Herrenmagazin, Schrottgrenze, Junges Glueck, Findus, Ludger, Guido Molzberger, 15.05.2014 in Hamburg, Uebel & Gefährlich - Bericht von Fö
Herrenmagazin, 15.05.2014 in Hamburg
Mein Misstrauen wird in Zukunft noch größer: es sagen alle wieder ab. Nunja, die überzählige Karte werde ich netterweise recht fix los, Anreise läuft auch ganz unproblematisch mit einem bekannten Murschbicher Bluesmusiker, also alles geil. Wobei, sagte ich unproblematisch? Egal, es waren schöne Stunden im Stau...
Ankunft dementsprechend: Kurz vor knapp. Aber immerhin vor! Das Konzept des heutigen "besonderen" Abends sieht vor, dass jede Band 20 Minuten spielt, und Herrenmagazin sich direkt mehrere Slots schnappen. Zum Beispiel den ersten.
Ich bin aber irgendwie noch etwas im "Ankomm-Modus" und werde noch nicht wirklich warm mit dem Auftritt. Vielleicht isses auch nur diese spießige "is ja nur die Vorband"-Denkweise, die zum heutigen Konzertabend zwar etwas unpassend ist, aber ihr wisst ja wie das ist mit der Routine.
Egal. Wir haben ja heute einen Nostalgie-Abend. Also treffe ich auch diverse Leute, die ich seit 10 Jahren oder auch seit über 10 Jahren kenne, teilweise aber sogar seit 10 Jahren nicht gesehen habe. Da wird einem doch warm ums Herz! Die junggebliebene Altherrenband Herrenmagazin spielt den Soundtrack dazu.
Bisschen mehr Nostalgie : Erstmalig live gesehen habe ich Herrenmagazin vor 8 Jahren im Bakuda Dortmund. Fan war ich da bereits, schnorrte mich aber über Gästeliste rein, was mir später unangenehm war, als ich merkte, dass beim Konzert eh nur 10 Gäste waren. Und ich glaube, sogar Deniz' Tante hatte Eintritt gezahlt. Seitdem versuche ich immer, Deniz heimlich ein paar Groschen in die Jackentasche zu stecken, wenn wir uns sehen.
Nunja. 20 Minuten Herrenmagazin vorbei, zum Aufwärmen okay. Kurzer Umbau und weiter mit den ersten Gratulanten: JANKA! Hatte ich nie was mit am Hut. Mein einziger Berührungspunkt ist ne Split von Herrenmagazin, Janka, Schrottgrenze und junges glueck (verdammt, die hätte ich heute gewinnbringend veräußern können).
Janka machen Hamburger Schule, waren laut Anmoderation ein großer Einfluss für Herrenmagazin und insbesondere Rasmus, weißichnich, kannichnichsagen, mussauchnicht. Die Musik, hm, ist mir zu viel Indie, geht auch etwas an mir vorbei. Die Band wurde übrigens extra für heute wieder in den Proberaum gejagt, eigentlich sind sie seit, wenn ich das richtig in Erinnerung habe, 7 Jahren nicht mehr aktiv.
Er da links ist der Moderator des heutigen Abends. Ein Fuchs vor dem Herren, er bringt ein wenig Glamour in die Veranstaltung, indem er fleißig säuft. Guter Mann, glaube ich. Damit die Moderation nicht so stockend verläuft, holt er sich gelegentlich Sidekicks - wie hier Deniz, der erzählt, wie er mit Schaschliksauce auf der Dickies damals dachte, der besoffene Kompagnon von Rasmus solle der Herrenmagazin-Sänger werden.
Nächste Band: Die Großbuchstaben-Verächter von JUNGES GLUECK. Auch so ne Band, die seit 7 Jahren nicht mehr gespielt hat. Der Sänger zittert und schwitzt, wie er erzählt. Das bisher einzige Mal gesehen habe ich die Band übrigens (Nostalgiemodus an) vor 7 Jahren im alten FZW. Meinem damaligen Konzertbericht wurde vorgeworfen, sexistisch, ablästernd, assig und was weiß ich zu sein. Nunja, früher war ich halt weniger seriös unterwegs. Aber ich hab mir den Bericht nochmal durchgelesen und stehe weiterhin zu jedem einzelnen Wort, das ich dort geschrieben habe. So.
