Kreftich, Pont Neuf, The McDonaghoughs, 08.08.2020 in Dinslaken, Burgtheater - Bericht von der Redaktion
Kreftich, 08.08.2020 in Dinslaken
Ja, sehr differente Zusammenstellung lokaler Bands, aber irgendwie war es dann trotzdem eine runde Sache. Tut einfach mal wieder richtig gut, Live-Musik zu erleben. Karhu und ich sind ja unter anderem wegen Konzerten vor so 1 1/2 Jahren in den Pott gezogen und nun gibt es seit fast einem halben Jahr keine mehr. Scheiß C-Kacke! Unter dem Motto „Musik mit Freunden“ laden drei recht unterschiedliche Bands aus Dinslaken zu einem corona-gerechten Open-Air-Konzert. Kreftich? Immer gut! Pont Neuf? The McDonaghoughs? Kennen wir nicht, aber wir sind so ausgehungert in Sachen Live-Musik, dass das auch keine Rolle spielt. Also nichts wie los an den Niederrhein.
Hatte ich auch so im Hinterkopf, dass wir da was gebucht haben. Die Einteilung in Blöcke kann ja sinnvoll sein, dann aber bitte auf den Tickets vermerken! Dieses Problem hatten echt mehrere Menschen. Unter alten Kastanien und mit Blick auf das Burgtor liefert das Burgtheater eine schicke Kulisse. Anfangs gibt es ein wenig Verwirrung um das Einbahnstraßen-System, das beim Weg zur Bar und aufs Klo Mindestabstände garantieren soll, aber nicht auf den ersten Blick ersichtlich war. Auch unsere Sitzplatznummern gibt es drei Mal (in Block A, B und C) und niemand kann uns sagen, wo wir denn nun hingehören. Wir entscheiden uns also für die Mitte.
Nach einer kurzen Anmoderation legen PONT NEUF los. Gleich zu Beginn weist der eine seinen Bandkollegen darauf hin, dass unplugged spielen vor allem eins heißt: barfuß spielen. Ein wenig meckernd entledigt sich der andere seiner Sandalen. Da will ich natürlich auch nicht blockieren. Und muss auf Sitzplatzkonzertfotos bei Bierschinken nicht ohnehin immer was von den eigenen Beinen drauf sein?
Ja, hört sich echt professioneller an als auf Youtube. Aber die drei Gestalten nehmen sich schönerweise selbst nicht allzu ernst. Manche Ansagen sind einfach so schlecht, dass sie wieder geil sind. Pont Neuf spielen sich einmal quer durch europäische Folksongs, Shanties und andere Traditionals, von Bella Ciao bis Molly Malone. Auf Youtube klang das ein wenig schief, aber als ruhiger Live-Einstieg gefällt mir das wirklich gut. Nicht von ungefähr ziehen sie selbst Parallelen zwischen sich und der Feuerwehrkapelle in Wacken.
Wir bekommen es mit vereinten Kräften (und mit Google) sogar hin, Songs von Billie Eilish und Lady Gaga zu erkennen. Musikprofis im Musikjournalismus halt. Jetzt sind THE MCDONAGHOUGHS dran. Sie stecken bekannte Plastik-Popsongs ins Akustik-Pop-Gewand. Handwerklich ist das zweifellos gut gemacht und die Coverversionen sagen mir 10x mehr zu als die Originale, aber meine Musik ist es trotzdem nicht. Von Blitzkrieg Bop als Opener mal abgesehen.
Ja, die "Konkurrenz" zeigt bei seinen Fotos wie immer viel Elan und viele Perspektiven. Wir bleiben halt faul sitzen... Aber ab jetzt gibt es dann doch einen Perspektivwechsel, denn anscheinend waren wir in Block B doch nicht richtig. Am Ende landen wir im Block A. Den hatten wir, glaub ich, sicher nicht gebucht, aber bei Block C saßen auch schon Menschen und auch das Personal kann uns nicht so recht weiterhelfen. Ach schön, der Punkrock-Sekretär ist auch schon wieder unterwegs.
Kreftich sind ja auch nun der Anlass für unsere Anreise und sie liefern echt ordentlich ab. Sie spielen zum Glück viele Songs vom aktuellen Album, das mir echt gut gefällt. Netter Mix aus Deutschpunk und Punkrock mit einer Prise Skapunk ab und an. Auch gut, dass Kreftich viele ihrer politischen Songs raushauen mit passenden Ansagen zum Massengrab Mittelmeer etc.
Ja, im Juli hatte ich nach dem Konzert der Schwarzen Schafen im Don't Panic das schlechte Gefühl, etwas sehr Unvernünftiges getan zu haben, denn trotz Bestuhlung war es dort ziemlich eng. Das hat mir das Konzert ein wenig versaut. Um so was braucht man sich hier keine Sorgen zu machen. Nur an unserem Sitzpogo müssen wir noch arbeiten. So Sitzplatz-Konzerte sind einfach echt sehr skurril. Aber immerhin hatten wir echt gut Abstand zu anderen, so dass man entspannt mitsingen konnte. Manche waren sogar so totesmutig und revolutionär und haben sich an ihren Plätzen hingestellt. Krasse Sache.
Wir sind eben sehr intolerante Musikjournalist*innen, was andere Musikstile angeht. Der Gast-Rap-Part von einem von den The McDonaghoughs passte meiner Meinung nach aber echt nicht rein.
Der erste Block fand ich irgendwie besser. Auch wenn ich dank Karhu ja mittlerweile echt viele Shanties und so kenne, kannte ich nun nichts und riss mich auch weniger vom Hocker. Aber dafür fand ich es einfach sympathisch, wie die drei ihre Sache nach Kreftich mit einem harten Cut durchgezogen haben und vielleicht auch bewusst auf Bekanntes mit mehr Stimmung verzichten haben. Nach Kreftich geht’s wieder von vorne los: Pont Neuf und The McDonaghoughs spielen jeweils noch ein Set. Diesmal setzen Pont Neuf auf weniger bekannte Stücke und das Hintergrundgelaber um uns herum wird wieder lauter.