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Die Toten Hosen, The Baboon Show, 01.12.2014 in Bochum, Zeche - Bericht von Fö

Die Toten Hosen + The Baboon Show, 01.12.2014 in Bochum

Zum zweiunddrölfzigsten Mal dieses Jahr kommt die Baboon Show ins Land! Diesmal als ganz besonderes Special, sie dürfen die Toten Hosen supporten auf zwei recht familiären Warmup-Shows für deren Reise nach Myanmar. Zeche Bochum und Schlachthof Wiesbaden sind ja zwei wirklich verhältnismäßig kuschelige Locations für die Hosen. Und ersteres gar nicht mal weit weg von mir. Das weckt natürlich Erinnerungen daran, dass die Baboon Show selbst sich im Ruhrgebiet zuletzt eher rar gemacht hat. Herr Booker, wenn du das hier liest: Kümmer dich drum! Dann darfste mich auch wieder schief von der Seite anquatschen!
Egal, wie auch immer. Die Toten Hosen, hm. An denen hab ich ja ziemlich die Lust verloren, ihre Auftritte waren zuletzt einfach viel zu viel aufgesetzter Stadionrock - zudem kommen sie aus Duisburg, und Duisburg ist scheiße. Höh. Ja, wie auch immer. Nun treffen sie auf eine Band, die ich auch gerade wegen ihrer Stadionrock-Anleihen für eine der besten Livebands unserer Zeit halte. Interessantes Package. Ich bin gespannt, wie die Hosen im kleinen Rahmen funktionieren - und wie die Baboon Show im großen.
Große Rahmen können sich die Hosen zumindest für ihre Promo leisten. Der Bochumer Bahnhof zumindest ist vollgepflastert. Dafür fährt mein Bus, der mich zur Halle bringen soll, vor meiner Nase und 4 Minuten vor ausgehangener Zeit, einfach mal so weg. Vielleicht mag der Busfahrer ja keine Hosen-Fans.
Meine Alternativroute geht per U-Bahn und etwas mehr Fußweg, was ganz angenehm ist, da ich mir die Busfahrt mit Horden alkoholisierter Hosen-Fans recht schlimm ausgemalt hatte. An der Zeche angekommen, läuft aber doch alles ganz gesittet. Man stellt sich brav in die Schlange, trinkt in Ruhe sein Bierchen, und zwei Typen machen Musik, die ich zwar langweilig finde, aber unterhaltsamer als die erwarteten Korn-Bier-Schnaps-und-Wein-Chöre.
Zeche Bochum! Eigentlich ein netter Laden. 700-800 Leute passen hier rein. Hab hier schon einiges Schlechtes erlebt (meine vorm Laden verreckte Karre, oder das ausgefallene Gluecifer-Konzert), aber auch einiges Gutes (das nachgeholte Gluecifer-Konzert). Nur das Booking ist irgendwie merkwürdig. Mal so exklusiv-Sachen wie heute die Hosen oder damals Green Day, und sonst Ü40-Partys und Coverbands. Nunja.
Punkt 20 Uhr stehen THE BABOON SHOW auf der Bühne! Ich zwänge mich durch die Reihen nach vorne, was noch relativ gut gelingt, auch wenn es immer etwas unangenehm ist, sich durch Menschenmassen zu schlängeln, die sich einfach mal kein Stück bewegen. Und die mich anzustarren scheinen: "Warum bewegt der Typ sich? Da spielt doch nur die Vorband!"
Etwas ungewöhnliches Setting also. Das dürfte in etwa die Situation sein, vor der die Toten Hosen etwas Angst haben, wenn sie in Myanmar spielen: Keiner kennt sie und alle schauen lediglich "interessiert". Aber wenn eine Band wirklich jedes Publikum rumkriegt, dann ja wohl die Baboon Show! Oder?
Die Band jedenfalls gibt, wie immer, alles! Cecilia holt sich ne blutige Lippe, turnt fleißig über die Bühne, reißt die Arme empor, großartige Animationskünste inklusive der obligatorischen Liegestütze. Guter Auftritt, mal wieder (immer wieder). Ein Traum für jeden Baboon-Show-Fan - heute also für mich, Anja und vielleicht noch 3-4 weitere. Hups.
Halbe Stunde Spielzeit. Das heißt hier: Hit jagt Hit, und irgendwann wird das Publikum spürbar wacher, nimmt die Schreicontest-Herausforderung von Niclas an und klatscht sogar fleißig mit - bloß, sowas wie Bewegung, das kommt nicht mehr in die Massen. Schade.
