Bunt statt Braun Open Air: Alarmsignal, Fahnenflucht, Shock Out, Manege Frei, Abschaumbad, Shirker, Snareset, 03.09.2016 in Dortmund, Brauks - Bericht von Zwen
Bunt statt Braun Open Air, 03.09.2016 in Dortmund
Zunächst gibt es aber noch vorher eine kleine Tanzperformance auf der 2nd Stage. Diese wird danach auch direkt wieder abgebaut. Danach gab es eine Rede, dass Brackel wohl der tanzbarste Vorort Dortmunds ist und Tanzen ist ja auch irgendwie ein Zeichen gegen rechts. Dann geht es direkt weiter mit dem Soundcheck und danach los mit der ersten Band.
SHOCK OUT müssen heute den undankbaren 1. Slot um 15 Uhr übernehmen. Dankenswerterweise haben sie sich selbst dafür bereit erklärt, da sie heute Abend noch in Lünen spielen müssen.
Musikalisch bin ich ja mal sehr gespannt, was es hier so auf die Ohren gibt und wie der Rock'n'Rollige Auf-Die-Fresse-Punk live so geht. Die Rechnung geht aber auf und außerdem gefällt mir das sie bei dem 30 Minutenset am frühen Nachmittag alles richtig machen: wenig Laberei und dafür schönes durchgeheizt.
Jetzt ist aber erstmal wieder Päusken angesagt. Schließlich möchte man sich so früh ja noch nicht verausgaben und ein Foto muss ja auch drin sein. Alles in allem und für die frühe Uhrzeit doch echt gut. Würde ich mir wohl gerne noch mal geben.
Schon oft gegeben habe ich mir die Chaoten von MANEGE FREI und ich sag mal so, während sich die anderen Bands im Backstage benehmen können, wird hier mit Bierbänken (immerhin nicht mit Stuhl) geworfen.
Musikalisch gibt es jedenfalls ein sehr deftiges Brett, obwohl ich heute fast gar nichts vom Gesang verstehe. Klingt alles wie "Wäähbääähhäääwäää".
Als dann bei dem Megahit "Schweine" die Textzeile "Scheiß auf PEGIDA! Scheiß auf besorgte Bürger!" durch ganz Brackel hallt und ich mir vorstelle, dass da gerade irgendwo in seiner dunklen Wohnung ein armseliger Nazi-Vollhonk in seiner sinnlosen Existenz sitzt und gerade diese Zeilen hören muss, zeichnet sich ein breites Lächeln in mein Gesicht.
Nach der Manege folgen dann meine neuen Geliebten von ABSCHAUMBAD. Ich sage mal so: Hätte ich ein Label, würde ich diese Band direkt unter Vertrag nehmen, all mein Erspartes nehmen und sie erstmal auf Welttournee schicken.
Leider habe ich momentan Veranstalter-Duties zu erfüllen, weshalb ich kaum etwas von dem Auftritt sehen kann, aber es schien wohl einigen Leuten sehr gefallen zu haben.
Tolle, neue Innovation dieses Jahr sind diese Buchstaben, die das Wort "PR-Sekte" bilden und zum anmalen da sind. Anmalen kommt immer gut an. Oder Sticker draufkleben. Das kommt auch gut an. Bietrinken kam glaub ich auch gut an.
Als nächstes spielen SNARESET, von denen ich leider auch nur wenig sehe. Melodischer Singalong-Skatepunk. Mag ich eigentlich sehr gerne. Nur irgendwie hatte ich gehofft, dass da etwas mehr geht.
Sehen wohl auch einige Leute so. Zumindest höre ich irgendwen sagen: "Puh, die sind echt langweilig, aber Abschaumbad gerade, die waren ja mal endgeil!". Nein Marius, ich schreibe das jetzt nicht um mich bei euch einzuschleimen oder so, das hat wirklich wer gesagt.
Ein bisschen skeptisch war ich ja im Vorfeld bei SHIRKER. Tatsächlich die einzige Band heute, dich mich im Vorfeld noch nicht 100%-ig überzeugt hat. Damals auf der Alternative Stage fand ich die Musik irgendwie zu strange, aber auf der anderen Seite auch etwas zu eintönig. Trotzdem habe ich sie zum Bunt Statt Braun geholt, weil ich etwas Abwechslung in das Festival bringen wollte. Außerdem haben die Locals aus Werne a.d. Lippe es einfach mal verdient auch bei uns zu gastieren.
