Chefdenker, The Grabowskis, 07.03.2020 in Essen, Don't Panic - Bericht von der Redaktion
Chefdenker, 07.03.2020 in Essen
Anreise dekadent mit dem Auto, heute ist alles auf straffen Zeitplan getrimmt! Deswegen spielen THE GRABOWSKIS auch schon, als Dagmar und ich den Laden betreten. Nicht so schlimm, oft genug gesehen. Auch wenn es erst Grabowskis-Bericht Nummer 22 ist. Der Vorsatz, mehr "neue" Bands zu gucken, ist echt gar nicht so einfach umzusetzen!
Klute stellt in einer Ansage klar, dass sie keine Dorfkapelle seien und den folgenden Song ganz urban in den Straßen von Berlin geschrieben haben, oder so ähnlich. Zwischenruf von Lawi: "Du kommst aus dem Sauerland, du weißt gar nicht was Straßen sind!"
Ansonsten geht es um urbane Themen wie Bullen, Saufen und ähnliches. Die Stadtbevölkerung vor der Bühne ist angetan, hier und da wird mitgesungen, sogar mal getanzt, eine Freude! Die Grabumskis sind weiterhin eine echt gute Deutschpunk-, Verzeihung, Schlagerkapelle.
Warum Enno sich plötzlich eine Liebestöter-Unterbuxe überzieht, verstehe ich nicht, aber Show ist alles! Dass der Pissefleck noch fehle, wirft er dem Überbringer vor. Dass man den nur nicht sehe, weil man Kölschflecken nicht sieht, wird entgegnet.
"Was sagt die Uhr, haben wir noch Zeit für einen Song?" - "Ihr habt noch ne Viertelstunde!". Die herrlichen Dialoge zwischen Band, Publikum und Personal sind heute wirklich Zucker für den Auftritt. Mehr davon!
Anschließend die Rocktruppe CHEFDENKER! Kürzlich war Karneval, deswegen nüchterner als sonst, zumindest muss Claus sich mit Wasser einen reinstellen. Ich übergebe die künstlerische Leitung dieses Berichtes an Neuzugang Süppelstein. Und los!
Nachdem die the Grabowskis die Bude ordentlich angeheizt hatten und jeder Schließmuskel poppersmäßig kribbelte, kamen unsere Chefis sturznüchtern und geradezu gepflegt auf die Bühne. Zwei Wochen zuvor durfte man Johnny Colognesome auf dem Konzert seines Prestigeprojekts (wo er unter dem eigenartigen Künstlernamen "Claus Lüer" auftritt) noch bei einem Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen gespielten Songs und getrunkenen Pullen bewundern. Heute leugnete er frech "Gaffel Kölsch ist ein Getränk auf das ich gut und gerne verzichten kann" und trank stilles Wasser mit dem Durst eines ehemaligen Kampftrinkers. Genug aber an dieser Stelle mit der Glorifizierung unseres Heilands.
Denn Highlight des Abends war der the Kollege, der mit seiner quirligen Art und seinem grenzdebilen Dauergrinsen selbst dem letzten griesgrämigen, blechgeschwängerten Straight-Edge-Gesicht ein Lächeln abverlangte. Ein Star zum anfassen. Nahbar, gesprächig und dazu ein echtes Powerhouse auf der Bühne. Wüsste man nicht, dass dies lediglich seine Rolle in dieser Boyband ist, könnte man sich mit ihm einen Abend am Tresen der nächsten Ranzkneipe vorstellen. Auf dem Boden der Tatsachen zurück, muss man sich jedoch eingestehen, dass sein Terminkalender dafür viel zu vollgepackt ist. Falls nicht, schreib mir! Ich werde mich jetzt jedenfalls mit seinem handbeschwitzten Plektrum an meine Billigklampfe setzen und meinem großen Star nacheifern.
Onesies sind für Couchpotaoes, Gewänder für echte Hänger. Caddolf, dieser moderne Mann von Welt, bedient sich der Kleider ferner Kulturräume und kombiniert diese geschickt mit einer feuerroten Mütze aus dem Norden Europas. Form meets function ist das Zauberwort. Nicht nur, dass die schicke Kopfbedeckung sein als Trommler nicht allzu gefordertes Köpfchen auf Nestwärme hält. Auch die Gewänder erfüllen ihren Zweck, um das schweißtriefende Freiluftgehänge frisch zu halten.
Beeindruckende Performance von Chris Crapule am Viersaiter. In einer Rochade tauscht er mit Caddolf die Position und hält die Schießbude sauber. Gegenspieler und Zuschauer waren verblüfft. Kam über weite Strecken stark über die linke Seite und bestach mit einem Tempo, welches selbst seine Mitspieler kaum halten konnten. Und dann erst dieser schicke Pornobalken. Wow! Zurück zu Fö!
Ansonsten verbaselt Claus so einige Texte bis hin zu ganzen Strophen, und man zeigt sich gegenseitig Bünde auf der Gitarre. Und dafür soll man wirklich 15 Euro zahlen? Der Reaktion des Publikums nach zu urteilen: Ja, auf jeden Fall! Ist unterm Strich einfach wieder ein mordsgeiler Auftritt! Knapp anderthalb Stunden gespielt ohne dass es eintönig wird! Okay, einmal tippt Maks mich an und bittet, ihm nen Finger auf den Kopf zu setzen, damit er nicht einpennt. Aber ist halt Maks.
Publikum so gröl gröl tanz tanz sauf sauf. Alles vertreten. Dicke Saufskins, döselige Paddel-Punks, Zivilpolizisten, knutschende Pärchen, kaputte Bier- und Schnapspullen. Da gibt's ein Punksiegel für. Auch mit dabei: Die Männergruppe, die sich reihum einhakt, um nicht umzukippen. Ein Traum.
Zu "Agentur für Arschvoll" dürfen bekanntlich Gastmusiker auf die Bühne. Claus erklärt nochmal das Konzept: Wer zufällig eine Kirchenorgel im Kofferraum hat, kann die einfach auf die Bühne schleppen und mitmachen. Hat heute leider keiner, dafür hat wer seine Posaune mitgeschlört und trötet rum. Renate Lohse überzeugt heute übrigens einzig durch Abwesenheit!
Was fürs Herz gibt's auch, "Manni" und "Angela" laden zum Schunkeln ein. Als Claus husten muss, beruhigt er uns, dass er kein Corona mitgebracht hat, sondern lediglich SARS. Da muss ich aber mal kurz nachhaken: Ist der Corona-Virus nicht auch eine Unterart von SARS? Frage für einen Freund. Jedenfalls wurden heute genug Tröpfcheninfektionen verteilt, multipliziert man das mit der allgemeinen Panik im Lande, dürften schon morgen alle tot sein.
Was soll man da noch groß sagen! Nicht der beste Chefdenker-Auftritt aller Zeiten, das wäre wirklich vermessen, aber immerhin ein solider guter. Das muss aber auch für heute reichen! Achja, noch eine Notiz ins Tagebuch: Conny hat mal wieder eine faszinierende Idee, wie wir in kurzer Zeit Millionäre werden. Ich meld mich dann bald von der Südsee!