Untergang! Festival Tag 2: Todeskommando Atomsturm, Finisterre, Hass, Femme Krawall, Eat The Bitch, The Grabowskis, The Crowds, 16.12.2017 in Mülheim/Ruhr, AZ Mülheim - Bericht von der Redaktion
Untergang! Festival Tag 2, 16.12.2017 in Mülheim/Ruhr
Ich war auch am ersten Tag da. Da ich aber keine Band wirklich wahrgenommen hab (außer die Shitlers, aber da gabs nicht viel wahrzunehmen), wollte ich auch nicht am Bericht mitarbeiten. Gut erholt (Lüge) und mit leckerem (Lüge) Altbier vorgeglüht kommen wir irgendwann gegen 9 wieder am AZ an. Da geschlafen haben wir leider (Lüge) nicht.
Ich war ja gestern nicht dabei, weil die Shitlers gespielt haben. Aber heute scheint grauzonenfreie Zone zu sein, dementsprechend geht es auch für mich früh los!
Den ersten Tag hab ich nicht mitgenommen, nach der Arbeit hat sich meine Motivation nach Mülheim zu fahren, doch recht schnell in Richtung Bett verabschiedet. Ausgeruht (Wahrheit) und gut genährt (Wahrheit) schafft es meine Dortmunder Fahrgemeinschaft beim zweiten Anlauf auch endlich, sich in Richtung Bahnhof zu bewegen und verpasst auch nur den ersten Zug. Unterwegs fällt mir auf, dass ich das Objektiv mit dem zerstörten Autofokus auf der Kamera hab.
Jau voll fertig nach dem ganzen Alkohol und den Drogen. aber egal, meine Mutter hat mal gesagt, "man lebt nur einmal", also Vollgas. Zweiter Tag des
THE GRABØWSKIS machen heute den Opener in der Halle. Sehr mutig von den Veranstaltern, eine Schlagerband auf ein Punk-Festival zu buchen. The Grabowskis lassen sich nichts anmerken und tun so, als seien sie Punk.
Es gibt die üblichen Gassenhauer zu hören, für die ich zu solch früher Stunde noch nicht wirklich aufnahmebereit bin. Dafür aber immerhin einige torkelnde Besucher, von denen einige sogar mitgrölen (zugegebenermaßen beim Slime-Cover, aber wir wollen mal nicht kleinlich sein).
Ich bin eigentlich vom Auftritt ganz angetan. Nachdem ich die Band irgendwann mal einfach zu oft gesehen hatte und mir diese nervigen Hütchen- und T-Shirt-Spielchen langsam auf den Sack gingen, finde ich es nach längerer Pause wirklich erfrischend, die Thekenprominenz des Rattenlochs mal wieder auf einer Bühne zu sehen. Mir zur Liebe wird dann auch auf sämtliche Party-Anmach-Spielchen verzichtet. Somit ein guter Auftritt von Enno und den Biernüssen.
Leider verpasst. Ab jetzt versuche ich immer eine Stunde eher loszufahren, um nicht hinterher zwei Stunden zu spät zu kommen. "Wir kommen ja aus dem Sauerland..." ist wohl die ehrlichste Ansage, die jemals eine Schwerter Band gebracht hat. Das gleicht dann Ennos Ansage von vor gut zwei Jahren, als man behauptete NIEMALS in einem AZ spielen zu wollen.
Ich bin an dem Abend mal extra später nach Mülheim gefahren um mir den komischen Enno nicht zu geben. Meine Mutter hat mal gesagt, "wenn du nichts nettes über jemanden sagen kannst, dann sag besser gar nichts". Gegen den Rest der GRBOWSKIS habe ich nichts, der Fischer gehört sogar zu meinen besten Freunden.
AZ in a nutshell. Hey, aber immerhin ging es pünktlich los! Die Grabulinskis dürfen sogar ein paar Lieder mehr als geplant spielen, weil der Mischer der zweiten Bühne verschlafen hat..
Ich sage Fabi, dass die ja ein bisschen wie seine eigene Band klingen, dann einigen wir uns darauf, dass die Musik aber eher in Richtung Pestpocken geht. Also, Pestpocken in sympathisch, das trifft es wohl.
