The Decline, Noopinion, Fair Do's, Brotest, 31.07.2015 in Augsburg, Ballonfabrik - Bericht von der Redaktion
The Decline, 31.07.2015 in Augsburg
Das ist der Gerd, der hat, wie viele andere coole Typen, eine Propellermütze auf dem Kopf. Geschichtlich betrachtet wohl die großartigste Erfindung des Menschen, knapp vor Mais auf Pizza und Wraps, welche es an diesem wunderschönen, lauen Augustabend geben sollte. Nicht zuletzt dank der Sour Creme auf Cashew-Basis.
The Decline waren recht spät dran, was aber egal war, da sie bei der Autovermietung in Frankreich nur einen Minivan und keinen Tourbus gekriegt haben und deshalb nix für die Backline mit sich führen. Zum Glück haben die Fair Do's alles dabei und weil bei Brotest die Kommunikation in der Band noch Raum für Verbesserungen hat... die auch. Sind dafür dann auch zu viert mit drei Autos gekommen. Da bei vier Bands mindestens eine zu spät kommt, hat dieser Satz nun nichts mehr mit dem Rest zu tun, weil ich grad den Faden verloren habe, ich geh mal ein Bild weiter und lass Gerd auch mal zu Wort kommen. Saufen.
Was man dann aber durchaus bemängeln muss, ist die absolut fehlende Bewegung auf der Bühne. Jungs, ihr spielt schnelle Musik und habt 'nen Sänger ohne Instrument, ihr seid noch keine gebrechlichen Menschen, macht was. Weiß ich nicht, was anmalen, oder rumhüpfen oder mal von einem aufs andere Beine stellen. Irgendwas, sonst wirkt das alles doch etwas zu brav und schülerbandaulamäßig. Oder wie trockener Brotrest. Höhö. Hihi. Huhuhuhu. Achja... Jau, erste Band ist der lokale Support aus den umliegenden Dörfern, die heute das erste Mal in der großen Stadt aufspielen: BROTEST aus Wertingen, Rain, Wortestetten oder sonstwoher. Angefangen als reine Coverband, fangen sie jetzt langsam an ihre eigenen Sachen zu spielen.
Es ist Augsburger Brodersen, beziehungsweise, wenn außerhalb von Augsburg konsumiert, "Brodersen Augsburger Art". Brodersen, inzwischen so beliebt wie Apple-Produkte, versaut einem doch wirklich jeden Abend. Anscheinend wird dieses Getränk den hiesigen Gepflogenheiten nach in Glasflaschen serviert, quasi das Pendandantntn zum Dosersen. Flaschersen, ähnlich wie Radioaktivität, nur beschissener.
Ein paar Cover finden dennoch ihren Weg ins Set. Erstaunlicherweise sind die eigenen Sachen besser eingeprobt und kommen demzufolge auch besser beim Publikum an. Covers waren zwei Songs von H2O und zum Abschluss Bro Hymn.
Ratz fatz umgebaut, Linecheck, gib ihm. Die FAIR DO'S aus Manchester haben sich mittelfristig noch ins Lineup eingezeckt, weil sie auf der Suche nach Gigs auf dem Weg zum Punk Rock Holiday günstig zu haben waren. Spätere Rekapitulation der Bookinggespräche: "This guy offered us money! Cash! It was incredible!"
Und Antifaaufkleber dabei, find ich gut, vor allem in Zeiten, in denen so viele Leute so dumm sind und Lichtenhagen aktueller wirkt als je zuvor. Nur Arschöcher unterwegs da draußen. Fickt euch alle. Saufen! Und da muss ich ja ganz bescheiden mal sagen, dass ich da einen Volltreffer gelandet hab. Twiddly New Era Skatepunk vom Allerallerfeinsten. Total krass. Muss man sich mal vorstellen, kann sich kein Mensch vorstellen.
Eventuell liegt es aber auch daran, dass unsere musikalischen Fähigkeiten auf dem Niveau einer vertrockenen Tomate liegen, ich jedenfalls schon schwer beeindruckt, wenn jemand die Bestandteile eines Schlagzeugs mit Namen nennen kann, oder Fachwörter wie Tonleiter, Tontaube und Tonika benutzt. Man denkt ja immer so, dass einer die Powerchords auf der Rhythmusgitarre runterknallt und der andere das Fideln übernimmt, aber hier machen das beide, mit Tapping oder wie dieser Quatsch heißt, mit einer atemberaubenden Geschwindigkeit, dabei auch noch singen! Das hat die Welt noch nicht gesehen.
Ist das wissenschaftlich belegt? So wie das Sandwich eines Professors?
