Bitume, Detlef, 27.12.2019 in Oldenburg, Die Flänzburch - Bericht von der Redaktion
Bitume, Detlef, 27.12.2019 in Oldenburg
Bei mir andersrum. Trotz zahlreicher Verpflichtungen gondle ich seit Wochen in meinem neuen alten Auto durch die Republik und besuche dann, da vom Wohnort der Eltern nicht weit, auch meine Geburtsstadt Oldenburg. Ich hab zwei Wochen frei, aber wegen Fehlplanung keinen Urlaub gebucht. Grausam! So geil ist Dortmund nun auch wieder nicht, dass man es hier zwei Wochen lang mit Nichtstun aushalten kann. Also ergreife ich Gelegenheiten beim Schopfe, dem hiesigen Moloch zu entfliehen. So geschehen vergangenen
Ich verbringe meine Anreise alleine mit dem "Forever Freitag!"-Jahresrückblick. Auch schön. Männer die gern pissen. Autobahn-Idylle mit Detlef. Ich lerne, dass Detlef Texte aus dem Leben schreiben. "Scheiße ich muss pissen" ist ein häufig gehörter Satz, in zweieinhalb Stunden Autofahrt müssen wir vier Pinkelpausen einlegen! Plus einmal Bier von der Tanke holen. Ansonsten unterhaltsame Fahrt. Hauptsächlich wird über Pascow gelästert und alte Supernichts-Hits abgefeiert. Also eigentlich so, wie normale Bierschinken-Betriebsausflüge auch ablaufen.
Gibt es Incoming Leergut überhaupt noch?
Laut ihm ja! Ich lerne außerdem, wie man bei "Incoming Leergut" (Detlef Damm dem ihm seine andere Band) lebenslang Gästeliste bekommt: Einfach nur den kompletten Fuß mit nem Albumcover vollhacken lassen! Voll gut. Noch besser ist, dass Incoming Leergut, seit dieses Tattoo existiert, kaum noch Konzerte spielen. P-U-N-K!
Old to the en to the burg. Entweder Oldenburg besteht nur aus Prunkvillen oder wir sind in einem Filmset gelandet. Sehr imposant. Die Gentrifizierung macht hier noch kleine Schritte, aber wie denn auch, wie soll man so ein Viertel noch aufwerten. Den Proberaum von Bitume stellen wir uns auch ungefähr so vor: Irgendeine Protzvilla ohne Nachbarn für 100 Euro Miete. Überhaupt, Proberäume, beliebtes Thema. Detlef Damm erzählt, dass er zeitgleich mit drei verschiedenen Bands aus drei verschiedenen Proberäumen fliegt.
Ich penne bei meinem verpeiltesten Kumpel auf dem durchgesessenen Sofa. Kontraste! Wir sind für heute ebenfalls in einer Villa untergebracht! Detlef haben ein Appartement gebucht. Doch als Eva und Tobi den Schlüssel holen gehen, müssen sie zunächst den Vermieter wachklingeln und erfahren dann, dass er grad erst mit Jetlag vom Thailand-Urlaub zurück ist, nichts von einer Buchung weiß und Detlef anscheinend aus Versehen die Wohnung für 2020 gebucht haben. Scheiße! Die Bude ist zum Glück trotzdem frei.
Ich kriege am Tresen ein großes Tuborg für 2,40, trotz aller Unkenrufe im Vorfeld finde ich den Laden absolut in Ordnung. Flänzburch, Oldenburch. Läden, die wie andere Orte heißen, verstehe das mal einer! Die Flänzburch ist ein echt nettes Café mit einer echt schönen Bühne im Hinterraum. Die Leute hier sind sehr nett, Bitume ebenfalls sehr tolle Typen. Detlef Löber schwärmt, dass er die Typen 1998 kennengelernt hat, irgendwo hinterm Deich, damals noch mit der Vorgängerband "Hush Puppies".
So, nu aber, DETLEF legen los! Das Konzert fängt zeitig an, Lärmschutz und so. Detlef Meurer ist das alles zu sauber hier und er spielt erst, als ihm das Gitarrenfeedback dreckig genug ist. Detlef Damm fragt sich auch, wie man beim Verstärker ein bisschen Zerre reinkriegt. Detlef-Auftritte müssen so dreckig klingen wie Detlef Löbers Gedanken sind!
Die Band hat sich mit reichlich Ratatouille gestärkt und liefert ein formidables dreiviertelstündiges Set. Darunter auch, wie letztens in Hamburg bereits, ein paar neue Lieder, wie das großartige "Ich hasse Kopenhagen, obwohl ich noch nie da war". Im Publikum melden sich zwei Leute, die schon mal in Kopenhagen waren. Sie bekommen umgehend Hausverbot und müssen sich zur Strafe ein Albumcover von Incoming Leergut auf den Fuß tätowieren lassen.
So lange Detlef noch Supernichts-Songs spielen, werde ich "Scheiß Post" einfordern. "Du und deine Scheiß FDP" ist aber auch okay. Hauptsache Scheiß. Gitarrensolo, ihr Rockschweine! Auch mit alten Supernichts-Klassikern wird die Meute befeuert. Die dankt. Überhaupt, mehr Leute die Detlef abfeiern als gedacht, dafür dass sie "nur" Vorband bei einer Releaseparty sind, die vermutlich nur wegen der Hauptband ausverkauft ist.
Ja, Detlef, geil. Gute Band. Während des Konzerts stelle ich aufgrund eintretender Piloerektion (hihi, Erektion) fest, dass wohl "13 Tonnen Dreck" mein neuer Hit wird. Und der Mond scheint, als wäre ihm das vollkommen egal, dass das mein neuer Hit ist. Ist dann so!
