Youth-Brigade Festival: Blackout Area, Weil wegen Brian, Der gierige Diktator, Jaana, Forever Young Viktoria, Think Twice, This side out, Papertrap, 03.07.2014 in Dortmund, FZW - Bericht von Fö
Youth-Brigade Festival, 03.07.2014 in Dortmund
Kurz das Ganze einrahmen: Das hier ist ein Festival für lokale Bands, die Bock haben, sich bei freiem Eintritt dem Publikum zu präsentieren. Und das erstmal ohne dass es irgendwelche Prämissen und Anforderungen gibt, soll halt jeder mal die Chance auf nen Auftritt haben. Finde ich gut und unterstützenswert, Nachwuchsförderung und so. Also hin. Erste Band: THIS SIDE OUT.
Metalcore. Nicht meine Musik. Ist son Musikstil wie Schlager und Jazz - anscheinend gibt es Unmengen an Menschen die sowas mögen, aber ich kenne keinen einzigen davon. Wobei, zugegeben, ich kenne Leute die Jazz hören, und Schlager höre ich ja selbst, ihrwisstschonwelcheninterpreten. Dann ist Metalcore halt mehr wie die Bildzeitung, oder Religion, oder sonstige Sachen die keiner braucht aber die trotzdem nie aus der Mode kommen.
Wie auch immer. Jedenfalls kann ich nicht wirklich etwas zu diesem Musikstil sagen, geschweige denn zu Bands die sowas machen. This Side Out haben sogar Fans, die Circle Pits laufen können. Und ich glaub, die sind privat ganz nett, essen den Sonntagskuchen auch mal mit der Gabel wenn Oma darum bittet. Aber, hey, jetzt und hier ne amtliche Jazz-Schlager-Kapelle, das hätte was.
Dat schöne an diesem Festival: Es gibt drei Bühnen, und länger als vielleicht ne Viertelstunde muss man ne Band nicht ertragen, stattdessen kann man schön bequem rüberschlendern. In der Gastro (alias Club II) spielen mittlerweile THINK TWICE. Die Gastro haben wir noch von den vergangenen Youth Brigades in Erinnerung an den "traurigen Raum", weil vom Publikum oft sträflich ignoriert.
Ist heute, wie man sieht, nicht viel anders. Umso mehr Respekt vorm Sänger, der das nicht vorhandene (bzw. an einer Hand abzählbare) Publikum euphorisch mit "Hallo Dortmund!!" begrüßt und auch sonst ganz große Rockstarkniffe hervor holt, die aber irgendwie ein wenig verpuffen. Aber das macht nichts, ist ja noch früh am Tag.
Die Band selbst: Ach, naja. Die machen irgendwie alles und nichts. Ein Sommer-Lied mit funky gute-Laune-Klängen, dann mal was Härteres mit dicken Gitarren, zwischendurch ein Muse-Cover - um das mal diplomatisch zu sagen, eine Band die ihren Stil noch nicht wirklich gefunden hat. Oder vielleicht sind sie auch nur eine Persiflage auf Bands, die ihren Stil noch nicht gefunden haben, und ich habe lediglich den Gag nicht verstanden. Ich meine, der Name, "Think twice", da muss doch mehr dahinter stecken. Dat is bestimmt alles ganz große Sozialkritik was die da machen.
Egal. Raus, Kiosk, Luft, Leute, Sonne, und vor allem: Bands ignorieren. Also eigentlich genau das tun, was ich an den anderen Festivalbesuchern so gerne kritisiere. Aber man muss ja alles mal ausgetestet haben. Zudem bin ich heute ungefähr ebenso motiviert wie meine Kamera, die nicht ein einziges vernünftiges Foto hin kriegt. Aber das schiebe ich mal aufs Licht. Beinahe verpassen wir den Auftritt von DER GIERIGE DIKTATOR! Ker, hier geht ja alles Schlag auf Schlag. Uiuiui. Rein in den Club, ab an die Bar.
Es gibt ziemlich gierige und in Ansätzen auch diktatorische Musik zu hören. Deutschpunk also. Hatten ihren ersten Auftritt vor nem Jahr bei genau diesem Festival und ich fand die damals total super. Heute übrigens auch. Als Kritikpunkt sei angemerkt, dass mir die Band ziemlich nüchtern erscheint, aber wir sind hier ja auf einer Jugendveranstaltung, da darf das Saufen auch nicht allzu sehr propagiert werden, wo kämen wir denn da hin.
