Poor & Weird Fest: The Briefs, Defekt Defekt, Bad Mojos, The Pissed Ones, Gulag Beach, The Tikes, 13.12.2019 in Dresden, Chemiefabrik - Bericht von verSemmelt
Poor & Weird Fest, 13.12.2019 in Dresden
Ein hartes Wochenende in DD ruft. Poor & Weird als auch der morgige Heartbreak-Geburtstag. Iso-Matte, Schlafsack plus weitere dicke Decken für alle Eventualitäten in den Kofferraum gequetscht, in Görlitz zwei Leute für die Hinfahrt eingepackt und ab geht die Post. Das Poor & Weird Fest - obviously nach dem Briefs-Song benannt - was in der Zeit nach der Bandauflösung durchaus Sinn ergab, ist nach Recherche eigentlich bis vor zwei Jahren immer ein Berliner Ding gewesen, was immer im Cassiopeia stattfindet. Letztes Jahr kam das Hamburger Molotow dazu. Und dieses Jahr als dritte Location die Dresdner Chemiefabrik. Ist es eigentlich mittlerweile ein Running Gag, dass es als das Letzte angekündigt wird? Anyway. Das gibts schon zum 7ten Mal und mir war es tatsächlich neu. Hab vor etwa 15 Jahren viel 77er Punk gehört, war dann weg davon (irgendwie stolperte ich auch des Öfteren über wirklich monotone Auftritte) und hab durch Nasty Rumours und Cyanide Pills vor 1 1/2 Jahren auf dem BTF eine Art alte Liebe neu entdeckt. Verpasst wurde wahrscheinlich eine Weltpremiere. Irgendwie wurde viel zu zeitnah noch kommuniziert, dass ein halbe Stunde vor geplanten Beginn noch die ADRATS ihren ersten Auftritt haben sollten. Lang können die aber eh nicht gespielt haben und ich habs auch verpeilt zu fragen Ob, Warum, Wer und Was das war.
Den Auftakt für den Schreiberling machten daher THE TIKES und im Vergleich zum Grenz-Rodeo richtig gut. ´77er-Stakkato-Punk. In der Vorankündigung fand ich die Bezeichnung "unkontrollierte Instrumentalspastik" ganz treffend. 5 Bands später kauf ich mir die Platte und verspreche mit einer gewissen Bier-Euphorie dass ich ein Review schreibe. Uiuiui. Das wird irgendwann meinen Rezi-Counter direkt von 0 auf 1 hieven. Ha.
Fotos (wie auch ganz viele der folgenden) durchaus schwammig. Hatte keinen Bock da irgendwie andauernd rumzublitzen und experimentierte mit meiner billigen Pocket-Cam im Modus "Kunst" rum. Es folgten durchaus gute Werke - bei The Tikes kam kaum mehr raus als das. Achja... wo war eigtl "Gagaismus"?
GULAG BEACH war für mich Premiere heut. Wer Wallace-Wells gelesen hat oder sich mit ähnlichem beschäftigt, bekommt hier seine musikalische Untermalung zum nahenden Untergang. Ich hatte so bisschen dreckiges "Smoke Blow" aufgrund der "Apocalyptic Beats"-Platte erwartet. Vielleicht hinkt der Vergleich, nur dieses eingängige "Down The Drain" könnte auch aus der Feder der Kieler stammen.
Der Sänger ist kein geborener Entertainer, obwohl die Songs ziemlichen Schwung haben. Das wirkt teilweise etwas komisch, ist andererseits auch sympathisch. Durch das recht kurze Set kam echt null Langeweile auf. Nebenbei sei erwähnt, dass Steve E. Nix echt jede Vorband von Anfang bis nahezu zum Ende abfeierte. Guter Mann!
Nächster Halt: THE PISSED ONES. Zuletzt diesen Sommer an Ort und Stelle beim Contra Bash vor durchaus vielen Menschen mit Haarausfall gesehen. Und die liefern halt ab mit starkem Heimvorteil.
Mir fehlt minimal irgendwo ein Tacken Abwechslung. Aber ist glaub jammern auf hohem Niveau. 2-3 Leute setzten die heut auf Platz 1 in irgendwelchen Gesprächen in der Nacht.
Nicht so bei mir. Mich mähten heut BAD MOJOS aus Bern weg. Was für ein Brett das live ist. Das kommt auf Platte nur partiell zur Geltung, wie ich finde. Dreckig, schnell, 77er Punk auf Speed und hier auch nicht so sehr extrem auf Lo-Fi reduziert. Gibts die Sparte Hardcore-Powerpop? Für ne Band auf Voodoo Rhythm auf dem ersten Blick eigentlich ungewöhnlich.
Das Dresdner Publikum brauchte 4-5 Songs (gleichbedeutend mit etwa 6 Minuten), um die lichten Reihen zu Beginn des Sets in eine abfeiernde Masse zu verwandeln. Nach vielleicht 10 Minuten gabs die Ansage: "Wir spielen jetzt noch 2 Songs". Ich war im Nachhinein beglückt, dass der singende Drummer an dieser Stelle log.
DEFEKT DEFEKT hatten es in meinem Hirn nach dem Geballer anfangs ziemlich schwer. Aber hey. Heut wurde nicht an Abwechslung gespart. Wir finden uns wieder irgendwo zwischen Protopunk der 70er und Anfang 80er Garagenpunk, dazu eine Prise Wave. Durchaus spannend.
Gitarre und Bass wechselten (ohne Foto hätte ichs tatsächlich hier im Bericht verpeilt) und mir gefiel die zweite Hälfte um einiges besser. Soweit kann ich mich wieder entsinnen.
Tja. Und finally THE BRIEFS. Die hatten es leicht. Die Meute wartete und feierte vom ersten bis zum letzten Ton.
Ich hab die Playlist nur schwer im Kopf...könnte es sein, dass immer 2-3 Songs von den jeweiligen Alben kombiniert wurden? Vielleicht war ich aber mittlerweile auch zu betrunken um irgendwelchen "journalistischen" Standards zu entsprechen.
Einer der Mitfahrer war auch komplett übern Berg, sodass ich mitten im Set noch Jacken aus dem Auto holen musste, damit die den letzten Zug erwischen. Ich höre nur noch die letzten Takte von "Lint Fabrik". Vielleicht mein persönlicher Favorit. Danke fürs Verpassen.. ;)
Retrospektiv war das auf jeden Fall viel genialer als auf dem diesjährigen Back-To-Future. War alles dichter. Etwas weniger Spielzeit als auch eine etwas gedrängtere Masse macht schon mal was aus.