Ob in Heisenbergs Chili überhaupt Chilis waren? Scharf war das ja nie so richtig. Die Finger wandern SO schnell über die Saiten, dass die Aufenthaltswahrscheinlchkeit der Gliedmaßen sich gleichmäßig über den gesamten Potentialtopf verteilt. Hohe Schwingungsanregung = gute Musik!
Und dann musste auf ein Mal der Veranstalter höchst persönlich die Bühne betreten. Und durfte singen! Nein, wirklich! Die Ohren bluteten, der Einsatz wurde teilweise verkackt und irgendwas ist noch passiert, aber dennoch hat der Gerdi das Flaggenindenpo-Lied von so einer unbekannten kanadischen Punkband bravourös ins Mikro gehustet. Geil abgeliefert!
But wait a minute dad... did you actually say Freedom? Dieser beknackte Spoken Word-Teil am Anfang des Songs hat mir das Genick gebrochen, zum Glück waren die Fair Do's absolute Profis und haben mich zurück auf den Pfad des korrekten Timings geleitet. Anstrengend sowas.
Sollte auch nicht die letzte Coverversion den Abends gewesen sein, find ich eigentlich ganz nett, wenn man sowas mal einstreut, heutzutage kennen die jungen Leute doch gar nicht mehr die tolle Musik von früher! Aber egal, zurück zu den Fair Do's, die Kinnlade hing immernoch irgendwo zwischen Knie und Tibia, ob des dargebotenen Gitarrengegniedels bei absurd hoher Geschwindigkeit. Und die Top 5 der britischen Punkrockgitarristen rücken für ihn immer näher! 12 points go to Great Britain!
Und irgendwas anderes mit Messer oder Säbel auf die andere. Sollten sich in Weird Do's umbenennen. John Holt (Bier?), oder auch Franck Ribery vor dem Unfall. Er hat eine Kröte auf seine Handfläche tätowiert.
Hier nochmal alter, das soll nicht unerwähnt bleiben wie unglaublich krass das Gitarrenspiel dieser Band war. Meine Güte. Ich komm da nicht drüber weg.
Und eine portugiesische Axt im Kofferraum. Und eine Metallsäge. Und einen Schraubenzieher, mit dem man alles am Auto reparieren kann. da verzeiht man ihnen auch, dass sie gefühlt JEDEN Auftritt in Augsburg irgendwie noch vorher mit fadenscheinigen Ausreden absagen. Ab jetzt bleibt jedes Auge trocken, denn es gibt jetzt "keine Zwiebeln" aka NOOPINION. Die hätten ja eigentlich im Februar mit Scheisse Minnelli schon spielen sollen, mussten aber kurzfristig absagen. Heute sind sie aber da und haben richtig Bock.
Und ein netter Mensch. Wie der Rest der Band und der Rest der übrigen Bands, ganz liebe und umgängliche Menschen. Wird heutzutage viel zu wenig gesagt, genau wie der Schiri selten gelobt wird. Posi und so! Der Gitarrenmann gibt alles, sowohl was Gitarrespielen als auch Posing als auch Saufen angeht. Wahrlich ein Tier.
Anlässlich des Todestages von Tony Sly wird sogar noch ein Lied von No Use gecovert: "Not your savior" fließt in unsere Gehörgänge. Ne wat schön.
Zamknoten. Hier in Bayern knotet man zam. "Sachma, hast du eigentlich Haare in die Nase?" "Ne, wieso?" "Weil ich hab welche am Arsch, die könn wir dann zusammknoten." Dö dödödödödödö dödödödödödödööööö
Nicht nur nett und lieb und alles, auch hübsch. Für mich son büschen das Gegenstück zu "geilen Bassistin von The Baboon Show". Leider kein Selfie gemacht.
Aufgabenverteilung bei Noopinion: Zwei latten sich richtig um, einer pennt schon mal etwas vor und einer bleibt bis zum bitteren Ende nüchtern. Und das war er hier. Tut der Stimmung aber keinen Abbruch!
Kam denk ich bei allen Beteiligten mehr als gut an, selbst wenn die KeineZwiebeln mit der Bühnenintensität Volksmusik spielten, würde die Meute 123durschdrehn. Auch wenn auf dieser Seite in einer Albumrezension ein wenig Kritik geäußert wurde, ein wirklich vorzügliches Exemplar spät 90er-Skateboardpunkmusik, das auch auf "größeren" Bühnen zu überzeugen weiß. Leider keine Flaggen verbrannt, aber dass man nicht unter irgendwelchen Flaggen irgendwelche Dummheiten machen sollte, kann man nicht oft genug sagen. Wie gesagt, nur Idioten da draußen.
