Bitter Grounds, Injustice System, Shock Out, Left For Autopsy, We'rewolf, 15.03.2019 in Bergkamen, Yellowstone - Bericht von Zwen
Bitter Grounds, 15.03.2019 in Bergkamen
Eigentlich wollten wir ja den heutigen Ausflug auf dem Drahtesel begehen, da ich jedoch immer noch nicht ganz von meinem grippalen Infekt losgekommen bin und Sturmtief Heinz sein Unwesen treibt, entscheiden wir uns dann doch fürs Auto. Rückblickend definitiv die richtige Entscheidung.
Wie man am Flyer der Veranstaltung ja schon ganz gut sehen konnte, spielen heute nicht nur Bitter Grounds, sondern auch viele andere illustre Gäste. Insgesamt soll es heute ganze fünf Bands zu hören geben. Da bei mir der Wecker morgen um 5 Uhr klingelt, beteuere ich bei Yellowstone-Papa Dave, dass ich die Bullen rufen werde, sollte die heutige Veranstaltung länger gehen als 12 Uhr. Er ist von meinem Vorschlag angetan, da es für ihn auch ein langer Tag war.
Zunächst stehen aber WE'REWOLF auf der Bühne. Die machen Horrorpunk. Von den Melodien her und den vielen "Woohooos" muss ich sofort an die Misfits denken. Großer Unterschied zu den Horror-Großväter ist der Gesang, welcher hier feminin ist. Die Sängerin hat ein schön kräuchziges Kehlorgan. Leider passt das meiner Meinung nicht so 100%-ig zu dem dargebotenen Horrorpunk. Vor allem gepaart mit den Backings vom Rest der Band wirkt das Ganze doch etwas disharmonisch.
Im Verlauf des Sets beginne ich mich aber mehr und mehr an die Stimme zu gewöhnen. Ach, passt schon, immerhin bringt das Eigenständigkeit.
Irgendwann verabschiedet sich dann die Bassdrum und während der Schlagzeuger an der Schießbude rumbastelt, entsteht eine unangenehme Pause. Ich weiß, Fö wird seine Stirn gegen die Tischplatte knallen, wenn er das hier liest, aber ich finde tatsächlich, dass Punkrock-Shows genau für solche Fälle immer einen Marius hinter der Bühne haben sollten. Dieser könnte für solche Fälle dann mal kurz auf die Bühne und ein oder zwei Schmankerl erzählen.
Irgendwann geht es dann weiter und es kann mehr druckvollen Punkrock geben. Schließlich ertönt dann aber von oben die Stimme von Gott, die lustigerweise genauso klingt wie die Stimme von Dave, und verlautet, dass die Spielzeit abgelaufen sei. Wie es sich für richtige Horrorpunker gehört, haben We'rewolf aber keine Angst vor späten Uhrzeiten und spielen munter noch ein letztes Lied, ehe sie die Bühne verlassen.
Noch ist das Yellowstone eher so semi gefüllt, aber dieses Bild ist wohl auch nicht so aussagekräftig, da gerade Raucherpause ist. Ach ja, da ich gerade hinterm Mischpult stehe: Der Sound ist mal wieder - wie man es aus dem Yellowstone kennt - phantastisch. Ganz großes Lob an dieser Stelle. Auch bei größeren Läden findet man leider selten so eine Ohrenweide. Jedes Instrument ist gestochen scharf und kommt gut rüber.
Als nächstes dann LEFT FOR AUTOPSY. Wünsche werden wahr. Zuletzt habe ich die noch recht junge Band im MaJu in Lünen gesehen, wo sie in erster Linie gegen den rotzbeschissenen Sound kämpfen mussten. Heute kann ich demnach ein bisschen besser heraushören, was die fünf da so an ihren Instrumenten fabrizieren und das macht wirklich Spaß zu hören.
Es gibt ein ziemlich Brett zwischen Alternative Rock und Metal. Ruhige und cleane Passagen wechseln sich ab mit Auf-Distortion und Geshoute. Überzeugt mich heute doch sehr und alles, was man beim letzten Mal noch vage erahnen konnte, ist tatsächlich so gut gemacht wie es mir schien.
Ansonsten ist das Bühnenbild, das Left For Autopsy abgeben, eine wahre Augenweide. Ganz links der breitschultrige Tobi, dessen Bühnenperformance sich ganz um seine wunderschöne Matte dreht. Rechts daneben der Bassist, der sich eigentlich kaum bewegt, dafür aber einen dramatischen Ausdruck angenommen hat und damit jeden einzelnen Ton auch mit viel Gefühl (vor allem Hass) unterlegt. In der Mitte der Sänger Marke Rampensau, der immer einen Fuß auf der Box hat und dem man beim angestrengten Eierschaukeln zugucken kann. Ganz links dann der andere Gitarrist, der meist ein unschuldiges Schulbubengrinsen auf den Lippen hat und von seiner Physis wohl das genaue Gegenteil zu Tobi darstellt. Nicht zu vergessen der Drummer in Trainingsjacke. Hier sieht man definitiv, dass Schlagzeuger nicht mehr in die Muckibude müssen.
