Auf Bewährung, Mann kackt sich in die Hose, Ken Hetzen, Trashgeflüster, 19.11.2016 in Schwerte, Rattenloch - Bericht von der Redaktion
Auf Bewährung, 19.11.2016 in Schwerte
Ach komm, ich mach das auch immer und Fö ja auch. Es geht doch darum, die Bands zu zerreißen. Dass das Rattenloch ein geiler Ort ist, kann man auch schon in den restlichen Berichten nachlesen. Außerdem bekommt man so auch immer den absolut geheimen Bandklatsch mit und erfährt, mit was sich Archi von Auf Bewährung die Zähne putzt.
No-Go! Warum schreiben eigentlich immer Kunterbunt-Menschen die Rattenloch-Berichte? Sieht doch stark nach Lobby-Arbeit aus. Da ist der Beweis: Lügenpresse! Als Veranstalter des Konzertes mitzuschreiben ist ja eigentlich ein No-Go, finde ich. Da ist man ja zumindest was die Bands angeht, schon total voreingenommen, oder? Aber weil Zwen so nett gefragt hat und ich mehr von den Bands gesehen habe als er, lass ich mich schnell überzeugen. Ich tauche wie immer gegen 17 Uhr am Rattenloch auf, nachdem ich die letzten Einkäufe getätigt habe. Dort wartet bereits Co-Veranstalter Lawi, immer noch schwer angeschlagen vom gestrigen Hardcore-Konzert. Die nächste Zeit verbringen wir mit fegen, aufräumen und Kühlschränke mit Getränken auffüllen, das wischen sparen wir uns heute mal. Dann kann es von meiner Seite losgehen, fehlen nur noch die Bands samt Backline.
Verdammt viele Leute hingen vorher noch irgendwo anders rum, um das heutige "Top-Spiel" BVB gegen Bayern zu gucken. Inklusive einigen Bandmitgliedern. KEN HETZEN kommen nur schnell vorbei um ihre Instrumente und Verstärker abzuladen und verschwinden dann wieder irgendwo hin zum Fußball schauen. Mir solls egal sein, Hauptsache es kann gegen 9 Uhr losgehen.
killerhippie hatte sich heute vorgenommen, sich mit Gewalt freien Zutritt zum Rattenloch zu verschaffen.
Dafür, dass ich durch den Lampenschirm zum anarchistischen Anführer des pazifistischen Widerstands vom Pluto wurde, seh ich damit ganz schön böse aus. Kopfbedeckung des Abends!
Im Endeffekt ja nicht, da sie es über die Helfer-Liste doch noch geschafft hat, oder nicht? Apropos Helfer, die sind heute zahlreich vor Ort, wofür hier erstmal ein dickes Dankeschön rausgeht. Auch um das Bandessen brauch ich mich heute nicht kümmern, das liefert mir Michel kurz vor Beginn des Konzertes. Der Chief serviert heute köstliche Gemüse-Ratatouille mit Nudeln. Desweiteren fettes Danke an Andi und Rene die sich um Licht und Tontechnik gekümmert haben. Leider scheitert der Plan am Karl-Otter.
KEN HETZEN sind ja "kurzfristig" für LÜGEN eingesprungen und sind noch eine ganz frische Band. Daher auch das kurze Set, hinzu kommt dass der Schlagzeuger ein angeschlagenes Knie hat. Ich schiele immer mal wieder im Abstand von 20 Minuten in den Bühnenraum, da ich hoffe, die erste Band KEN HETZEN zu erwischen. Bei den ersten Malen macht immer irgendwer Soundcheck, dann spielen endlich KEN HETZEN! ...ihr letztes letztes Lied. Toll!
