Berkelterror Tag 1: Diesel Breath, Abriss, Suicidade, Alienate, Bakounine, Usa La Tua Rabbia, 22.06.2018 in Coesfeld, Pampa - Bericht von der Redaktion
Berkelterror Tag 1, 22.06.2018 in Coesfeld
Gut, dass ich zwar Student bin und keiner geregelten Tätigkeit nachgehe, die Geld reinbringt, aber trotzdem in Besitz eines Autos bin. So ist die Anreise gar kein Problem. Da es für mich jedoch auch der erste Urlaub an der Berkel ist, hänge ich mich lieber an Peter, der mir erstmal von seinen krassen Regelvorstößen erzählt, die dieser Outlaw heute schon wieder begangen hat. Die silberne Mazda-Gang bleibt eben gefährlich!
Berkelterror Nummer 3, für mich auf jeden Fall. Wie oft dieses kleine aber feine Festival nun schon stattgefunden hat weiß ich gar nicht mal. Was ich weiß, dass es bestimmt wieder ein Hammer Wochenende wird, waren die letzten beiden doch, neben dem PRH in Slowenien, ganz klar meine Festivalfavoriten der vergangenen Jahre. Wobei man auch immer wieder betonen muss, dass sich das Berkelterror von anderen Festivals dadurch unterscheidet, dass es eine Privatveranstaltung ist. Leider schüttet es schon den ganzen Tag aus Eimern und die Prognosen für die nächsten Tage versprechen auch nicht viel Sonnenschein. Aber was solls, nach der Arbeit wird schnell der Silberpfeil beladen und los geht's ins ländliche Coesfeld, oder auch Zösfeld, wie unser Navi es nennt.
Dies ist die Berkelterror-Premiere für mich und meine Hoffnung auf erträgliches Wetter, nette Leute und gute Musik steigt. Zumindest das Wetter sollte in relativ trockenen Tüchern sein, da eine Regenjacke passend zur Zeltfarbe in meinem Rucksackt wartet. Endlich geht ein mir von Fabi Beton in Hypnose eingetrichteter Traum in Erfüllung: Ein Wochenende Urlaub an der Berkel! War es mir in den letzten Jahren wegen Konkurrenzterminen nicht vergönnt, dem Berkelterror beizuwohnen, plane ich das dieses Jahr einfach mal ein. Das ist auch eigentlich alles, was ich an Planung hinkriege. Die Hinfahrt ergibt sich ne Woche vorher, als Coco beiläufig erwähnt, noch Platz im Auto zu haben. Extra Proviant einzukaufen spare ich mir auch - ich setze auf die für ihre Vielfältigkeit bekannte lokale Küche der Berkel-Region, und für den Flüssigkeitshaushalt reicht ne Pulle abgestandenes Leitungswasser vom Nachtschrank. Und trotzdem habe ich immer noch mehr dabei als manch andere (beispielsweise besitze ich ein komplettes Zelt sowie einen Schlafsack). Was ich vergesse einzupacken: Ne Badehose! Mist! Na, dann setze ich einfach mal darauf, dass das Wetter eh zu schlecht wird.
Da Peter klug ist, hat er sich heute schon so an die fünf Kannen Pilsschorle in die Kehle geschüttet, somit ist er raus und lässt sich von Jenni fahren. Das ist für uns alle von Vorteil, so müssen wir uns nicht über Peters Fahrstil ärgern. Jenni hat mich immerhin nur 1x so richtig ausgebremst, das geht klar! Matze hatte übrigens auf der Fahrt nur zwei Themen: 1. Peters Fahrstil. 2. Dass dieser die Einfahrt zum Berkelterror definitiv verpassen wird. Nach einer halben Stunde sollte er sich dann selber mit einem "da wars" Recht geben. Also mal eben flux gedreht, auf den Campingplatz gefahren, Zelt aufgebaut und schon geht es an die Kannen.
Da bin ich und in der Hand halte ich nicht, wie Zwen behauptet, mein 5. sondern lediglich mein 4. Bier. Pffff Lügenpresse. Außerdem wollten wir euch gar nicht ausbremsen, sondern eiskalt von der Autobahn schieben, so genervt waren wir von Zwens Fahrstil (erst schleichen dann drängeln).
Auf dem Zeltplatz gibt es dann zunächst ein kleines Redaktionstreffen, außerdem wird direkt im ersten Gespräch das Thema Gewaltenteilung und Polizei versus Anarchismus angerissen. Schnell wiegel ich ab und schenke Schnaps aus, dieser soll die Zungen lockern und das Gespräch wieder auf Non-Sense Themen lenken. Kann nicht angehen, auf einem Festival über solch ernste Themen zu sprechen! Meine Strategie geht auf, die nächsten zwei Tage bleibt das Gesprächsniveau wie es sich gehört unterirdisch. Ich kann mich jedenfalls an kaum einen sinnvollen Satz aus egal welchem Mund erinnern.