Und die Hits? Achja. Queen Of The Dagger, You Got A Problem Without Knowing it, Punkrock Harbour, Heidi Heidi Ho Ho, alles geil, kommt heute wegen der Spielzeit lediglich etwas kompakter. Am besten kommt noch "I'm a rebel" an, vermutlich weil das Original von Accept auch auf den Ü40-Partys läuft und bestimmt auch schon ne Accept-Coverband hier gespielt hat. Nee Quatsch. Accept selbst waren zuletzt 2011 in der Zeche. Soviel dazu.
Wird mir sicherlich nicht als das beste Baboon-Show-Konzert in Erinnerung bleiben, eventuell aber als das Interessanteste. Was weniger an der Band liegt sondern eher an den sonstigen Umständen. Ganz unter uns, mit viel mehr Anklang hätte ich ja auch nicht gerechnet, die Leute sind halt für die Hosen hier - aber etwas mehr Euphorie an nem Montag Abend wird mal ja wohl erhoffen dürfen?
Von dem her, was die Band auf der Bühne gegeben hat: Super Auftritt! Danach erstmal Rückzug in die hinteren Räumlichkeiten, der Andrang am Merchstand hält sich auch bedeckt, aber irgendwie sind doch alle ganz glücklich.
Dann DIE TOTEN HOSEN. Ich bin vorm Auftritt ziemlich skeptisch eingestellt. Zuletzt war mir die Band ziemlich egal, auch wegen gewisser befremdlicher Profilierungsversuche von Campino (Oktoberfest und so) und wegen Veröffentlichungen in den letzten Jahren, die mich einfach null gekickt haben, teilweise sogar beim Hören Schmerzen verursacht haben
Andererseits gibt's da auch einige Sachen, die die Hosen sympathisch machen. Wie die Magical Mystery Tour, und auch die Doku "Nichts als die Wahrheit" kam erfrischend ehrlich rüber. Auch so Aktionen wie die heutige, einfach mal im kleinen Rahmen zu spielen, das macht halt auch nicht jeder. Oder auch der Auftritt in Myanmar. Gute Sache.
Dazu sagt Campino auch noch was. Dass die deutsche Botschaft sie gefragt hätte, ob sie spielen. Und dass sie daraufhin erstmal die dortige Punkszene kontaktiert haben, mit dem Resultat, dass beim Myanmar-Konzert diverse lokale Punkbands mit am Start sind
Es gab ja diese Doku, "Punk in Myanmar", die ich damals ziemlich interessant fand, zeigte sie doch eindrücklich, mit welchen Repressalien die dortigen Punks zu kämpfen haben und wie schwierig es ist, überhaupt mal mit einer Punkband aufzutreten. Punk als Völkerverständigung - da hat jemand bei der Botschaft wohl ein gutes Händchen gehabt!
Da man ja heute für Myanmar probt (und nach eigener Aussage FÜR heute kaum geprobt hat): wie zeigt sich das in der Songauswahl? Werden eher die punkigeren Sachen gespielt? Oder doch eher Regierungs-Schmusekurs? Ich bin da leider nicht so firm drin, kann also nicht beurteilen, ob die Songauswahl mehr gen Punk oder mehr gen Schlager ging, gefühlsmäßig überwog größtenteils letzteres, aber das können Fans der Band besser beurteilen.
Setlist dazu gibt's hier. Da fällt auch "Yangoon Calling" ins Auge, eine Hymne der dortigen Szene und selbstverständlich ein Clash-Cover. Keine Frage, dass die Hosen das heute "proben" müssen. Ich find Coversongs ja sonst eher grenzwertig (vor allem, wenn man, wie die Hosen, immer nur die großen Hits covert - siehe auch "Song 2" und "Blitzkrieg Bop"), aber sobald jemand "für die Szene" sagt, finde ich sowas gut.
Hat man ja auch nicht immer: Tischservice auf Punkkonzerten. Der Kellner latscht mit seinem Tablett mal eben locker bis in die ersten Reihen und vertickt seine Biere, während im Hintergrund Campino verkündet, heute mal so richtig saufen zu wollen.
Was uns auch interessiert hat: Ob Campino (ab der Zugabe in diesem großartigen Shirt) sich zur Debatte um den Band-Aid-Song äußert. Tut er, recht ausführlich. Darüber, dass Deutschland noch keine Hilfsgüter geschickt und noch kein deutscher Arzt einem Ebola-Kranken geholfen hat. Okay, berechtigte Kritik. Und weiter?
Zum Vorwurf, die beteiligten Künstler haben lediglich ihre Alben promoten wollen, meinte er nur, er wusste nichts von den Alben, er habe lediglich die Leute angerufen, die er haben wollte. Sagt aber im gleichem Atemzug, dass er Andreas Bourani im Vorfeld nicht kannte. Hä? Zu anderen Vorwürfen, wie den entwürdigenden Anfang zum Videoclip, oder das Projizieren der Probleme eines kleinen Teils Afrikas auf einen ganzen Kontinent und das dadurch implizite Schüren von Vorurteilen äußert er sich nicht.