Ähnlich wie Zwen erging es mir mit dem Soundcheck. Sonst findet sich ja immer eine gute Seele, die aus dem Pool kurz rüberläuft und "ES GEHT LOOOS!" brüllt. Komme aber noch ein paar Songs früher an und kriege mehr vom Set mit. Da ich nur noch die letzten Töne höre, interviewe ich einfach mal ein paar Leute zum Auftritt. Ergebnis: Im Wesentlichen sind sich alle einig, dass es hier unpeinlichen direkten HC mit einem Augenzwinkern gibt. Unstimmigkeiten scheint es nur bei der Frage nach der Spielzeit zu geben. Ich kann im Nachhinein nur sagen, dass sie wohl irgendwo zwischen fünf Sekunden und 15 Minuten gelegen haben muss.
Ach ja, ich soll noch schreiben, dass der Sänger von seiner Physiognomie einfach zum Oi!-Sänger bestimmt ist, er nur noch nichts von seinem Glück weiß. Für das erste Konzert, mal abgesehen von ein paar Verspielern, ein ganz souveränes Set. Erinnert mich stellenweise an die KAPUT KRAUTS. Coole Nummer war auch das Outro nach dem letzten Lied. Der Sänger haut einfach Richtung Theke ab, während der Rest das Set zu Ende spielt. Als letztes verließ der Schlagzeuger auf Krücken seinen Posten, ganz großes Kino.
Schön melodisch, bisschen auf die Fresse und man versteht sogar ein paar Texte. Cool. Okay, zweiter Versuch. Als nächstes spielen TRASHGEFLÜSTER und ich schaffe es pünktlich zum ersten Lied vor die Bühne. Musik ist vielleicht nicht ganz so ein Geballer wie man vielleicht denken könnte, sondern eher sehr schwungvoll vorgetragener Punkrock.
Die häufigsten Wörter die in den Ansagen gefallen sind, waren glaub ich: "Digger" und "Alter". Die beiden jungen Männer neben mir, die wahrscheinlich auf den Namen Kotze und Boile hören gefällt das gar nicht! Motzend verpissen sie sich zur Theke.
Das heißt Diggaaaaaa! Schwungvoll ist übrigens auch ein Attribut, welches ich gerne auf den Sänger anwenden möchte. Nicht nur, dass der verrückte Hund, wie von King Kong gebissen, über die Bühne wirbelt, auch die Ansagen sind vielleicht ein bisschen übereuphorisch. Zumindest, wenn es darum geht, "Circleeeeeeepit!" zu rufen und sich die coolen Dortmunder lediglich Blicke zuwerfen, bei denen Berliner wahrscheinlich zu Salzsäure erstarrt wären.
Ganz spezielle Mischung heute Abend!
Das Sauerland garantiert nunmal Bewegung auf der Tanzfläche! Apropos Dortmunder. Der Bus aus dem Sauerland ist heute selbstverständlich schon früh eingetroffen. Aus diesem Grund trifft dann die Spastic Fantastic-Die-Hard-Fraktion, die etwas später, aber doch sehr zahlreich erscheint, auf selbige. Nach ein paar Bier und ein paar gegenseitige Witzeleien kommt man sich dann nicht nur auf der Tanzfläche näher.
Aber weiter zu TRASHGEFLÜSTER: Die Energie gefällt mir super und Selbstgebrannten haben sie auch dabei. Die Band werde ich mir auf jeden Fall komplett angucken. Genau in dem Moment, als ich das denke, tippt mir wer auf die Schulter: "Ey, du Vogel! Du hast Thekenschicht!". Ach ja, da war ja was. Na dann halt nicht!
Apropos Ansagen: Mal abgesehen von der Musik war das ein verdammt witziger Auftritt. Die Ansagen waren so blöd, dass ich mir eine sogar notiert habe: "Ein Lied über Sozialbetrug: Wenn euer Opa stirbt, behaltet bloß die Karte. Das griechische Modell, über Wasser halten Diggaaaaa!" TRASHGEFLÜSTER seh ich heute zum ersten Mal. Kannte bisher nur das Demo. Live sind sie auf jeden Fall stark. Die Band um Sänger Kai Kasubke ist bestens gelaunt, vermutlich auch weil die ausgegeben Gratis-Biermarken längst versoffen sind.
