Störfaktor Festival Tag 3: Telekoma, Jagdschein, Scheisse Minnelli, Slope, No White Rag, NH3, Attack Of The Mad Axeman, 07.07.2018 in Zwickau, Flugplatz - Bericht von Zwen
Störfaktor Festival Tag 3, 07.07.2018 in Zwickau
Nachts kurz vor dem erfrieren und sobald der Morgen anbricht vergeht man fast..ach ist das Zelten schön.
Du klingst ja fast wie Schlossi. Tag 3: Auf dem Campingplatz sieht es ganz anders aus als die Tage zuvor, zumindest haben wir ganz viele neue Nachbarn bekommen. Während Boris die Dixis besucht, um dort Insta-Selfies für seine Fans zu machen #badetag, verschwindet Dr. Ritzken in der Unterkellerung seines Zeltes. Es gibt Stimmen, die behaupten er wäre dort nicht alleine und hätte sich heute morgen erst noch 5 Laib Brot im lokalen Supermarkt besorgt. Wir pflegen derweil unsere Sonnenbrände und führen weiter niveauvolle Gespräche. Da Boris uns noch letztes Wochenende - Salat-Sabbi in den Schwitzkasten nehmend - erklärte, wie sexistisch dieses Boxen doch ist, gehen wir nicht hin. So verpassen wir dann aber leider den Evolutionskampf.
Da sich unsere Drohnenlieferung von Time Life verspätet, müssen wir noch etwas am Zelt verweilen. Zum Glück erklären sich irgendwann unsere Zeltnachbarn bereit, die Pakete anzunehmen unter der Bedingung, dass sie die Hits ihrer Jugend morgen früh so gegen 3/4 sechs zusammen mit uns aufleben lassen dürfen. Was ein Jahrzehnt!
So, da wir jetzt beruhigt zur Bühne stiefeln können, gönnen wir uns mal SLOPE. Den Opener haben wir leider verpasst. Dafür sehen wir jetzt eine gut gelaunte Band, die sich sehr freut, im Osten spielen zu dürfen. Endlich mal wieder oberkörperfrei auf die Bühne und dann noch auf einer Veranstaltung mit klar antifaschistischer Kante. Einfach klasse!
Ich konnte meinen Blick kaum von seinem Bauch abwenden und musste jedes Mal grinsen. Wir dürfen indes das Tigertattoo des einen Sängers bewundern. Da darüber jedoch kein "Bitte nicht füttern!"-Schild angebracht ist, juckt es mir stark in den Fingern. Nein! Sowohl die veganen Burger als auch die Pommes sind viel zu lecker als dass man damit Quatsch treiben sollte.
Habe die Band noch nie gehört aber die Musik geht gut ab. Schön laut und nach vorne! Äh...jetzt war ich abgelenkt. Also, der Auftritt ist klasse. Es gibt ein sehr amtliches Hardcore-Brett. Das Ganze ist aber zum Glück nicht endlos prollig und anstatt sich in wirren Breakdowns zu verlieren, werden lieber Rock'n'Roll-Riffs gespielt.
Nach dem Besuch im Zwickauer Zoo schaue ich mal ganz kurz in das Zelt. Dort kann man sich gerade eine Staublunge holen. Ich finde, manchmal geht diese Ruhrpott-Abfeierei hier im Osten ja wirklich ein Stückchen zu weit. Dazu spielen JAGDSCHEIN und werden derbe abgefeiert. Ich bin da etwas zurückhaltender, da mir das hier doch ein wenig zu sehr Kirmes ist inkl. Festivalspiele a la "Spielt den selben Song nochmal!".
Endlich darf ich die Jungs auch mal live bewundern. Ganz Ausgezeichnet! Nun aber SCHEISSE MINNELLI. Geili Pippelli! Tatsächlich für mich das Highlight das gesamten Festivals. Da kann man sich einfach zurücklehnen und wunderbaren und extrem ausgefeilten Skatepunk/Hardcore anschauen. Gespielt von Leuten, die über die Bühne hüpfen als wären sie Anfang 20, aber mit einer musikalischen Erfahrung von Leuten, die schon ein paar Jahrzehnte dabei sind.
Das ist tatsächlich kein Gespräch, was heute auf dem Zeltplatz geführt wurde, sondern der Songtext eines neuen Songs der Wahl-Frankfurter. "Hallo Werner, hast du ein Problem. Gehst du weiter, hast du zwei".
Guten Durst! Nach Aussage Sams hat man sich heute extra einen frühen Slot gesucht, damit man danach schön saufen kann. Na dann mal prost!
Wenn denn die Maschine funktioniert.
Die funktionierte bestimmt die anderen Tage super. Heute waren halt nur blöderweise doppelt so viele Leute da und aufgrund der Hitze auch 3x so viele Slushi-Durstige.