Beim heutigen Konzert jedoch muss ich attestieren: junges glueck sind (oder waren) echt ne gute Band. Verglichen mit dem, was sich heutzutage so im deutschsprachigen Indie-Sumpf tummelt, ist das, was die damals gemacht haben, echt mal deutlich mehr auf dem Punkt, es ist harmonischer, weniger glattpoliert, es ist schlicht und ergreifend echt irgendwie einfach gut. Das überrascht mich jetzt selber etwas.
Sie spielen ein paar Lieder die ich noch kenne (vermutlich vom ersten Album) und ein paar andere (dann also vom zweiten), und damit die komplette Schaffensperiode abgedeckt wird, mit zwei Bassisten. Yeah. Rampensau Deniz darf dann bei einem Song mitsingen. Es war einer von denen, die ich noch kenne.
In der anschließenden Umbaupause interviewt der Fuchs den Rasmus. Rasmus ist ein eloquenter Gesprächspartner und gibt präzise wie trockene Antworten. Und: Erster Interviewpartner, der lässig mit Bier in der Hand antwortet. Muss man ja mal positiv hervorheben.
Dann wieder ein HERRENMAGAZIN-Slot! Fängt an mit Deniz alleine. Er spielt "Wind", dieser Song, den ich jahrelang nicht kannte, weil er auf der "Atzelgift" nur als Bonus drauf war, und ich nur son Promo-Exemplar hatte ohne Bonus. Warum ich das erzähle? Hat ja irgendwas mit der Vergangenheit zu tun. Ist ja Nostalgieabend heute.
Danach, man erkennt es an den hochgerichteten Smartphonedisplays, ein Stargast. Sebastian Madsen. Madsen haben Herrenmagazin wohl mal den Arsch gerettet, bei was auch immer. Vielleicht weil Sebastian immer ne frische Rolle Klopapier dabei hat? Oder war sie gar nicht frisch? Egal. Ich bin froh, dass Sebastian nicht singt.
Madsen sah ich übrigens erstmalig vor 9 Jahren, ebenfalls im Bakuda, damals fand ich sie noch gut. Anschließend war ich lange der Meinung, außer irgendwelche Festivalveranstalter würde die Band eh keiner für voll nehmen, werde aber heute eines Besseren belehrt. Es kreischen sogar Leute, weil Sebastian Gitarre spielt. Wahnsinn!
Nächster Gast: Philip aus der Herrenmagazin-Ursprungsbesetzung. Er hatte gestern Geburtstag und scheint immer noch angetüdelt, außerdem aber herrlich nervös auf der Bühne. Darauf noch ein Bier. Mittlerweile bin ich übrigens ziemlich angetan vom Abend und Herrenmagazin öffnen die Pforte zu meinem Herzen. So, reicht jetzt mit übertriebenem Pathos.
Vor 10 Jahren habe ich übrigens noch schlechtere Fotos gemacht, weswegen ich aus Nostalgiegründen auch heute darauf verzichte, mir allzu viel Mühe zu geben. Ebenfalls vor 10 Jahren kaufte ich mir übrigens meine erste Digitalkamera und Bierschinken schaffte den Sprung in die oberste Liga des Qualitätsjournalismus. Ein Meilenstein, kann man sagen.
Die Luftballons in den Fotos sind euch vielleicht trotzdem aufgefallen. Am Eingang wurden welche verteilt, später noch welche ins Publikum geworfen, und noch später, als schon längst die meisten wieder zerplatzt sind, wird uns gesagt, dass dort Nummern draufstanden für die Tombola, in der es Siebdrucke und den Originaltext von Lnbrg zu gewinnen gibt. Erstaunlicherweise sind alle gezogenen Nummernluftballons noch heile und freudenstrahlende Gewinner dürfen ihre Hobbys vorstellen.
Nächste Band wird angepriesen als "kommen wir von der Vergangenheit zur Gegenwart" oder so ähnlich, immerhin mussten sich FINDUS nicht extra für den heutigen Auftritt reunieren. Dabei weiß doch jeder, dass sie ihren Zenith überschritten haben, den sie am 14.06.2013 erreicht hatten. Erstmalig gesehen habe ich Findus vor 4 Jahren und war damals sauer, dass eine Band, die keiner kennt, im Vorprogramm von Against Me! spielen durfte.
Heute freue ich mich eigentlich auf den Auftritt, endlich mal ne Band die etwas mehr Gas gibt, denke ich so bei mir, habe aber einfach vergessen, dass ich das letzte Findus-Album langweilig fand und das davor auch schon eher mäßig. Aber das Set mit "Hamburg, du Mörder" zu beginnen und einer Herrenmagazin-Referenz zu beenden, spricht dann eindeutig wieder für die Band.
