Svetlanas, Blind Man Death Stare, Randy Savages, 12.04.2019 in Groningen (NL), Lola - Bericht von Zwen
Svetlanas, 12.04.2019 in Groningen (NL)
Das erste Etappenziel auf der Reise ist Giethoorn. Ein kleiner Ort in der Provinz Overijssel. Auch bekannt als Venedig des Nordens. Es gibt keine Straßen, dafür aber verschlungene Wege und Grachten. Zunächst geht es aber erstmal an eine ausgiebige Fahrradtour. Diese beginnt erstmal mit der überraschenden Erkenntnis, dass das Land nördlich von Arnhem zunächst doch relativ hügelig ist. Das legt sich aber schnell wieder und schon geht es über gut ausgebaute Trassen weitestgehend eben in Richtung Norden.
Erstaunlich wie breit gefächert die niederländische Fauna ist. Neben Rinderherden begegnen mir Schafe, Alpakas, Hühner und undefinierbares. Tourtechnisch startet das Ganze an der Autobahn, führt dann aber recht schnell durch kleine Wälder und winzige Dörfchen.
Irgendwann gegen Abend schlage ich dann in Giethoorn auf. Erstes Etappenziel also geschafft, die letzten 20 Kilometer waren mörderisch und irgendwann hätte ich meine Fahrrad wohl am liebsten in die Gracht geworfen und fortan mit den Schafen gelebt. Jetzt bin ich froh, dass ich es geschafft habe und will eigentlich nur noch kurz was snacken und dann ab ins Bett. Leider wird daraus nichts, da in diesem Kuhkaff bereits die Bürgersteige hochgeklappt sind, somit nehme ich mir die zwei Energieriegel und ein paar vegane Würstchen aus meinen Rucksack und lasse es mir schmecken.
Am nächsten Tag geht es dann deutlich entspannter weiter. Der Großteil der Strecke liegt hinter mir und heute muss ich auch nicht noch zusätzlich mit dem Zug fahren. Somit bleibt auch mal zwischendurch Zeit für das ein oder andere Päuschen. Irgendwie habe ich falsch gepackt und mein Rucksack ist viel zu schwer. Und da ich zu cool für einen Gepäckträger bin, schneiden sich jetzt die Gurte meines Rucksackes in meine Schultern. Aber wenn es nicht wehtun würde, wäre es ja nur der halbe Spaß.
Nächster Naturpark, diesmal weitestgehend ohne Wald, aber dafür mit sumpfiger Steppenlandschaft. Der Wind bläst mich indes fast vom Fahrrad.
Dann komme ich endlich in Groningen an (s. nächstes Bild). Die Stadt empfängt mich mit einem ekelhaften Gemisch aus Schnee und Hagel und das zu dieser Jahreszeit! Letztes Jahr war doch jetzt schon Sommer!
Egal, jetzt wird erstmal formidabel eine Falafeltasche gespeist und dann geht es auch schon los in Richtung LOLA. Zwischendrin mach ich natürlich auch noch das ganze Check-In-Gedönse, nicht, dass ihr euch wundert. Außerdem wollte ich, da ich im Hostel noch etwas Zeit habe, bis zum Konzertbeginn, erstmal checken, wie ich denn morgen am besten mit dem Zug nach Terneuzen komme. Am besten gar nicht, sagt mir da die niederländische Bahnauskunft. Auf der kompletten Halbinsel fahren nämlich keine Züge, da momentan an der Strecke gearbeitet wird. Schienenersatz-Verkehr mit Bussen ist eingerichtet. Soweit also nicht so schlimm...AM ARSCH! Auch wenn die Niederlande die Nation der Fahrradfahrer ist, darf man hier seinen fahrbaren Untersatz nicht im Bus mitnehmen.
Na, super! Ich könnte jetzt also entweder mehrere Stunden Zug fahren und dann nochmal 100 km mit dem Fahrrad, oder ich überlege mir ganz schnell was anderes. Ich entschließe mich für letzteres. Zum Glück gibt es noch eine Flixbusfahrt nach Brügge am Sonntag um 4:55 Uhr. Damit fällt dann leider mein Stop in Terneuzen (Unterkunft stornieren geht natürlich auch nicht mehr) flach, aber immerhin kann die Reise dann Sonntag wie gewohnt weitergehen. Bei meinem Glück sind aber für die Nacht von Samstag auf Sonntag alle Hostels in Groningen komplett ausgebucht. Alle? Nein, ich könnte natürlich auch knapp 200€ für ca. 4 Stunden Penne bezahlen. Ne, danke! Ich entschließe mich also, mir die Nacht irgendwie bis kurz vor 5 Uhr um die Ohren zu hauen. Wird schon irgendwie gehen. Habe aber auch keinen Bock mich da jetzt mit zu beschäftigen, schließlich gibt es heute ein Konzert zu gucken.
Und was für eins! Den Abend eröffnen mit richtig viel Energie die 77er-Punkrocker von RANDY SAVAGES. Schön schneller Punk'n'Roll der alten Schule. Auch wenn noch nicht so viel Publikum da ist, geht dieser wilde Ritt ganz schön in die Beine.
Auf kurze Distanz ein ziemlicher Spaß, vor allem, weil der Bassist wie ein Irrer rumwedelt und seinen Bass in jede Ecke des Raumes hält. Dennoch bin ich froh, als dann der letzte Song so langsam verhallt, da es auf Dauer ein wenig eintönig wird.
...und da ich es in letzter Zeit ein wenig vernachlässigt habe: Hier könnt ihr in die Band reinhören.