Gitarrist Zwen betont ständig, wie schlecht sie heute seien und wundert sich, dass hier noch Leute sind. Wie bescheiden er doch ist. Klar, zugegeben, sie sind nicht gerade Pink Floyd, aber dafür machen sie kein Metalcore. Was schonmal zwei Pluspunkte sind. Was fehlt, ist der andere Gitarrist. Was da los? Als ich den munteren Haufen das letzte Mal gesehen habe, warf Gary mitten im Auftritt das Handtuch und stellte die Gitarre einfach weg. Ich stelle die Vermutung in den Raum, dass er seitdem einfach nicht mehr aufgetaucht ist.
So ist das nunmal im Business. Guckste einmal nicht hin, ist der Gitarrist weg. Stellt euch mal vor, das passiert ner 20köpfigen Jazz-Band, die wüssten doch gar nicht mehr weiter, so ohne zweiten (von fünfen) Gitarristen. Die wären so aufgeschmissen wie ein Metalcore-Schlagzeuger ohne sein Doublebass-Pedal. Oder wie die Bildzeitung ohne Leser. Womit ich nicht sagen will, dass Der Gierige Diktator wie die Bildzeitung ohne Leser sind. Oder vielleicht doch? Egal.
Am Ende haben sie nur noch Zeit für ein Lied, wir dürfen wählen zwischen "Drunken Dictator" und "Holzpfosten" - aber, ey, Rechnung ohne den Diktator gemacht! Die gewitzten Pfiffikusse spielen einfach beide Lieder direkt hintereinander wech, ohne die beim Deutschpunk üblichen "halbe Minute doof rumstehen" dazwischen, dat merkt der Stagemanager doch nie, dass die ihn genatzt haben. Ha! Ach, ich bin Fan. Oi Oi Oi.
Nunja. Mal gucken, was mittlerweile so im "traurigen Raum" geht! WEIL WEGEN BRIAN geben ihren ersten Auftritt in zweieinhalb Jahren Bandgeschichte! Weltsensation! Ihre Musik haben sie direkt an das Thema des Raumes angepasst, ist nämlich ziemlich traurige Musik, da helfen auch die Sonnenstrahlen von hinten nicht. Ich bin eh kurz davor, den Lichtmischer zu fragen, ob er die nicht ausschalten kann.
Deutschsprachiger Songwriter-Emo-Rock. Man singt über verflossene oder nicht gewährte Beziehungen und was sonst so im Herzen eines jungen Mannes vor sich geht, so genau habe ich mir die Texte nicht angehört, dafür nuschelt mir Sänger Phil auch etwas zu sehr. Also, er nuschelt nicht direkt, aber er "nasalt" beim Singen, was auch nicht viel besser ist.
Phil hat ja irgendwann mal bei den Deafroads gespielt, dieser semi-erfolgreichen aber vielversprechenden Band aus den Dortmunder Vororten. Da war er irgendwann raus, ich hab keine Ahnung warum, aber ich male mir die Story zurecht, dass er gegangen wurde wegen zuviel Rock'n'Roll und Drogen und Exzessen und sowat, zumindest klingt seine derzeitige Musik so, als habe er 6 Jahre in der Rehab verbracht und müsse das jetzt verarbeiten.
Hm, mal gucken was nebenan so geht. In der Halle. Die Halle ist auch ein trauriger Raum, die ist nämlich so groß, dass jegliche Menschenansammlungen sofort vom Nichts absorbiert werden. Es spielen FOREVER YOUNG VIKTORIA. Die waren im letzten Jahr auch schon hier, damals im Club, und fand ich ziemlich gut. Heute, naja. Irgendwie verliert sich jeglicher Sound - zwar nicht im Nichts, aber irgendwo im Raum halt. Zumindest nicht in meinen Ohren.
Achja, Musik: Wäre Hardcore-Punk gewesen, klingt aber gerade nur nach Krach. Außerdem hängt mir Markus im Nacken, der meine Gefühlen Worte verleiht, indem er feststellt, absolut keine Melodien gehört zu haben. Hm, okay. Vielleicht finden wir die ja doch bei Weil Wegen Brian.
