Pascow, Duesenjaeger, 28.01.2017 in Wiesbaden, Schlachthof - Bericht von der Redaktion
Pascow, 28.01.2017 in Wiesbaden
30 Minuten zuvor schallt ein "ist hier ein Nils H. anwesend?" durch das leere Foyer des Murnau Filmtheaters. Aber Pustekuchen. Also startet der Film ohne euch und alle freuen sich über die 2 leeren Plätze.
5 Minuten nach VVK-Start schnell zwei Tickets für Film und Konzert gekauft, sogar jemanden gefunden, der mitkommt und dann den Film verpasst; und die Film&Konzert-Karten gelten im Gegensatz zu den "normalen" Karten auch nicht als Ticket für die Hin- und Rückfahrt, super gelaufen. Nils sagte irgendwann im November, ich könnte ja ma wieder vorbeikommen. Hmm, was gibt's in nächster Zeit denn gutes? Pascow, ja, schon länger nicht mehr gesehen, das kann man mal wieder machen. Der frühe Vogel fängt das Sparticket und so transportiert mich die DB für schlappe 14,25 € von Augsburg nach Frankfurt. Leider mit gerade so viel Verspätung, dass wir die S-Bahn nach Wiesbaden und damit den Anfang des Films verpassen. Da stehen wir nun mit zwei Stunden Zeit, einer Flasche Gin und einem Sixpack Radler... denkt euch einfach den Rest.
Die Band wollte ja eigentlich galant unter den Tisch kehren, dass sie aus logistischen Gründen auf dieser Tour auf einen Nightliner zurückgreifen musste. Aber nicht mit Bierschinken-Leaks! Pascow sind eben ein bisschen eigen. Oder eigener.
Immerhin wurde der Eingangsbereich des Kinos noch mit "Brodersen - Eigentlich wollte ich doch nur ins Kino"-Aufklebern verschönert. Das erwähnte Filmtheater und die 2 leeren Plätze. Nach einer kurzen Ansprache durch Flo ("und wenn euch der Film nicht gefällt, schmeißt bitte nicht mit Dosenbier") und Kay ("Endlich die letzte Vorführung") schauen die Zuschauer gebannt auf die Leinwand und wir, äh, hauen ab.
Oh ja. Das ist dann wohl die größte Headliner-Show aller Zeiten für die Dorfpunker von Pascow. Aber es geht ja nicht darum, irgendnen Rekord oder ne Verkaufszahl oder irgendwas zu brechen.
Beim letzten von mir besuchten Pascow-Konzert in der Au war der ganze Laden ungefähr so groß wie diese Bühne. Beim Betreten der Halle denkt man erstmal woaaah.
Immerhin war auch die Discokugel proportional zur Hallengröße dimensioniert. Ne große Halle gibt natürlich ordentlich Gelegenheit, sich auszutoben. Zum Beispiel beim Frisbee-Spielen.
Professionell wars auf jeden Fall, nix für unpünktliche Panker. "Gude" sagte auch der Pfandsammler vor der Tür, was ich erst auf Nachfrage verstand. Pascow haben jetzt also den Rang erreicht, in so großen Läden zu spielen, dass es vor der Tür professionelle Pfandsammler für die leeren Wegbierflaschen gibt.
Ich bin ziemlich angetan von den Räumlichkeiten des Schlachthof. Zwar bevorzuge ich Hallen mit ungefähr 10% der heutigen Kapazität, aber für die Größe macht das hier alles nen netten Eindruck, auch kleine politisch und sozial motivierte Einflüsse machen sich bemerkbar, ob durch Aufkleber, Graffitis oder auch nur durch die Wahl des WLAN-Passworts. Da können sich Läden in vergleichbarer Größenordnung ruhig ne Scheibe von abschneiden.
Die haben eh nen ziemlichen Trip hinter sich - kreuz und quer durch die Republik. Osnabrück-Saarbrücken-Hamburg-Wiesbaden und zurück ist jetzt nicht unbedingt die optimale Route für die Klimabilanz. Support machen heute die DUESENJAEGER aus Osnabrück, die mussten also auch ein Stück anreisen.
Ich hab mal ein paar CDs von denen gehört, ich glaube die ersten zwei Alben, als ich noch in einem Alter war, in dem man versucht hat, sich in jede Band, die man irgendwo sieht, voll reinzuhören. Hat nicht geklappt und/oder nicht gehalten.
Jau, den Eindruck hab ich heute auch. Da fehlt einfach die Nähe. War zwar abzusehen, trotzdem schade. Die Band spielt, sie spielt wahrscheinlich auch ganz gut, aber mich berührt das hier eher wenig. Die sehen auch aus als würden sie eher auf ne kleinere Bühne gehören.