Wie auch in Hamburg: Hits vom Album, Hits von Supernichts und neue Hits. Eine reine Hit-Band. Ich habe wie immer absolut nichts auszusetzen, außer dass die Band etwas besoffener hätte sein können. Aber augenscheinlich hat man ja bereits auf der Hinfahrt einiges versucht, daher okay.
Mit "Barclay James Harvest" und einem beneidenswerten Publikums-Chor endet dieser Auftritt. Detlef bleiben weiterhin stabil.
Dann BITUME! Heute ist Releaseparty ihres neuen Albums "Kaputt". Der Abend war bereits früh ausverkauft, weswegen für morgen noch ein Zusatztermin angesetzt wurde. Gleiche Scheiße, gleiches Leben, nur ein anderer Tag. Leider ohne Detlef, weil Termine und so.
Ich bin sehr froh, dass Bitume ein neues Album haben! Das zeigt nämlich auch, dass das Kapitel mit dem Akustikalbum eben bloß ein Kapitel war! Heute dann eher die Punkrock-Nummer! Oder Plätscherrock, was auch nur verklausuliert für Punkrock steht, glaube ich.
Schade für mich, gut für die Band: Sie nehmen das Konzept "Releaseparty" sehr ernst und spielen alle Stücke des neuen Albums. Nicht in Reihenfolge und auch mal unterbrochen durch ältere, aber doch komplett. Trotz fast anderthalb Stunden Spielzeit bleibt da für meinen Geschmack zu wenig Raum für die ganz alten Sachen. Manno!
Aber erstmal so grob umrissen: Was da auf der Bühne steht, ist ne verdammte Bank! Schön dichter Sound, astreine Bühnenpräsenz. Hymnisch, melodisch, mehrstimmig. Großartig! Auch wenn ich die neuen Stücke noch nicht so drin hab, ihre Wirkung verfehlen sie nicht.
Rezi zustimmen: Diese ständige Seefahrer-Küsten-Romantik könnte ruhig etwas zurück geschraubt werden. Aber wenn'se meinen. Vielleicht nehm ich ja bald auch ein Album auf, Thema: Binnenschifffahrt.
Wahre Worte. In einem Punkt muss ich aber kraVals
Wahre Worte. In einem Punkt muss ich aber kraVals
Thema Akustikalbum: Nachdem sich der Mischer auffinden lässt, gibt es auch einen Song lang Akustikgerödel: Mit dem alten Schlagzeuger Tom am Schlagzeug und Akki an der Saz gibt's "?wahlwiederholung". Einerseits geil, weil super Song, und auch die Umsetzung ist schön flott. Andererseits...hm, ach, ich glaube ich lege gleich mal das 2002er Album auf...
Publikum! Irgendwat knapp über 100 Leute sind hier drinnen und mehr passen auch nicht rein. Also auf jeden Fall schön kuschelig. Mir fällt auf, dass so ungefähr alle Altersstufen vertreten sind, von Jungspunden bis graumelierten Halbglatzen. Schön!
Meinst du "Lolch"? War auch Titel von mindestens 3 Songs von Bitume. Keine Ahnung, was das soll. Ich denke die ganze Zeit darüber nach, wie denn dieses eine Album von Bitume heißt, das nur ein Wort als Titel hat und das Wort ist auch noch ausgedacht. Irgendwas mit Ö. Plönk oder so. Ich komm nicht drauf und will auch nicht nachgucken.
Was für ein Hit ist denn bitteschön "Wind"? Wird gespielt als "letzter" Song und der Refrain trägt sich bis in die Zugabe hinein. Astreine Mitgrölscheiße. "Und erst am Morgen kommen wir nach Haus, treten Spuren in den Schnee und ziehen unsere Jacken aus!"
Da ich mit dem neueren Outpot von Bitume doch nur recht wenig vertraut bin, zieht es mich irgendwann nach draußen an den Tresen. Zufällig stehen da auch drei Detlefs und vier Mexikaner herum. Was für ein Zufall!
Dann muss ich irgendwann los, meine Schlafgelegenheit klar machen und lande wie bei meinem letzten Besuch in dieser Stadt auch beim Long Island Ice Tea im "Strohhalm". Am nächsten Tag vergesse ich leider meine Jacke und kaufe mir für 20 Euro bei C&A eine neue.
Muss sagen, ich hätte mir für die Zugabe ein paar mehr Klassiker gewünscht. Sowas wie "Egoist", "Angst", "Sprengstoff besiegt Herdentrieb", "Trick", meinetwegen auch "Lolch"...aber ja, nagut. Es gab immerhin noch "Punkrock Motorcity", auch ein unfassbar guter Mitsingkracher. Simpel, aber gut. Der Auftritt endet, auch passend, mit "Abgesang" vom aktuellen Album. Bitume, ey! Weiterhin eine sehr gute Band!
Anschließend haben Detlef nur eine Aufgabe: Sämtliche Bier-, GinTonic- und WhiskeyCola-Vorräte leer saufen. Wir wissen, dass wir alles richtig machen, als irgendwann der Weihnachtsmann zur Tür herein spaziert und beim Saufen hilft. Ehrenmann.
Der Weg zur Unterkunft gestaltet sich als sehr schwierig. Besonders, als wir unvermittelt in einem dunklen Wald landen. Detlef Damm versucht 10 Minuten lang, im Dunkeln und ohne Blitz die Hunte zu fotografieren. An Detlef Löber entdecken wir im Verlaufe des Abends immer mehr blutende Schnittwunden am gesamten Körper. Detlef Meurer sammelt Tierkadavar am Straßenrand, weil er Hunger hat. Und alle brüllen rum. WO MEIN BIER IST!!