Für mich heute Abend die beste Band, da passt soweit alles. Band hat Bock, Publikum geht ab und der dargebotene Deutsch-Punk läuft auch gut rein. Textlich durchaus politisch, gepaart mit etwas Sarkasmus und Provokation, dazu ein paar griffige Refrains und Melodien. Da gibts nix zu mecken!
Der Schlagzeuger hat mal geile Sticks, nämlich rote. Die leuchten abgefahren im Bühnenlicht. Hab ich bisher noch nie gesehen, bzw ist mir sowas noch nie auf einem Konzert aufgefallen. Man wird regelrecht süchtig beim zugucken, anderseits macht es auch ziemlich wirr im Kopf, gerade wenn der bereits etwas vernebelt ist.
Leckerer Schnaps! So erobert man sich gekonnt die Herzen des Publikums. An Publikumsanimation hapert es auch nicht, irgendwann steht jemand aus dem Publikum auf der Bühne und singt erstaunlich textsicher mit. Außerdem wird mit billigen Tricks wie "Schnaps verteilen" gearbeitet. Das zieht im Rattenloch immer.
Der MANN kommt auch erst nach dem Fußballspiel und entern kurz darauf schon die Bühne. Schnaps haben sie auch im Gepäck! Na super! Gleich ist auch der letzte voll wie Arsch!
Mein Stichwort: Kann mich an nicht mehr viel erinnern. Fand aber die Band ganz gut und hatte viel Spaß im Pogo.
MANN KACKT SICH IN DIE HOSE habe ich dann schichtbedingt leider verpasst, aber ist das denn wirklich schlimm? Außerdem passt es ja auch in das Gesamtkonzept meines Abends.
Tut mir jedes mal in der Seele weh, aber was soll ich machen, ich kann die Leute ja nicht reintragen. Da kommt eins zum anderen, die einen pennen bereits, wieder andere kleben an der Bar, sind rauchen oder haben sich mit irgendwem festgequatscht. Ein paar Leute drängen sich um den Kicker und ein paar Leute sind schon auf dem Rückweg. Hinzu kommt Desinteresse, Ignoranz, Faul- und Trunkenheit. Wer nun außer Fö behaupten kann, dass er immer jede Band auf einem Konzert von vorne bis hinten guckt, der werfe den ersten Stein. Aber 20 Menschen beim "Headliner" im Vergleich zu ca. 80 bei der ersten Band, ist schon hart.
Ich hab durch Öffnen der Tür zum Thekenraum noch versucht, ein paar Leute Richtung Bühne zu locken, hatte aber glaub ich eher gegenteiligen Effekt. Als letzte Band dann AUF BEWÄHRUNG, die ja schon ein bisschen aus dem sehr Spastic Fantastic-lastigen Line Up herausstechen, was ihnen wiederum mit Abwesenheit eines Großteil des Publikums gedankt wird.
Da war die Enttäuschung vielleicht sehr groß. Mit dem letzten Teil der Backline verschwanden auch die Bandmitglieder im Wagen und dann sah man nur noch kurz die Rücklichter aufblinken und weg waren sie. Zur Verteidigung muss man aber auch sagen dass sie noch eine weite Heimreise vor sich hatten und die Uhrzeit schon stark fortgeschritten war. Außerdem sind meine Erinnerungen an die späteren Stunden auch etwas getrübt. Zeitgleich spielte sich zu dem ein gegenteiliges Szenario ab. TRASHGEFLÜSTER Sänger Kai Kasubke musste nämlich erst mittels Gewalt von seinen Bandmitglieder in den Wagen buchsiert werden, damit er das Rattenloch verlässt.
Komisch, das Mädel, das ihn am Ohr rausgezogen hat, ist mir auf der Bühne gar nicht aufgefallen. Immerhin spielen sie extra für diese Situation das Lied "10 Schwerter". Vielleicht hätte man ihnen sagen sollen, dass das Lied eher 10 Sauerländer heißen sollte, aber wer nach dem Konzert einfach ohne sich zu verabschieden abhaut, bekommt auch keine gut gemeinten Tipps mehr.
