen nun "Auszenseiter". Kann mich nicht mehr wirklich erinnern was für Musik das war, aber ich glaube Doitschpunk. Zumindest find ich's ganz geil und schubse vor Begeisterung ein paar der Anwesenden gegen die Wand oder schmeiße meine Bierflasche (die on the inside ziemlich empty ist) Richtung Bühne, sie trifft aber leider nur irgendnen Besoffenen, den ich zuvor gegen die Wand geschubst habe und der nun ziemlich verrenkt auf den Treppenstufen liegt und die ganze Zeit "Schnaps" brüllt.
Der Sänger von "Auszenseiter" ist stramm wie Sau! Oder er verträgt einfach nichts. Jedenfalls will er nichts von meinem "Rattengift" und stiert stattdessen ausdruckslos seine Mitmusikanten an. Der ist so besoffen, der schafft es noch nicht einmal auf die Bühne zu klettern! Taumelt nur da unten vorm Bühnenrand rum. Dabei versucht er ständig, die Zuschauer anzurempeln, tritt aber immer ins Leere.
Ich versuch später noch, den Gitarristen zu streicheln und ihm ne CD abzuluchsen, und ein neues Shirt könnte ich auch gebrauchen wegen den Sabberflecken auf dem alten, aber er sieht das nicht ein und will tatsächlich Geld dafür haben. Diese Kommerzschweine! Ich will ihm auf die Nase hauen, aber dann penn ich auf dem Sofa ein.
Als ich wach werde, spielt bereits die nächste Band. Verdammt! "Willy Foicht und die vierzig Rabauken", die sind super, ich glaub ich kenne die von irgendnem Schlachtrufe-Sampler, waren auch kürzlich mit Berliner Weisse und Gumbles auf Ostdeutschlandtour, wenn ich mich richtig erinner. Ich finde ne Pulle Korn hinterm Sofa, schmeiße stattdessen mein Shirt dahin und laufe zur Bühne.
Erstmal Revier markieren, alle Anwesenden umschubsen oder zumindest auf den Rücken hauen, und wer noch stehen kann wird halt innig umarmt. Einer von den Typen entpuppt sich als Willy Foicht höchstpersönlich, schon wieder einer der den Weg auf die Bühne nicht schafft. Ich spucke ihm ne Ladung Korn mitten ins Gesicht zur Begrüßung.
Willy Foicht und die vierzig Rabauken machen ja eigentlich so Oi-Punk, oder Street-Punk, oder was auch immer, aber der Auftritt selbst war ganz große Scheiße. Das ist ja schon nicht mehr mit Betrunkenheit zu erklären, eher mit ner Mischung aus LSD und Valium, boah ey, was ne Rotze, da will ich mal anständig pogen und dann machen die da son Pink-Floyd-Scheiß.
Der Drummer ist cool, er hat wenigstens den Bart nicht nur angeklebt. Freundlich umarme ich ihn, da beschwert der Sack sich auch noch! Oh, ich würde ihn beim Spielen stören, oh, heul doch ey! Das hätte Willy Foicht früher, damals Mitte der Neunziger mit ihren Debütalbum "der Vambier von Saufenstein", überhaupt nicht gestört, hat zumindest Kalle erzählt, der hat die damals rumgefahren, aber heute kennen sie ihn auch nicht mehr.
Der Sänger ey. Ich dachte ja immer das wär son Tier, aber dann steht da son Schmalhans von Muttisohn, guckt die ganze Zeit blöde in die Ecke und kann das Mikrofon nicht richtig halten, brüllt ständig dran vorbei und trifft dabei keinen einzigen Ton. Kein Wunder dass der Typ da hinter ihm schon derbe am Auslachen ist und der andere muss kotzen, oder gähnen, oder irgendwie sowas.
Ekelhaft lahme Rockmusik mit so Passagen, wo die wohl zeigen wollen dass sie auch als Berufsmusiker was taugen, ganz furchtbar, noch schlimmer als der ganze Scheiß der so im Radio gespielt wird. Kein Wunder dass das im Publikum keiner geil findet. Okay, ein paar Fans haben sie, aber die schubsen sich noch nicht mal. Wie kann man denn Musik hören ohne sich dabei anständig zu schubsen?
Nee ey, Willy Foicht hat echt seinen Zenith überschritten, man sollte es halt einfach mal checken wenn die eigene Musik keinen mehr hinterm Ofen hervor lockt. Entrüstet schubse ich ein paar Leute gegen die Wand und werfe meine Bierflasche auf die Bühne. Und die 4-5 Fans wollen tatsächlich ne Zugabe! "Adolf! Adolf!" brüllen sie, scheint sowas wie der Hit der Band zu sein, ja, ein Hit wär jetzt schön, aber nichtmal das gibt's. Das war ja mal ganz arm, Willy Foicht!