Da ist sie auch schon: Die Berkel! Hallo Berkel! Sehr idyllische Punkpromenade, äh wollte sagen Strandpromenade. Das ist so viel Wellness und so viel Holiday, das sollen andere Punkrock-Festivals erstmal nachmachen.
Es riecht tatsächlich noch sehr frisch. Bleibt auch so, nur der Boden klebt am Ende etwas und die Leute hier scheinen alle zu wissen wie man ein Klo benutzt. Danke!
Hier gibt es wirklich die saubersten Festival-Toiletten die ich jemals benutzen durfte, ist aber auch nicht stark verwunderlich bei einer so überschaubaren Menge an Publikum. Obwohl der Platz diesmal im Vergleich zu den letzten beiden Jahren schon wirklich gut gefüllt ist.
Einen großen Applaus für die Toiletten auch von mir. Die Bühne befindet sich in einer Scheune, was mich an die legendären Kottenpartys im Emsland erinnert. Es müffelt nur nicht ganz so.
Multifunktionsschuhe für jede Wetterlage! Sogar mit Löchern, damit eventueller Regen direkt wieder abläuft.
Die befürchtete Schlammschlacht durch den Dauerregen bleibt zum Glück aus.
Da ich mich irgendwie zu einer Frostbeule entwickelt habe, bin ich äußerst dankbar über die Springer. Auch wenn sich das Fortbewegen in ihnen etwas schwieriger gestaltet, da sie mir dezent zu groß sind. Ich habe mir tatsächlich 3 paar Schuh mitgebracht. Selbst verbleibe ich aber das ganze Festival über bei den Chucks rechts im Bild. Meine Springer kann ich dann immerhin Pepperann gegen die Kälte geben, nur meine Badeschlappen sind leider nicht zum Einsatz gekommen. Fö war da schlauer.
Der Zeltplatz öffnete bereits um 17 Uhr, mit den Bands ging es dafür erst um entspannte 20 Uhr los. Gut so! So bleibt genügend Zeit um sich mit Pilsbier warm zu machen und es kommt nicht mal ein Hauch von Stress auf. Beim Blick Richtung Fö keimt aber in mir leichte Sorge auf. Der Mann braucht dringend Live-Musik. Ich glaube die ersten Entzugserscheinungen wie Zittern, unwillkürliches Zucken und starker Speichelfluss setzen sonst bald ein. Spät losgefahren, spät angekommen - pünktlich zur ersten Band! Na, läuft doch! ALIENATE eröffnen das Festival. Zu hören gibt es dreckiges Geschrei und Gepolter. Also grob die Richtung Hardcore-Punk. Noch nicht so crustig wie ein großer Teil des Rest-Lineups und gefällt mir daher ganz gut. Wenn man genau hin hört, versteht man sogar Texte.
bandcamp hab ich sogar Songs auf deutsch von ALIENATE gefunden, davon merke ich heute Abend hingegen recht wenig. Die Band aus Münster spielt laut eigener Aussage HC/Punk, D-Beat, Streetpunk und Punk. So steht es zumindest auf erwähnter bandcamp-Seite. Sollte somit für jeden etwas dabei sein. Der Sänger hat zudem eine schön räudige und fies klingende Stimme.
Auf
Die Schmierscheiße (ich habe 1 neues Lieblingswort) lass ich weg, dafür labe ich mich ausgiebig an der Schimmelplörre. Hiermit ist nämlich der hauseigene Cocktail namens Berkelerror gemeint. Der hatte in den vergangenen Jahren bei mir schon zu so einigen Aussetzern geführt. Hinterm Schuppen gibt es Strand, Pizza, Crêpes und Cocktails. Wirklich für jede/n was dabei! Auch ausgesprochene Siffkobolde bekommen ihre Wunschspeisen: Ein Becher grüne Schimmelplörre und eine Serviette mit Schmierscheiße.
Ich als überzeugter Käsefan kann dir nur beipflichten. Bei dem vorzüglichen Ergebnis warte ich auch gerne 1 Stunde. Vorfreude soll ja auch die schönste Freude sein. Da isser, der geile D.I.Y.-Pizzaofen, der schon einige Tage die Vorfreude auf leckere Verpflegung in die Höhe schnellen ließ. Die angebotenen Pizzen sind natürlich auch vegan, wie alles was dieses Wochenende angeboten wurde. Stößt bei Käsefans nicht auf große Begeisterung, ich bleibe zunächst auch skeptisch. Pizza ohne Käse ist nunmal so eine Sache und für mich eigentlich wie ein Fußball-Spiel ohne Ball. Doch kurz nachdem ich die erste Pizza verdrückt habe, revidiere ich meine Meinung. Der hier als Käseersatz verwendete Kippschmelz eignet sich vorzüglich als Ersatz! Bene, Bene!