Duesenjaeger habe ich 2005 (musste ich googeln, da ich keine professionelle Konzertbesuchs-Excel-Tabelle führe.) vor wenig Menschen vor dem Ofen in der Alten Meierei in Kiel gesehen, 2029 dann wohl als Headliner vor 100.000 Menschen auf dem eigenen Festival oder so.
So gut kam es bei mir auch nicht an. Der Großteil des Publikums wirkte auch nicht danach, ernsthaft an Vorbands interessiert zu sein.
Pünktlich um zehn (glaub ich) dann PASCOW! Der Bassist in Netzstrümpfen und Kleid, wir überlegen, ob Fat Mike da eine Welle losgetreten hat.
Schnaps. Es gab aber auch ne Popcornmaschine und Popcorntütchen gegen Spende an Pro Asyl. Zum Glück musste ich hinterher nicht die Location saubermachen, was das für einen Dreck macht, nee nee nee.
Bei so großen Läden sind "Band spielt im Publikum"-Sachen für ca. 30 Leute witzig, der Rest sieht nix mehr, durch den Graben vor der Bühne dauert es ewig, bis was passiert und der Sound leidet auch drunter. Fand ich eher überflüssig.
Bei der "Band spielt im Publikum"-Aktion gibt es heute mal ein paar Probleme mit Flos Kabelage. Spielt er also im Sicherheitsgraben, auch okay. Da guckt ihm wenigstens keiner unter den Rock.
Fö ist soooo cool, er darf die Bands auf der Bühne von der Seite fotografieren! Aber immerhin gibts so ein paar passable Fotos. Weil der Laden ja so groß ist. Ich werde dieses Thema gleich abhaken, nach dem nächsten Bild.
Richtigstellung: Die Disco war nebenan, die Halle wurde nur geräumt damit wir weiter Frisbee spielen können. Also: Pascow haben den Kreis geschlossen und spielen jetzt wieder auf Veranstaltungen, die früh zu Ende sind. Mein ersters Pascow-Konzi war im Linken Zentrum in Düsseldorf, und da musste wegen Anwohnern um zehn alles vorbei sein. Dazwischen gab es sicher mal eine Zeit, in der Pascow die mittelgroßen Clubs als Headliner beehrt haben und das dann auch lange ging. Jetzt spielen sie wieder so, dass man früh zu Hause ist, aber nur weil der große Kommerzschuppen für die Disco danach geräumt wird. Ich finde das nicht unbedingt gut, aber das ist eine dumme Hipstermeinung, ich gönne es der Band von ganzem Herzen, dass sie sich ein derart großes Publikum erspielt haben.
Hört hört, zieht das Feine-Sahne-Argument jetzt auch schon bei Pascow? Mit den absolut korrekten An- und Aussagen gegen alle Übel diese Welt ist es ja nun mal so, dass es im AZ Hinterhof nur die Leute hören, die es eh schon wissen. Preaching to the choir. Und wenn hier auch nur einer vom Schmutzki-Hören oder CDU-Wählen abgekehrt wird, ist alles gut, so wie es ist.
Noch ein Problem großer Hallen: Flo muss lange nach nem geeigneten Podest zum Runterspringen (O-Ton Ollo: "Ihr könnt ihn ruhig fallen lassen, ist das letzte Konzert der Tour") suchen. Warum eigentlich nicht das beleuchtete Fenster da oben?
Andere Pascow-Konzerte waren deutlich intensiver, bei Hallen in der Größe ist der Schlachthof aber sicherlich eine gute Wahl, sympathischer als z.b. die neue Batschkapp ist es auf jeden Fall. Trotzdem: Öfter und in kleineren Läden spielen!
Hier ist noch Platz, also noch wat hinterher: Ich fand die Setlist eher dürftig, viel zu großer Fokus auf dem neueren Output. Von meinen Lieblingsplatten Diskopistole und Geschichten jeweils nur ein Song, das darf ja wohl nicht wahr sein!
Pascow ist aber eine derart gute Band, dass das Konzert trotzdem die Gesamtnote 2 von mir kriegt. Plötzlich ist es ein Open-Air-Konzert unter einem quadratischen Mond. Atmosphäre!
Ich verabschiede mich dann mal von Band und Crew, eine tolle Zeit war das mal wieder! Aber der Schlafkoje ziehe ich heute ein gemütliches Bett bei Corni vor, danke nochmal! Aber zuvor vergnügen wir uns noch auf der Disco im Kesselhaus, wo Bocky und Falk auflegen.
Oder wie andere Konzertbesucher mit Brodersen und Erdnuss-Flips in der Bahn sitzen, um zu Hause noch Secret Tapes bei Tony Hawk's Pro Skater HD zu suchen. Das Geile am Kesselhaus: Ich kann durch die Fenster beobachten, wie die anderen das Zeug einladen müssen. Hihihihihi!