Figgie, Vic Willems; Honingbeer, 19.10.2019 in Utrecht, EKKO - Bericht von mrks
Figgie, 19.10.2019 in Utrecht
Meine Liebe zu Utrecht begann, als ich dort eher unfreiwillig vor ein paar Jahren strandete. Ich war mit zwei Freunden auf dem Weg zu einer Technoparty in Amsterdam. Auf der Autobahn wurde bei unserem Fahrer Alkoholgehalt im Blut gemessen, woraufhin er auf die Wache in Utrecht eskortiert wurde und wir Übrigen die restliche Nacht saufend vor dem Bullenstall verbrachten. It was Love at first sight. Erst am nächsten Morgen wurde uns klar, dass der Kumpel im richtigen Knast eingekerkert worden war und der steht in der Nachbarstadt Houten. Utrecht ist schöner als Houten, das kann ich euch sagen.
Hier wohnen viele Studentinnen und Leute wo gern in Bars trinken tun. Aber sie bevorzugen hier Kartenzahlung, was es mir echt unkomfortabel macht, hier Getränke zu kaufen. Mein Klimpergeld wollen die gar nicht und meine Karte ist gesperrt natürlich. Es ist jedes Mal ein wahnwitziges Gefeilsche mit bemühtem englischem Genöhle meinerseits, bis ich an ein Getränk komme. Alle hassen mich an der Bar. Na toll.
Aber das tut der guten Laune natürlich keinen Abbruch, denn ich hab außer Klimpergeld auch noch was anderes mitgebracht. Na was wohl? Gute Laune natürlich! Ich geh erstmal schön einen abseilen in der gender neutral toilet for everyone und spähe dann mal in den anliegenden Konzertsaal.
Wow, ganz schön geräumig die Kammer hier. Auf der Bühne bezirzt grade Honingbeer ihre Geige. Das ist ziemlich sphärisch und ruhig und als ich so herein spaziere (also mitten beim letzten Song), klingt das gar nicht wie richtige Musik, sondern wie so Entspannungsklänge von einer CD ganz hinten im Regal irgendeiner x-beliebigen Yogabude.
Erstmal eine wegschmörkeln. Aber wo? Draußen geht nur ohne Getränk, aber wer will denn ohne Getränk quarzen? Drinnen geht natürlich nicht. Heimlich traue ich mich nicht. Auf dem Klo sind zu viele Leute. Wie rauchen die hier im EKKO? Nach längerem Grübeln finde ich den Raucherraum. Unter einem ratternden Blechgebläse zieh ich mir direkt mal drei Kippen rein in den Schlund. Da kommt Urlaubsfeeling auf.
Fühle mich nun frisch und erholt, bahne mir den Weg zurück in den Club. Vic Willems und ihm seine Band haben grade angefangen. Melancholische, interessant instrumentierte Indiepop Musik mit niederländischen Texten. Hier und da erinnert mich das Ganze an die Weakerthans. Könnte auch wunderbar damals auf GHVC erschienen sein.
Ab und an kann ich raushören, woran dem lieben Vic hapert. Er schläft nicht so gut und ich glaube er hat auch Zukunftsangst oder so, weiß der Geier oder weiß er nicht, scheißegal die Band is super. Die Sängerin, welche astreine Harmonien zaubert und überhaupt ihre Stimme wie ein Instrument betätigt, spielt den Drumcomputer. Der Bass kommt aus einem Synthie und gelegentlich bricht sich das Saxophon einen ab und bringt ein wenig wohlstrukturiertes Chaos in die poppigen Songs.
Jedes Mal wenn Vic Willems (ausgesprochen: "Fick Willäm") seinen Namen oder den Namen der folgenden Band (Figgie, ausgesprochen "Ficki") sagt, muss ich schmunzeln. Alles wieder so sexy heute, wo ist mein Asthmaspray?
Nach diesem wirklich wunderschönen Konzert überbrücken diese beiden DJs die Umbaupause mit sportlicher Beschallung. Hier sehen wir wie DJ A busy an den Decks wird, während DJ B schon mal die Spotify-Playlist anwählt.
Dann kommen die Local Heros. Sie gehen bei dem Namen Figgie und feiern heute den Release ihrer neuen Platte. Zu diesem Anlass haben sie überall im Laden ihr Logo hingepinnt. Es sind diese beiden Rauten, welche hier auf dem Backdrop etwas zu erkennen sind.
Figgie spielen fancy dancy Indierock mit Gitarren, bisschen Synthie, flotte Basslines und stets nach vorne bummsendem Schlagzeug. Ein wenig fühlt es sich an, als sei ich in eine Zeitmaschine geraten und wäre im Jahr 2005 wieder rausgeplumpst.
In ihren ganz starken atmosphärischen Momenten erinnern sie ziemlich stark an Bloc Party. Ein Song könnte eins zu eins so auch auf einem frühen Nada Surf Album gewesen sein. Meistens klingt das aber alles wie Maximo Park ohne den nervigen Oxford-Akzent. Ich habe keine Ahnung worum es in den Liedern geht. Figgie haben zwar zwei Sänger, aber BEIDE singen ausschließlich niederländisch.
Die Leute feiern das hier ordentlich ab und beim letzten Song "Soms" wird richtig ausgeflippt. Das ragt auf jeden Fall tief ins Tanzbein und bietet den ein oder anderen Ohrwurm. Hätte mir aber auch gern den Vic Willem noch was länger reingezogen, das war so schön mit dem.
Draußen wird der große Gag vorbereitet: Vegetarische Kibbelinge, genannt Figgielingen. Da über dem Fenster seht ihr nochmal das Figgie Logo. Echt alles ist mit diesen Rauten hier vollgekleistert, das hat waschechten sekten flavour.