Nächste Band: SUICIDADE! Zu hören gibt es ziemlich klischeehaften Crustpunk. Wobei ich nicht weiß, ob das wirklich total Klischee ist, dafür stecke ich in der Musik zu wenig drin. In Erinnerung geblieben ist mir ein wunderbar schrill keifend-ätzender Dämonengesang.
Schönes Geprügel, Gesäge, Gedonner und Gekeif, damit kann man doch arbeiten. Textlich wird dabei von den Amsterdamern gegen die üblichen Verdächtigen geschossen: Das Patriarchat, Bullen, Reiche, Waffen. Dabei auch ein mittlerweile seltener Gast: Hippies.
Kurz vorher nimmt er mir aber noch die Illusion, dass USA LA TUA RABBIA irgendwas mit Anti-Imperalismus zu bedeuten hat und die Band bestimmt aus dem spanischsprachigen Raum kommt. Alles falsch, die Band kommt aus Mey in Frankreich und der Bandname heißt auf italienisch soviel wie benutz deinen Zorn. Wie das jetzt alles zusammen passt? Keine Ahnung. Bandname passt zumindest mit der gespielten Musik zusammen. Zu hören gibts Grindcore oder Powerviolence. Kein Plan wo da der Unterschied sein soll. Hinter dem Haus gibt es ein schwarzes Loch. Dort verschwinden manchmal Menschen und kurze Zeit später tauchen Schaufensterpuppen oder auch nur Teile von Schaufensterpuppen an den unmöglichsten Orten auf. Ziemlich gruselig. Ich habe so viel Angst, dass ich die nächste Band USA LA TUA RABBIA verpassen tu.
Ich werd niemals mit diesem Genre warm werden. Was ein Geholze. Ich weiß gerade gar nicht ob es nun besser oder schlechter ist, dass die Songs die magische Grenze von einer Minute wohl nicht einmal knacken. Ich bin raus, lieber noch nen Berkelerror. Ich habe sie mir mal gegönnt und fand das auch noch ganz okay. Energischer Auftritt mit Sänger, der die ganze Zeit im Publikum rumwuselt.
Okay wäre auch meine Aussage zur Musik. Soweit okay, noch bin ich halt auch gerade erst angekommen und noch nicht Crust/HC-übersättigt.
Definitiver Headliner des ersten Abends. Wieder Lawinen-Musik, doch diesmal mit ein bisschen mehr Groove und ein paar mehr Hooks. Mir fehlt aber auch etwas die Catchyness, gerade nach den vorhergegangenen Stunden voller Gebretter. Dabei merkt man ja manchmal, in ganz kurzen Augenblicken, dass sie es schon können mit der Melodie. Sie wollen aber wohl einfach nicht. Wieder rein zu ABRISS. Name ist Programm, sagt man so. Das Publikum rastet ziemlich aus, es gibt druckvollen Hardcore-Punk mit Brüllsiegel und ich wünsche mir, sie würden zwischendurch einfach mal nen catchy Popsong einbauen. Kommt nicht. Schade.
So wie ich beim reden? Etwas genervt bin ich vom Publikum. Also, so Pogo und Schubsen und so alles geil, aber einige Leute hier sind so dermaßen drüber, die fuchteln einfach nur mit ihren Körperteilen unkoordiniert in anderer Leute Gesichter rum und finden das irgendwie geil.
Immerhin wurde sich - zumindest bei mir - ausgiebig entschuldigt.
Seid ehrlich, ihr meint beide mich oder? Ein anderer, eigentlich viel friedlicherer Typ Betrunkener auf Punkkonzerten sind Leute, die so strack sind dass sie gerade mal so noch auf zwei Beinen stehen können, dies lobenswerterweise auch nicht mitten im Moshpit tun sondern bevorzugt direkt vor meiner Nase, wo sie, bedingt durch den Verlust wichtiger motorischer Fähigkeiten, nach und nach immer weiter, Zentimeter für Zentimeter, nach hinten torkeln, bis sie mir ihre stinkenden Haare ins Gesicht drücken.
Ich weiß aber was oder besser wen du meinst, denn leider hat sich heute Abend ein Typ hier eingefunden der sich erst vollkommen zugesoffen hat und dann meinte mit dummen Geprolle und ekelhaftem Gebuhle und Gepöbel auffallen zu müssen. Wie von der Tarantel gestochen wirbelt er hin und her und nimmt dabei keine Rücksicht auf alles und jeden der um ihn herum steht. Verständlicherweise springen einige drum herum stehende Leute an und es gibt einen zünftigen Streit vor der Bühne.
