Days N Daze, ESA, 26.05.2019 in Mülheim/Ruhr, AZ Mülheim - Bericht von der Redaktion
Days N Daze, 26.05.2019 in Mülheim/Ruhr
Days N Daze sind mir irgendwie 2017 untergekommen und seitdem laufen die Platten eigentlich ständig bei mir rauf und runter. Auch einige Internetvideos zeigten mir, dass ich die Band sympathisch finden würde. Besonders lustig fand ich das Video, wo die Band an sie gerichtete Hassmails vorliest. Sehr cool. Fö und Zwen hatten sich auch angekündigt und ich habe mir zum ersten Mal im Leben eine Karte fürs AZ Mülheim vor dem Konzert gekauft. Trotz Erkältung und Übermüdung habe ich mich dann auf dem Weg zum Bahnhof gemacht.
Für mich auch die AZ-VVK-Premiere, wobei ich mir die Karte gekauft hatte in der Annahme, das Ganze würde im kleinen Raum stattfinden - aber nix da, es wird tatsächlich die Halle bespielt! So groß hätte ich den Hype ja nun auch nicht eingeschätzt. Nunja. Dafür ist an Publikum wieder alles empor gekrochen, was die Subkultur so an Gesocks zu bieten hat! Verfilzte Haare, Iros, Lederjacken, Nieten, Patches, Tattoos, Hals-Nasen-Ohr-Ringe, alles da! Klientel, das in der Masse sonst nur zu Frost Punx oder Untergang auftaucht. Total großartig! Soll noch mal einer sagen, Punk sei tot.
Ein Traum auch die Gespräche vorm Laden, leider hat Zwen sein Aufnahmegerät nicht dabei. Kann mich gar nicht mehr an die vielen, durch diverse Substanzen stark beeinflussten Gespräche und Halbsätze erinnern. Aber exemplarisch hier eins:
Person A: "Welchen Tag haben wir heute?"
Person B: "Heute!"
...wohlgemerkt in vollstem Brustton der Überzeugung. Ach, das kann nur ein guter Tag werden, dieses heute! Es ist schon einige Zeit her, da spielten Days N Daze mal im AZ Wuppertal und eine Freundin fragte mich, ob ich nicht Bock hätte dorthin zu fahren. Da ich den Namen der Kapelle doof fand (klingt irgendwie so nach Kiffer-Musik), sagte ich, dass ich absolut keinen Bock hätte. Tja, dann zogen ein paar Monate ins Land und urplötzlich waren Days N Daze die neue Hype-Band im Rattenloch. "Misanthropic Drunken Loner" oder "Post Party Depression" liefen fast in Dauerschleife und erhielten so auch schnell Einzug in mein privates Musikarchiv. So viel also zu meiner Motivation, dem heutigen Event beizuwohnen. Ein paar Tage vorher erfahre ich, dass Fö und Thomas auch mit dabei sein werden. Wuhu! Wir verabreden uns im Zug, da pepperann und ich zuerst noch eine Pommes in Bochum essen und dann direkt ins AZ durchstarten wollen. Leider verkacke ich die Planung völlig, weshalb wir jetzt ca. eine Stunde in Bochum warten können. Da wir eh nix zu tun haben, beschließen wir nach Dortmund zu fahren und Fö und Thomas abzuholen.
Dito und danach war ich betrunken.
Ich war schon im Vorfeld sehr skeptisch, die Abkürzung steht für "Endlich schlechte Akustik" und ist ein Nebenprojekt der Band "Endlich schlechte Musik". Bei dem Namen kann da doch nur Grütze rauskommen! Das Meiste von ESA habe ich verpasst, weil ich die Zeit erstmal mit Leute begrüßen und quatschen verbringen musste.
Ich fand's dann doch gar nicht so mies wie erwartet, außer dass es eben Akustik-Zeug war. Es gab viel eigenes Material, aber zum Ende hin auch viel Bekannteres von Künstlern wie Rasta Knast oder Knochenfabrik. Oder ein APPD-Lied, zu dem anschließend das ganze Publikum "Arbeit ist scheiße" skandierte. Gefolgt von einer Bella-Ciao-Arbeiterlied-Melange, bei dem dann alle "Reih dich ein in die Arbeitereinheitsfront" mitsangen. Punk kann so witzig sein! Joa, kann so gemacht werden. Ist halt so Akustik-Zeug. Ich erkenne zwischendurch diverse Cover. Haut mich aber nicht vom Hocker. Besser gesagt von der Couch, von denen einige in der großen Halle aufgebaut waren und ich mir direkt einen Platz gesichert habe.