Also nochmal der traurige Raum. Weil wegen Brian spielen insgesamt ne Dreiviertelstunde, im Gegensatz zu allen anderen Bands, die lediglich ne halbe Stunde Überzeugungsarbeit leisten können. Das ist okay. Ehre, wem Ehre gebührt. Brian, äh, Phil, hält sich mit Ansagen aber bedeckt. Überhaupt, bedeckt, ach, das ganze Set war bedeckt. Wenn man sich gedanklich Backing Vocals, ne zweite Gitarre und nen Bass dazu bastelt (oh, und noch ein sphärisches Keyboard!), dann ist das ziemlich amtliche Poprock-Musik. Cool! Und JETZT setzen die traurigen Mariachi-Trompeten ein!
Wieder in den anderen traurigen Raum. Hier spielt nun JAANA-REDFLOWER. Hab ich schon diverse Male sehen können auf Open-Stage-Bühnen und sonstigem Schmökes, mal mit Band und mal ohne, also weiß ich auch was mich erwartet, oder zumindest erwarten würde, denn so wirklich Bock hab ich da grad nicht drauf, weswegen ich es bei diesem Foto belasse.
Weiter schlurfen. Mal schauen, was mittlerweile im Club so los ist. Die Band heißt BLACKOUT AREA. Der Name ist mir ja schon länger geläufig und ich dachte eigentlich, ich hätte die schonmal irgendwann gesehen und habe sie fälschlicherweise unter Alternative mit Hang zum Metalcore abgelegt, dementsprechend angetan bin ich, als ich feststelle, dass die Band eigentlich sogar ziemlich cool ist.
Ist mehr so Crossover. Ja, echt jetzt. Also dieses 90er-Dingen, harte Gitarren und Rapgesang dazu, Such A Surge und solche Kajüten, huiuiui! Eigentlich auch ein Musikstil, der mir eher wenig zusagt, aber Blackout Area schaffen es tatsächlich, in diesem eng gestrickten Korsett des Crossover komplett unpeinlich rüber zu kommen. Das muss man erstmal schaffen!
Echt okay, das. Kann ich mir geben. Ich frag mich natürlich trotzdem die ganze Zeit, warum ich das gut finde. Ich mein, haben die da tatsächlich grade diesen "Ahuu"-Spartiaten-Schlachtruf aus "300" verwurstet? Ist das nicht eigentlich hochgradig prollig und peinlich? Nee, im Gegenteil, kommt echt gut. Faszinierend. Wie machen die das? Haben die mir was ins Getränk gemischt?
Auf den Schock erstmal rüber in den trauigen Raum - wo der nächste Schock wartet! Ist ja gar nicht mehr traurig hier! Ist sogar ziemlich amtlich gefüllt! Sowas. Wer spielt denn da? PAPERTRAP müsste das sein. Aha, Kennichnich. Musik ist zunächst mal Rockmusik, aber irgendwie die fröhliche Variante, funky und groovy und so. Vielleicht ist fröhliche Musik ja tatsächlich das beste Mittel, um den traurigen Raum zu bekämpfen. Sollte man mal drüber nachdenken.
Als besonderes Musikinstrument: Ne Querflöte! Krass! Dieses Instrument mit Rockmusik zu kombinieren haben ja schon unzählige Schülerbands vor ihnen versucht, hier klingt das sogar okay. Ja, okay klingt es, sie sind halt nicht Jethro Tull, das wäre wohl auch zuviel verlangt, deswegen einfach nur okay. Nach zwei Liedern bekomme ich akute Lust, einfach abzuhauen.
Mache ich dann auch. Ich mein, was verpass ich schon groß? Diverse Bands die mich entweder nicht interessieren oder die ich schon oft genug gesehen habe (oder vielleicht auch beides). Nee nee, heute wächst kein zweiter Gieriger Diktator heran, das heutige Programm macht mich eh nicht mehr glücklich. Immerhin eine neue Band hab ich für mich entdeckt, die mit dem Crossover-Rap, die waren super, den Namen sollte man sich merken, wie hießen die noch gleich, Ker, jetz hab ich's wieder vergessen, ach, egal, wat solls. Gute Nacht.