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Kala Brisella, Trucks, Botschaft, 13.04.2019 in Bochum, Jahrhunderthalle - Bericht von mrks

Kala Brisella, 13.04.2019 in Bochum

Tief im Westen, da liegt Bochum. Gar nicht weit weg von meiner Höhle, jedoch kulturell/freizeittechnisch doch eher selten von mir frequentiert. Ab und zu war ich mal in Langendreer im Bahnhof oder öfter hab ich auch nebenan im Wageni abgehangen, aber sonst naja. Interessante Orte im Stadtkern sind doch eher rar gesäht würde ich meinen. Doch heute begebe ich mich in eine kleine feine Kaschemme nahe des Bochumer Hauptbahnhofs, nämlich der Jahrhunderthalle. Dort spielen heute drei Bands welche auf dem alten Indiedampfer Tapete Records ihre Platten veröffentlicht haben. Da sich ansonsten eher semiprofessionelle Veranstaltungen wie die EinsLive Krone oder Element Of Crime hier besuchen lassen, war ich natürlich erst etwas verwundert. Haben TRUCKS, BOTSCHAFT und KALA BRISELLA das nötig? Fasst das Gebäude überhaupt die zu erwartenden Fanmassen? Wollen wir mal schauen...
Direkt in der Halle findet das Konzert dann natürlich nicht statt, sondern nebenan im DAMPFGEBLÄSEHAUS. Schönes Wort. Über der Bühne bietet die Lokation direkt viel Luft nach oben, hier ansatzweise veranschaulicht. Wird bestimmt ein orchestraler Sound heute, ich geh schonmal in Deckung.
Doch zumindest vor der Bühne klingt das alles sehr gut. Zwar hallen die Gitarren natürlich etwas versprengt aus den Verstärkern hinein in die unendlichen Weiten des alten Gemäuers, aber der oder die Person am Mischpult weiß mit der Situation versiert umzugehen. 
TRUCKS haben jüngst ihr Album "Nicht Nichts" auf Tapete rausgebracht. Ihre Musik ist postpunkiger Gitarrenpop. Die Punksozialisation lässt sich nicht überhören, allerdings erfolgte die vermutlich an einer Hochschule und weniger am Hauptbahnhof. Neben dem Bassist steht dieses Stickerheft "Trucks", ein wahrscheinlich netter Zeitvertreib mit Aufklebern. Das finde ich sehr cool.
Sänger Billy trägt seine Texte enthusiastisch in diesem Jochen-Distelmeyer-Modus vor. Zumindest erinnert mich der Gesang und teilweise die musikalische Untermalung etwas an alte Blumfeld-Platten, L'Etat ét moi und früher. 
Eine derartig energiegeladene Show kriegen Blumfeld zumindest heutzutage aber nicht mehr hin. Daher schön, dass es die TRUCKS gibt. Auch geil: Gitarrist Christian schrebbelt seine Klampfe ohne Plektron. Er kann einfach nicht anders, sagt er. Mag mir kaum vorstellen wie dem sein rechter Zeigefinger nach zwei, drei Konzerten riecht...
Billy singt die meisten Lieder. Die Stimme ist die eines aufgebrachten, etwas verzweifelten Kaffeetrinkers mit Geldproblemen. Wobei der Schein trügt, betreibt Billy doch zwei der coolsten Bars in ganz Berlin. Da hat er vermutlich genug Pennies im Beutelchen. Aber Kaffee trinkt er bestimmt schon recht viel.
Einen Song singt auch Schlagzeuger Elias, dessen Stimmfarbe mich eher an einen keifenden Rentner im lokalen Fußballstadion kurz nach einem vergeigten Elfmeter erinnert. Sein Song wirkt dadurch ne ganze Spur punkiger.
Das war geil, keine Ahnung was danach noch kommen soll. TRUCKS sind eine megacoole Liveband, total mitreißende Darbietung, interessantes Songwriting, einfach geil geil geil aber arschaffengeil. Außerdem heißt ihr Album "Nicht Nichts" und den Witz hab ich selbst schon ein paar Mal gemacht. Muy Sympatico!