Wusch, so langsam beginnt es zu verschwimmen, nach drei Bands ist normalerweise Schicht im Schacht, aber da noch ein riesengroßes Schmankerl auf uns wartet, und die Krawallbrausen einem bisher auch nicht viel Zeit zum Durchatmen gelassen haben, folgt auf Brodersen Australia's Finest THE DECLINE. Saufen!
Um diese Grenze noch etwas verschwimmen zu lassen, spielen The Decline dann auch noch ein Frenzal-Cover. Smoked a pack of cigarettes before midday, coughed up a lung around one. I can't see a thing through my eyes that sting, I can't remember having so much fun. No I never had so much fun, never had so much fun, I can't remember when I've ever had so much fuuuuuuuuuun! Gut, man könnte sicherlich auch argumentieren, dass Frenzal Rhomb den australischen Skatepunkthron innehalten würden, aber die hab ich noch nicht live gesehen und deswegen sind das nun mal The Decline. Nicht die Kleins, das ist was ganz anderes.
Ja, das haben hinterher auch mehrere Leute positiv erwähnt, dass da jede Band eigentlich ihr eigenes Ding aus diesem totgesagten Genre kreiert hat. Einfach gut. Musikalisch erwartet einen auch hier... Skatepunk. Ui, Mensch, naja. Irgendwer in diesem Universum findet solche Musik doch immer belanglos und austauschbar? Der heutige Abend zeigt, wie abwechslungsreich 90er-Punk auch 2015 sein kann.
But with racist jokes and stereotypes you laugh along with the rest
They’re locked in refugee camps and you claim it’s for the best
Cause everyone’s an immigrant and I’m tired of all your racist shit
There’s a fine line between national pride and racist bigotry
You’re ignorant if you deny we grew from the same seeds.
Convicts, immigrants, Asylum seekers, refugees. - We’re all the same.
We’re all the same.
Polithrun wieder am Start.
Sonst heißt das doch immer, dass Skatepunk nur so gute-Laune-Lari-Fari-Arschloch-Musik für reiche Collegeboys ist, die noch nie ein Skateboard von innen gesehen haben. Ich weiß gar nicht, ob der Song gespielt wurde, aber ich mag Bands mit klaren politischen Statements:
Man glaubt ja immer gar nicht, wie schnell man selbst Bestandteil eines Systems wird, welches man kurz zuvor noch vehement abgelehnt hat. Keine drei Runden um die legendäre Palme (Klassiker, nun kaputt) gedreht, schon sitzt man vor der Bühne (Hinsetzen, bäh, ih) und rudert. Was das soll, weiß ich nicht, war auch egal, weil die Stimmung so dermaßen am Überkochen war, dass selbst eine Folge Rosins Restaurants jetzt als das Beste auf der Welt gefeiert werden würde.
Star Wars und Bier. Zwar aufm Fußboden, aber Star Wars. Geil. Geil? Geil. Immer wieder beeindruckend, was für gute Sänger die Herren auf der Bühne sind, welch widerlich gutes Gespür für Melodien sie besitzen und wie die sich selbst über fünf Besoffene, die sich im Kreis drehen, freuen.
Bis auf einen hat die "Kreisgrube um den Baum" auch wieder alle Gemüter erhellt. Die Meute tobt, alle haben Spaß. Vorne im Publikum zu sehen: Simon Cock, Konzertgehexperte aus Augsburg.
Und das Ende der Geschichte? Noopinion machen sich auf den kurzen Weg in Richtung Garmisch-Godfather-Churches, irgendwelche Idioten bekleckern sich mit Essen (War lecker, danke!), irgendwer tanzt zu Miley Cirus oder Blümchen und im Morgengrauen verschwinden dann auch die letzten Tanzmäuschen in ihre warmen, molligen Bettchen, um den Schlaf der Gerechten auf sich zu nehmen. Danke, ihr unbesungenen Helden!
Um kurz nach 7 klingelts dann auch schon an der Tür, weil die feinen Herren aus Tralien ja noch unbedingt duschen mussten und dies NUR bei Gerd möglich ist, da er die einzige Augsburger Wohnung mit fließend warmen Wasser besitzt. Früher Vogel fängt den Wurm, sodass man im Anschluss knapp vor Sonnenaufgang schon die letzten Alkoholleichen aus der Ballonse fegen konnte. War sonst noch was? Bad Boy Bubby geguckt, wieder was von der Liste abgehakt. Welches Powermitglied für diese Soundschnipsel-Idee verantwortlich war, würd mich schon mal interessieren.