Ich erwähnte ja bereits: Der Fuchs ist dafür zuständig, das Niveau nicht zu sehr eskalieren zu lassen, und er lässt sich kreative Spiele einfallen, um das zu verhindern. Heutige Lektion: Dosenstechen! Das letzte Mal Dosenstechen bei mir ist vermutlich auch 10 Jahre her. Ach, Nostalgie, da isse wieder.
Der Gewinner des Dosenstechens lautet selbstverständlich Fuchs, wer hätte auch mit was anderem gerechnet! Ein Rülpser aus den tiefsten Schlünden der Hölle beendet den Wettbewerb, und wo der Fuchs schon so nen hochroten Kopf hat...
...kann er auch gleich anfangen zu schreien. LUDGER ist der Überraschungsact für heute, nachdem Fraukes Ende krankheitsbedingt absagen mussten. Wat soll ich sagen, ein mehr als würdiger Ersatz, beste Band des Abends, eins plus mit Sternchen.
Gleichzeitig auch das kürzeste Set des Abends: Gefühlt 2 Minuten, in denen 2-3 Songs untergebracht werden. Die Supergroup der Hamburger Schule macht 1A Schrammel-Garage-Deutschpunk mit ausgefeilter Lyrik über wichsen und pissen. Eine Wonne! Ich will jetzt Bierdosen saufen! Wie damals, vor 10 Jahren, als die Welt noch eine Scheibe und ich noch kein Abstinenzler war. Nostalgie ey!
Damals, vor 10 Jahren, war auch das Jahr, in dem ich vermutlich keine andere Band so oft sah wie SCHROTTGRENZE. War damals, in meinen Augen, neben der Terrorgruppe die geilste Liveband hierzulande. Dann schwand mein Interesse zusehendst und die letzten beiden Alben jagen mir auch heute noch nen Schauer über den Rücken. Und das nicht, weil sie so gut waren.
Ich freue mich über "Lila will heim" und "Reibung Baby". Alle anderen auch. Hätte eeeigentlich auf dem Niveau noch viel viel weitergehen können.
Achja, natürlich freuen wir uns auch über den Pohn. Er wurde mal (Nostalgiemodus an) massivst von mir beschimpft, weil er in dem Auto lag, in dem ich pennen wollte. Der Hund.
Weiter im Text. Was sonst so gespielt wurde, waren Lieder, die ich unter "mal gehört" abgespeichert habe. Aber gut. Für die Auswahl der Songs ist ja der Künstler verantwortlich, wenn sie den alten Scheiß nicht spielen wollen, kann ich das natürlich nachvollziehen. Ich hatte halt trotzdem Hoffnung, ich Naivling.
Ich bin froh, wegen Herrenmagazin hier zu sein und Schrottgrenze eh nur als Beiwerk gesehen zu haben. Als Beiwerk immer noch besser als alle anderen Gäste zusammen (außer natürlich Ludger), aber eben trotzdem Beiwerk.
Zugegeben, andere Leute sind euphorischer. Nach dem Konzert spricht mich beispielsweise ein Typ an, meint ich würde Tim heißen und bei Schrottgrenze spielen, und gratuliert zu unserem tollen Auftritt, er kenne uns von Schlachtrufe BRD. Ich nicke und bedanke mich artig.
Und was sagt die richtige Band? Beim anschließenden Investigativinterview darf das Publikum Fragen stellen. Die Frage nach dem Comeback ignoriert Alex geflissentlich, finde ich konsequent. Man muss ja auch nicht alles mitmachen.
Nächster Star auf der Bühne: GUIDO MOLZBERGER! Die Blues-Koryphäe vom Flockenberg und nebenbei auch noch die Person, mit der ich heute Nachmittag sämtliche Staus zwischen Ruhrgebiet und Hamburg mitgenommen habe. Auf der Fahrt war er noch nüchtern (glaube ich), aber daran hat er gearbeitet.
Er spielt zwei Lieder. Eines hat mit Saufen zu tun und damit, was man mit Wein ertränken kann (schien irgendein Klassiker zu sein. Ich bin Banause), das andere wurde irgendwann des nachts um 3 besoffen geschrieben und landete später auf einer Platte der Dirty Dishes: Der Jedrisse-Blues. Wie sich das für Blues gehört, mit Backing-Vocals eines hier nicht näher genannten Stargastes.