Zum Ende gibt es dann noch einen ziemlich bollerigen Song mit Double Bass und guttoralem Gesang. So für kurz mal zwischendurch ist das echt eine willkommen Abwechslung, aber über ein ganzes Set könnte ich mir das nicht geben. Aber, war doch ordentlich!
Nachtrag: Die Band sucht akut eine Sängerin. Ran da!
Nachtrag: Die Band sucht akut eine Sängerin. Ran da!
Gitarrist Tobi darf auch direkt auf der Bühne bleiben, denn jetzt folgen SHOCK OUT. Ob sie wohl vorher gewürfelt haben, wer zuerst spielen darf bzw. muss? Im MaJu war es ja genau andersrum. Egal, bei Shock Out fällt jedenfalls sofort auf, dass sie sich von ihrem Bassisten getrennt haben. Heute übernimmt also Gitarrist Jannik mal den Viersaiter. Auf lange Sicht schaut sich die Band aber nach Ersatz um. Also, wer hat Bock?
Tatsächlich finde Shock Out als Dreier aber auch gar nicht so verkehrt. Irgendwie gibt das der Sache noch eine ganze Portion zusätzlichen Drive und Geschwindigkeit. Ausgedehnte Soli gibt es jetzt weniger und stattdessen eher mehr krachigen Rock'n'Roll.
Generell sind mir die kurzen Spielzeiten aufgrund des engen Zeitplans mal wieder sehr willkommen. So kommt einfach keine Langeweile auf und die Zeit für unnötige Lückenfüller fehlt völlig. Für Pinkelpausen sind indes die Umbauzeiten mehr als ausreichend.
...und dann ist der Auftritt auch schon wieder vorbei und wir liegen noch immer erstaunlich gut in der Zeit.
Bevor gleich Bitter Grounds das Yellowstone zerlegen, dürfen noch INJUSTICE SYSTEM auf die Bühne. Die habe ich auch schon hier und da gesehen. Musikalisch gibt es irgendwas in Richtung Stoner Rock, aber mit einer gehörigen Portion Dampf.
Vor allem zu Beginn des Sets wird ordentlich einer rausgefeuert. Wo andere Genrevertreter vielleicht gerade mal drei Töne spielen, heizen Injustice System mal eben einen kompletten Part durch. Mir gefällts.
Stellenweise erinnert der Auftritt auch ein wenig an das Brett von Red Fang. Zwar drosseln Injustice System ab und an mal das Tempo, fallen aber niemals dem Umherwabern anheim.
Bei diesem Konzert vor gut zwei Jahren konnte ich leider nicht da sein. Dave erzählt mir, dass BITTER GROUNDS wohl hoffnungslos besoffen waren und extrem viel gelabert hätten. Ob das wohl heute auch wieder passiert?
Naja, total knülle scheinen sie jedenfalls nicht zu sein. So gibt es zwar ein bisschen Gelaber, aber wirklich nicht zu viel. Der Rudi-Carrell-Vergleich des einen Gitarristen ist da auch vielleicht ein kleines Stückchen zu weit gegriffen.
Dafür gibt es jetzt aber feinsten 90er Jahre Off-Beat-Punk und dreckigen Reggae. Verfeuert wird ziemlich viel bekanntes, aber auch Material vom neuen Album "Two Sides Of Hope".
Und hier "Radio Silence" mit schicker Gitarrenmelodie. Hier hört man auch nochmal ziemlich gut, wie geil dieser Sound doch war.
Die Band ansonsten ziemlich routiniert, was jetzt aber keinesfalls böse gemeint ist. Das Publikum schaut sich indes solidarisch, wie sich das gehört, mit den anderen Bands zusammen den Headliner an. Diesmal sogar vor der Bühne und nicht wie gerade bei Shock Out auf der Mischer-Erhebung.
Irgendwann fragt die Band dann, wer sich denn alle Bands angeschaut hat. Da ich zu faul bin den Mund auf zu machen, gibt es im Publikum nur einen Ruf in diese Richtung.
Aber immerhin wird jetzt sogar getanzt. Nicht nur mir bereitet der Auftritt Freude, so wird am Ende einstimmig eine Zugabe gefordert. Damit sind Bitter Grounds die einzigen, die heute eine spielen, dieses aber auch wirklich verdient.