Danach dann BOTSCHAFT. Ich verpasse den Anfang, da ich mich draußen bei einer Menthol/Hibiskus Thai Zigarette mit TRUCKS-Bassist Schraube über Lampenfieber unterhalte. Als ich reinkomme, ist die wahnwitzige Rockshow der vier spitzbübischen Knilche von BOTSCHAFT schon längst im Gange.
Die Musik ist gewiss nicht allerleuts Sache. So träumerischer, fast schlageresker NDW Pop mit klarem Gesang und Texten über die BRD (unter anderem). Ein Lied handelt vom Treptower Park. Irgendwie sehr auf die eigene Umwelt bezogen, in Form von Stadtteilen oder halt der BRD. Sowas ist mir persönlich im Allgemeinen immer zu deutsch. 
Ich kann mir nicht helfen, diese ganze 80s Ästhetik der Band ist mir einfach zu gewollt. Selbst das Cover der Platte hat oben rechts in der Ecke so ein "Compact Disc" Logo. Der Drummer trägt ein Tribaltattoo zum närrischen Cowboyhut. Das gefällt mir dann wieder echt gut. Das kann nicht jeder.  
So plätschern die Songs dahin. Highlight ist die Gesichtskirmes des wirklich beherzten Sängers Malte. Das hat viel Unterhaltungspotenzial. Er verblüfft dann noch mit einer sehr ausklamüserten Ansage über die erste Rechtswissenschaftsvorlesung von Hegel in welcher er das Atom im Sinne von Marx als Metapher für blablablabla OK VERSTANDEN, MALTE WAR SCHON MAL IN EINER UNI.
Botschaft. Eine Band, die bestimmt vielen Leuten gefällt. Nebenbei erwähnen sie noch "schnell fertig machen" zu müssen, da sie gleich nach Hamburg fahren wollen, um die dort vergessenen Pillen des Bassisten einzusammeln. Ich finds superwitzig. Allerdings ist das gar kein Scherz, sondern sehr ernst und sie fahren nach ihrem Auftritt tatsächlich los nach Hamburg ..
Gegen Ende des Botschaftsets erreicht mich der Shotalarm, welcher im Backstage ausgelöst wurde. Ich schleiche mich also schnell in den Fahrstuhl und hebe einen oder zwei.
Gestärkt begebe ich mich direkt wieder in das Dampfgebläsehaus, auf dessen Bühne nun zwei große, große Popsicles prangern. KALA BRISELLA sind im Begriff, den Riemen auf die Orgel zu spannen.
Von der Band hört man ja immer wieder mal. Zum Beispiel weil Thurston Moore Fan ist oder weil ihr erstes Album den verheißungsvollen Titel "Endlich Krank" trug. 
Der Sound der Band ist sehr treibend. Definitiv ragt er ins Bein hinein und lässt mich gedankenverloren mit dem Fuß wippen. Den anderen Konzertbesuchern geht es sichtlich ähnlich. 
Auf der Bühne ist allerdings viel mehr Bewegung. Die drei Musiker zeigen sich als waschechte Showmaster. Die Schlagzeugerin simuliert während eines Songs zum Beispiel mit ihren Sticks das Aufschneiden der Pulsadern und den Freitod durch Bauchstich.
Von schnellen Punksongs à la Goldene Zitronen bis hin zu spartanisch instrumentierten ruhigen Nummern wie dem großartigen "gezackte Linie" können Kala Brisella eigentlich alles in ihrem Repertoire vorweisen. Hängen bleiben wollen mir aber nicht all zu viele Songs. Vielleicht ist es einfach schon zu spät für mein Gehirn.
Insgesamt ein wirklich cooler Abend in Bochum. Wer hätte das gedacht? Mich wundert es allerdings, wieso das Tapete Label es anscheinend nicht für nötig hält, einen solchen, Tapete gewidmeten, Konzertabend mit gleich drei Labelbands zu pushen. Als ob die das gar nicht mitbekommen hätten. Nicht mal einen Facebookpost gab es. Vielleicht war es ihnen egal? Keine Ahnung, erscheint mir aber recht unsympathisch. 

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Location:
Jahrhunderthalle
An der Jahrhunderthalle 1
44793 Bochum
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