Ich finde es übrigens voll super, dass die Leute im Publikum sich schon selbst durch starkes Kopfschütteln zensieren. Das heißt weniger Zensur-Arbeit später für mich. Danke dafür!
So langsam macht sich bei mir ein wenig die Crust-Übersättigung breit. Wie wärs mal mit nem bisschen Ska oder Swing? Oder wenigsten etwas nicht ganz so krasses wie Crust, vieleicht ein wenig chilligen Hardcore oder entspannten Thrash-Metal. Nur nicht immerzu dieses Gekeife. Aber nun gut, die Bands waren mir im Vorfeld ja bekannt, da brauch ich mich ja jetzt auch nicht beschweren. Trotzdem, einen prägnanten Unterschied zu den anderen Crust / D-Beat Bands von heute oder auch insgesamt kann ich bei den Franzosen von BAKOUNINE nicht ausmachen. Ich würd mal sagen dass sie eine Spur mehr D-Beat-Einflüsse als zum Beispiel SUICIDADE aufweisen. Dann BAKOUNINE. Schon wieder Crustpunk! Oder ist das schon D-Beat? Ziemliches Tockertocker-Schlagzeug jedenfalls. Schönes Geschrei dazu auch. Von denen gibt es sogar mal ne Ansage gegen Leute, die zu mackermäßig tanzen - leider, als die Angesprochenen gar nicht da sind. Als sie wieder da sind, führen unkoordinierte Körperteile und erhobene Bierflaschen dazu, dass die Band keinen Bock mehr hat und abbricht. Find ich richtig so.
Haben die nicht gerade schon mal gespielt? Nee, nur der Gitarrist ist derselbe und auch die Musik ist sehr ähnlich. Das die Band abbricht, kriege ich gar nicht mehr mit. Vermutlich bin ich einfach zu beschäftigt damit, meine Finger aus den Nasenlöchern anderer Leute zusammen zu suchen. Danach schwanke ich noch ein bisschen übers Gelände und geh dann pennen, weil mir kalt ist und weil ich, da so lange nichts passiert, denke, dass jetzt Schluss ist für heute. Für mich ist hier kein großer Unterschied zu der meisten Musik von heute zu vernehmen, aber wahrscheinlich ist mein Gehör noch nicht geschult genug. Mal abwarten was der Morgen bringt. Jetzt ist erstmal der Schlafsack angesagt, noch hab ich ihn kurze Zeit für mich alleine.
gesehen, wo die Band auch herkommt und wo sie ebenfalls mit SUICIDADE gespielt haben, was kein Wunder ist, da sie sich die Sängerin teilen.
DIESEL BREATH. Ah, der Name sagt mir was. Haben Thrun und Ole mal in Amsterdam
Wirkt mir mehr wie ein Clowns-Kostüm oder vielleicht ein viel zu großer Schlafanzug? Zusätzlich haben Diesel Breath aber noch einen Sänger (im USA-Hahnen-Kostüm, oder was auch immer das sein soll). Zu hören gibt es mal wieder Gebretter und Geschrei. Also Ätzgeschrei und Gegurgel, dazu gibt die Instrumentenfraktion alles und haut auch mal Gitarrensoli und Doublebass raus, was auch erklärt, warum die Band als "Metal-Punk" angekündigt war.
Mittlerweile bin ich so dermaßen granatenvoll mit Berkelerror, mir könnteste gerade alles vorspielen. Ich fänds geil! Deshalb gefällt mir gerade sogar das Gegrunze. Morgen schon wird es für mich bestimmt unnachvollziehbar sein, da bin ich mir jetzt schon sicher. Doch jetzt in diesem Augenblick, ist alles geil. Gesang geil, Soli geil, Metal geil, Sound geil und ich fühl mich auch geil. Die Musik der Niederländer Hausbesetzer "rollt" auch deutlich mehr als die der anderen Bands am heutigen Abend und läuft mir daher schon besser rein. Gerade könnt es von mir aus noch Stunden so weitergehen.
Wenige Minuten nach dem Auftritt bin ich komplett Matsche im Gehirn, meine Mimik verrutscht mir immer wieder und in meinem Kopf und meinem Bauch machen sich elendige Leere breit. Die paar Stücke Pizza waren wohl doch nicht ausreichend als Grundlage für den Liter Berkelerror und die drei bis fünf Liter Bier, mit dem sie dann durchtränkt wurde. Ich muss dringend in die Horizontale, sonst geschieht hier gleich ein Unglück und die Schimmelplörre sagt erneut "Guten Tag". Beim Blick in mein zerschossenes Gesicht wagt es auch niemand, mich noch zu einem weiteren Getränk zu überreden. Drei Minuten später liege ich im Zelt und bin im Tiefschlaf.
Dann mal bis morgen! Mich nervt der Gesang zu sehr, ansonsten ganz geiler Abschluss des ersten Abends.