Naja, wie auch immer. Sind nur so meine Gedanken, so nebenbei. Das Konzert wird eh erst gut, als die Zugaben eingeleitet werden. Womit ich aber direkt die nächste Kritik anbringen will: Wie lahm war bitteschön das Publikum? Klar, die meisten gingen gut ab, wenn "ihre" Lieder kamen. Aber wenn dermaßen müde die Zugabe herbei gegähnt wird, sollte man eigentlich konsequenterweise keine Zugabe geben. Aber die heute anwesenden Die-Hard-Hosen-Fans wissen vermutlich: "Die spielen eh drei Zugaben, da braucht man nicht zu klatschen..."
Aber wie ich schon meinte: Es wurde dann doch richtig gut und sogar das beste Hosen-Konzert, dem ich je beigewohnt habe. Mit jedem Schluck Bier wird Campino lockerer und der Auftritt entfernt sich spürbar vom runtergespielten Routine-Set, das man auf großer Bühne gebracht hätte. Einige Lieder (Halbstark,  Reisefieber) werden einzig auf Wunsch des Publikums gespielt, ungeprobt und mit leichten Hängern, aber eben authentisch.
Zwischendurch immer wieder Anekdoten aus der Vergangenheit, es werden Leute im Publikum persönlich gegrüßt, das kommt wirklich mal familiär rüber. Grüße gehen raus an die ebenfalls anwesenden Antilopengang und die Pestpocken, ja doch, irgendwie sympathisch. Hätte ja nie gedacht, dass ich das über Campino mal sage, kommt er doch sonst eher wie ein profilneurotischer Egomane rüber. Muss am Bier liegen.
Aber dann gab's auch wieder Momente, bei denen ich gerne raus gegangen wäre. Diese ekelhaft-pathetische Fahnenschwenkerei zum Beispiel. Fahnen sind scheiße, Leute! Bis auf die von Oxfam, die kann natürlich gerne bleiben. Aber sonst - Nationalfahnen, Fußballfahnen, Toten-Hosen-Fahnen - ab in die Müllverbrennungsanlage. Äh, in den Rhein.
Irgendwann stellt sich ein Fan auf den Vorsprung über der Bar und beabsichtigt, zu springen - wird aber von ner Security mit gekonnten Handgriffen daran gehindert. Immerhin wird durch die Aktion Campinos Aufmerksamkeit geweckt - und 20 Sekunden später steht er da oben. Campino darf halt alles.
Sportfoto. Panisch springe ich weg, keinen Bock auf den schwitzigen Oberkörper.
Nunja. Ich bin gerade recht angetan von der Show und recht guter Laune, da fangen die doch tatsächlich an, "Tage wie diese" zu spielen. Spontan erbreche ich mich in den Gesichtern der mich umgebenden bierbäuchigen Masse, aber das fällt denen vor lauter Glückseligkeit eh nicht mehr auf. Boah fuck, ist das eklig hier. Nix wie weg!
So insgesamt: Durchwachsenes Konzert mit Höhen und Tiefen, aber ingesamt besser als erwartet. 2:20h Spielzeit. Zu viel Schunkel-Sauf-Schlager für meinen Geschmack, aber erfreulich wenig (und wenn, dann ironisch vorgetragene) Stadionrock-Scheiße. Publikum zurückhaltender als erwartet, dafür so betrunken wie Campino aufm Oktoberfest. Oi.
Danach ein wenig Kuschelei mit den Schweden, bevor es für mich wieder gen Heimat geht. Hat sich gelohnt, der Abend. Aber ohne die Baboon Show hätte ich mir das freiwillig wohl nicht gegeben. Gute Nacht.

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(Fö)
02.12.2014 17:20
ahahahaha: http://www.ruhrnachrichten.de/storage/pic/mdhl/fotostrecken/lokales/bochum/lokales/2014/12-2014/dietotenhoseninderjahrhunderthalle/4960000_1_BOCK_2014_12_01_ToteHosen_ZecheBochum_19719.jpg?version=1417467662
schlossi

02.12.2014 19:47
hach, gluecifer...irgendwie war die welt viel schöner, als es die noch gab.
klute

02.12.2014 21:51
Auf welchem konzert warst denn Du Fö? Das war voll geilo! Und die spärlichen schlechteren neuen Songs zwischen den ganzen alten Hits waren hervorragend zum Bier hohlen geeignet!

(Fö)
02.12.2014 22:51
hach, bier...irgendwie war die welt viel schöner, als es das noch gab.
Bönx

05.12.2014 12:27
Wie Recht Du hast Schlossi!

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