Decibelles, James First, La Familia, 23.04.2017 in Dortmund, - Bericht von der Redaktion
Decibelles, 23.04.2017 in Dortmund
Und das entspannt an einem Sonntag, perfekt. Eigentlich hatte ich ja meine Chance, James First mal live zu sehen, erst letztens im Rattenloch gehabt. Da ich jedoch an besagtem Termin noch total in den Seilen hing, bietet sich heute nun Gelegenheit Nummero Dos. Diesmal sogar ganz ohne nervige An- und Abreise ins beschauliche Schwerte. Stattdessen soll die Aktion ganz entspannt inkl. arbeitnehmerfreundlichem Ende um 22 Uhr im Nordpol stattfinden. Soweit so gut, als auf in die Münsterstraße!
Tatsächlich bin ich ja angenehm überrascht, dass sich doch einige Menschen aus ihrem Bett gequält haben und sich jetzt die ersten Klänge von LA FAMILIA geben. Irgendwie ein komischer Name. Klingt als würden die entweder Oi! oder Gangstarap machen. Nope, Ska-Punk gibt es auf die Ohren. Immerhin nicht die Kirmes-Variante, sondern viel mehr schnellen Hardcore-Punk mit dreckigen Stimmen, leichten Crackrock-Einlagen und Bläsern.
Eigentlich bin ich nicht mehr so der Ska-Fan, vermutlich weil ich in den frühen Nuller-Jahren zu viel davon gehört habe, so wie Obelix und der Zaubertrank. Aber La Familia hat mir gut gefallen. Haben sich mächtig ins Zeug gelegt. Gute Performance, einfach alles geben.
Trompete und Saxophon waren jetzt nicht schlecht, aber auch nicht besonders kreativ eingesetzt. Da geht noch mehr. Wenn man schon mehr Instrumente auf der Bühne hat, sollte man die auch nutzen, und nicht nur den Druck der Standard-Punk-Combo unterstützen. Opener der Band war der Song "Ska sucks". Weiß jemand, ob das ein schnelles Cover war, oder ein eigenes "Ska sucks"? Im Nachhinein hat es mich doch gefreut, mal wieder Ska um die Ohren gehabt zu haben.
Ja, tatsächlich kurzweilig eine gute Nummer...das findet auch die hier anwesende Punkrock-Polizei und beendet den Auftritt kurzer Hand. Das find ich auch zunächst noch ganz okay, bis dann mitgeteilt wird, dass die anderen Bands gar nicht mehr spielen dürfen. Irgendwas mit Störung an der Ruhr. Nene, bevor hier Ruhrschrei spielen wird erst mal halb Dortmund in Flammen stehen. Spontan solidarisiert sich auch Berlin, worauf dort die Steine und Mülleimer fliegen. Als sich dann noch ein Horde benieteter Iroträger in geklauten Autoscooterwagen zur nächsten Polizeiwache aufmacht, erklärt sich spontan die O2-World bereit das Konzert bei sich stattfinden zu lassen.
Aufgrund der Turbulenzen und des ungewissen Ausganges, sind jedoch schon ein Großteil der Konzertbesucher nach Hause gefahren, weshalb an der O2-World nur noch ca. 40 Leute ankommen. Gerüchten zufolge ist der Scooter-Brigade irgendwo hinter Hannover der Saft ausgegangen und leider hatte man auch vergessen, sich zusätzlich zu den Fahrzeugen auch noch genügend Chips aus dem Kassierer-Häuschen zu klauen. Ärgerlich! Der Manager der Halle jedenfalls ist beim Anblick der doch eher kleinen Gruppe sichtlich angesäuert. Zum Glück erklärt sich der Hausmeister bereit, das Konzert in seinem zufällig gerade leer geräumten Lagerschuppen stattfinden zu lassen. Netter Zug!
So ist es dann doch sehr muckelig als die DECIBELLES anfangen. Interessanter Mix aus Punkrock und einem hohen experimentellen Anteil. Auch der mehrstimmige feminine Gesang gefällt mir echt gut.
Da schließe ich mich dem Zwen an. Der gedoppelte hohe Gesang gab dem ganzen Stil der Decibelles eine besondere Note und rundete den Stil perfekt ab. Bisher selten gehört, erinnerte mich etwas an japanische Bands. Dazu bestachen die Decibelles mit einer unglaublichen Spielfreude und Energie. Der scheppernde Powerpunk wurde hier und da von noisigen Elementen und melodiösen Soli angereichert. Geile Mischung. Die Decibelles schaffen mühelos die Quadratur des Kreises. Zum einen Punk, den man schätzt und kennt, und dabei doch eigenständig und besonders zu sein, was bei ihnen über das bloße Merkmal eine Frauenpunkband zu sein weit hinausgeht.
Einzig der Name will mir nicht gefallen. Allerdings bleibt der hängen, also haben vermutlich auch hier die Decibelles alles richtig gemacht. Erinnert mich persönlich leider nur an diese weibliche AC/DC Coverband: Hells Belles.
Nun freiwillig in der Headliner-Position: JAMES FIRST aus dem hohen Norden. Da wir an dem Abend schon genug schlechte Wortspiele mit "letzter Act" und dem Bandnamen gemacht haben, appelliere ich an dieser Stelle mal daran das einfach sein zu lassen.
Immerhin liefern James First richtig schön ab und ballern sich mit ihrem amtlichen Hardcore-Brett tief in mein Herz.