Casanovas Schwule Seite, Operation Semtex, 11.03.2016 in Essen, Don't Panic - Bericht von der Redaktion
Casanovas Schwule Seite, 11.03.2016 in Essen
Auf Nonstop Stereo hatte ich mich eigentlich am meisten gefreut. Den inadäquaten Ersatz habe ich versucht zu verpassen. Klappt nicht, die spielen ja noch, als wir ankommen. Ich mag ja Konzerte, die etwas aus der Reihe tanzen und abseits des "Üblichen" für Überraschungen sorgen. Aber manchmal ist eben einfach der Wurm drin. Fing schon gut an mit der Absage von Nonstop Stereo, auf die ich mich nun wirklich sehr gefreut hatte und eine wirklich formidable Ergänzung zur schwulen Seite des Casanovas gewesen wären. Aber wat willste machen...
Konzert heute im hinterem Raum! Guck an. Ich hatte mich auf einen okay gefüllten Vorderbereich eingestellt, aber hier hinten (seit der Panic Room "Don't Panic" heißt, nennt sich der Raum übrigens "Backyard Club") verspricht es dann doch, kuschelig zu werden. Als wir ankommen, spielen OPERATION SEMTEX bereits.
Auch die Semtexen waren wohl kurz davor, den Auftritt wegen Krankheit abzublasen. Warum sie das dann nicht getan haben, versteht wohl, inklusive der Band, keiner. Drummer Schoko erzählt später, dass er vor zwei Tagen noch so richtige Fieberwahn-Halluzinationen hatte und auch heute sieht er noch aus wie das sprichwörtliche Elend. Also, noch schlimmer als sonst.
Auftritt: Okay. Ich kann mich ja manchmal begeistern für die Band, meistens eher nicht, aber irgendwie ist das heute doch ganz unterhaltsam. Weniger vom musikalischen Faktor her, aber die Offensivität, mit der die Band mit Krankheit und Ungeprobtheit umgeht, ist doch irgendwie amüsant.
Das Krankheits-Thema zieht sich irgendwie durch den Abend. CASANOVAS SCHWULE SEITE heute mal als Trio. Ohwei! Türk hat es wohl erwischt und zudem leidet er an Familie, also muss Virtuose Claus heute mal zwei Gitarren gleichzeitig spielen.
Ganz interessant ist es, Claus' Gesichtsausdruck zu beobachten, wenn er mal ein Solo "gespielt" hat. Sein Gesichtsausdruck wechselt zwischen "besser als erwartet", "oh, interessant", "total verkackt" und "ach, ich lass es lieber ganz bleiben". Dass die Konzentration da nicht mehr ganz reicht, um auch noch alle Texte hinzukriegen - geschenkt.
Es gibt kaum eine Platte, die ich auswendiger kann, als diese. Deswegen waren die letzten CSS Konzerte für mich etwas langweilig geworden (es sei denn, ich hatte mehr als drölf Promille). Bei Knochenfabrik gibt es einen Fundus von Liedern, die man schon lange nicht gehört und fast vergessen hätte, damit können CSS halt nicht punkten. Und wenn man jedes Riff auswendig mitdudeln kann, dann fehlt halt der Überraschungseffekt. Aber heute nicht! Heute alles anders, alles neu!
Dürfte in die Historie eingehen als das schlechteste CSS-Konzert aller Zeiten (wobei, am Folgetag steht ja noch Berlin an). Da merkt man erst, wie viel Glanz die Sologitarre den Songs verleiht. Wäre ja schön, wenn das verbliebene Geschrammel wenigstens wie Knochenfabrik light klingen würde, aber es klingt eher nach Mülleimer deluxe.
Ich hab auf jeden Fall meinen Spass. Zumal ich endlich mal meinen Waldorf-und-Statler-Balkon habe. Endlich! Sollte in jeder Konzertlokalität bereit stehen.
Verbesserungsvorschlag fürs nächste Mal: Die Soli einfach mit der Kazoo tröten! Das klappt garantiert. Oder, noch viel geiler eigentlich: Die Soli alle vom Band ablaufen lassen. Und dann richtig geil dazu posen und so tun, als spiele man alles selbst. Das hätte ich auch sehr abgefeiert.
Beides? Keck gucken und Unterleib in Form einer Gitarre? Auch hier wieder, ähnlich wie zuvor Operation Semtex: Unterhaltsam, weil schlecht. Ersatzgitarristin ist übrigens Uschi, deren Unterleib die Form einer Gitarre hat, die aber ansonsten, außer keck gucken, nix hinkriegt. Türk hätte wenigstens beides gekonnt.
Ab und zu hilft Caddy am Schlagzeug aus, in dem er das Solo singt, wenn Claus verkackt. Kiki beschwert sich, dass man Soli nicht singen dürfe. Ich finds gut! Dä dä dät dät däää dä!
Oh, vor der Bühne wird auf jeden Fall ordentlichst gefeiert. Scheiss auf dat Gitarrengefrickel! Egal, wenn die zweite Strophe den selben Text hat wie die erste! Das Publikum schwankt zwischen hämischem Gelächter, gelangweilten auf-die-Uhr-starren und betrunkenem ich-merk-eh-nicht-ob-da-was-fehlt. Aber eigentlich wird, gemessen an den Umständen, doch ganz gut gefeiert.