Crusades, 28.04.2017 in Rheine

mrks: Ich hatte stets angenommen, die mit roten Backsteinhäusern reichlich zugemauerte verschlafene Frühsonntagsstadt Rheine sei ein Vorort der beliebten Studentenmetropole und Ortschaft gewordenen Fahrradbörse Münster. Tja, weit gefehlt würd ich mal sagen. Rheine gehört zum Kreis Steinfurt. Eine wirklich unerwartete Zugehörigkeit, auch weil ich Steinfurt eigentlich eher in südlicheren Gefilden vermutet hatte. Ist aber auch ein häßlicher Name. Auf der Hinfahrt reden wir viel über unsere wohlverdienten und genüßlich verbrachten Urlaube. Ein eleganter Ausflug zum einzig für uns erreichbaren Stop der kanadischen Düsterpunkband Crusades auf ihrer aktuellen Europatour scheint sich anzubahnen. Im Gepäck haben Crusades ihre neue Platte "This is a Sickness and Sickness will end". Ich freu mich richtig.
Fö: Crusades machen echt nur Halt in ausgewählten Metropolen. Paris, London, Zürich, Rheine. Der Booker muss echt nen geilen Humor haben!

mrks: Angekommen in Rheine. Wir suchen den Laden TRINKHALLE, finden die Diskothek ROXY. Blitzschnell wird festgestellt, das die Trinkhalle sich quasi bloß einen gemeinsamen Eintritt mit der beliebten Knatterbude ROXY teilt. Publikum des ROXYS: 16 Jahre, nach Nivea riechend. Publikum der Trinkhalle: Club 27 und aufwärts, Alkohol ausdünstend.

mrks: Nach einem Begrüßungsschnaps an der Tür, welchem auch der Chef nicht abgeneigt ist ("Bei Kettenfett kann ich einfach nicht Nein sagen. Ich steh manchmal sogar nachts auf dafür" Zitat Fö 20:53), geht die wilde Bumserei auch schon los mit der Münsteraner Hardcorepunkband NOTIONS.
Fö: Gar nich wahr, die Kassendame hat uns GENÖTIGT, Schnaps zu trinken. So wird es zumindest in den Geschichtsbüchern stehen.

Fö: Notions machen so Hardcoregedöns, eher die modernere Schiene, paar getragene Parts hier und da, dann geht's wieder fett nach vorne - alles ganz okay, aber irgendwie hab ich das auch alles schon tausendmal gehört. Zum Aufwärmen und Mitwippen okay, aber zur vollen Ekstase fehlt mir da einfach die Eigenständigkeit.

mrks: Mir gefällt das so 50/50. Ist einfach nicht so meine Tasse Tee. Diese Art groovy Harcore, auch Turnschuhpunk genannt. Aber weniger Nike Air Max, mehr so Onitsuka Tiger. Erinnert mich stellenweise an The Bled, so Emo von 2001 oder was. Ist ok, aber reißt mich jetzt nicht irgendwie vom Hocker oder so.

mrks: Dann kommen DISMALFUCKER. Auch aus der Nachbarstadt mit dem AAsee angereist und sie haben den König von Münster Jan Hardcore in der Band. An der Gitarre, nicht am Schlagzeug. Na macht ja nichts, gefallen tut mir das sowieso.

mrks: Nach schön langer Präsentation diverser Rückkopplungen wird mit nem Klarn angestoßen, Gitarrenmann nimmt direkt das große Glas (die Flasche) und dann auf die Plätze, fertig, los, Ballerei. Angenehmes Gefühl eines entgleisenden Schnellzugs, der durch den Gehörgang brettert.

mrks: Das kleine Teufelskerlchen am Mikrofon gibt alles. Engelsgleich erzählt er uns so manch Anekdote aus seiner fröhlichen Jugend, verpackt in doch recht böse klingende Crustpunksongs.

Fö: Dismalfucker gehen mir auch erstaunlich gut rein. Schönes Gebretter mit kehligem Gebrüll, darüber schwebt eine leichte GG-Allin-Aura, nur ohne AA. Jan Hardcore fegt Schnaps in jeder freien Sekunde, die ihm beim Gitarrenspiel gelassen wird. Und der Sänger scheint als habe er es gar nicht mehr nötig, noch weiter Liquide zu konsumieren.

mrks: Plötzlich springt so ein scheiß Jesus an mir vorbei, schmeißt seine stinkenden Haare durch die Luft und streift die Kackzotteln einmal schön durch mein Bier. Ich könnt kotzen. Ich hab nicht wirklich was gegen diese Hippiescheiße mit die Haare, aber bitte, wenn du so aussehen willst, dann lass doch Unbeteiligte damit in Ruh. Ist doch dein Problem. Ich könnt kotzen. Naja, Schwamm drüber.

mrks: Es folgt eine etwas längere Umbaupause. Aber dann gehts los endlich. CRUSADES starten mit diesem Song der auch als Vorabvideo erschienen ist. Also quasi der Single des neuen Albums "This is a Sickness and Sickness will end".

mrks: Es folgen erstmal ein paar ältere Sachen aus den ersten beiden Platten und auch den 7inches. CRUSADES spielen schnellen leicht metallernen Punkrock und beschäftigen sich mit allerlei okkulten und düsteren Themen. Das Christentum ist der erklärte Feind der Band. Mein Lieblingsalbum ist das 2013 erschienene "Perhaps you deliver...", ein Konzeptalbum über den Philosophen Giordano Bruno, welcher einer der ersten Kirchenkritiker und atheistischen Philosophen war.
Fö: Stimme zu, super Album! Bin froh dass so einiges davon gespielt wird. Aber die neuen Sachen können auch was.

Fö: Ich bin total begeistert, wie gut die Band zusammen spielt. Und wie geil das funktioniert, wenn die drei Fronttypen sich locker den Gesang aufteilen, jeder hat so seine Parts in den Songs, was die Lieder unheimlich spannend macht. Crusades schaffen es wirklich, aus den Zutaten Punk, Pop, Metal und dunkler Düsternis ungemein stimmiges Liedgut zu schaffen.

mrks: Leider finde ich den Sound nicht mehr so gut wie noch bei den beiden münsteraner Bands. Mag aber auch daran liegen, das nach DISMALFUCKER meine Ohren einfach kaputt sind.

Fö: Der Sound war echt kacke. Schon schade, dass sich die Musik der Kanadier nicht so wirklich voll entfalten kann - vielleicht deswegen das erstaunlich verhaltene Publikum. Oder es kann sich nur keiner bewegen, weil viel Motorik in der hier vorherrschenden Szene-Uniform (schwarze Jeanskutte mit metergroßen Patches) einfach nicht machbar ist.

mrks: CRUSADES spielen insgesamt ein wirklich mitreißendes Set, welches einen Strategen in der ersten Reihe sogar ab und zu dazu anregt, das Feuerzeug rauszuholen und es verträumt durch die Luft zu wedeln. Da fliegt die Kuh in Rheine, kann man sagen.

Fö: Auftritt dann irgendwie auch viel zu schnell vorbei, das war echt mal gut! Für den miesen Sound können sie ja (vermutlich) nichts. War doch mal ein lohnenswerter Trip, die guten anderthalb Stunden Gurkerei nach Rheine! Und jetzt das Ganze nochmal zurück. Juhu!

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