Daran wird es gelegen haben, man kann ja nicht immer Glück haben. Ich habe heute echt Probleme, das Hopfengetränk runterzukriegen und entscheide mich stattdessen für die Slushis mit Schuss. Yummi!
Ich hatte schon arg Mitleid mit den Kostümträgern. Sie mussten ausgerechnet noch am wärmsten der 3 Festivaltage spielen. Die nächste und sicherlich interessanteste musikalische Darbietung kommt von ATTACK OF THE MAD AXE MAN. Die machen Grindcore. Soweit ja erstmal nichts ungewöhnliches, aber diesen in Tierkostümen. Der Sänger ist eine Schildkröte, der Bassist ein Hase, der Gitarrist eine Eule und hatte man schon bei den anderen Mitleid wegen akuter Überhitzungsgefahr, möchte man sich beim Anblick des Drummers - eine Schnecke - am liebsten sofort zu PETA2 durchstellen lassen.
Das Feuerwerk sehe ich natürlich nicht, weil es nicht dann hochgeht, als ich die Fotos mache, sondern in dem Moment, in dem ich mich gerade umdrehe und ein paar Meter zurück gehe. Also ich gefragt werden, ob ich das drauf hätte, schaue ich mich verwirrt um und sehe nur noch ein kleine Mini-Flamme aus dem Bäumchen züngeln.
Mein Beileid! Schön gemachter Auftritt, mit mini Feuerwerk das aus den Tannenbäumchen ( oder was auch immer ) kam und sehr anmutiges Vogelgezwitscher vom Band. Musikalisch aber leider gar nicht meins.
hier mal reinhören.
Aber wer auf Grindcore steht, kann ja
Als nächstes spielen dann NH3. Die habe ich schon mal gesehen und bin damals mit viel zu hohen Erwartungen an die Sache gegangen, weil die zu der Zeit irgendwie in alle Wolken gelobt wurden. Den Fehler mache ich heute nicht, sondern trinke mir stattdessen lieber in aller Ruhe einen Slushi, quatsche mit Leuten und höre mir NH3 so im Hintergrund an.
Ich fand es echt nicht schlecht. Hätte für mich nicht viel länger gehen dürfen, aber hat genau gepasst um auf die Pommes zu warten. ...und was soll ich sagen? So passt das perfekt. Richtig schön im Hintergrund daher laufender Punkrock mit Off-Beats und Trompeten. Das böse "S"-Wort möchte ich gerade nicht benutzen.
Als nächstes dann NO WHITE RAG, die habe ich trotz starker Livepräsenz und vielen Touren durch lokale AZs noch nie gesehen. Das ändert sich heute zum Glück.
Gute Laune trifft es wirklich gut. Die Herren machen ordentlich Bock und sie sind auch die letzte Band, die ich mir heute noch mit Sichtkontakt gebe. Gut Laune machen sie jedenfalls und vor allem der Sänger ist auch sehr engagiert dabei. Ansonsten gibt es ordentlich Punkrock auf die Ohren. Das ist weder ein ultra-knüppeliges Brett, noch Emo-Gedusel. Gefallt mir sehr gut!
Kommen wir also von einer guten zu einer sehr schlechten Band: TELEKOMA. Mal ernsthaft: Wären die jetzt eine junge Deutschpunk-Band, die keine Sau kennt, würden alle angewidert den Platz vor der Bühne verlassen. Stattdessen haben die so eine Art Heldenstatus, weil sie schon vor dem Krieg Pflastersteine auf ihre E-Gitarren haben fallen lassen.
Ich weiß auch nicht, was mich dazu bewegt hat, doch noch zur Bühne zu gehen. Ich meine, wenn selbst Boris sagt, er hätte noch zwei T-Shirts von denen und würde jetzt am liebsten seine Mitbewohner instruieren, seine Bude abzufackeln, damit bloß keine Spuren davon übrig bleiben.
Das weiß ich auch nicht, aber Boris sollte sein Vorhaben in die Tat umsetzen. Aus der sicheren Entfernung hat es sich sehr grausig angehört.
Aber es war auch wirklich furchtbar, denn diese immer gleiche Ätz-Stimme und die immer verkackten und viel zu langen Soli, haben mir wirklich die allerletzte Kraft geraubt und ich falle nur noch tot ins Zelt. Dadurch verpasse ich noch THE RESTARTS, was ärgerlich, aber okay ist und WAVING THE GUNS, was sehr ärgerlich ist, da Ritzken sagt, dass diese den besten musikalischen Beitrag zum ganzen Festivalgeschehen beigesteuert haben. Trotzdem war es bis auf den Auftritt von Telekoma ein einfach nur großartiges DIY-Festival, wo wirklich für die ganz kleine Mark verdammt viel aufgefahren wird. Danke dafür!