Warum sind Pestpocken unsympathisch? Gib mir Gossip! Dann aber irgendwann schließlich weiter im kleinen Raum mit EAT THE BITCH! Mit ein Grund, warum ich schon zeitig hier sein wollte, endlich mal ne Band die ich noch nicht zigmal gesehen habe. Aus Hamburg kommt der gemischte Vierer und serviert rotzigen Punkrock bis Hardcore.
Da wird ordentlich nach vorne gebrettert, die Sängerin legt ordentlich Wut in den Gesang. Das gefällt mir! Zwar in der einen oder anderen Form so schon oft gehört, aber immerhin wird hier kein tumber Rumpel-Deutschpunk geboten, muss man ja auch mal hervorheben.
Das hier sind dann wohl THE CROWDS. Ich traf Coco vor der Tür und sie sagte, der Sänger hätte ein Arabella-Mikrofon. Ich konnte mir darunter nichts vorstellen.
Nein, das war kein ehrlicher Rock, das waren merkwürdige alte Leute, die unangenehme Ansagen gemacht haben. Dann sah ich es und es machte klick. Ein Keyboard haben sie auch. Und unglaublich viele, unglaublich langweilige Songs. Wenn ich mich mit den lokalen Running Gags besser auskennen würde, könnte man fast behaupten, es sei "ehrlicher Rock", was hier präsentiert wird.
Auwei. Ich hab nie zuvor von der Band gehört, dabei soll es sie schon seit ungefähr 300 Jahren geben. Ich würde das so in die 80er Wavepunk-Ecke stecken, durch das Keyboard wirklich etwas Stranglers-mäßig, nur eben langweiliger. Und ich kann mir nicht helfen, aber so ein Kopfmikro wirkt einfach unfreiwillig komisch, so sehr ich mich auch bemühe, anzuerkennen, dass die Wahl des Mikros doch eigentlich nichts über Musik und Charakter der Band aussagt.
Mich fasziniert , als ich nach vorne gehe, eher, dass der "Sänger" ziemlich offensichtlich playback in sein Mikrofon zu murmeln scheint, während der Schlagzeuger, ebenfalls mit Kopfmikro versehen, euphorisch die Texte brüllt. Nach dem Song löst sich das Rätsel, anscheinend hatte das Mikro des Sängers nen Wackler und der Drummer musste übernehmen. Aber warum der Sänger dann trotzdem so tat, als würde er singen, wird wohl sein Geheimnis bleiben.
Eigentlich fasziniert mich am Auftritt nur, wie gut der Sänger seine Mundwinkel auf sein Arabella-Mikrofon abgestimmt hat. Hat bestimmt Jahre des Trainings gebraucht, in welcher er einfach in seiner Angler-... Pardon! Flieger-Hose dagesessen haben muss und lustige Grimassen geschnitten hat.
Die zweite Band auf der großen Bühne interessierte mich nicht, da stand ich lieber am Tresen und unterhielte mich mit einer netten Bekannten.
Ich bin endlich da, juchuuu. Keine Ahnung, wie die Band heißt, aber ich find ja Synthies ganz nice. Die ulkigen alten Menschen auf der Bühne erinnern mich an die abstrusen Bilder aus den Achtzigern, die mein Kopf anhand der Erzählungen meiner Mutter rekonstruieren konnte. Passt aber ganz gut zum Glühwein. Der Gitarrist und Sänger hat einen enorm hässlichen Tribal-Flammen-Gitarrengurt. Bevor ich mich entscheiden kann, ob ich diesen Stil-Fauxpas mutig finde, fangen Femme Krawall an und ich stürme rüber zur kleinen Bühne.
Ich glaube schon! Bis auf Moribund Scum irgendwann zum Abschluss des Abends, aber die hab ich eh nicht mehr gesehen. Ich verstehe zwar nicht warum man die gemischt-besetzten Bands räumlich von den reinen Pimmelbands trennt, aber irgendwer wird sich da schon Gedanken drüber gemacht haben. Ab auf die kleine Bühne, da tönt einem deutlich angenehmeres Geschepper entgegen. FEMME KRAWALL geben Gas. Waren Samstag nur Bands mit Frauengesang auf der kleinen Bühne?