Schon ein geiler Landen dieses LOLA. Das Bier könnte etwas günstiger sein, aber wahrscheinlich zahlt man hier für die 1A-Lage direkt am Marktplatz. Ansonsten hat der Laden definitiv Stil. Zumindest kenne ich sonst keinen Punkrock-Schuppen, der so aussieht. Anhand des Aushanges, der die nächsten Veranstaltungen hier verkündet, sehe ich, dass morgen Glam-Rock-Konzert ist. Das wäre jedenfalls besser als die Nacht in der Kälte oder in einer fragwürdigen Bar zu verbringen, aber vielleicht ergibt sich ja auch noch was anderes.
Dann kommt endlich der Grund, weshalb ich die knapp 200 Kilometer mit dem Fahrrad hauptsächlich auf mich genommen habe: Die verrückten Aussies von BLIND MAN DEATH STARE. Die sind erstmal total happy, dass jemand extra aus Dortmund angereist ist. Aber klar, schließlich habe ich die Band 2018 ja schon im heißgeliebten Rattenloch gesehen und dort sofort ins Herz geschlossen.
Auf der Bühne gibt es dann erstmal eine längere Diskussion darüber, dass die Saiteninstrumentler zwar vorne stehen würden, aber nicht die Frontleute wären. Danach reden alle geschlagene zwei Minuten durcheinander, während der Tontechniker versucht, die Mikrofone einzupegeln. Dann kann es auch endlich losgehen.
Ansonsten ist der muskulöse bärtige Gitarrist definitiv neu. Entweder das, oder Nina hat sich nach der letzten Tour sehr verändert. Ich glaube alle werden ihre markigen T-Shirts vermissen und mit „alle“ meine ich die handverlesenen Leute, die Blind Man Death Stare noch von der letzten Tour kennen. Elitärer Club dies das. Dafür kommt jetzt ordentlich Waschbrett-Bauch aufs Akkord-Gemetzel.
Der Rest der Band ist natürlich wieder komplett am Durchdrehen. Die erste Reihe springt wie verrückt über die Bühne und durch den Laden und der Drummer bolzt ohne Unterlass. Dabei singt er natürlich noch alle Songs. Man sollte es wie ich finde immer wieder erwähnen. Es gibt einfach nicht viele Bands, wo der Drummer der Hauptsänger ist. Schlagzeugspielen alleine hat ja schon sehr viel mit Koordination zu tun, aber dann dabei noch singen? Junge, junge...
Dabei steigt dann die absolute Party mit Stagedives und Circle Pits um die Säule. Da haben aber gewisse Leute richtig Bock! Ich „muss“ dann auch auf die Bühne. Normaler Stagedive wäre viel zu einfach, deshalb wird das Publikum darauf eingeschworen, mich während des kompletten Songs in der Luft zu halten, und das klappt tatsächlich. Wie verrückt ist das denn?!
Übrigens haben die vier Typen ein neues Album im Gepäck. „Comin' In Hot“ heißt das gute Stück und davon gibt es auch sehr viel (ich glaube sogar alles) zu hören. Songs gehen gut rein, wobei ich natürlich die bereits bekannten Sachen von „It'll Grow On Ya“ noch mehr feier. „Spike My Drink But Don't Take My Kidneys“, „I Have A Sex Addiction“, „I've Had Islamabad Day“ und viele andere werden rausgehauen, als gäbe es Hits im Sonderangebot.
Okay, ihr merkt, ich feiere die Band gerade über alle Maßen ab. Das aber einfach mal völlig zu Recht! Wenn die in eurer Nähe spielen (z.B. am Samstag im Rattenloch), guckt sie euch doch einfach an, ok?.
Als nächstes dann SVETLANAS, auf die hatte ich mich im Vorfeld natürlich auch gefreut. Schön angepisster Hardcore-Punk, der von Russland nach Italien emigriert ist. Auch wenn ich letztens hören musste, dass die Band wohl ihr komplettes Umfeld finanziell mit etwas unlauteren Mittel ausgeblutet hat, sehe ich mich nicht in der Position, darüber zu urteilen. Stattdessen bin ich froh, dass ich so direkt mit diesem ganzen "professionellen" Business nichts zu tun habe.
Nach Blind Man Death Stare falle ich aber auch irgendwie in ein Loch und es fällt mir allmählich schwerer, die Augen offen zu halten. Blind Man Death Stare haben aber auch gerade wirklich alles rausgeholt, was man so rausholen kann.
Immerhin bügeln auch die Svetlanas und vor allem Frontfrau Olga ordentlich durch. Leider ist die ganze Zeit irgendwas am Übersteuern und generell ist der Sound deutlich bolleriger als gerade. Das ist schon ziemlich nervig.
Aber auch showtechnisch liegt das heute ein Stück hinter den letzten Auftritten, die ich von der Band sehen konnte. Klar, das ist alles immer noch sehr amtlich, aber so wirklich Angst von Olga eins auf die Mappe zu bekommen, brauch man heute eigentlich nicht haben. Da stimmt heute die Ansage "We are The Svetlanas. We don't play, we fight!" dann nicht so ganz.
Des Weiteren werden heute alle Songs in einer Geschwindigkeit rausgehen, die alles in den Schatten stellt. Normalerweise finde ich sowas ja richtig lecker, da die Svetlanas-Songs, aber eh schon sehr schnell sind, verwischt die Musik heute leider, noch gepaart mit dem mäßigen Sound, zu einem Brei aus Wums. Schade, da kommen Soli und Melodien der Gitarre leider gar nicht mehr zur Geltung.
Davon abgesehen war es aber immer noch um Längen besser, im Vergleich zu dem, was der Großteil anderer Hardcore-Bands so abliefert.