Chefdenker, Skartoffel, Sinnfrei, The Grabowskis, 30.11.2019 in Dülmen, Neue Spinnerei - Bericht von Zwen
Chefdenker, 30.11.2019 in Dülmen
In Hagen ernte ich dann erstmal ein breites Grinsen von Enno, der nicht darauf klar kommt, dass ich tatsächlich vorsichtig Auto fahre und den Bulli nicht wie so ein Stück Wegwerf-Metall gegen den Bordstein donner. Na gut, fahre ich ab jetzt halt wie ein Irrer! Während ich dies tue, ergötzen sich meine Mitfahrer an der Tatsache, dass Klute nicht dabei ist - der sitzt nämlich gerade bei Ende Gelände in der Lausitz und schaltet eigenhändig Kohlekraftwerke ab - und sie somit ungestört über Fußball reden können. Klute funkt da wohl immer nach spätestens 5 Minuten dazwischen. Heute kann also ausführlich geschnackt werden. Nach 6 Minuten ist das Thema jedoch erschöpfend und in all seinen Facetten behandelt und wir können uns wieder über die Weltrevolution unterhalten.
An der Neuen Spinnerei angekommen, stelle ich fast, dass hier heute nicht nur THE GRABOWSKIS und Chefdenker, sondern insgesamt vier Bands spielen sollen. Wer nun "Change Over" sind und warum sie heute Abend 3x spielen sollen, kann ich euch leider auch nicht sagen, da die gar nicht aufgetaucht sind. Stattdessen dudelt im Hintergrund die staatlich verordnete Pop-Punk-Playlist, über die jedes Jugendzentrum per Gesetzesbeschluss zu verfügen hat.
Pünktlich um Viertel vor acht gehen THE GRABOWSKIS dann an den Start und spielen ein schönes kurz-knackiges Punkset mit ein bisschen Hardcore und ein wenig Schlager. Auch Marc macht einen ziemlich guten Job am Bass und haut ordentlich in die Seiten.
Ebenfalls einen guten Job machen die hier für den Sound zuständigen Menschen. Dieser ist nämlich bei allen Bands des heutigen Abends gestochen scharf und perfekt auf den Punkt. Bierpreis mit 1€/0,3l auch jugendzentrumsfair. Wenn sie jetzt nur statt Bitburger Hansa hätten, aber das kann man hier wohl nicht verlangen. Tatsächlich bin ich kurz davor, Dül-Man zu rufen. Wahrscheinlich ist es aber schon zu spät, da bereits kein Bus mehr fährt. Dann fällt mir ein, dass ich ja heute eh nicht saufen darf und Dül-Man dies wahrscheinlich im Vorfeld genau aus diesem Grund so organisiert hat. DÜLMEN!
Viele Bands ranzuholen und dann die Hälfte der Bands auch noch Ska-Kapellen sein zu lassen, ist ja immer ein gutes Konzept um eine JZ schon bereits mit den Bands voll zu machen. Dennoch haben sich auch ein paar zahlende Besucher in dieses Kaff verirrt. Verrückt, aber sehr cool von euch!
Was folgt sind SINNFREI, die mir tatsächlich trotz der Tatsache, dass es sich hier um Kirmes-Ska handelt und ich die Band hier schonmal verrissen habe, eigentlich ziemlich gut gefällt. Heute klingt das tatsächlich eher nach alten Sondaschule-Sachen. Schon qualitativ ganz gut, aber auch nicht zu professionell.
Vor allem Gitarren- und Bass-Arbeit gefallen mir gut. Ja, auch die Trötfraktion macht eine gute Figur und alle, sowohl Blas-, als auch Saitenfraktion, können sehr schön ihre Beine in die Luft recken.
Als nächstes dann die Poser-Schweine von CHEFDENKER. Finde ich okay, teile aber nicht diese an Ektase grenzende Bewunderung, die andere Redakteur*innen hier für diese Band empfinden. Mir fällt auch auf, dass die vier Protagonisten bei allem Quatsch eigentlich sehr nüchtern und überlegt wirken. So gut wie kein Solo wird verkackt und entblößte Körperteile gibt es auch nicht zu sehen. Nicht, dass ich das jetzt unbedingt hätte sehen wollen, finde es aber schon etwas merkwürdig, wenn Freunde mir immer sagen, wie besoffen und kaputt diese Band doch wäre und ich immer bei den Auftritten zu sein scheine, wo eben dies so gar nicht der Fall ist.
Tatsächlich wirkt es eher sehr professionell. Dominik post herum wie ein junger Gott, steigt überall drauf, hält die Gitarre über und hinter den Kopf und hängt sie auch mal einem überraschten Besucher um.
Als dann andere Musiker auf die Bühne gebeten werden, gibt es einen ordentlich, aber noch sehr koordiniert wirkenden Abriss. Obwohl koordiniert eigentlich das falsche Wort ist. So weiß wohl niemand, was er/sie gerade tut, aber alle haben Spaß und es geht nichts zu Bruch.
Ansonsten wurde sich aber auch mehr drauf konzentriert, in 1 1/2 Stunden das Set runterzurocken, und das wie eben schon erwähnt, relativ professionell. Das war schon okay.
Vor der letzten Band SKARTOFFEL kann ich zum Glück die Band bewegen, schon mal den Bulli zu bepacken. Das klappt auch erstaunlich gut und erstaunlich zügig. Auf der Bühne hat sich indes eine Ska-Band von gigantischem Ausmaß aufgebaut und damit meine ich nicht nur das Backdrop, was selbst für die relativ hohe Decke hier noch zu groß ist. (Wo zur Hölle plant diese Band zu spielen?!).
Scheint aber auch einfach so ein lokales Dingen hier zu sein, jedenfalls ist der Laden rappelvoll und es wird ordentlich getanzt. Ich als Großstädter verstehe die dörflichen Bräuche hier so überhaupt nicht und erkenne da außer Gesichtskirmes und einem Gitarristen, der kein Geld für T-Shirts zu haben hat, so gar nichts. Dementsprechend wirkt es für mich sehr oberflächlich (Kirmes lässt grüßen).
Da die anderen wohl auch nicht mehr so die große Lust haben, noch lange hier zu bleiben, betreiben das Bierhörnchen und das Lernhörnchen noch ein bisschen Vorratsbeschaffung und so geht die lustige Fahrt zunächst nach Hagen, dann nach Schwerte und schließlich in mein Bett.