Auf FEMME KRAWALL hab ich mich diesen Abend am meisten gespielt. "FUN im All" war dieses Jahr mein Vinyl-Highlight, da war die Gelegenheit günstig, den zweistimmigen Tornado auch mal live zu sehen. So sehen übrigens Photos aus, die im Dunkeln ohne Autofokus und Blitz gemacht wurden.
Entweder hatte ich das unbewusst abgespeichert oder die Outfits verraten es doch zu sehr, aber ich kam in den Raum und war mir sicher, dass diese Band aus Berlin kommt. Hab etwas sparsam geguckt als ich später erfuhr, dass das tatsächlich der Wahrheit entspricht.
Zweistimmigen Gesang find ich eigentlich gut und ein paar starke Songs haben sie auch ("Ohne Worte" z.B.), aber so wirklich mitreißen tut mich das heute nicht. Ansagen und Auftreten soweit sympathisch, Musik kann auch was, aber bei mir bleibt halt nix hängen. Fand ich schonmal besser.
Geht mir genauso, obwohl ich mich im Vorfeld echt auf die Band gefreut hatte. Immerhin kann ich jetzt sagen sie mal gesehen zu haben. Auf jeden Fall geil angepisster Punk von den fünf Leuten auf der Bühne. Ob der zweistimmige Wechselgesang jetzt unbedingt nötig wäre, keine Ahnung, aber geht gut ab.
Noch besser finde ich, dass die Menschen auf der Bühne genauso am Feiern sind wie die unten, nur eben mit Instrumenten und elegant-skurrilen Tanzeinlagen. Gute Ansagen, gute Party. Megagut. Ich bin vom zweistimmigen Gesang auf der Bühne genauso begeistert wie auf Platte. Kann man unnötig finden, weil ähnliche Tonhöhe, ich finds super, denn dat is Punk, da machste halt mehr. Mehr ist mehr, isso.
Hoffe, die machen noch gaaaanz viele Platten und spielen mal öfter hier in der Gegend. Dass Sängerin Duygu vor "Ohne Worte" über ihre zweite Staatsbürgerschaft thematisch nochmal den Bogen zur Türkei schlägt, und schlussfolgert, dass sich Antinationalismus doch bitte nicht nur auf Deutschland beschränken sollte, lässt mir beinahe ein Freudentränchen das Gesicht runterlaufen.
Ähnlich ging es mir auch. Letztendlich hat mich dann aber das "Schon immer Punk Rock"- Banner endgültig aus der Halle vertrieben. HASS ging in meiner behüteten Jugend an mir vorbei, deshalb sind das für mich hier nur ein paar dicke alte Männer. Es ist nicht schlecht, aber es motiviert auch nicht, näher ranzugehen.
Ich hab mich mit Hass auch nie auseinander gesetzt, extreme Emotionen waren mir immer fremd. Der gut einstündige Auftritt geht dann auch eher an mir vorbei. Stimmen von Leuten, die die Band kenne, sprechen abwechselnd von einem guten Set und einem total miserablem mit zu vielen neuen Liedern. Ach, eigentlich bin ich ganz froh, dass ich das nicht beurteilen kann (oder muss).
Hass war für mich wie eine Zeitreise zurück in die 90er mit Gänsehaut. Eine weitere Premiere für mich. Ich fands ganz gut. Zwei von drei Songs, die ich kenne wurden gespielt, Alex Schwers schon seit längerem rausgeworfen und ich bin ziemlich erstaunt in wie vielen Bands diese Wunderrakete Burn so überall hinter der Schießbude sitzt.
Wieder kleine Bühne, wieder mehr Begeisterung: FINISTERRE - dauernd auf Flyern gelesen und jedes Mal aufgemerkt, heißt so doch schließlich auch das Département in Frankreich, in dem ich bevorzugt meinen Urlaub verbringe (Bierschinken berichtete bereits mehrfach). Sogar Chris Scholz fährt da gerne hin, und der hat schließlich Punk erfunden!
