Strike Anywhere, Petrol Girls, 25.04.2017 in Utrecht (NL), Ekko - Bericht von Zwen
Strike Anywhere, 25.04.2017 in Utrecht (NL)
Zunächst einmal wird aber ein bisschen durch Utrecht geschlendert. Schließlich war hier noch keiner von unserer Gang und die Städte und Regionen in diesem kleinen Land an der Nordsee habe ich schon länger ins Herz geschlossen. Auch Utrecht bildet da keine Ausnahme; seien es die bunten Zebrastreifen, die Pissoirs an jeder Straße, die Ampeln, welche hier sogar mehrere Kategorien von Gender und Beziehungsmodellen anbieten, die Grachten, die kleinen Gässchen und die liberale Einstellung zum Konsum von Cannabis. Ja, wenn selbst die Parkhausschilder dezente Hinweise enthalten...
Ja, sehr innovativ diese Niederlande. Könnte sich Deutschland mal ein kräftiges Stück von abschneiden. Jetzt fehlen solche Dinger nur noch für feminine Wesen und alles ist gut.
Doch verlasst euch nicht nur auf mein Urteil. Auch Dortmunds größter Punkrocker und eingetragener Pissoir-Tester benotet die Teile mit "gut" bis "sehr gut".
So, jetzt haben wir hier ganz schön viel Zeit vertrödelt und mittlerweile ist es auch schon halb neun, also schnell mal zur Location. Diese heißt Ekko, liegt direkt an der Gracht und ist ein sehr nett eingerichteter Laden bei dem man erst durch einen sehr schmalen Flur muss und dann rechts den verglasten Kneipenraum liegen lässt. Eine Treppe führt nach oben zum Raucherraum und zur Garderobe. Der Raum selbst ist angenehm geräumig und erinnert ein wenig an das Druckluft. Ein sauberes Druckluft versteht sich.
Aufgrund unserer ausgiebigen Erlebnistour verpassen wir leider die erste Band Smash The Statues. Das ist schade, schließlich sollte man sich die lokale Vorband aus Prinzip immer anschauen und zum anderen habe ich noch nie was von der Band gehört. Nächstes Mal fahren wir einfach eine Stunde eher los und dann passt alles.
Immerhin kommen wir rechtzeitig zu den PETROL GIRLS. Die sind definitiv großartig, obwohl ich sie irgendwie etwas schneller in Erinnerung hatte. Egal, diese Mischung aus Prog-Rock, Punk und einem Schuss Indie ist gepaart mit der dreckigen und extrem kraftvollen Stimme einfach richtig gut zu hören und sorgt dann mit Songs wie "Restless" für ein absolutes Feuerwerk.
Richtig gute Ansagen (von mir einfach mal frei ins Deutsche übersetzt) gibt es auch: "Unser nächster Song heißt 'Violence'. Dieser richtet sich nicht dagegen, dass man aus Versehen einem Nazi ins Gesicht boxt, sondern gegen die staatliche Gewalt durch Repressionen und Grenzen."
Dann gibt es auch diesen recht neuen Song zu hören, welcher von der Band mit einer langen, aber sehr wichtigen Ansage eingeleitet wird. Nämlich, dass sie eigentlich keinen Bock mehr haben bei jeder Show auf sexuell motivierte Belästigung hinzuweisen, aber dass es leider ständig passiert und deswegen nötig ist. Leider zu wahr, wie dieser Post von Smash The Statues beweist.
Wir gehen mal nicht in den Raucherraum, aus welchem Matze nur ganz verstört wieder herauskommt und nur etwas nuschelt wie "ganz komisch hier", sondern setzen uns lieber hier vor den Laden ans Ufer. Da kann das blaue Band vorm Rattenloch echt nicht mithalten.
Bei der Bewertung hier ist sich Matze nicht ganz sicher. Zwar zieht es untenrum ein bisschen, dafür gibt es Pluspunkte für den Blick.
Dann geht es auch schon wieder rein, denn jetzt spielen ja STRIKE ANYWHERE, welche ich ganz schön lange nicht mehr gesehen habe, weshalb ich zugeben muss, dass ich von den optischen Veränderungen doch zunächst ein wenig geflasht bin. Immerhin hat Thomas noch seine schicken Dreadlocks und auftrittstechnisch bringt es die Band sowieso total.
Einziges Manko ist vielleicht, dass das schon wieder so ein von vorne bis hinten einstudierter Auftritt ist. Mich stört das aber nicht, so sitzt immerhin jeder Akkord, jede Ansage, jede Bewegung und sowieso einfach alles. Okay, von mir aus hätte man jetzt nicht unbedingt nach jedem Song erstmal die Gitarre nachstimmen müssen, aber jeder so perfektionistisch wie er mag.
Aber genug mit den Stänkereien auf extrem hohen Niveau. Der Auftritt ist einfach 'ne Wucht! Gespielt wird quer durch alle Alben und nur Hits. Diese kann ich jetzt gar nicht alle aufzählen, aber "Infrared", "To The World" und noch einiges vom nicht mehr ganz so neuen Album "Iron Front" wie z.B. den krönenden Abschlusssong "I'm Your Opposite Number", war dabei. Apropos, wie wäre es denn mal mit einem neuen Album? Das ist doch viel zu schade für so eine gute Band, wenn man eigentlich nichts mehr macht und nur noch alle zwei Jahre mal auf Tour geht.
Das Publikum dankt übrigens während des ganzen Sets mit ausgelassenem Pogo und sogar Stagedives, was ja für einen Dienstag-Abend echt ungewöhnlich ist, aber sehr viel Spaß macht. "Is' so Groezrock-Publikum hier" kommentiert Matze. Ja, warum auch nicht, außerdem spielen Strike Anywhere dort ebenfalls. Falls ihr da seid, solltet ihr die fünf Typen aus Richmond auf gar keinen Fall verpassen!
Ich für meinen Teil bin jedenfalls nass geschwitzt. Außerdem sind meine Rückenschmerzen weg. Ich glaube ich schreibe mal irgendwann ein Buch über die heilsame Wirkung von Punkrock.
Apropos, meine Freunde haben da noch eine kleine Überraschung für mich. Sänger Thomas wünscht mir höchstpersönlich alles Gute. Danke Leute! Das ist echt nett. Hätte man mir mal vor 10 Jahren sagen müssen.