Punkrockers Radio Fest: Old Styles Best, Sidewalk Surfers, Kreftich, Pott Riddim, Weekly Carouse, 21.09.2019 in Bochum, Rotunde - Bericht von der Redaktion
Punkrockers Radio Fest, 21.09.2019 in Bochum
Es gab Gratisschnaps? Hab ich wohl verpasst. Auf dem Weg vom Bahnhof stolper ich über Zwen und zusammen kommen wir in der Rotunde an und siehe da, die erste Band spielt schon. Haben die Gratisschnaps bekommen?
Ich hatte mich im Vorfeld großkotzig angemeldet für die Gästeliste, um nen Bericht zu schreiben, aber vergessen, dass ich vorher schon beim Alibi in Essen verabredet war. Da war nämlich irgendein Geburtstag des Ladens und Lena Stoehrfaktor hat gespielt. Wie das so ist, habe ich mich massiv verquatscht und die Deutsche Bahn hat dazu beigetragen, dass ich mit sehr viel Verspätung in Bochum angekommen bin. Unser aller Lieblingsradio-Sender wird 17 Jahre alt, somit zwar immer noch nicht volljährig, aber bereits im besten Alter um sich ordentlich volllaufen zu lassen. Das soll heute also groß gefeiert werden. Zwar finde ich das Line Up jetzt nicht so prickelnd wie noch beim letzten Mal, aber was solls?! Dafür bekommen die ersten Besucher einen kleinen Gratisschnaps. Bands < Saufen.
Als ich ankomme, spielen die SIDEWALK SURFERS bereits ihre ersten Akkorde. Im Vorfeld habe ich mich auf diese Band wohl am meisten gefreut, da sie als die einzigen (bis auf Old Styles Best) so wirklich ami-inspirierten sind. Was aber auch nicht stimmt, wie sich bald noch bei Weekly Carouse herausstellen soll. Dennoch, hier gibt es einen richtig schönen Mix aus Skate- und emotionalen Punkrock.
Von schnellen Nummern bis hin zu unterem Midtempo gibts eigentlich alles, was man braucht und noch einiges mehr. Die Nähe zu Menzingers, Lagwagon und Konsorten fällt auf. Dazu dann noch ein Sänger, der aussieht wie der Typ von den Dune Rats. Passt!
Danach dann POTT RIDDIM. Habe ich noch nie gesehen, werden mir von der Kannenfraktion aber empfohlen. Also, mal reingucken. Oha, das ist ja richtig billiger Sondaschulen-Verschnitt! Fehlt nur noch, dass sie gleich "Hängematte" spielen. Tun sie zwar nicht, aber dennoch gibt es uninspirierte Ruhrpott-Philosophie a la "Ich bin ein versoffener Assi, die Arbeit ist kacke und morgen hol ich mir nen Gelben".
Joa, ach, das muss ich mir nicht geben, aber Freunde von Macsat und anderen Tröt-/Rock-Kapellen tanzen bereits ausgelassen vor der Bühne und entern somit die Lücke, die bei den Sidewalk Surfers noch gelassen wurde. Ich ziehe mich mal aus dem Getümmel zurück und in Richtung Punkrockers-Radio-Merch. Die dortigen Gespräche bringen mir mehr, als jetzt noch eine knappe halbe Stunde dieser Kapelle zu lauschen.
Dem Sondaschule-Vergleich kann ich zustimmen, aber ich fand das ganz cool. Partymucke wars, und das Augenzwinkern bei den Texten hat der Kollege wohl überhört.
Tatsächlich animierte die Musik aber wohl nicht nur zum Tanzen, sondern auch zum Biertrinken, wie auf diesem Bild hier unschwer zu erkennen ist. Der leuchtende Kreis da rechts ist übrigens kein Heiligenschein, sondern ein Mitbringsel von Viva Con Agua. Die sind heute auch am Start, genau wie eine Spendenbüchse für "Kein Bock auf Nazis". Sehr vorbildlich!
Das Schlegel war lecker. Ich okkupiere derweilen häufiger mal die Couch unter dieser schicken Diskokugel. Während es für die Bands leckeres Schlegel gibt, muss der Pöbel zu Krombacher oder Jever greifen, aber ich habe mich ja schon auf Gästeliste reingeschnorrt, da will ich jetzt nicht meckern.
Mh, den unpolitisch Spruch hab ich fürn Spaß gehalten, zumal auch das Publikum eher lachend drauf reagierte. Als nächstes spielen WEEKLY CAROUSE. Skinhead-Skatepunks? O-Ton Ansage: "Wir sind unpolitisch! Denn man muss nicht politisch sein, um gegen die AfD zu sein!". Joa, okay, und was ist mit allen anderen Themen, oder sind die nicht so wichtig? Was jedenfalls wichtig ist, ist NoFX abzufeiern, so gibt es "Murder The Government" mit deutschem Text (irgendwas mit AfD), "Linoleum" und "I like NoFX". Das ist selbst mir too much, obwohl ich ja den Vierer aus Kalifornien auch total gerne habe.
Da fehlen noch Coverversionen (ebenfalls Weekly Carouse) und Bühnendeko (weiß ich nicht mehr). Als dann ein "Gastsänger" auf die Bühne gerufen wird, beschließe ich ein lokale-Bands-Showeinlagen-Bullshit-Bingo zu entwerfen und harke mental schon mal ein paar Dinge für den heutigen Abend ab. "Und jetzt die Mädels" (Pott Riddim), wechselnde Bühnenbesetzung (Weekly Carouse), Hinweise auf Merch (weiß ich gerade nicht mehr) und und und.