Nächste Band, oh Wunder: HERRENMAGAZIN! Mit dem letzten und besten Set. Besten vor Allem, weil mittlerweile alle euphorisch sind. Und weil nur Hits gespielt werden. Herrenmagazin haben aber eigentlich nur Hits. Ich freue mich.
Jetz' is aber mal gut mit den Stargästen! Bosse darf die unbeholfene Figur hinter dem Mikro mimen und singt mit bei "Landminen" - so gut, dass Deniz seinen Einsatz verpasst. Bosse war nie mein Fall und ich stelle mal wieder fest, dass ich in dieser ganzen Hamburg-Deutsch-Indie-Suppe einfach nicht drinstecke. Mal abgesehen von Herrenmagazin, die sind und waren super.
Bühne stürmen! Diesmal stürmt nicht das Publikum, sondern die VIP's und Bühnenrandsteher. Schöner Abschluss!
Fazit: Guter Abend mit allen Höhen und Tiefen, die eine 10-Jahres-Retrospektive so braucht. Ob sich die Fahrt gelohnt hat? Ja, wegen Herrenmagazin und wegen, ihr wisst schon, Nostalgie. Und ein vollgepacktes Uebel&Gefährlich (was passt hier rein? 700-800 Leute?), das fleißig mitfeiert, war auch schön zu sehen. Trotzdem kein Jahreshighlight. Da bleib ich in puncto "Besondere Konzerte" wohl doch lieber beim Gossenpunkfestival in der stillgelegten Jauchegrube.
Die anschließende Aftershowparty verlief friedlich. Allerdings konnte ich die Nutten unter dem ganzen Koks nicht finden. Aber irgendwann will Lila heim. Gute Nacht.
Paar Stunden Schlaf. Aus meinen Alternativen "entweder ganzes Wochenende Hamburg oder ganz früh fahren" wird mangels Mitstreitern zweiteres. Dritter Teil meines Fernbus-Testes! Der gelbe hier ist recht preiswert (2 Tage vorher Hamburg-Dortmund gebucht für 16 Euro), hat Beinfreiheit, ist nicht übermäßig gefüllt, und im WLAN-Netz gibt's neben bestens funktionierendem Internet auch ein (bei mir) nicht funktionierendes Media-Center mit gratis Filmen und so weiter. Geht klar.
Nachtrag: Wie ihr euch eventuell gedacht haben könntet, schreibe ich diesen Bericht auf der Rückfahrt im Fernbus, Zeitmanagement ist ja meine Stärke. Aktuell umfahren wir eine Vollsperrung, der Busfahrer hat keine Ahnung und noch weniger Bock, den Gästen mitzuteilen, was gerade abgeht. Er vertraut eh lieber dem Navi, das uns zurück zur gesperrten Autobahn bringt. Gewiefte Fahrgäste im vorderen Bereich lassen ihre Smartphones heiß laufen und geben abwechselnd gegensätzliche Tipps zur Routenoptimierung quer durch die Pampa und über tote Hügel.
Nachtrag 2: Internet ist mittlerweile ausgefallen. Wir befinden uns seit gut 2 Stunden in der näheren Umgebung von Dortmund und kreisen das Ziel langsam, aber sicher, ein. Gibt einen Minuspunkt für die Inkompetenz und Desinformationspolitik des Fahrers. Für die Vollsperrung selbst kann er ja nichts. Da ist vermutlich der ADAC dran schuld. Oder der Pohn.
Nachtrag 3: Vielleicht wurde der Bus auch von Terroristen entführt und versucht gerade, Anlauf zu nehmen, um das Dortmunder U zum Sturz zu bringen. Ich kriege das hier hinten gar nicht so genau mit. Gibt ja feste Sitzplätze und ich bin irgendwie der einzige von ca. 15 Fahrgästen, der nen Sitzplatz ganz hinten hat. Ich vermute eine Verschwörung. Die Position des nächsten Nothammers habe ich bereits ausfindig gemacht. Oh, ich seh gerade, wir nähern uns einem Stau. Das ist immerhin ein Anzeichen von Zivilisation.
Nachtrag 4: Von vorne höre ich entrüstete Stimmen, ich glaube gleich kloppen sich der Fahrer und eine Mittvierzigerin. Voll spannend, so ne Fahrt. Jetzt leitet der Fahrer das nächste Manöver ein! Er muss im Stau wenden, weil wir uns auf eine Brücke zu bewegen, für die der Bus zu schwer ist. Spannend! Mittlerweile gibt es ein businternes Kommunikationssystem, auf Stille Post basierend. Ich glaube ja, dass wir niemals a.../&%33(/&