Ich habe endlich mal etwas Zeit die Band zu gucken und gebe Shirker jetzt auch mal eine 2. Chance und heute schafft es der wirre Mix aus System Of A Down und alten Sachen von Linkin Park tatsächlich, auch mich zu begeistern.
Vom aggressiven Kopfnicken geht es dann über zu feinstem Schmandpogo bei ALARMSIGNAL. Im Vorfeld habe ich mich sehr darauf gefreut, da wir wirklich schon seit Jahren versuchen Alarmsignal zu buchen. Dieses Jahr hat es dann endlich mal geklappt!
Die ganzen Leute verlassen sogar die Wiese vor dem Gelände, schrauben sich noch ihr letztes Getränk rein und schlagen sich vor die Bühne. Geil, was ein schöner Anblick!
Vor lauter Freude vergesse ich ganz, dass ich Veranstalter bin. Irgendwann tippt mich Benti an und sagt nur "Boah, ich hasse Punker!". Verwirrt schaue ich zu Bühne und so noch ca. 20 Wackeliros, die gerade die Bühne auseinander nehmen. Mist! Zuerst überlege ich mich selbst an die Bühne zu stellen und das zu händeln. Dann fällt mir ein, dass das ja das Bunt Statt Braun und nicht das Rattenloch ist, weshalb ich einfach einen Security vom Eingang wegbeorder und auf die Bühne schicke. Ich fühle mich ein bisschen, wie in einem Strategiespiel. Ob es wohl schon einen Festival-Simulator gibt?
Aber auch Alarmsignal wirken so als hätten sie Spaß. Das ist schön. Ich habe auch Spaß, sind sie doch für mich definitiv unter den Top 5 der besten Deutschpunkbands.
Alles in Allem ein sehr geiler Auftritt. Nicht ganz so krass, wie dieser Wahnsinn im Rattenloch, aber dafür auch weniger asozial.
Sonne ist weg. Es wird Zeit für FAHNENFLUCHT und die liefern auch wie gewohnt ab. Ich zähle mal auf: Alarmsignal, Supernichts, Rasta Knast, Systemfehla, Fahnenflucht und COR, wobei letztere ja eigentlich keine Deutschpunkbands im eigentlichn Sinne sind. Alle anderen Bands des Genres kann ich einfach nicht ernst nehmen, oder geben mir musikalisch nichts. Okay, es gibt vielleicht noch einige kleine Rumpeldeutschpunk-Bands die ich ziemlich feiere, aber die kennt hier eh keiner und letztendlich feier ich diese Bands auch vor allem, weil ich mit denen feier.
Beim Auftritt von Fahnenflucht bin ich dann ein bisschen Hin- und Hergerissen. Die letzte Band steht auf der Bühne, alles verlief im Zeitplan. Also muss ich mich jetzt um nichts mehr kümmern und schwanke zwischen den beiden Optionen mit Leuten quatschen oder Band gucken. Ich entscheide mich für ersteres, da heute viele Leute da sind, die ich wirklich verdammt lange nicht mehr gesehen habe. Schade, das, was ich von der Performance mitbekomme, ist wirklich ein ordentliches Brett.
Was ich dann auch noch mitbekomme ist dann wieder was aus der Kategorie Fremdschämen. Nicht wegen der Band sondern, wegen dem Typen hier auf der Bühne. Dieser will seiner Angebeteten - ich glaube sie heißt Janina - nämlich einen Heiratsantrag machen. Dafür geht er extra auf die Bühne. Das ist an sich schon nervig, richtig peinlich wird es dann als Janina überhaupt nicht auftaucht.
Die Situation entwickelt sich immer mehr zu einer herrlichen Slapstick-Nummer. Der Fahnenflucht-Gitarrist versucht die Situation noch irgendwie zu retten: "Bist du Janina? Nein? Schade." Nach quälend langen Minuten sieht der Typ dann auch ein, dass seine Angebetete wohl nicht mehr erscheinen wird. Das ist zu hart für mich, ich schlag mir die Hände vor den Kopf und verschwinde im Brauks.
Naja, irgendwann ist Janina, wenn ich das richtig mitbekommen habe, wohl doch noch gefunden worden. Die Geschichte hat also irgendwie sowas ähnliches wie ein Happy End.