Mir ist der Name auch schon oft auf Flyern ins Auge gesprungen. Crustig hatte ich erwartet, und der weibliche Gesang/Urgeschrei begeistert mich sofort. Inzwischen ist mir wieder eingefallen, dass ich ja einen Blitz dabeihabe, was die Qualität meiner Bilder erheblich verbessert.
Haut mich einfach nur um, sowohl musikalisch, als auch optisch. Mal wieder ein Indiz dafür, dass ich dieser Art von Musik mehr Aufmerksamkeit schenken sollte.
Ich finds auch gut! Ist zwar ebenfalls nicht so mein Musikstil, einfach zu dunkel und crustig, aber bei ein paar Liedern kristallisiert sich tatsächlich sowas wie Melodie und Rhythmus raus, während ansonsten konstant die Dampframme durch den Raum fährt. Kann man sich mal geben! Musikalisch trifft das hier nicht ganz meine Geschmacksnerven, bisschen zu düster und streckenweise zu schleppend, aber ab und zu ballert es mich auch gut um. Jenz und Frisse sind im Gegensatz zu mir vollkommen begeistert.
Zudem kommt die Band ziemlich sympathisch rüber. Die Sängerin entlarvt mal so eben die Engstirnigkeit der Punkszene, als sie auf ihr Geständnis, kein Hansa-Bier zu mögen, Buh-Rufe erntet. Kein Beershaming bitte!
Am unteren Ende des Bildes erkennen Sie die berüchtigte Energie, die durch den Auftritt einer Crustpunk-Band entsteht.
Ich habe Finisterre - obwohl ich sie unbedingt mal sehen wollte - tatsächlich verpasst. Schade, aber ich habe meine Zeit gut genutzt. Prost!
Und schlussendlich TODESKOMMANDO ATOMSTURM! Letztens noch in München gesehen und leicht enttäuscht gewesen, bleibt hier heute kein Auge trocken.
Ich stimme dir zu. Aber immerhin wurde mal wieder "Popcorn, Cola, Revolution" gespielt. Super! Auswärts gibt man sich einfach mehr Mühe, oder was? Der Vortrag ist deutlich engagierter, die Instrumente extrem tight gespielt, es stimmt einfach alles. Gut, ein paar mehr Hits von der alten Platte hätten auf die Setlist gedurft, aber das ist Jammern auf hohem Niveau.
Megagut einfach nur!
Todeskommandoatomsturm yeah. Ich bin total begeistert! Die werden echt immer besser! Der Raum ist amtlich gefüllt, vorne tobt sich alles den Teufel aus dem Leib und auf der Bühne wird ein Hit nach dem anderen geschmettert.
Irgendwann fällt plötzlich der Strom aus - zumindest bei Gitarren und Gesang. Das gab es wohl letztes Jahr schonmal, als ein Punker in die Steckdosenleiste gepisst hat - war der heute etwa wieder da? Irgendwann geht's wieder und Lea kündigt an, dass sie genug Mehrfachsteckdosen dabei haben, so viel Urin hätten wir gar nicht um die alle zu zerstören. Aber immerhin eines bescherte uns die unfreiwillige Pause: Einen großartigen Gänsehaut-mäßigen Publikumschor, der "Früher war da doch mal Hass" als A-Capella-Stück beendete.
Wir bleiben stattdessen doch noch etwas und genießen einfach das bunte Gewusel in der Halle. Ja, eigentlich hätte man sich Moribund Scum noch angucken müssen, aber andererseits ist doch Festival hier! Da muss man eben auch ein wenig Grillen, dorniges Dosenbier aus Flaschen trinken und Unsinn labern. Genau das habe ich nämlich getan und dann habe ich irgendwann den Zug genommen und mir nur so gedacht "Hach, was war das wieder schön!". Das AZ überrascht übrigens noch auf einer ganz anderen Ebene: Der letzte Gig ging vor der angekündigten Zeit los und wir kriegen so einen Zug früher zurück nach Krefeld. Daumen hoch!