Während die Band vor sich amipunkte, hab ich beim Merch versucht, Kram zu verkaufen. Da bin ich Naturtalent, nichtmal die kostenlosen Buttons konnte ich vermitteln. Die zusätzlich angebotene Stilberatung kam auch nicht so gut an. Kein Gastsänger, aber Bewegung im Bühnenbild bietet sich uns, als der eine Gitarrist die Klampfe weglegt und stattdessen mit rau-ranziger Oi!-Grölstimme das schnelle Gitarrengeschrammel unterlegt.
Warum wollte das wer wissen? Schulde ich irgendwem Geld? Nach einer kleinen Umbaupause legen dann KREFTICH los. Ich werde immer mal wieder gefragt, wo denn dieser Thomas bleibt. Nun, der hat mir gerade ne Nachricht geschickt, dass es wohl noch etwas dauern wird. Ich freue mich jedenfalls, Kreftich nochmal zu sehen, nachdem ich auf dem Bunt Statt Braun nicht wirklich Zeit hatte, die Gruppe in Ruhe zu genießen. Was soll ich sagen? Die Zeit sollte man sich definitiv nehmen.
Zwar waren und sind Kreftich wohl nie so wirklich erfolgreich gewesen und eiern jetzt schon einige Jahre im Deutschpunk rum, dennoch gilt das nur für den kommerziellen Erfolg. Musikalisch haben sie tolle Melodien, gute Texte, mehrstimmige (Wechsel-)Gesänge, also alles, was Spaß macht. Auch das neue Album "niemals stumm" kann was, zumindest fügen sich die hier dargebotenen Stücke von eben dieser Platte super ins Gesamtkonzept ein.
Das Licht hat den ganzen Abend genervt, immerhin wurds hinterher weniger Nebel. Nebel, jetzt mal im Ernst, wer braucht sowas? Nebel? Wie kommt sowas, sitzt da wer der sich denkt "Boah geil, da mach ich jetzt Nebel hin und dann ist das so richtig cool?" Wann habt ihr das letzte mal gedacht "Joa, so Nebel wäre jetzt fein"?
Wir haben doch schon am Abend beschlossen, dass sich das Gehalt des Mensch hinter der Nebelmaschine nach dem Einsatz eben dieser richtet. Auch gut, dass auf ein "Könntest du das mit dem Nebel bitte lassen?" mit "Ganz weglassen geht nicht, aber ich kann etwas wenig machen" reagiert wurde. Jedenfalls müssen sie sich hinter anderen Genrevertretern wie Rasta Knast nicht verstecken, auch die Drums sind richtig schön aufn Punkt und werden hier wunderschön von den Scheinwerfern angestrahlt. Ganz toll!
Ja, schnieke Dreiercombo. Passt! Kreftich dagegen sind ganz fein. Noch nie live gesehen, gute Band, können was und machen die Bühne nicht so voll.
Ja, alter ey. Die Bahn. Und natürlich gabs im Alibi günstige Getränke....Naja, auf jeden Fall komme ich wirklich zum allerletzten Akkord von Kreftich rein und werde an der Kasse als Zwen +1 identifiziert. Glücklicherweise hatte ich vorgetrunken, so dass ich den Abend hier überleben werde. Die Bierpreise sind ja echt nicht feierlich. Als Kreftich dann schon abgebaut haben, kommt endlich der verschollene Sohn zur Tür rein. Thomas erklärt mir erstmal, dass er eigentlich nur wegen Kreftich kommen wollte und diese ja nun genau verpasst hat. Ärgerlich, aber selbst Schuld!
Mich kann das Ganze auch irgendwie so gar nicht abholen. Ich habe auch den Eindruck, dass vorwiegend alte, weiße Herren sich selber beim Mitgrölen feiern. Ich bezweifel auch, dass allen Anwesenden die Aussagen der Songs im entsprechenden Kontext bekannt waren. Den Abschluss machen jedenfalls mit einer Spielzeit von insgesamt 90 Minuten OLD STYLES BEST. Die spielen ausschließlich alte Punkcover von Dead Kennedys über Reagan Youth über Pennywise und so weiter und so fort. Ich stehe dem heute sehr gespalten gegenüber. Irgendwie finde ich Cover-Bands gerade im Punkbereich schwierig. Bei den hier gespielten Werken ging es ja auch ursprünglich mal um die politischen Botschaften, dennoch wird heute alles auf Party! Party! Party! runtergebrochen. Außerdem merke ich, dass einige Songs wirklich gut gealtert sind ("California uber alles"), andere heutzutage aber einfach keinen Sinn mehr machen ("Holiday In Cambodia").
War nicht so meins. Hin und wieder mal ein Cover, da bin ich durchaus für zu haben. Aber ausschließlich? Mhh, nee.
Musikalisch wars solide. Allerdings ist es auch ein wenig merkwürdig, alle "Punk-Hits" in kurzer Zeit mit den gleichen Stimmen zu hören. Mich treibt es eher vor die Tür zum handshaken und smalltalken. Musikalisch kann man aber soweit nicht meckern.