Ich fand den Auftritt gar nicht mal so lahm, sondern eigentlich ganz gut. Die Band hat es definitiv drauf und hat einige gute Lieder in petto. Ok, das Feuer und die Leidenschaft fehlen heute etwas, das stimmt.
Hab davon dann auch nichts mehr mitgekriegt. Die Musikfetzen, die aus dem Pool in den Mittelraum rüberwehten, waren aber eine super Untermalung für Gespräche. Nicht zu laut, etwas verspielt und nicht zu energetisch. Musikalisch schafft es die Band übrigen,s noch lahmer als ohnehin schon auf dem Album zu sein. Okay, wenn man eine weite Reise hinter sich hat, ist es immer scheiße, wenn man dann vor einem Dutzend Leuten spielt. Schon kapiert. Das ist aber kein Grund sich nicht trotzdem den Arsch aufzureißen.
War halt ein krassser Kontrast zu den vorher gegangenen Bands. Der Sauerländern-Schlappiro-Fraktion und den schwer tättowierten Spastics war es vielleicht etwas zu langsam und mit zuviel Indie im Punk. War vielleicht strategisch unklug, die ruhigste Band am Ende zu platzieren. Trotzdem, gute Band und sympathische Menschen.
Schön wärs, dann bräuchte man Nachts nicht immer die ewig gleichen, blöden Diskussionen führen, warum man denn nicht im Rattenloch schlafen darf. Irgendwann will nicht nur ich, sondern auch der letzte Helfer ins Bett und spätestens dann ist einfach Feierabend, auch wenn der Zug oder Bus dann noch nicht da ist. Ein Schlafplatz ist nicht im Preis für das Konzert mitinbegriffen. Um etwas gegen die ständig einschlafenden Sauerländer zu unternehmen, haben wir am letzten Donnerstag die Couches im Mittelraum mit Stromspannung ausgerüstet, die auf Knopfdruck Ladung abgeben. Hier vorgeführt an einem Ex-Paderborner.
Überall liegen sie rum und pennen. Was für Waschlappen! Auf einem Rave tanzen die Leute bis 11 Uhr morgens, andere gehen erst um 0 Uhr los in den Club oder in die Disko, bei Punkrock-Konzerten pennen die ersten Leute um 11 Uhr besoffen mit dem Kopf in einer Bier und Sabberpfütze aufm Tisch! Ich glaub die Dichte an schlafenden Menschen auf einer Party ist bei keiner Subkultur höher! Versteh sich von selbst dass dies in keinstem Fall positiv gemeint ist. Hier wird das Wort Penner-Punk komplett neu definiert!
Dieser nette Herr verliert zum Glück sein Handy und kommt am Sonntag um es abzuholen und hilft gleich mal beim putzen. Das nenn ich Einsatz, vor allem da er sich ein Bild von dem Außmaß der Verwüstung machen konnte. Es sieht aus wie Scheiße! Überall zerbrochenes Glas, der Boden ist quasi komplett bedeckt mit Scherben in allen Größen. Es klebt so höllisch, dass man eigentlich unmöglich den Halt verlieren kann und überall liegt Müll.
(Achtung. Es besteht kein Zusammenhang zwischen Bild und Text) Auch nicht im Service und Konzertpreis ist es übrigens inbegriffen, dass man, sofort nachdem Mensch geweckt wird, die Zugverbindungen raus gesucht bekommt! Schon gar nicht, wenn man nicht mal "bitte" sagt sondern "such mir mal meine Verbindung raus, wenn ich schon gehen muss". Aber ich spieß schon wieder rum. O-Ton: "Im AZ stellen se sich nicht so an, ey!"
Bela kann man schließlich keinen Vorwurf machen. Der hat nämlich sogar eine Kaffeemühle gegen die Müdigkeit mitgebracht. Sehr löblich!
Nichts, da kanns nix geben! Ein schöner Abend geht zu Ende und ich lasse mich somit, dezent angetrunken von meinem Toyboy R.Itzken und dem Messias nach Hause geleiten. Was gibt es schöneres als einen herrlichen Sonnenuntergang nach einem langen Konzert im Waschbecken?