Boah, ist das voll hier! So viele bekannte Gesichter und generell ziemlich viel los. Als Laber-Untermalung ist das, was ESA da machen, ganz nett. So wirklich auf die Musik konzentrieren kann ich mich aber nicht. Dem schon relativ zahlreich erschienenem Publikum gefällts. Mich nervt, dass ca. fünf Mal erwähnt wird, das ja gleich Days N Daze auf der Bühnen stehen werden. Ach. Naja, zumindest scheinen sich ESA darüber zu freuen. Das Publikum gewinnen sie allerspätestens mit nem Cover von Filmriss. Alles beim Alten im AZ.
Dann starten aber auch Days N Daze. Mein grippaler Infekt zwingt mich weiterhin dazu, auf der Couch sitzen zu bleiben und dem Konzert aus der Ferne (aber mit erhöhter Sitzposition - die Couch stand auf nem Podest) zuzuschauen.
Kleine Korrektur: Bassist Geoff Bell (zu erkennen an dem schmockigen Tunnel) ist schon der Stammbassist der Truppe. Am Waschbrett wird Meg Gan heute und generell auf dieser Tour von Geoffs Schwester Marissa vertreten.
Marissa hat sich die Songs angeblich innerhalb eines Tages reingeprügelt. Amtlich! Wobei ich nicht weiß, wie viel Talent man für ein Waschbrett braucht. Waschbrett und dieser Waschwannenbass sind mit anderen Menschen besetzt, als mit jenen die in den Musikvideos auftauchen. Tut dem ganzen aber keinen Abbruch, da Jesse und Whitney eh im Vordergrund der Band stehen.
Wo wir gerade beim Thema sind: Ich bin mittlerweile so dicht, dass ich geschlagene fünf Minuten über den Herkunftsort der Band ("Houston") lache und Götz vorschlage ein thematisch auf Weltall basierte Punkband zu gründen. Er erwidert daraufhin, dass er bereits in einer Weltall themenbasierten Punkband spielt. Diese beiden und vor allem die erfrischende Kombination von Instrumenten führen dazu, dass ich die Band so großartig finde. Nebenbei gibt es auch noch herrlich zynische Texte über Alltags- und Gesellschaftsscheiße, sowie eine große Portion Substanzgebrauch.
Whitney wirkt indes ziemlich aufgedreht und wuselt die ganze Zeit über und hinter die Bühne. Wie sich später herausstellen wird, um die Back-Up-Mandolin-Spielerin (oder war es eine Geige?) zu suchen. Als man das verschollene Bandmitglied endlich findet, gibt es dann ein paar "Where is Waldo?"-Witze.
Würde sagen Mandoline, wurde jedenfalls gezupft und nicht gestrichen. Aber ich bin auch kein Experte für derlei Instrumente. Die Band hat sichtlich Spaß und es kommt auch immer mehr Bewegung ins Publikum. Habe das AZ selten so voll bei einem Einzelkonzert gesehen.
Ich muss ja zugeben, keinen einzigen Song zu kennen und im Vorfeld nur sehr kurz reingehört zu haben. Dafür find ich das alles aber wunderbar stimmig und mitreißend, weitab von der Klischee-Akustikfolk-Kapelle. Bin dann auch überrascht, als nach ner guten Stunde schon das Ende des Auftritts angekündigt wird. Die haben aber auch eine Hitdichte. Zwischendurch mal ein etwas ruhigerer Song, der im Anschluss aber vom nächsten Knaller abgelöst wird. Auch die eingestreuten neuen Songs lassen vermuten, dass das nächste Album ebenfalls eine Weiterentwicklung, aber in eine wünschenswerte Richtung sein wird.
Ich glaube das ging nicht nur dir so! Der Rest der Halle war jedenfalls auch ordentlich am feiern und mitsingen. Teilweise sogar auf der Bühne, als zu einem Song spontane Improvisationen eingefordert wurden. Krass, ich merke wie ich die Hälfte der Songs lauthals mitgröle (und immer wieder von Hustenanfällen unterbrochen werde). Hab ich mir in den letzten Monaten wohl doch häufiger angehört als gedacht.
Wirklich! Hype gerechtfertigt. Tolle Band! Muss mich dann wohl doch mal mit dem musikalischen Output befassen. Wer die Chance hat: Anschauen, lohnt sich! Ich weiß nicht mehr wie viele, aber mit Sicherheit vier Zugabenblöcke gab es dann noch. Aber nicht nur aufgrund von Publikumsforderungen, sondern einfach weil die Band sichtlich Bock hatte. What the fuck, was für eine Energie. Grandios.