Ich beschließe, mich ab sofort nur noch zulaufen zu lassen. Der Gitarrist von Willy Foicht trinkt so ein lustiges braunes Bier, das klau ich ihm und versuche, die Flasche dem Sänger auf den Kopp zu hauen, aber ich rutsche aus und treffe stattdessen den Gitarristen der folgenden Band, weswegen die ohne ihn auftreten müssen. Was mir aber jetzt auch egal ist. Ich zieh mein Shirt wieder an und geh wieder zu meinen Rotwein-Kumpels.
Bisschen angeschäkert wieder zurück zur Bühne. "Poweryoga" heißt die Band, find ich sympathisch, hab ja früher auch Kampfsport gemacht, bis mir das zu anstrengend wurde da jede Woche hinzugehen, zwei Wochen hab ich durchgehalten. Poweryoga spielen ohne Gitarrist und ohne Sänger, auch witzig, aber die anderen beiden sind auch nicht grad fit. Bauen die ihre Instrumente tatsächlich VOR der Bühne auf. Wie blöd kann man sein? Hat denen keiner gezeigt wo sie hinmüssen? Oder sind die auch schon zu betrunken, um da rauf zu klettern?
Und dann beschweren sie sich noch, dass die Leute, die tanzen wollen, dies auf der Tanzfläche tun. Und dann noch mit so blöden Sprüchen wie "das hat alles Geld gekostet, tretet da nicht drauf!" Auch so Kommerzschweine! Alles was mit Geld zu tun hat gehört vernichtet!
Ich trink lieber noch ein paar Schlücke Korn und schubse ein paar Leute ins Schlagzeug. Die Musik ist irgendwie witzig, ganz viel Krach und den Sänger haben sie irgendwie per Playback dazu geschaltet, aber der redet mehr als zu singen. Die anderen beiden schreien sich die ganze Zeit an, ich glaub die Bandchemie ist nicht soo geil. Ich reiche ihnen zur Verbrüderung den letzten Schluck "Rattengift", aber sie gucken nur verwirrt.
Danach schubst mich son Typ weg, der neben der Bühne steht. Ich hau ihm in die Fresse und will ihm grad so richtig die Nase blutig kloppen, aber irgendwer hält mich zurück, und der Typ ist schon so richtig am Heulen, also umarme ich ihn und wir schunkeln ein wenig. Dann tritt er mir auf die Füße und ich boxe ihm volle Möhre mitten in den Wanst.
Meine Getränke sind alle, ich greife wahllos nach Flaschen die hier so rumstehen und kippe mir den Inhalt rein. Eins davon ist gar keine Flasche sondern so ne komische Lichtstrahl-Lampe ausm Kinderzimmer, find ich witzig, ich will damit rumspielen, aber dann geht das Ding aus und ich beleidige stattdessen ein wenig die Band. Hamse verdient, für diese komischen Computerpiepstöne. Nur weil der Gitarrist keinen Bock mehr hat müssen die schon lange nicht rum experimentieren!
Irgendwann hab ich keinen Bock mehr, und keinen Schnaps sowieso, und kletter am Geländer-Gitter nach oben, wo ich prima dem Drummer auf den Kopf spucken kann. Ich versuche noch, meine Springerstiefel auf die Bassistin zu werfen, aber irgendwie verhaken die Schnürsenkel am Gitter und jetzt hab ich ne aufgeplatzte Lippe, wodurch ich noch viel mehr spucken muss, die ganze Suppe läuft auf den Drummer, selbst schuld wenn der mich nicht mit seinem Schlagzeug kuscheln lässt!
Am Gitter finde ich noch ein Kaugummi, is sogar noch gut, und in der Ecke steht ne halbe Pulle Bier, schmeckt zwar schal aber ich bin ja nicht wählerisch, kipp ich mir rein. Poweryoga find ich super, astreiner Doitschpunk, aber sie spielen keine Zugabe, obwohl ich laut "Adolf" rufe, danach fall ich um, mitten auf Dr. Riviera drauf, der hier seinen Rausch ausschläft, mit ganz glasigen Augen aufwacht und direkt sagt "Ey, ich fahr jetzt!", okay, komm ich mit. War ein toller Abend. Immer wieder gut, sich politisch zu engagieren.